Saul (Voltaire)
Daten | |
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Titel: | Saul |
Gattung: | Tragödie |
Originalsprache: | Französisch |
Autor: | Voltaire |
Erscheinungsjahr: | 1763 |
Uraufführung: | 1768 |
Ort der Uraufführung: | Berlin |
Personen | |
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Saül, in späteren Ausgaben auch unter dem Titel Saül und David, ist eine Prosatragödie in fünf Aufzügen von Voltaire. Das 1763 fertiggestellte Schauspiel wurde lediglich einmal auf den ausdrücklichen Wunsch Friedrichs II. in Berlin aufgeführt. Es ist, wie auch viele andere Schriften Voltaires, von antisemitischen Klischees geprägt.[1] Geschaffen für die Kampagne Écrasez l’infâme, erlebte die am 8. Juli in Rom auf den Index gesetzte Buchausgabe mehrere Einzel- und Sammelauflagen.
Handlung
Die Handlung ist eine Aneinanderreihung von Motiven aus der Zeit der ersten Könige Israels, die der hebräischen Bibel entnommen wurden. Voltaire parodierte die Sprache der Bibel und verzichtete daher auf Versmaß und Reime. Die Titelfigur des Saul tritt lediglich in den ersten beiden Akten auf. Die letzten drei Akte thematisieren die Untaten und Thronfolgeregelungen seines Nachfolgers David. Mit fünf Handlungsorten und Ereignissen mehrerer Jahrzehnte ist die Einheit von Zeit Raum, Zeit und Handlung aufgelöst. Die mit Rollen überfrachtete Handlung orientiert sich wenig an einer Darstellbarkeit. Im dritten Aufzug des ersten Aktes wird so Agag auf der Bühne mit Beilen zerstückelt. Nach einer Randnotiz Voltaires wurde diese Szene bei der Berliner Aufführung hinter die Bühne verlegt.[2] Das Stück endet mit dem beabsichtigten Missbrauch des naiven Dorfmädchens Abisag durch David und seines Nachfolgers Salomo.[3]
Literarische Vorlage und biografische Bezüge
Voltaire gab die Tragödie als Übersetzung des fiktiven englischen Parlamentariers Huet, eines Großneffen des Bischofs Pierre Daniel Huet, aus. Huet hatte demnach 1728 einen Skandal erregt, da er mit dem Titel The man after the heart of God einen Vergleich König George II. mit dem biblischen König David relativiert habe.[4] Voltaire beabsichtigte während der Affäre Calas und der folgenden Kampagne Écrasez l’infâme darum, den Stoff der Bibel als literarische Fiktionen zu entlarven.
Aufführungen und zeitgenössische Rezeption
Die schwer aufzuführende Tragödie, nach einem späteren Titel ein Hyperdrama, wurde von Voltaire nicht an den Bühnen eingereicht. Lediglich eine Aufführung in Berlin 1768 auf Anordnung Friedrichs II. ist bekannt.[5][6] Der junge Goethe war in seiner Darstellung im 12. Buch von Dichtung und Wahrheit über die Tragödie mehr als empört:
„Eben von dieser gemütlichen Seite war ich gegen alle Spöttereien geschützt, weil ich deren Unredlichkeit sogleich einsah. Ich verabscheute sie nicht nur, sondern ich konnte darüber in Wut geraten, und ich erinnere mich noch genau, daß ich in kindlich fanatischem Eifer Voltairen, wenn ich ihn hätte habhaft werden können, wegen seines »Souls« gar wohl erdrosselt hätte...“
Drucklegung
Manuskripte der 1762 verfassten Tragödie zirkulierten in Paris ab dem Januar 1763. Die vermutlich erste gedruckte Ausgabe erschien mit falscher Jahresangabe 1755 bei den Brüdern Cramer in Genf. Die Zurückdatierung diente der Verwirrung der Zensur und führte möglicherweise dazu, dass die Tragödie 1765 verzögert in Rom auf den Index gesetzt wurde. Saul erlebte mehrere Einzelauflagen mit veränderten Titeln und Untertiteln. Ein Pariser Raubdruck von 1763, nach der Auffassung des Polizeiinspektors d'Hemery ein Lütticher Druck, wurde von Voltaire mehrfach abgelehnt.[7] 1764 wurde Saul in die von Voltaire redigierte atheistische und antikirchliche Sammlung Evangile de la Raison und 1768 in den fünften Band der Nouveaux Mélanges philosophiques aufgenommen. Entgegen der Gewohnheit Voltaires kam die Tragödie ohne Widmungen und Beigaben heraus.
Erste Ausgaben
- Saül, tragédie tirée de l´Ècriture Sainte, ohne Impressum (recte Genf Cramer), 1755 (recte 1763), 8°, 48 S.[1]
- Saül, tragédie tirée de l´Ècriture Sainte. Par Mr. DE......., ohne Impressum, MDCCCLVIII (sic!), (recte 1763), 8°, 46 S.[2]
- Saül, tragédie tirée de l´Ècriture Sainte. Par M. de Voltaire, Génève (recte Paris), 1763 , 8°, 61 S.[3]
- Saül, hyperdrame héroi-comique en cinq actes, par M. de V., ohne Impressum (Jean-Baptiste-Hyacinthe Leclerc, Nancy, 1764), 8°, 57 S.
- Saül, tragédie tirée de l´Ècriture Sainte. Par M. de Voltaire. Nouvelle Edition, London, Pierre Marteau, 1767, 8°, 64 S.[4]
- Saül et David, tragédie en cinq actes, d'après l'anglais intitulé "The Man after God's own heart", Robert Freemann in Pater-Noster-Row, 1760 (recte Amsterdam, Marc-Michel Rey, 1768), 8°, 56 S.[5]
- Saül et David, Tragédie, D'après l'anglais intitulé "The Man after God's own heart", Robert Freemann in Pater-Noster-Row, 1760 (unbekannt, recte nach 1768), 8°, 43 S.[6]
Literatur
- Eric van der Schueren: Saul, in: Dictionnaire Voltaire, Hachette Livre, 1994, S. 208f.
- Siegfried Detemple: Saul, in: Voltaire: Die Werke. Katalog zum 300. Geburtstag. Reichert, Wiesbaden 1994, S. 148 f.
- Marie-Hélène Cottoni: Une tragédie de Voltaire en marge de toute règle, Marginalité et littérature: Hommage à Christine Martineau, dir. Maurice Accarie', Nice, Université de Nice-Sophia Antipolis (ILF-CNRS), 2001, S. 407–421.
- Clément van Hamme: Voltaire et l'histoire biblique. Notes sur Saül (1762). (online [abgerufen am 21. Oktober 2017]).
Einzelnachweise
- ↑ Léon Poliakov: Die Aufklärung und ihre judenfeindliche Tendenz (= Geschichte des Antisemitismus, Bd. 5). Heintz, Worms 1983, ISBN 3-921333-88-1, S. 100–112.
- ↑ Christophe Paillard: Ça Voltaire nous écrit: Marginalia de Voltaire sur trois exemplaires de Saül, La Gazette des délices, n° 37, Institut et Musée Voltaire.
- ↑ Vgl. Siegfried Detemple: Voltaire: Die Werke, Katalog zum 300. Geburtstag, Berlin, 1994, S. 149.
- ↑ Eric van der Schueren: Saul, in: Dictionnaire Voltaire, Hachette Livre, 1994, S. 208.
- ↑ Eric van der Schueren: Saul, in: Dictionnaire Voltaire, Hachette Livre, 1994, S. 209.
- ↑ Heinrich Joseph Wetzer: Kirchen-Lexikon: oder, Encyklopädie der katholischen Theologie und ihrer Hilfswissenschaften, Band 11, Teil 1, S. 742.
- ↑ Jean Marie Querard: Bibliographie Voltairienne, Paris, Didot, 1842, S. 43.