Satz vom Minimum und Maximum

Eine auf [a,b] definierte stetige Funktion, die ihr Maximum und Minimum annimmt

Der Satz vom Minimum und Maximum ist ein mathematischer Lehrsatz aus dem Gebiet der Analysis, der dem deutschen Mathematiker Karl Weierstraß zugerechnet wird. Der Satz besagt, dass jede auf einem kompakten reellen Intervall definierte, reellwertige und stetige Funktion beschränkt ist und im Definitionsbereich ihr Maximum sowie Minimum annimmt. Er ist einer der Hauptsätze der Analysis und stellt ein wichtiges Instrument zum Beweis der Existenz von Extremwerten solcher Funktionen dar.

Satz vom Minimum und Maximum

Der Satz lässt sich in mehreren Fassungen formulieren:

(Ia) Jede auf einem kompakten Intervall definierte stetige Funktion ist dort beschränkt und nimmt dort ein Maximum und ein Minimum an.

Oder ausführlich:

(Ib) Ist eine stetige Funktion, so gibt es stets Argumente derart, dass für jedes andere Argument die Ungleichung erfüllt ist.

Oder kurz und unter Einbeziehung des Zwischenwertsatzes:

(II) Für jede stetige Funktion existieren Argumente mit .

Beweis

Voraussetzung: Sei eine stetige Funktion mit und .

sei die Menge aller Funktionswerte, die annimmt.

Die Folgen und mit jeweils heißen zugehörig, wenn für je ein Folgenglied gilt: .

bzw. sei eine durch geeignete Auswahl aus bzw. entstehende Teilfolge, wobei .

A. Behauptung: Jede Folge hat eine Teilfolge , die gegen ein konvergiert.

Beweis: Die zugehörige Folge ist wegen beschränkt. Mit dem Satz von Bolzano-Weierstraß lässt sich aus eine konvergente Teilfolge auswählen. Da kompakt ist, konvergiert gegen ein . Da in stetig ist, konvergiert die zugehörige Folge nach dem Folgenkriterium der Stetigkeit gegen .

B. Behauptung: ist in [a,b] nach oben beschränkt.

Der Beweis wird indirekt geführt. - Annahme: ist nicht nach oben beschränkt.

Dann gibt es eine streng monoton steigende und (bestimmt) divergente Folge .[1] Jede Teilfolge von ist ebenfalls divergent. Das ist widersprüchlich, denn mit A. lässt sich aus eine konvergente Teilfolge auswählen.

Also ist nach oben beschränkt, und hat ein Supremum .

C. Behauptung: nimmt in [a,b] ein Maximum an.

Aus geeignet gewählten Elementen von lässt sich eine Folge erstellen, die gegen das Supremum von konvergiert.[2] Jede Teilfolge von konvergiert ebenfalls gegen . Mit A. gibt es eine Teilfolge von , die gegen konvergiert. Wegen der Eindeutigkeit des Grenzwerts ist das Maximum der Behauptung.

D. Behauptung: ist in [a,b] nach unten beschränkt und nimmt dort ein Minimum an.

Zum Beweis ist in B. und C. „oben“ durch „unten“, „steigend“ durch „fallend“, „Supremum“ durch „Infimum“ und „Maximum“ durch „Minimum“ zu ersetzen.[3]

Bemerkungen

  • Der Satz ist ein reiner Existenzsatz. Er ist nicht konstruktiv. Das heißt: Er liefert kein Verfahren, die Extremalstellen tatsächlich zu bestimmen. Bei differenzierbaren Funktionen können die Methoden der Kurvendiskussion genutzt werden, um die Extrema einer Funktion zu bestimmen.
  • Der Satz vom Minimum und Maximum ist in bestimmtem Sinne charakteristisch für . Seine uneingeschränkte Gültigkeit ist gleichwertig mit dem Supremumsaxiom.

Verallgemeinerung

Der gleiche Satz - gemäß den Fassungen (Ia) oder (Ib) - gilt auch noch, wenn anstelle eines kompakten reellen Intervalls ein beliebiger kompakter topologischer Raum zugrunde gelegt wird: Stetige Bilder von kompakten topologischen Räumen unter reellwertigen Funktionen sind innerhalb der reellen Zahlen stets abgeschlossen und beschränkt.[4][5][6]

Tatsächlich kann diese Aussage noch weiter verallgemeinert werden: Das Bild eines kompakten topologischen Raums unter einer stetigen Funktion ist wieder kompakt. Da kompakte Teilmengen von metrischen Räumen (insbesondere also von ) immer abgeschlossen und beschränkt sind, folgt sofort die obige Aussage.

Da auch die Bilder zusammenhängender topologischer Räume unter stetigen Funktionen wieder zusammenhängend sind und die zusammenhängenden Teilmengen von gerade die Intervalle sind, stellt sich auch die Fassung (II) als Spezialfall eines allgemeinen topologischen Sachverhalts dar.

Quellen und Hintergrundliteratur

  • Otto Forster: Analysis 2 (= Grundkurs Mathematik). 8., aktualisierte Auflage. Vieweg+Teubner, Wiesbaden 2008, ISBN 978-3-8348-9541-7.
  • Horst Schubert: Topologie. Eine Einführung (= Mathematische Leitfäden). 4. Auflage. B. G. Teubner Verlag, Stuttgart 1975, ISBN 3-519-12200-6. MR0423277

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Ein Beispiel ist die rekursiv definierte Folge : beliebig, beliebig.
  2. Ein Beispiel ist die rekursiv definierte Folge : beliebig, .
  3. Im Beweis der Existenz des Minimums sind Beispiele für rekursiv definierte Folgen des Beweisgangs: in B. : beliebig, beliebig, bzw. in C. : beliebig, beliebig.
  4. Horst Schubert: Topologie. 1975, S. 62
  5. Der Satz vom Minimum und Maximum lässt sich sogar auf den Fall der halbstetigen Funktionen ausdehnen. Siehe Beweisarchiv.
  6. Es gibt eine weitere Verallgemeinerung, der auch den Fall der folgenkompakten Räume einbezieht.

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