Sartory-Säle
Sartory-Säle ist der Name einer der größten Kölner Veranstaltungshallen im Zentrum Kölns in der Nähe des Friesenplatzes, benannt nach der Kölner Gastronomen-Familie Sartory.
Geschichte
An der Stelle der heutigen Sartory-Säle stand bis zu seiner Zerstörung im Zweiten Weltkrieg das Kölner Varieté „Groß-Köln“, das 1912 aus der 1896 gegründeten Brauerei „Cölner Bürgerbräu Josef Waßmann“ hervorging. Bereits in diesem Varieté traten Karnevalisten wie Humorist Otto Reutter (November 1928), aber auch die Comedian Harmonists (Mai 1929), auf. Willi Ostermanns Karnevalsrevue Die Fastelovendsprinzessin wird hier 1930 uraufgeführt.[1]
Das von dem die Stadt Köln prägenden Architekten Wilhelm Riphahn geplante neue Gebäude wurde rechtzeitig zum Karnevalsauftakt am 11. November 1948 unter dem Namen Sartory-Säle fertiggestellt.[2] Damit waren die Säle neben dem Williams-Bau[3] die einzige Veranstaltungshalle im kriegszerstörten Köln. Namensgeber und Bauherr war der Gastronom Carl Sartory sen. (* 4. Mai 1909 Köln, † 24. Dezember 1953 ebenda). Bereits 1950 findet eine erste Erweiterung mit Architekt Wilhelm Koep statt. Carl Sartorys Kinder Hilde, Carl und Hans Sartory bilden 1950 das erste Kölner Kinder-Dreigestirn, präsentiert in den Sartory-Sälen. Hier fand am 25. Januar 1950 die erste KAJUJA-Sitzung statt.
Auf der Karnevalssitzung der Lyskircher Junge am 1. Januar 1952 kam es zum Eklat, als der bekannte Kölner Büttenredner Karl Küpper seine Rede „D´r verdötschte Funk-Reporter“ vortrug und dabei die Hand erhob, als woll er prüfen, ob es zu regnen begonnen habe, und sagte: „Et eß ald widder am rähne!“ („Es regnet schon wieder“). Mit dieser Nummer hatte er in der Nazizeit den Hitlergruß persifliert und deutete nun auf die Gefahr hin, dass durch die Rückkehr alter Eliten Zustände der Zeit des Nationalsozialismus weiterlebten.[4]
Nach dem Tod des Bauherrn im Jahre 1953 übernahm dessen Witwe Mathilde Sartory (* 21. April 1909, † 20. Mai 1998) die Geschäftsführung, 1966 übergab sie an Tochter Hilde Sartory (* 4. Juli 1940, † 26. Juni 2015)[5] die Führung, die kurz danach durch ihre Brüder Carl jun. und Hans Sartory (* 28. April 1944 Köln, † 20. März 2006 ebenda) erweitert wurde. Im Jahre 1959 kamen die Sartory-Lichtspiele hinzu.
Seit 1965 organisierten die Veranstalter hier Beatwettbewerbe mit Beatbands aus der Region. Im September 1968 traten bei einem derartigen Beatfestival die Kölner Stowaways (mit Hartmut Pries, Peter Schütte und Erich „Erry“ Stoklosa) auf und gewannen den ersten Preis. Aus ihnen entwickelten sich später die Bläck Fööss. Auch fanden hier eine Vielzahl von Rockkonzerten statt, u. a. von den Pretty Things (4. Dezember 1966), Queen (6. Dezember 1974),[6] Status Quo (23. Februar 1975),[7] Scorpions (7. März 1979)[8][9] oder AC/DC am 18. Oktober 1978 („Powerage“-Tour) bzw. 13. November 1979 („Highway To Hell“-Tour).[10][11] Das Musical Hair feierte hier 1971 seine deutsche Premiere, am 16. Juli 1981 war hier der Rockpalast zu Gast. BAP trat in den Sälen vom 3. bis 7. Dezember 1984 auf.
Seit 1963 sind die Sartory-Säle regelmäßig auch Austragungsort von Veranstaltungen des Boxsports. Vitali Klitschko bestritt hier seinen sechsten (8. März 1997) bzw. sechzehnten (7. März 1998) Profikampf. Und Regina Halmich gewann in den Sartory-Sälen vor 1.300 Zuschauern am 28. März 1999 ihren 18. WM-Kampf[12] sowie am 13. Mai 2000 den WIBF-Titel im Fliegengewicht.
Für mediale Aufmerksamkeit sorgte die Weigerung von Marcus Sartory, für eine von der rechtsgerichten Compact-Magazin GmbH für den 29. Oktober 2016 geplanten Konferenz Räumlichkeiten zur Verfügung zu stellen: Nach Bekanntwerden der politischen Ausrichtung des Kongressorganisators hatte Sartory den Vertrag gekündigt,[13][14][15] weswegen er per Droh-Mail angefeindet wurde.[16][17] Compact wich daraufhin Anfang November nach Berlin aus.[18] Anstelle des ursprünglichen Kongresses fand am 29. Oktober 2016 dann in den Sartory-Sälen das Benefizfestival „Kein Raum für Rassismus“ mit rund 1.500 Teilnehmern statt, zu dem ein breites Bündnis verschiedener Kölner Initiativen aufgerufen hatte. Am Programm nahmen u. a. Bands wie Kasalla, Querbeat, Miljö und Hanak sowie die Kabarettisten Jürgen Becker, Wilfried Schmickler und Fatih Çevikkollu teil.[19]
Lage und Kapazität
Durch die bis 2019 im Fernsehen übertragenen alljährlichen Karnevalsveranstaltungen („Fernsehsitzungen“), die ab 2023 im Theater am Tanzbrunnen produziert werden,[20] wurden die Sartory-Säle auch überregional bekannt und zu einer Kölner Institution.[21] Die multifunktional einsetzbaren Festhallen liegen verkehrsgünstig in der Kölner Innenstadt. Sie bestehen aus 7 Sälen, von denen der „Sartory-Saal“ der größte mit einem Fassungsvermögen von maximal 1.400 Personen ist. Es folgt der „Ostermann-Saal“ mit bis zu 800 Personen. Insgesamt bieten die Säle Platz für 3.500 Gäste auf einer Fläche von rund 3.850 m².
Unternehmen
Betrieben werden die Sartory Säle durch die Sartory Säle GmbH & Co. KG.[22] Unbeschränkt haftende Gesellschafterin des Unternehmens ist die Sartory Säle Verwaltungs-GmbH, derzeit vertreten durch Carl Sartory und dessen Sohn Marcus.[23] Marcus Sartory stieg 2012 in die Geschäftsführung ein, nachdem Sandra Sartory – Tochter von Hans Sartory und seit März 2006 neben Carl Sartory Geschäftsführerin – das Unternehmen aufgrund von Differenzen verließ.[24][25] Als Mutterunternehmen fungiert die Familie Sartory Beteiligungs-GbR.[26]
Weblinks
Einzelnachweise
- ↑ die Titelrolle übernahm Grete Fluss und sang erstmals Ostermanns Komposition Och, wat war dat fröher schön doch en Colonia
- ↑ Ulrich S. Soénius (Hrsg.), Jürgen Wilhelm (Hrsg.): Kölner Personen-Lexikon. Greven, Köln 2007, ISBN 978-3-7743-0400-0, S. 461.
- ↑ ein im Juli 1947 errichteter halbfester Winterbau für den Circus Williams auf der Aachener Straße
- ↑ Fritz Bilz, Unangepasst und widerborstig: Der Kölner Karnevalist Karl Küpper 1905 – 1970, 2010, S. 106–107
- ↑ Traueranzeige der Familie
- ↑ Eintrag bei QueenConcerts, Abruf im September 2019.
- ↑ Eintrag bei Setlist.fm, Abruf im Oktober 2019.
- ↑ Eintrag bei The Scorpion's Collection, Abruf im Oktober 2019.
- ↑ Eintrag bei Setlist.fm, Abruf im Oktober 2019.
- ↑ Eintrag bei Setlist.fm, Abruf im Oktober 2019.
- ↑ Eintrag bei Setlist.fm, Abruf im Oktober 2019.
- ↑ Ernst Probst, Superfrauen 12 – Sport, 2001, S. 59
- ↑ Köln gegen Rechts vom 26. September 2016, Bravo: Abgesagt!
- ↑ EXPRESS vom 23. September 2016, Kongress geplatzt! Sartory bremst Rechte wie AfD-Politiker Höcke aus
- ↑ ksta.de vom 23. September 2016, Sartory-Säle verhindern Kongress der Rechtspopulisten
- ↑ EXPRESS vom 26. September 2016, Nach AfD-Boykott: Droh-Mail gegen Sartory-Chef!
- ↑ FOCUS Online vom 26. September 2016, Kölner Eventmanager verbietet AfD-Treffen – jetzt erhält er Drohbriefe voller Fehler
- ↑ Berliner Morgenpost vom 3. November 2016, Konferenz der Rechtspopulisten am Wochenende in Berlin
- ↑ Köln gegen Rechts vom 2. November 2016, Kein Raum für Rassismus! – 1500 feierten in den Sartory Sälen Ausgelassenes Antifa-Fest statt rechtspopulistischem Kongress
- ↑ Bastian Ebel: ZDF-Hammer „Kabelwege kürzer“: Festkomitee besiegelt Aus für Sitzung in Kölner Traditions-Saal. In: express.de. 9. Januar 2023, abgerufen am 9. Januar 2023.
- ↑ Familie Sartory: Die Saalmanager. In: express.de. 14. Mai 2009, archiviert vom Original am 30. Juni 2013; abgerufen am 9. Januar 2023.
- ↑ Jahresabschluss zum Geschäftsjahr vom 1.11.2015 bis zum 31.10.2016, verfügbar auf www.unternehmensregister.de, Abruf im Januar 2019.
- ↑ Über uns — Porträt auf der Unternehmensseite, Abruf im Januar 2019.
- ↑ EXPRESS vom 7. Mai 2014, Sartory-Familienzoff im Gerichtssaal
- ↑ EXPRESS vom 9. April 2014, Sartory gegen Sartory: Familien-Zoff vor Gericht
- ↑ Jahresabschluss zum Geschäftsjahr vom 01.01.2011 bis zum 31.10.2011, verfügbar auf www.unternehmensregister.de, Abruf im Januar 2019.
Koordinaten: 50° 56′ 28,6″ N, 6° 56′ 34,5″ O
Auf dieser Seite verwendete Medien
Autor/Urheber: MSchnitzler2000, Lizenz: CC BY-SA 3.0
Grab der Familie Sartory auf dem Melaten-Friedhof in Köln
© Raimond Spekking / CC BY-SA 4.0 (via Wikimedia Commons)
Eingang zu den Sartory-Sälen, Köln