Saratov-Airlines-Flug 703

Saratov-Airlines-Flug 703

Die Unfallmaschine im Mai 2017

Unfall-Zusammenfassung
UnfallartKontrollverlust[1]
OrtNähe Stepanowskoje,
Ramenski rajon,
Russland Russland
Datum11. Februar 2018
Todesopfer71
Überlebende0
Luftfahrzeug
LuftfahrzeugtypAntonow An-148-100W
BetreiberRusslandRussland Saratov Airlines
KennzeichenRA-61704
AbflughafenMoskau-Domodedowo,
Russland Russland
ZielflughafenOrsk, Russland Russland
Passagiere65
Besatzung6
Listen von Luftfahrt-Zwischenfällen
Flugroute des Saratov Airlines Fluges 703

Auf dem Saratov-Airlines-Flug 703 (Flugnummer: 6W703) stürzte am 11. Februar 2018 sieben Minuten nach dem Abflug von Moskau-Domodedowo nach Orsk ein Flugzeug des Typs Antonow An-148-100W bei dem Dorf Stepanowskoje (Rajon Ramenski) in der Oblast Moskau ab.[2] An Bord befanden sich 71 Personen: 65 Passagiere und sechs Besatzungsmitglieder. Es gab keine Überlebenden.[3]

Flugverlauf

Das Flugzeug startete um 14:21 Uhr Ortszeit (11:21 Uhr UTC) auf dem Flughafen Domodedowo. Gegen 14:27 Uhr Ortszeit brach die Kommunikation ab, es gab keinen Notruf der Besatzung[4] und das Flugzeug verschwand vom Radar.[5] Das Flugzeug schlug intakt und nicht brennend auf. Dies wurde vom zwischenstaatlichen Luftfahrtkomitee MAK anhand der aufgefundenen Trümmer festgestellt.[6]

Bergung

Luftbild der Absturzstelle

Rettungskräfte waren gegen 16 Uhr Ortszeit an der Absturzstelle, etwa einen Kilometer westlich des Dorfes Stepanowskoje. Die Trümmer der An-148 waren über eine große Fläche verteilt, „wie bei einer Explosion in der Luft“.[4] Beide Flugschreiber konnten geborgen werden.[7]

Unfalluntersuchung

Die MAK gab am 13. Februar 2018 nach der ersten Auswertung des Flugdatenschreibers bekannt, dass die Heizung der drei Staudrucksonden (Pitot-Rohre) abgeschaltet war und dies zur Vereisung einer oder mehrerer Sonden führte.[8][9] Über die Staudrucksonden wird die Fluggeschwindigkeit erfasst. Eine Verstopfung der Sonden führt zu fehlerhaften Angaben, weil zwar der Staudruck entfällt, sich aber die im Rohr eingeschlossene Luft mit zunehmender Flughöhe infolge des sinkenden statischen Drucks ausdehnt. Die fehlerhaften Werte werden an die Instrumente im Cockpit weitergeleitet. Zunächst wurde fälschlich davon ausgegangen, dass die Maschine ihre Geschwindigkeit und Flughöhe vor dem Absturz mehrfach abrupt verändert hatte.[10]

Infolge der Vereisung ergab sich während des Steigflugs eine zunehmende Diskrepanz in den zwei aktiven Cockpitinstrumenten, in denen die Geschwindigkeit angezeigt wurde. Ein drittes Anzeigegerät war abgeschaltet. Zweieinhalb Minuten nach dem Abheben durchflog die Maschine eine Höhe von 1300 Meter, wobei ein Alarmsignal ertönte, das die Piloten auf die unterschiedlichen Werte hinwies. Zu diesem Zeitpunkt betrug die angezeigte Geschwindigkeitsdifferenz in den zwei Instrumenten etwa 15 Knoten, bei einer Fluggeschwindigkeit von 250 KIAS (knots indicated airspeed). Im weiteren Steigflug sank die angezeigte Geschwindigkeit am Platz des Flugkapitäns (Gerät 1) fortwährend, während sie sich am Platz des Kopiloten (Gerät 3) laufend erhöhte, bis sie dort in einer Flughöhe von rund 2000 Meter einen Maximalwert von fast 300 KIAS erreichte. Die Besatzung deaktivierte daraufhin den Autopiloten und steuerte das Flugzeug manuell. Im Gegensatz zur Darstellung am Platz des Kopiloten (Gerät 3) reduzierte sich die wahre Fluggeschwindigkeit der Maschine danach kontinuierlich. Die angezeigte Geschwindigkeit am Platz des Flugkapitäns (Gerät 1) wies 50 Sekunden nach Abschaltung des Autopiloten einen Wert von 0 KIAS auf. Gleichzeitig sank nun auch der Wert im zweiten Anzeigegerät sprunghaft auf 108 KIAS herab. Zu diesem Zeitpunkt wirkten Kräfte von bis zu 1,5g auf das Flugzeug ein. Unmittelbar darauf sackte die Flugzeugnase ab, so dass die Maschine mit einer negativen Längsneigung von 30 Grad, die bis zum Aufprall beibehalten wurde, rapide an Höhe verlor.[8]

Ende Juni 2018 wurde vom MAK der offizielle Unfalluntersuchungsbericht veröffentlicht. Ursächlich war demnach die Vereisung des Pitotrohres durch die nicht eingeschaltete Heizung.[11][1]

Passagiere

Von den an Bord befindlichen Personen waren 69 russische sowie je ein aserbaidschanischer und Schweizer Staatsangehöriger.[12]

NationalitätAnzahl
Russland Russland69
Aserbaidschan Aserbaidschan01
Schweiz Schweiz01
Gesamt71

Konsequenzen

Die Fluggesellschaft änderte im April 2018 ihren Markennamen in Ivolga Airlines (benannt nach dem russischen Wort für Pirol), der Name des Unternehmens blieb aber Saratov Airlines.[13] Am 30. Mai 2018 wurde für Saratov Airlines ein Flugverbot ausgesprochen.[14] Im Laufe der Untersuchung wurde 64 Piloten, welche die Ausbildung wie der Kopilot von Flug 703 in Tscheljabinsk absolviert hatten, aufgrund von fehlenden Zertifikaten der Ausbildungsstätte die Lizenz entzogen.[15]

Ähnliche Ereignisse

Weblinks

Commons: Saratov Airlines Flight 703 – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. a b Antonow-Unglück bei Moskau: Vereiste Sensoren ließen Flugzeug abstürzen. In: n-tv.de. Abgerufen am 27. Juni 2018.
  2. SPIEGEL ONLINE: Russisches Flugzeug nahe Moskau abgestürzt – SPIEGEL ONLINE. 11. Februar 2018, abgerufen am 11. Februar 2018.
  3. Deutsche Welle (www.dw.com): 71 Tote bei Flugzeugabsturz nahe Moskau. 11. Februar 2018, abgerufen am 13. Februar 2018.
  4. a b BREAKING Antonov An-148 with 71 people onboard missing after taking off from Moscow. In: airlive.net. 11. Februar 2018, abgerufen am 12. Februar 2018 (englisch).
  5. RA-61704 – Antonov An-148 – Saratov Airlines. In: flightradar24.com. Abgerufen am 12. Februar 2018 (englisch).
  6. Crashed An-148 was intact during descent: investigators. In: flightglobal.com. 13. Februar 2018, abgerufen am 13. Februar 2018 (englisch).}
  7. Sebastian Shukla, Alla Eshchenko, Holly Yan: Russian plane crash kills all 71 people on board. In: edition.cnn.com. 12. Februar 2018, abgerufen am 12. Februar 2018 (englisch).
  8. a b Crash: Saratov A148 at Moscow on Feb 11th 2018, lost height after departure, pitot heatings off. In: The Aviation Herald. 13. Februar 2018, abgerufen am 13. Februar 2018.
  9. Flugzeugabsturz bei Moskau: Ermittler nennen mutmaßliche Ursache. de.sputniknews.com, archiviert vom Original am 13. Februar 2018; abgerufen am 13. Februar 2018.
  10. Flight International, 20. Februar 2018 (englisch), Erster Unfallbericht, S. 7.
  11. Unfallbericht AN-148 RA-61704, Aviation Safety Network (englisch), abgerufen am 26. August 2018.
  12. Who were the victims of the Russia crash? via www.bbc.com, 12. Februar 2018, abgerufen am 13. Februar 2018.
  13. Stefan Eiselin: Saratov tauft sich um. aerotelegraph.com vom 13. April 2018
  14. Saratov Airlines darf nicht mehr fliegen. AeroTelegraph, 31. Mai 2018.
  15. Piloten haben einen Absturz mit Diplomen, Kommersant, 7. Juni 2019

Koordinaten: 55° 17′ 59,42″ N, 38° 23′ 20,94″ O

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Die quadratische Nationalfahne der Schweiz, in transparentem rechteckigem (2:3) Feld.
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The crash site of Saratov Airlines Flight 703
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Flight route of Saratov Airlines Flight 703
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Autor/Urheber: Papas Dos from Moscow, Russia, Lizenz: CC BY 2.0

RA-61704 Antonov 148-100V Saratov Airlines

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