Sappada
Sappada | ||
---|---|---|
Staat | Italien | |
Region | Friaul-Julisch Venetien | |
Lokale Bezeichnung | Plodn | |
Koordinaten | 46° 34′ N, 12° 41′ O | |
Höhe | 1250 m s.l.m. | |
Fläche | 62,73 km² | |
Einwohner | 1.308 (31. Dez. 2022)[1] | |
Fraktionen | Cima Sappada, Cretta, Puiche, Ecche, Soravia, Kratten, Fontana, Cottern, Mühlbach, Bach, Pill, Palù, Granvilla, Lerpa | |
Postleitzahl | 33012 | |
Vorwahl | 0435 | |
ISTAT-Nummer | 030189 | |
Bezeichnung der Bewohner | Sappadini/Plodar | |
Schutzpatron | Hl. Margareta | |
Website | Gemeinde Sappada |
Sappada, plodarisch-deutsch Plodn oder Pladn, standarddeutsch Pladen,[2][3] ist die höchstgelegene Gemeinde der oberitalienischen Region Friaul-Julisch Venetien. Der Ort bildet eine deutsche Sprachinsel und hat 1308 Einwohner (Stand 31. Dezember 2022).
Geographie
Sappada liegt im Süden der Karnischen Alpen auf 1250 m Höhe[4] südlich des Monte Peralba (Hochweißstein; plodarisch/sappadino: Jochkouvl[5]). Das Gemeindegebiet umfasst 62 km². Sappada ist ein Dorf, das aus einer ca. fünf Kilometer langen Kette von Weilern besteht, die fast alle jeweils ihre eigene Kapelle und ihren Brunnen haben.
Der Name Plodn korreliert mit dem deutschen Namen des Flusses Piave (deutsch: „Ploden“), der durch den Ort fließt.
Geschichte
Im Mittelalter gehörte das Gebiet mit der Grafschaft Cadore zum freisingischen Hochstift Innichen (Südtirol). Bald nach 1000 n. Chr. wurde die Gegend von Deutschsprachigen aus dem nahen Pustertal, der Legende nach aus Villgraten, besiedelt. Ende des 11. Jahrhunderts konnte der Patriarch von Aquileja gegenüber dem Hochstift Freising die Landesherrschaft durchsetzen. Sappada wurde um 1269 erstmals urkundlich erwähnt. Ursprünglich als Bergwerkssiedlung (Eisengewinnung am Monte Ferro, Verhüttung im benachbarten Ort Forni Avoltri) gegründet, entwickelte sich Sappada aus den oben erwähnten Einzelweilern zur bäuerlichen Gemeinde. Mit der Eroberung des Patriarchats kam 1420 auch Sappada unter die Herrschaft der Republik Venedig. Mit dem Vertrag von Campo Formio 1786 kam es zu Österreich, wurde 1852 von der Provinz Friaul abgetrennt und der Provinz Belluno eingegliedert. Obwohl Sappada nicht dem Cadore zugerechnet wird, trat es der Magnifica Comunità del Cadore bei und kam 1866 schließlich mit Venetien an Italien. Laut dem Gesetz vom 5. Dezember 2017, Nr. 182, wurde die Gemeinde Sappada / Plodn wieder der Provinz Udine in der Region Friaul-Julisch Venetien eingegliedert. Zu Beginn des 19. Jahrhunderts hatte Sappada erstmals über 1000 Einwohner, heute sind es etwa 1300. Gegen Ende des 19. Jahrhunderts entwickelte sich in den Bergen um Sappada der Fremdenverkehr zu einer bedeutenden Einnahmequelle; hierbei spielte der Alpinismus die Hauptrolle.[6]
Kultur und Sehenswürdigkeiten
Sprache und Brauchtum
Sappada oder Plodn (Bladen) ist eine von mehreren deutschen Sprachinseln in Italien. Plodarisch, wie die alte Sprache heißt, wird der südbairischen Gruppe des Altdeutschen zugerechnet.[7] Diese südbairische Mundart wird noch heute vom größten Teil der Einwohner von Plodn als Alltagssprache verwendet und lässt ihre Hochpustertaler Herkunft erkennen, so dass sie sich von den anderen Sprachinseln (siehe unten) deutlich unterscheidet. 1972 publizierte Maria Hornung ein Pladner Wörterbuch[8]; 2010 veröffentlichten Marcella Benedetti und Cristina Kratter das Plodar berterpuich.[9]
Zur Festigung der besonderen Traditionen unterhält Sappada enge Kontakte zu den anderen deutschen Sprachinseln in den Provinzen Trient (Lusern und Fersental), Verona (Dreizehn Gemeinden), Vicenza (Sieben Gemeinden), Udine (Tischelwang und Zahre) sowie den Walsersiedlungen in den Regionen Aosta und Piemont. Auf der italienischen Seite der Karnischen Alpen gibt es vier deutschsprachige Enklaven: Sappada-Plodn, Sauris-Zahre, Timau-Tischlbong und das Val Canale-Kanaltal.[10]
Sappada ist heute ein viel besuchter Fremdenverkehrsort im Sommer und Winter. Das hat zur Zuwanderung von Arbeitskräften aus anderen Teilen Italiens geführt. In der jüngeren Generation war daher das „Plodarische“ zeitweise im Rückgang begriffen. Neuerdings jedoch wird die Mundart in erster Linie von der Kirche und darüber hinaus vom Kulturverein Associazione Plodar besonders gefördert. Auch die Region Friaul-Julisch Venetien und die Provinz Udine fördern – teilweise mit Unterstützung durch die EU – die alte Tradition, wenn auch nur in geringem Umfang.
Besonders interessant ist die alljährliche traditionelle Fastnacht mit der Zentralfigur „Rollat“, die nach den „umgeschnallten klirrenden Bronzekugeln“, den „Rollen“ benannt ist. Dessen Maske gilt als Symbol für Plodn.[11] Ebenfalls eine prägende Rolle spielen die drei Sonntage (Bettlersonntag, Bauernsonntag und Herrensonntag) und die Volkstanzgruppe „Holzhockar“.[12] Auch die von der Osttiroler Herkunft zeugende Bauweise der Häuser unterscheidet sich signifikant von anderen Siedlungen der Umgebung.
Bauwerke
- Pfarrkirche St. Margherita. Die barocke Kirche wurde 1779 nach Plänen von Tommaso von Lienz errichtet. Die Fresken im Inneren aus dem Jahr 1906 stammen von Francesco Barazzuti. Sie zeigen im Stichkappengewölbe des Langhauses die Himmelfahrt Marias, in der Kuppel des Chores die Aufnahme der hl. Margareta in den Himmel, an der linken Chorwand den Tod des hl. Josefs, an der rechten Chorwand das Martyrium der hl. Margareta. Das Bild des Hochaltars malte 1802 Johann Renzler.
- Stichkappengewölbe im Langhaus
- Blick in die Kuppel des Chores
- Martyrium der hl. Margareta an der rechten Chorwand
- Der Hochaltar
- Kirche St. Oswald in Cima Sappada, 1732 am Ort eines bescheideneren Vorgängerbaues errichtet. Das Deckenfresko im Chor zeigt die von Putten begleitete Himmelfahrt Mariens.
- St. Oswald, Innenansicht
- Deckenfresko im Chor
Der barocke Hochaltar ist ein viersäuliger Ädikula-Altar mit einem Gemälde des die Maria verehrenden hl. Oswald. Im Aufsatz steht ein Auge der Vorsehung. Das Gemälde des linken Seitenaltars zeigt die Heiligen Josef und Antonius. Der rechte Seitenaltar steht in einer Kapelle. Im Schrein steht eine Maria Immacolata die Schlange zertretend.
- Der Hochaltar
- Linker Seitenaltar
- Rechter Seitenaltar
Natur
- Im Sesis-Tal (Val Sesis) liegen die Quellen des Piave (Sorgenti del Piave), von Cima Sappada aus in acht Kilometern Entfernung erreichbar.[13]
Politik
Im März 2008 hielt die Gemeinde ein Referendum ab, ob Sappada von der Region Venetien (Provinz Belluno) abgetrennt und der Autonomen Region Friaul-Julisch Venetien (Provinz Udine) eingegliedert werden soll. Von den knapp 1200 Wahlberechtigten, stimmten 75 % ab, wovon sich wiederum 95 % für den Provinzwechsel aussprachen. Sowohl von Friaul-Julisch-Venetien (2010) als auch von Venetien (2012) gab es grünes Licht für den Wechsel. Der entsprechende Gesetzesentwurf wurde dem römischen Parlament im Jahr 2013 vorgelegt.[14] Die Klärung finanzieller Fragen spielte in der Zwischenzeit eine wichtige Rolle.[15] Im November 2017 stimmte die Abgeordnetenkammer in Rom der Eingliederung in die Autonome Region Friaul-Julisch Venetien (Provinz Udine) schließlich zu.[16] Laut dem Gesetz vom 5. Dezember 2017 n. 182 wurde die Gemeinde zum 16. Dezember 2017 der Region Friaul-Julisch Venetien eingegliedert.
Literatur
- Aristide Baragiola: La casa villereccia delle colonie tedesche del gruppo carnico. Sappada, Sauris e Timau con raffronti delle zone contermini italiana et austriaca: Carnia, Cadore, Zoldano, Agordino, Carintia e Tirolo. Peregrinazione folcloriche. Tipografia Tettamanti, Chiasso 1915.
- Marcella Benedetti, Cristina Kratter: Plodar berterpuich. Associazione Plodar, Comune di Sappada Plodn 2010 (in plodarischer, deutscher und italienischer Sprache).
- G. Fontana: Addio Vecchia Sappada. Feltre 1966 (in italienischer Sprache).
- Sebastian Franz: Mehrsprachigkeit und Identität. Die alpindeutsche Siedlung Sappada/Pladen/Plodn. Steiner, Stuttgart 2021.
- Maria Hornung: Wörterbuch der deutschen Sprachinselmundart von Pladen/Sappada in Karnien (Italien). Vorgelegt in der Sitzung am 5. März 1971. Mit Verwertung der Sammlungen von Pietro Sartor Schlossar und Illustrationen von Franz Kratochwil. Böhlau, Wien 1972.
- Günther Grewendorf, Cecilia Pelotto: Von OV zu VO: ein Vergleich zwischen Zimbrisch und Plodarisch.
- Maria Hornung: Pladner Wörterbuch. Glossario Sappadino. Italienische Bearbeitung von Anna Gasser. Edition Praesens, Wien 1995 (Beiträge zur Sprachinselforschung 12).
- Ans, kans, hunderttausnt. Berter saint et schtane. Frasario del „sappadino“ von Cristina Kratter und Marcella Benedetti, Pieve di Cadore, Tipografia Tiziano, dicembre 2006, ill (in italienischer und plodarischer Sprache).
- Wörterbuch der bairischen Mundarten in Österreich.
Weblinks
- Gemeinde Sappada (italienisch)
- Associazione „Plodar“: Kulturverein Plodn (italienisch und deutsch) Kultur, Fasching, Sprache (Plodar berterpuich)
- Sprachinselverein: Plodn/Sappada
- Webseite Sappada (deutsch)
- Tourismusverband Comelico Sappada (italienisch)
Einzelnachweise
- ↑ Bilancio demografico e popolazione residente per sesso al 31 dicembre 2022. ISTAT. (Bevölkerungsstatistiken des Istituto Nazionale di Statistica, Stand 31. Dezember 2022).
- ↑ Sprachinselverein: „Die Schreibung Bladen ist irrig, sowohl etymologisch als auch der Aussprache nach.“
- ↑ Dizionario Sappadino-Italiano
- ↑ [1] auf www.sappada.info, abgerufen am 31. Mai 2023
- ↑ [2] auf www.caisappada.org, abgerufen am 31. Mai 2023
- ↑ [3] auf www.deutschesprachinseln.de, abgerufen am 31. Mai 2023
- ↑ [4] auf www.deutschesprachinseln.de, abgerufen am 31. Mai 2023
- ↑ Maria Hornung: Pladner Wörterbuch (Glossario Sappadino). Edition Praesens, Wien 1995
- ↑ [5] auf www.plodn.info, abgerufen am 29. Mai 2023
- ↑ [6] auf www.deutschesprachinseln.de, abgerufen am 31. Mai 2023
- ↑ [7] auf www.deutschesprachinseln.de, abgerufen am 31. Mai 2023
- ↑ Der Fasching (sappadadolomiti.com)
- ↑ Sorgenti del Piave
- ↑ Governo Italiano: DDL 951
- ↑ Messaggero Veneto: Sappada in pressing per passare al Fvg
- ↑ Repubblica online vom 22. November 2017 (italienisch) abgerufen am 23. November 2017
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Barocke Pfarrkirche St. Margareta (Sappada, Italien), das Fresko Der rechten Chorwand zeigt das Martyrium der hl.. Margareta
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Innenansicht der Kirche St. Margareta in Sappada (Italien)
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Linker, barocker Seitenaltar der kath. Filialkirche St. Oswald in Cima Sappada (Sappada, Italien)