Sankt-Georgs-Medaille
Die Sankt-Georgs-Medaille (auch Plakette Heiliger Georg) ist ein nicht tragbares Ehrenzeichen des Bundesnachrichtendienstes (BND) für langjährige oder verdiente Beschäftigte sowie einzelne Angehörige befreundeter ausländischer Nachrichtendienste. Sie wurde am 31. März 1956 gestiftet und zeigt den Heiligen Georg, den Schutzpatron des BND. Noch heute erhalten die Plakette Mitarbeiter, wenn sie nach mindestens zwölfjähriger Dienstzugehörigkeit den BND verlassen.
Sankt Georg
Der Heilige Georg ist ein weit verbreiteter Schutzheiliger, insbesondere im ehemals ostdeutschen bzw. osteuropäischen Raum, aus dem viele der ersten BND-Angehörigen stammten. Er gilt als Symbol für Standhaftigkeit und als Drachentöter, wobei der Drache für das Böse steht. Im BND wurde der Sieg über den Drachen als Sinnbild für die Erkenntnis der Welt aus dem „wahren“ Wissen allegorisch gedeutet. Reinhard Gehlen, der erste BND-Präsident und Leiter seiner Vorgängerorganisation, der Organisation Gehlen, sah im Heiligen Georg eine Versinnbildlichung für den Kampf gegen den Kommunismus, gegen den der BND in den Anfangsjahren hauptsächlich agierte. Ein Bezug zu England, dessen Schutzpatron der Heilige Georg ebenfalls ist, sei laut Gehlen nicht gegeben. Auch ein Zusammenhang zum russischen Orden des Heiligen Georg ist nicht bekannt.
Gestaltung
Die Medaille zeigt auf dem Avers ohne Umschrift den Heiligen Georg als Ritter mit offenem Helmvisier zu Pferd nach rechts, der mit einer Lanze einen am Boden liegenden Drachen tötet. Die Lanzenspitze bohrt sich dabei in sein aufgerissenes Maul. Der Revers zeigt einen Lorbeerkranz sowie die Inschrift des Stiftungsdatums „31.3.1956“. Bis 1969 wurde auf dem Revers im unteren Bereich eine Verleihungsnummer eingraviert. Das Gewicht beträgt, je nach Fertigungszeitpunkt, zwischen 40 und 49 Gramm. Die Medaille existiert in einer bronzenen, silbernen und goldenen Ausführung und ist aus galvanisiertem Messing gefertigt. Die bronzene Medaille ist altbronzefarbig patiniert, die silberne versilbert und die goldene Medaille matt vergoldet. Für den Entwurf und die künstlerische Gestaltung war ein russisch-orthodoxer Kunstmaler und Kunsthistoriker verantwortlich, der leitend im Bereich Dokumentenwesen der Organisation Gehlen tätig war. Die Medaille wurde in frühen Jahren in einer weinroten oder hellblauen Pappschachtel mit Goldrand oder in roten Schachteln in Lederprägung übergeben. Aktuell wird die Medaille in ein blaues Samtkissen eingebettet, in einem dunkelblauen Etui mit Goldrand überreicht.
Verleihung
Die Verleihung soll in würdevollen Rahmen stattfinden. Vom 1. April 1956 an wurde die Medaille in Bronze jedem Beschäftigten des BND überreicht, der mindestens zehn Jahre hauptamtlicher Mitarbeiter war, wobei in diesem Falle nicht jeder automatisch eine Auszeichnung erhielt. Die Ausfertigung in Silber war für nicht nachrichtendienstlich tätige Personen und Amtsträger vorgesehen. Diese erhielt zum Beispiel der Bürgermeister von Pullach im Isartal. Die Gemeinde war langjähriger Sitz der ehemaligen Zentrale des Bundesnachrichtendienstes. Die goldene Version war ausländischen Partnern vorbehalten.
Die Verleihung folgt mit einem Begleitschreiben des BND-Präsidenten, dessen Text wie folgt oder ähnlich ist:[1]
„Es sind nunmehr 10 Jahre seit Ihrem Eintritt in die damalige Organisation Gehlen vergangen. Dieser Abschnitt bedeutet eine lange Zeit unter anfangs äußerst schwierigen und wechselvollen Umständen. Der entsagungsvollen Arbeit aller im Laufe dieser Jahre sich unserem Dienst anschließenden, besonders aber der alten Mitarbeiter ist es zu danken, daß unser Dienst eine ständige Aufwärtsentwicklung nehmen konnte und schließlich einen internationalen Ruf erworben hat. Für den Anteil, den Sie durch Ihre eigene Arbeit dazu beigetragen haben, möchte ich Ihnen besonders danken und Ihnen als Erinnerung die anliegende Plakette überreichen.“
Geschichte
Reinhard Gehlen suchte nach einer Möglichkeit, langgediente Mitarbeiter auszuzeichnen und an die Aufbauphase in den 1940er und 1950er Jahren zu erinnern. Der Stiftungstag, der 31. März 1956, war der letzte Tag der Organisation Gehlen. Allen Welsh Dulles, der damalige Chef der Central Intelligence Agency, unter deren Aufsicht die Organisation Gehlen seit dem 1. Juli 1949 gestanden hatte, erhielt 1956 die goldene Medaille mit der Nummer 1. Ein Jahr darauf erhielt der spätere CIA-Direktor Richard Helms, zuvor für den BND verantwortlich, die Goldmünze Nummer 6. John R. Boker erhielt die Goldmünze Nr. 8. Er hatte Gehlen im Juni 1945 in Kriegsgefangenschaft befragt und seine Vorgesetzten von der Sinnhaftigkeit einer Arbeit Gehlens für die Amerikaner, so wie Gehlen es wollte, überzeugt. Heinz Felfe, dem größten Verratsfall in der Geschichte des BND, wurde am 6. November 1961, unmittelbar vor seiner Verhaftung, die Medaille verliehen.
Mit Verfügung vom 24. November 1969 sollte die Medaille nur noch an BND-Mitarbeiter verliehen werden und nur noch, wenn diese nach mindestens 10-jähriger Tätigkeit den Dienst verließen. Bis zum Mai 1977 erfolgte die Fertigung im Bayerischen Hauptmünzamt, seitdem durch ein Privatunternehmen. Zwischenzeitlich soll es zu inflationären und wiederholten Verleihungen bei Dienstjubiläen gekommen sein oder jeder Mitarbeiter erhielt sie beim Verlassen des Dienstes unabhängig von der Dauer der Dienstzugehörigkeit.
Am 7. Mai 2008 wurde bei der Grundsteinlegung der neuen Zentrale des Bundesnachrichtendienstes eine Sonderform der Medaille eingemauert. Sie zeigt auf dem Avers den Bundesadler mit der Umschrift „Bundesrepublik Deutschland – Bundesnachrichtendienst“ und auf Revers den Heiligen Georg und den Leitspruch des Bundesnachrichtendiensts „Libertas et Securitas“. Im Innern der aufschraubbaren Medaille befinden sich zwei Mikrofilme. Einer zeigt das Luftbild der alten Bundesnachrichtendienstzentrale in Pullach, der andere die Porträts der bisherigen Präsidenten des Bundesnachrichtendienstes.
Bekannte Ausgezeichnete
- Allen Welsh Dulles (1893–1969), goldene Ausfertigung Nr. 1
- James H. Critchfield (1917–2003), goldene Ausfertigung Nr. 4
- Richard Helms (1913–2002), goldene Ausfertigung Nr. 6
- John R. Boker (1913–2003), goldene Ausfertigung Nr. 8
Literatur
- Bodo Hechelhammer (Hrsg.): Der Bundesnachrichtendienst und seine Sankt-Georgs-Medaille (= Bundesnachrichtendienst [Hrsg.]: Mitteilungen der Forschungs- und Arbeitsgruppe „Geschichte des BND“. Band 5). 2. akt. Auflage. Berlin 2012, ISBN 978-3-943549-07-2 (online [PDF; 2,9 MB]).
Weblinks
- Antonia Kleikamp: Wie St. Georg zum Heiligen des BND wurde. In: Die Welt. 23. Dezember 2020 (Erstveröffentlichung 2014).
Einzelnachweise
- ↑ Bodo Hechelhammer (Hrsg.): Der Bundesnachrichtendienst und seine Sankt-Georgs-Medaille (= Bundesnachrichtendienst [Hrsg.]: Mitteilungen der Forschungs- und Arbeitsgruppe „Geschichte des BND“. Band 5). 2. akt. Auflage. Berlin 2012, ISBN 978-3-943549-07-2, S. 24 (online [PDF; 2,9 MB]).
Auf dieser Seite verwendete Medien
Verleihungsschreiben zur BND-Medaille St. Georg
Autor/Urheber: Knoerz, Lizenz: CC BY-SA 4.0
Sankt-Georgs-Medaille Bundesnachrichtendienst
Autor/Urheber: Knoerz, Lizenz: CC BY-SA 4.0
Sankt-Georgs-Medaille Bundesnachrichtendienst