Sandbagger (Bootstyp)

Sandbagger [] ist eine angloamerikanische Bezeichnung für einen Segelbootstyp, der Mitte des 19. Jahrhunderts an der US-amerikanischen Ostküste aus kleinen Arbeitsbooten entstand. Die Bezeichnung stammt von den Sandsäcken (sandbags), die als beweglicher Ballast benutzt wurden. Genutzt wurden die Sandbagger auch bei Rennen, schon bevor sie nur zu diesem Zweck gebaut wurden.
Entwicklung
Im 19. Jahrhundert wurden in der New York Bay Austern mit halboffenen Segelbooten gefischt. Die New York Sloop hatte ein einfach zu handhabendes Gaffelrigg mit einem Mast, einen geringen Rumpftiefgang und ein Schwert,[1] um in den flachen Gewässern der Muschelbänke fischen zu können. Den fehlenden Ballast glichen einerseits die Formstabilität, andererseits die Crew und, falls vorhanden, die Ladung aus. Für größere Yachten war eine vergleichbare Bauart unpraktisch, sofern die Boote nicht stark bemannt waren. Bei kleineren Booten, wie den Sandbaggern, konnte die Masse, die ein einzelner Mann oder wenige Männer bewegen konnten, einen deutlichen Unterschied im Trimm ausmachen. Die Vorläufer der späteren Rennboote wurden neben der Arbeit auch als Ausflugsboote und für Wettrennen oder Regatten genutzt. Letzteres führte zu immer mehr auf Schnelligkeit ausgelegten Konstruktionen. Die Blütezeit der historischen Sandbagger lag zwischen 1860 und 1890.[2][3]
Sandbagger waren im späten 19. Jahrhundert in den Vereinigten Staaten von Amerika verbreitete Rennboote.[3] Ein Exemplar mit durchgehender Geschichte, die 1880 gebaute Annie, ist im Besitz des Mystic Seaport Museums.[4] Einzelne Sandbagger wurden auch noch nach der Blütezeit des Typs gebaut.[5][6] Dem Sandbagger vergleichbare Boote gab es in so unterschiedlichen Revieren wie an beinahe der gesamten Atlantikküste, der San Francisca Bay und dem Golf von Mexiko. Als Freizeitboote verbreiteten sie sich von Küste zu Küste.
Merkmale

Die Boote hatten eine Länge von 18 bis 28 Fuß, das entspricht etwa einem Bereich von 5,5 bis 8,5 Metern. Sie waren im Vergleich zur Länge breit, halb gedeckt, mit einem offenen Cockpit, einem flachen Rumpf und Unterwasserschiff, angehängtem Ruder und ausladendem Spant, der ihnen einerseits Formstabilität gab, andererseits erlaubte, das Gewicht von Ballast und Mannschaft weit nach außen zu verlagern.
- Beispiel mit Cat-Takelung, wie beim Sandbagger „Orient“
- Beispiel mit Slup-Takelung, wie beim Sandbagger „Annie“
Vor- und Achtersteven waren meist senkrecht und ohne Überhang. Die Takelung war entweder die einer Slup– oder eine Cat-Takelung. Zwei Mastschuhe erlaubten es, das Rigg zu wechseln. Ein Sandbagger wie die Susie S. von 27 Fuß Länge (8,23 Meter) hatte einen Spantenabstand von einem Fuß, etwa 30 cm, Planken von etwa einem 3/4 Zoll (1,9 cm) Stärke. Bug- und Hecksteven maßen etwa drei Zoll (7,5 cm), der Mast am Fuß zehn, im Topp fünf Zoll (25 und 12,5 cm). 25 bis 28 Säcke von jeweils 45 Pfund (etwa 20 Kilo) bildeten den Ballast. Bei Rennen hatten die größeren Sandbagger bis zu 17 Mann Besatzung. Die meisten davon kümmerten sich um den Ballast.[2] Bugspriet und Großbaum konnten die Gesamtlänge des Bootes mehr als verdoppeln. Die Annie misst einschließlich dieser Spieren bei einer Rumpflänge von 8,8 Metern etwa 24 Meter Länge über alles.[7]
Bekannte Exemplare
Einige Exemplare von einer unbekannten Zahl von jemals gebauten Sandbaggertypen haben besondere Bekanntheit in Literatur, Museen, im Regattasport oder in der Marinegeschichte erlangt. Nachfolgend eine Übersicht von Sandbaggern mit besonderem Bekanntheitsgrad:
Verwandte Bauarten
Ähnlich dem Sandbagger war das Catboot, ein vergleichsweise noch breiteres Boot, ebenfalls mit hoher Formstabilität und Schwert, aber einfacherem Rigg und weniger Segelfläche im Verhältnis zur Größe, das sich von der Narragansett Bay aus um Cape Cod herum ausbreitete.[1]
Eine weitere, weniger bekannte Bauart, sind die französischen Houari der Region von Marseille. Diese von Sandbaggern beeinflusste Bauart wurde um 1860 in Marseille bekannt. Am Fischmarkt von Marseille war es üblich, dass die ersten Anlandungen von frischen Fischen die besten Marktpreise erzielten, was immer schnellere Fischereiboote entstehen ließ. Französische Kapitäne begannen um 1860 Boote zu bauen, deren Bauart von den amerikanischen Sandbaggern abgeleitet war. Diese Boote wurden in der Folge als Houari bekannt und dann hauptsächlich für den Segelrennsport gebaut. In den 2010er-Jahren fand ein Boot dieser Art erneut Interesse im Segelsport. Der französische Bootsbauhistoriker Daniel Charles ließ eine Replika des Boots Alcyon von 1871 nach alten Plänen bauen. Es wurde 2013 fertiggestellt und von dem französischen Bootsbauexperten Patrick Moreau im klassischen Stil geriggt. Das Boot gilt als einziges existierendes Exemplar der klassischen Bauart Houari.[11]
Literatur
- Howard I. Chapelle: The History Of American Sailingships. Bonanza Books, New York 1985, ISBN 0-517-02332-6.
- Gregory O. Jones: The American Sailboat. MBI Publishining, St. Paul 2002, ISBN 0-7603-1002-5.
- John Kimball: Physics of Sailing. CRC Press, Boca Raton 2010, ISBN 1-4200-7376-1.
- Ian Hugh Smith: The open boat the origin, evolution and construction of the Australian 18-footer. Sydney Wooden Boat School, Sydney 2017, ISBN 0-646-96647-2.
- Motor Boating (= Yachtmen’s Magazine). International Magazine Company, New York Oktober 1939, OCLC 807286594.
Weblinks
- John Brady: Building the Sandbaggers, New York Harbor Sailing Foundation, Archivversion von nyharborsailing.com
- Friends of BULL and BEAR Sandbaggers bei bullbearsailing.com
Einzelnachweise
- ↑ a b Gregory O. Jones: The American Sailboat. S. 25–26 (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).
- ↑ a b Howard I. Chapelle: The History Of American Sailingships. Bonanza Books, New York, ISBN 0-517-02332-6, Chapter 7: Sailing Yachts, S. 317 ff. (englisch, Erstausgabe: W. W. Norton & Company, Inc., New York 1935).
- ↑ a b c d e f g William P. Stephens: Tradition and Memories of American Yachting Sandbags to Windwards (Part 5). In: Motor Boating (= Yachtmen’s Magazine). Oktober 1939, S. 112–114 (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).
- ↑ Annie auf der Seite des Mystic Seaport (englisch), abgerufen am 22. November 2021
- ↑ Ash Breeze, 2006, Vol. 27, No. 4,PDF-Datei 4,0 MB ( vom 27. Juli 2011 im Internet Archive)
- ↑ Tattler II von VanDam in Michigan (englisch), abgerufen am 22. November 2021
- ↑ John Kimball: Physics of Sailing. S. 94 (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).
- ↑ William P. Stephens: Tradition and Memories of American Yachting. Sandbags to Windwards (Part 5). In: Motor Boating (= Yachtmen’s Magazine). Oktober 1939, S. 34–36 (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).
- ↑ Philip Thorneycroft Teuscher: A sandbagger for all seasons. In: National Maritime Historical Society & Sea History Magazine (Hrsg.): Sea History. 36. Auflage. 1985, S. 8–9 (Sea History).
- ↑ Gemälde von William Gay Yorke
- ↑ Dan Houston: The houari of Marseille. In: Classic Boat. Februar 2014, S. 7–12 (Classic Boat).
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Autor/Urheber: Ryanschenk, Lizenz: CC BY-SA 3.0
Drawing of a gunter rigged sailboat
The Sandbagger 'Orient' off Owl's Head, Brooklyn, circa 1885 by William Gay Yorke. Owl's Head was a Brooklyn promontory often used as the start or finish point for races in New York harbour, depending on which way the wind was blowing. Fort Lafayette and Fort Hamilton are in the background.
(c) Photograph by D Ramey Logan, CC BY 4.0
Chesapeake Bay Sandbagger sloop by D Ramey Logan
Autor/Urheber: Internet Archive Book Images, Lizenz: No restrictions
Identifier: ForeststreamXXIIA (find matches)
Title: Forest and stream
Year: 1873 (1870s)
Authors:
Subjects: Periodicals Hunting Fishing Outdoor life Sports
Publisher: New York, N.Y. : (Forest and Stream Publishing Co.)
Contributing Library: Smithsonian Libraries
Digitizing Sponsor: Biodiversity Heritage Library
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ber strap or grummet lashed to thetraveler. The bight of a long painter is hitched to this grummet andthe end also belayed as a preventer in case the rubber strap shouldgive away. Such a simple arrangement I found to answer admirably.But why do vacthsmen not irv some style of collapsable boat, to stowsnugly in the gangway or on the cabin floor? A variety of such boatsfire in the mai-ket and only a want of enterprise in trying somethingnew interferes with their becoming generally recognized as a boon tothe owners of small yachts. If these be not fancied, then build thetender or skiff iu such fashion as to stow on deck iu someway. Thereis a wide field for experiment janyway in thia matter of yachttenders. The boats now so commonly in use are about the worstwhich could be devised, cranky, poor carriers, easily swamped inrough water, heavy and costly. For $10 a better boat in every waycan be buUt than the $40 copy of the Whitehall wherry. C. P. i-> Dec. 25, 1881) FOREST AND STREAM. 4BB
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OPEN CENTERBOARD BOAT CRUISER. CRUISER. THE long warfare which Forept and Stream has waged againstthe bhnd worship of the sandbag model that has so long pre-vailed among American yachtsmen, is well known to our readers.This model, the Joint outcome of iocal surrounding In the shape ofmud flats, and the narrow and illogical rule of length measurement,has made its influence felt throughout the entire yacht fleet, manyeven of the boats of greatest tonnage being simply enlarged cari-catures of the 16 to 20ft. open boats in model, ballast, and as nearlyas possible in rig. Almost all types of boats, however, have some usefor which they are specially fitted, tome purpose, usually the one forwhich they were first designed, which they fiU better than any othercraft can,and it is only when diverted from this end to one for whichthey were never intended, that the harm begins. Thus it has beenwith the type in question. Intended first for speedin shoal water, regardless of an occasional capsize or
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