Sandalenfilm

Mit Sandalenfilm (englisch sword-and-sandal; italienisch Peplum) werden hauptsächlich in Italien produzierte B-Movies mit meist antiker beziehungsweise biblischer Thematik bezeichnet. Namensgebend war die während der Antike im Mittelmeerraum als Schuhwerk dominierende Sandale. Die meist billig produzierten Streifen dominierten die italienische Filmindustrie von 1958 bis 1965 und wurden dann von den Spaghetti-Western weitgehend verdrängt, erlebten aber in den 1980er im Gefolge der Conan-Filme nochmals eine kleine Blütezeit. Der Begriff Sandalenfilm wurde von Filmkritikern meist abwertend verwendet, da diese Hollywoods Monumentalfilme imitierten (wie später auch die „Spaghetti-Western“ die „Edel-Western“ der USA).

Geschichte

Sandalenfilme orientierten sich am Erfolg von Monumentalfilmen mit großen antiken Themen, wie sie in den 1950er- und 1960er-Jahre in Hollywood mit großem Aufwand gedreht wurden. Entscheidend für den Erfolg jener Streifen war die Einführung des breitformatigen Cinemascope-Verfahrens. Bekannte Beispiele für Monumentalfilme aus dieser Zeit, damit auch Vorlagen für spätere Sandalenfilme, waren Cleopatra, Ben Hur, Das Gewand, Quo Vadis?, Spartacus sowie Der Untergang des Römischen Reiches. Filme wie Quo Vadis?, Cleopatra und Ben Hur wurden in der Cinecittà im Südosten Roms gedreht, später wurden in diesen Kulissen nicht selten Sandalenfilme gedreht.

Sandalenfilme entstanden wegen der zu hohen Produktionskosten in Hollywood nicht in den USA, sondern vor allem in Italien und in anderen süd- und südosteuropäischen Ländern. Der Produktionsaufwand war dort deutlich geringer, die schauspielerische Besetzung billiger als bei den großen Vorbildern, trotzdem fanden auch diese Filme beim Publikum großen Anklang. Im Gegensatz zu den Monumentalfilmen legten die Regisseure weniger Gewicht auf Charakterdarstellung und symbolhafte Handlungen, als vielmehr auf möglichst viele Faust- und Schwertkämpfe. Beliebtes Thema waren die muskulösen Helden Herkules, Ursus, Samson oder Maciste, vor allem in den späteren Filmen in nicht selten absonderlichen Variationen wie Kämpfe des Herkules gegen Vampire oder Zorro. In Die Stunde der harten Männer wurden sogar alle vier der zentralen Figuren in einem Film gemeinsam gezeigt. Zum Teil wurden auch andere Figuren, etwa des Trojanischen Sagenkreises als Namenspaten verwendet. Seltener wurden die Namen realer historischer Personen wie Spartacus oder Hannibal genutzt.

Mit Goliat erschufen die Produzenten einen weiteren Helden. Im Gegensatz zum Alten Testament war die Figur positiv besetzt. Der Name war den deutschen Verleihern jedoch zu wenig publikumswirksam. In Die Irrfahrten des Herkules (1961) hieß er Herkules und in Der Tiger von Sardes (1963) wurde er Gordian genannt. Die späteren Produktionen änderten die Zeitepoche. Spielte Golia e il cavaliere mascherato (1963) im Spanien des 16. Jahrhunderts, war Arabien der Handlungsort für Golia alla conquista di Bagdad (1965). Ein weiterer Rückgriff auf die Bibel geschah mit Samson. Auch hier waren sich die deutschsprachigen Verleiher ihrer Sache nicht sicher. Für Herkules im Netz der Cleopatra (1961) wurde der Held umbenannt. Die weiteren Produktionen orientierten sich dann am Piratenfilm. Die Handlung in Samson und die weißen Sklavinnen (1963) und Samson gegen die Korsaren des Teufels (1964) beschränkte sich auf das 17. Jahrhundert. Mit deutscher Beteiligung entstand dann Samson und der Schatz der Inkas (1964). Die Verbindung zum Western war jedoch eine einmalige Angelegenheit. Mit Huasca – Wie tödliche Geier (1968) gibt es einen weiteren Film, der als später Nachzügler den Sandalenfilm mit dem auf dem amerikanischen Doppelkontinent spielenden Abenteuerfilm mixt: Mark Forest verschlägt es als Herkules nach Peru, wo er mit dem von Giuliano Gemma verkörperten einheimischen Held gemeinsam dessen Braut, eine Prinzessin, retten muss.[1] In Maciste in der Gewalt des Tyrannen verschlägt es den Helden Maciste nach China. Parallel zu den Sandalenfilmen, die nicht selten in Co-Produktion mit französischen und etwas seltener spanischen Produktionsfirmen, seltener mit deutschen oder US-amerikanischen, erfolgten, entstanden auch immer Filme des Mantel-und-Degen-Genres wie auch des Abenteuer- und Historienfilms jenseits antiker und antikisierender Stoffe, die zum Teil auch noch parallel mit den Italowestern produziert wurden. Sowohl die Sandalenfilme als auch die häufig vor orientalischer Kulisse spielenden Abenteuerfilme wiesen immer wieder auch Elemente des Fantasyfilms auf. Der Begriff sword-and-sandal wird häufig weiter als der deutsche Begriff Sandalenfilm aufgefasst. Hierzu werden oft auch Wikingerfilme, Filme des arabischen Mittelalters und der Sagenwelt aus Tausendundeiner Nacht (Sindbad, Ali Baba), Mittelalterfilme und Filme des Artus-Sagenkreises gezählt.[2]

Beliebte Stars zahlreicher italienischer Sandalenfilme waren die US-amerikanischen Bodybuilder und Schauspieler Steve Reeves, Gordon Mitchell, Richard Harrison, Gordon Scott, Kirk Morris, Mark Forest, Dan Vadis, Lang Jeffries und Ed Fury, die sich oft die Bezeichnung Herkules, Samson, Maciste und Ursus teilten. Sergio Ciani (unter dem Künstlernamen Alan Steel) war ein bedeutender italienischer Darsteller jener Zeit, Iloosh Khoshabe (als Richard Lloyd beziehungsweise Rod Flash) war Iraner. Ein italienischer Nachwuchsstar des Genres war Giuliano Gemma. Mit Victor Mature spielt auch einer der Stars der US-amerikanischen Monumentalfilme in Hannibal eine einmalige Hauptrolle in einem Sandalenfilm. Auch hinter der Kamera waren viele bekannte Namen aktiv, oftmals lernten sie hier ihr Handwerk oder Verfeinerten ihre Techniken. Dazu gehörten die Regisseure und Autoren Sergio Corbucci und Sergio Leone oder auch der Kameramann Enzo Barboni.

Als Mitte der 1960er-Jahre die Produktion von Monumentalfilmen wegen zu hoher Kosten und schwindender Beliebtheit eingestellt wurde, verschwanden auch die Sandalenfilme weitgehend, ohne jedoch je komplett zu verschwinden. In den 1970er Jahren gab es eine Reihe von Sexploitationfilme, die sich mit dem Genre der Sandalenfilme mischten, ihren Höhepunkt hatten diese Filme mit Tinto Brass’ umstrittenen Werk Caligula. In den 1980er Jahren gab es im Zuge der Conan-Filmreihe ein kleines Revival, diese meist mit Fantasy-Elementen angereicherten Filme sind dem Genre der „Barbarenfilme“ zuzurechnen. Einen Bezug zu den antiken Hochkulturen findet sich kaum noch, eher zu vorgeschichtlichen Lebensformen. Zum Teil werden diese mit den ebenfalls zu der Zeit populären Endzeit-Filmen kombiniert, manchmal wird die Handlung auch auf andere Planeten verlegt. Bei letzteren Filmen kann es auch futuristisch-technische Elemente geben. In den 1990er Jahren ebbte die Welle wieder ab und zog sich auf den TV-Bildschirm zurück, wobei die Serien Hercules, Xena – Die Kriegerprinzessin und Conan, der Abenteurer am bekanntesten waren. Im Zuge von Ridley Scotts Blockbuster Gladiator erlebte der Monumentalfilm ab 2000 ein gewisses Revival, wobei es nur in sehr geringem Maße auch zu einem Revival der Sandalenfilme kam. Filme, die sich seitdem mit den antiken Hochkulturen befassten, hatten zumeist ein nennenswertes Budget und oft auch einen künstlerischen Anspruch.

Liste von Sandalenfilmen

Literatur

  • Marcus Junkelmann: Hollywoods Traum von Rom. „Gladiator“ und die Tradition des Monumentalfilms (= Kulturgeschichte der antiken Welt. Band 94). Philipp von Zabern, Mainz 2004, ISBN 3-8053-2905-9 [2. Auflage 2009].
  • Jon Solomon: The ancient world in the cinema. Revised and expanded edition. Yale University Press, New Haven 2001. ISBN 0-300-08335-1, ISBN 0-300-08337-8.
  • Jan Distelmeyer: Kino-Trend Sandalenfilm: Muskelspiele im Lendenschurz. In: Der Spiegel. 14. Mai 2004, ISSN 2195-1349 (spiegel.de [abgerufen am 29. Januar 2024]).
  • Harald Steinwender: Der italienische Peplum-Zyklus der Nachkriegsära – Eine Reise in das Reich der Sandalenfilme. In: Splatting Image. Jahrgang 20, Heft 77, März 2009, S. 11–17.
  • Christian Schachinger, Michael Völker: Sandalenfilm. In: Der Standard. 9. April 2009; (österreichisches Deutsch).
  • Ludger Kaczmarek, Hans Jürgen Wulff: Sandalenfilme. In: Medienwissenschaft, Hamburg : Berichte und Papiere. 2007, ISSN 1613-7477 (uni-frankfurt.de [abgerufen am 29. Januar 2024]).

Einzelnachweise

  1. CINEMA online: Huasca – Wie tödliche Geier (1964) - Film | cinema.de. Abgerufen am 28. Januar 2024.
  2. Sort by Popularity - Most Popular Movies and TV Shows tagged with keyword "sword-and-sandal". Abgerufen am 29. Januar 2024.