Sanary-sur-Mer

Sanary-sur-Mer
Sanary-sur-Mer (Frankreich)
StaatFrankreich
RegionProvence-Alpes-Côte d’Azur
Département (Nr.)Var (83)
ArrondissementToulon
KantonOllioules
GemeindeverbandSud Sainte Baume
Koordinaten43° 7′ N, 5° 48′ O
Höhe0–446 m
Fläche19,23 km²
Einwohner17.268 (1. Januar 2021)
Bevölkerungsdichte898 Einw./km²
Postleitzahl83110
INSEE-Code
Websitesanarysurmer.com

Sanary-sur-Mer, Hafen und Altstadt

Sanary-sur-Mer [sanaʁi syʁ mɛʁ] (provenzalisch Sant Nari de Mar) ist eine französische Gemeinde mit 17.268 Einwohnern (Stand 1. Januar 2021) an der Mittelmeerküste (Côte d’Azur) im Département Var in der Region Provence-Alpes-Côte d’Azur. Sie gehört zum Kanton Ollioules im Arrondissement Toulon.

Geographie

Sanary ist eine Kleinstadt an der südfranzösischen Mittelmeerküste unweit Toulon im Osten und Bandol im Westen.

Geschichte

Sanary wurde im Jahr 1035 als San Nazari gegründet. Der ursprüngliche provenzalische Name wurde 1890 in Sanary-sur-Mer geändert.

Die zuerst 1987 gestiftete Gedenktafel für die deutschen und österreichischen Flüchtlinge wurde 2011 durch diese erweiterte und korrigierte Version ersetzt.

Im 12. Jahrhundert gab es an dem heutigen Hafen einen Konvent der Abtei Saint-Victor in Marseille, der dem Heiligen Saint Nazaire gewidmet war. Ende des 13. Jahrhunderts wurde der unter dem heutigen Namen bekannte „Tour Romane“, der als Wehrturm diente, gebaut. 1436 errichtete König René I. eine kleine Garnison, auf deren Turm es, als Zeichen des königlichen Privilegs, ein Taubenhaus gab. Heute ist der Turm in eine Gruppe von Gebäuden, dem „Hotel de la Tour“, integriert, das während der Herrschaft der Nationalsozialisten deutsche Emigranten beherbergte. Seit 1990 befindet sich in den Gebäuden das Museum Frédéric Dumas.

Schon 1907 hatte der Dichter André Salmon die Provence und die Küste zwischen Marseille und Toulon entdeckt und sich in Sanary niedergelassen. Dazu gesellte sich der mit dem Ehepaar Salmon befreundete Maler Moise Kisling. Der Maler Rudolf Levy verbrachte die Sommermonate in Sanary-sur-Mer. Er schätzte vor allem die Schlichtheit der Bewohner und die herrliche Landschaft. Nach dem Ersten Weltkrieg hatten sich viele Maler und Schriftsteller aus ganz Europa hier und in der Nähe angesiedelt, unter ihnen Aldous Huxley und Julius Meier-Graefe mit seiner Partnerin Anne-Marie Epstein, die die ersten deutschen Emigranten empfingen.

Sicht vom Hafen auf die Stadt Sanary-sur-Mer

In den Jahren nach der nationalsozialistischen Machtübernahme in Deutschland hielten sich in der kleinen Stadt am Mittelmeer viele deutsche Emigranten auf. Die Stadt gilt seither als wichtiges Exilzentrum. Zu den berühmtesten Exilanten zählten (in alphabetischer Reihenfolge) Bertolt Brecht, Ferdinand Bruckner, Franz Theodor Csokor, Albert Drach, Lion und Marta Feuchtwanger, Bruno Frank, Walter Hasenclever, Franz und Helen Hessel, Alfred Kantorowicz, Hermann Kesten, Egon Erwin Kisch, Arthur Koestler, Annette Kolb, die Brüder Golo und Klaus Mann, ihre Eltern Katja und Thomas Mann und dessen Bruder Heinrich Mann, Ludwig Marcuse, Cilette Ofaire, Erwin Piscator, Anton Räderscheidt, Joseph Roth, Ilse Salberg, Franz Werfel und Alma Mahler-Werfel, Friedrich Wolf, Arnold Zweig und Stefan Zweig.

Während des Zweiten Weltkrieges war Sanary auch Aufenthaltsort von Jacques-Yves Cousteau, neben Émile Gagnan Miterfinder des modernen Atemreglers. Er besaß dort ein Villa Baobab genanntes Haus, wo er seine Erfindung vor dem Zugriff der deutschen Besatzer schützen konnte. 1943 wurden die ersten Tauchversuche gemeinsam mit Philippe Tailliez in Bandol durchgeführt. Später bildeten diese beiden Tauchpioniere zusammen mit Frédéric Dumas, der seit seiner Kindheit in Sanary wohnte, ein bekanntes Trio mit dem Spitznamen Les Trois Mousquemers. Dumas erfand viele Tauchgerätschaften (Unterwasserharpune, Tauchmaske, Tarierweste etc.)

Sehenswürdigkeiten

Tour romane
  • Kapelle Notre-Dame-de-Pitié: von der 1560 auf einer Anhöhe im Westen der Stadt errichteten Kapelle aus hat man eine schöne Aussicht über die Bucht von Sanary mit den Hügeln von Toulon im Hintergrund und die Küste bis zu den Îles des Embiez, hinter denen sich das Cap Sicié erhebt.
  • Kirche Saint Nazaire: Ein neogotischer Bau, der Ende des 19. Jahrhunderts die alte romanische Kirche aus dem 16. Jahrhundert ersetzte.
  • Der „Romanische Turm“ (Tour romane) wurde im Mittelalter errichtet.
  • Rundgang zu den ehemaligen Wohnsitzen von exilierten Künstlern.

Städtepartnerschaften

Sanary pflegt Partnerschaften mit Luino in Italien, Kościerzyna in Polen, Bad Säckingen in Deutschland, Purkersdorf in Österreich und Noginsk in Russland.

Persönlichkeiten

  • Salvator Pélégry (1898–1965), Schwimmer
  • Sybille Bedford (1911–2006), Journalistin und Schriftstellerin, lebte ab 1926 mehrere Jahre lang in Sanary-sur-Mer
  • Ange Barde (* 1969), Unternehmer und Autorennfahrer

Siehe auch

  • Erzähl mir vom Süden

Literatur

  • Manfred Flügge: Wider Willen im Paradies. Deutsche Schriftsteller im Exil in Sanary-sur-Mer (= Aufbau-Taschenbücher 8024). Aufbau-Taschenbuch-Verlag, Berlin 1996, ISBN 3-7466-8024-7.
  • Manfred Flügge: Das flüchtige Paradies: Künstler an der Côte d’Azur. Aufbau-Taschenbuch-Verlag, Berlin 2008, ISBN 3-7466-8160-X
  • Gerd Koch (Hrsg.): Literarisches Leben, Exil und Nationalsozialismus. Berlin – Antwerpen – Sanary-sur-Mer – Lippoldsberg (= Wissen & Praxis. Bd. 64). Brandes & Apsel, Frankfurt am Main 1996, ISBN 3-86099-264-3.
  • Martin Mauthner: German Writers in French Exile. 1933–1940. Vallentine Mitchell, London u. a. 2007, ISBN 978-0-85303-540-4.
  • Magali Laure Nieradka: „Die Hauptstadt der deutschen Literatur“. Sanary-sur-Mer als Ort des Exils deutschsprachiger Schriftsteller (= Formen der Erinnerung. Bd. 44). V & R Unipress, Göttingen 2010, ISBN 978-3-89971-792-1 (Zugleich: Dissertation (Universität Heidelberg) 2009).
  • Pierre-Paul Sagave: Sanary, Hauptstadt der deutschen Literatur im Exil (1933–1940). Bericht eines Zeitzeugen, in: Markus Behmer (Hrsg.): Deutsche Publizistik im Exil 1933 bis 1945 : Personen, Positionen, Perspektiven ; Festschrift für Ursula E. Koch. Münster : Lit, 2000, S. 58–71
  • Ville de Sanary sur Mer (Hrsg.): Sur les pas des Allemands et des Autrichiens en exil à Sanary, 1933–1945. Ville de Sanary-sur-Mer, Sanary 2004, ISBN 2-9506150-2-3 (dreisprachig: französisch – deutsch – englisch. Gute Zusammenfassung und Kurzporträts vieler auch weniger bekannter Exilanten in der Region).
  • Ulrike Voswinckel, Frank Berninger: Exil am Mittelmeer. Deutsche Schriftsteller in Südfrankreich von 1933–1941. Allitera-Verlag, München 2005, ISBN 3-86520-113-X.
  • Heinke Wunderlich, Stefanie Menke: Sanary-sur-Mer. Deutsche Literatur im Exil (= Heinrich-Heine-Institut. Archiv, Bibliothek, Museum. Bd. 5). Unter Mitarbeit von Gisela Klemt, Thomas Lambertz und Heidemarie Vahl. Metzler, Stuttgart u. a. 1996, ISBN 3-476-01440-1.
Weitere Inhalte in den
Schwesterprojekten der Wikipedia:

Commons– Medieninhalte (Kategorie)
Wikivoyage– Reiseführer

Auf dieser Seite verwendete Medien

France adm-2 location map.svg
(c) Karte: NordNordWest, Lizenz: Creative Commons by-sa-3.0 de
Positionskarte von Frankreich mit Regionen und Départements
Sanary-may07.jpg
Autor/Urheber: Richard Gertis, Lizenz: CC BY-SA 2.5
Sanary-sur-Mer, France
Hafen Sanary-sur-Mer.jpg
Autor/Urheber: Jens Hellwege, Lizenz: CC BY-SA 4.0
Sicht vom Hafen auf die Stadt Sanary-sur-Mer
Sanary sur Mer Gedenktafel Exilanten 2011.jpg
Autor/Urheber: Benbue, Lizenz: CC BY-SA 4.0
Die ursprüngliche Gedenktafel für die Exilantinnen der 1930er Jahre in Sanary von 1987 wurde im Jahr 2011 durch diese erweiterte und korrigierte neue Tafel ersetzt. Sie ist beim Office de Tourisme am Hafen von Sanary angebracht.
Sanary, la tour romane.JPG
Autor/Urheber: Anima Anima 21:33, 28 September 2007 (UTC), Lizenz: CC BY-SA 3.0
Der Tour "romane", Hotel de la Tour
Blason ville fr Sanary-sur-Mer (Var).svg
Autor/Urheber: Celbusro, Lizenz: CC BY-SA 4.0
Blasonnement : d'azur à une tour d'argent maçonnée, ouverte et ajourée de sable, sommée d'une croisette (latine) d'argent et accostée de deux palmes d'or, les tiges passées en sautoir.
Côte d’Azur map.png
Autor/Urheber:
  • OpenStreetMap data: openStreetMap contributors
  • SRTM Daten: NASA
  • Rendering: Pechristener
, Lizenz: ODbL
Karte der Côte d’Azur, Frankreich