Sam Peckinpah

Sam Peckinpah (* 21. Februar 1925 in Fresno, Kalifornien; † 28. Dezember 1984 in Inglewood, Kalifornien) war ein US-amerikanischer Regisseur und Drehbuchautor. Bekannt wurde Peckinpah als einer der führenden Vertreter des sogenannten Spätwesterns. Einen seiner größten Erfolge feierte er 1969 mit dem Westernepos The Wild Bunch – Sie kannten kein Gesetz.

Leben

David Samuel Peckinpah wurde 1925 als Sohn des Rechtsanwalts David Edward Peckinpah in Südkalifornien geboren. Die Peckinpahs (zuvor noch Peckinpaugh, ursprünglich Beckenbach) entstammen deutschen Einwanderern, die gegen Ende des 18. Jahrhunderts in die USA immigrierten.[1] Er studierte Dramaturgie und machte an der University of Southern California (USC) seinen Master of Dramatic Arts. Danach nahm er in verschiedenen Filmateliers Jobs an und arbeitete am Theater. Später lernte er Don Siegel kennen, für den er einige Dialoge für das Drehbuch zum Science-Fiction-Film Die Dämonischen (1956) umschrieb.

In den 1950er-Jahren arbeitete Peckinpah zunächst für das Fernsehen, unter anderem als Drehbuchautor für die Westernserie Rauchende Colts. Außerdem entwickelte er Konzepte für die Serien The Rifleman (Westlich von Santa Fé, 1958) und The Westerner (1960), für die er auch mehrere Drehbücher schrieb. 1958 führte er bei einer Rifleman-Folge erstmals auch Regie.

1961 und 1962 entstanden seine ersten Kinofilme Gefährten des Todes und Sacramento. Letzterer markierte mit John Fords Der Mann, der Liberty Valance erschoß den Übergang vom klassischen Western zum Spätwestern. Peckinpah behandelte bereits in diesem Frühwerk eines seiner späteren Lieblingsthemen: alternde Westernhelden in sich verändernden Zeiten.

1965 drehte Peckinpah mit Sierra Charriba (Major Dundee) seinen ersten Western mit großem Budget. Produzent Jerry Bresler ließ den Film entgegen den Intentionen des Regisseurs umschneiden, wogegen Peckinpah sich wehrte und in der Folge auf eine inoffizielle „Schwarze Liste“ geriet, weshalb er keine weiteren Aufträge mehr erhielt. Seine Drehbücher zu Die glorreichen Reiter und Pancho Villa reitet wurden abgeändert und anderen Regisseuren übergeben. Während der Dreharbeiten zu Sierra Charriba erschien Peckinpah zudem häufig stark angetrunken am Set oder verließ es alkoholisiert, so dass Charlton Heston bei der Regiearbeit einspringen musste. Dieser Film wurde auch finanziell ein Misserfolg.[2]

Nach dem Drehbuch von Ring Lardner (einem McCarthy-Opfer) begann Peckinpah mit den Arbeiten zu dem Schwarzweißfilm Cincinnati Kid, doch nach wenigen Tagen ließ man Peckinpahs Drehbuchänderungen umschreiben und übergab Norman Jewison das Projekt, der einen Farbfilm mit Steve McQueen in der Hauptrolle drehte, der nichts mehr mit Peckinpahs ursprünglichem Konzept zu tun hatte. Grund für die Entlassung des Regisseurs soll laut Angaben der Produzenten Peckinpahs Absicht gewesen sein, eine Nacktszene mit Sharon Tate zu drehen und die Story zu vulgarisieren.

Der Fernsehproduzent David Melnick verschaffte Peckinpah 1966 einen neuen Auftrag für das Fernsehen. Für die Adaption von Katherine Anne Porters Novelle Noon Wine schrieb Peckinpah das Drehbuch und führte Regie. Darsteller waren Jason Robards und Olivia de Havilland sowie L. Q. Jones in einer Nebenrolle. Das Werk wurde positiv aufgenommen, auch von der Autorin des Stücks, und Peckinpah erhielt für die Arbeit mehrere Preise.

Dadurch erhielt er 1969 die Möglichkeit, The Wild Bunch – Sie kannten kein Gesetz zu drehen. Dieser Film wird häufig zu den größten Western der Filmgeschichte gezählt. Peckinpah selbst sagte zu seiner Arbeit: „Wenn ich darüber nachdenke, was mit mir in Hollywood so passiert ist, wünsche ich mir, ich wäre ein bisschen wie meine Helden“. Das Drehbuch, das der Drehbuch-Neuling Walon Green nach einer Idee von Roy N. Sickner geschrieben hatte, wurde von Peckinpah überarbeitet. Green, Sickner und Peckinpah erhielten jeweils eine Oscar-Nominierung, so auch die Musik von Jerry Fielding.

The Wild Bunch veränderte, wie 1967 Bonnie und Clyde, die Gewaltdarstellung im amerikanischen Mainstreamkino. Der Film ist umstritten, einige Kritiker wie Roger Ebert lobten ihn wiederum als Meisterwerk. Peckinpah erhielt den uncharmanten Spitznamen Bloody Sam. Sein nächster Film Abgerechnet wird zum Schluss (1970) war als Gegenstück zum Vorgängerfilm angelegt, der Elemente einer Westernkomödie wie auch eines Liebesfilms enthält. Der melancholische Spätwestern wurde jedoch kein Publikumserfolg.

Ursprünglich als Regisseur für den Film Deliverance vorgesehen, drehte Peckinpah 1971 zunächst mit Dustin Hoffman in England Wer Gewalt sät, erhielt dann den Auftrag für die Adaption von James Dickeys Roman aber nicht. Besonders umstritten war die Vergewaltigungsszene von Susan George. Peckinpah wurde deswegen als Misogynist verschrien und Pauline Kael nannte den Film gar ein „faschistisches Kunstwerk“.

Seinen nächsten Film Junior Bonner (1971) mit Steve McQueen siedelte Peckinpah im Rodeomilieu an. Die melancholische Charakterstudie kam aber weder beim Publikum noch bei der Kritik an.

Den kommerziell erfolgreichsten Film seiner Karriere drehte Peckinpah 1972 wieder mit McQueen: Getaway war die Verfilmung eines Romans von Jim Thompson. Der Autor zeigte sich von der Adaption jedoch enttäuscht.

Der nachfolgende Film Pat Garrett jagt Billy the Kid von 1973 war ein bedeutsamer Einschnitt in Peckinpahs Karriere. Dabei handelt es sich um seinen letzten Beitrag zum Western-Genre. Von den Produzenten wurde der Film stark gekürzt und umgeschnitten, sehr zur Enttäuschung des Regisseurs. Vom ursprünglichen Editor, Roger Spottiswoode, wurde in den 1990er Jahren eine neue Schnittfassung des Films erstellt, die Peckinpahs ursprünglichen Intentionen näher kommen soll. Bob Dylan schrieb den Soundtrack, darunter das bekannte Knockin’ on Heaven’s Door.

Enttäuscht vom Hollywood-System drehte Peckinpah 1974 mit Bring mir den Kopf von Alfredo Garcia in Mexiko seinen persönlichsten Film. Hauptdarsteller Warren Oates gab den „Peckinpah vor der Kamera“, den Barpianisten Bennie, der durch eine Kopfgeldjagd in einen Strudel von Gewalt gerät. Der Publikumserfolg blieb jedoch aus, und bis auf Roger Ebert war die Kritikerrezeption durchgehend negativ. Michael Medved nahm den Film in sein Buch über die schlechtesten Filme aller Zeiten auf.

Der Film Die Killer-Elite (1975) war Peckinpahs Versuch, sich mit einem kommerziellen, anspruchslosen Film für neue Aufträge zu empfehlen. Der Film war mit James Caan und Robert Duvall zwar gut besetzt, doch fehlte ihm die Intensität seiner früheren Werke.

Steiner – Das Eiserne Kreuz war 1977 Peckinpahs erster Kriegsfilm. Für diese in Jugoslawien gedrehte deutsche Koproduktion lehnte Peckinpah die Regie für die Filme Superman und King Kong ab. Doch gesundheitliche Probleme überschatteten seine Arbeit. Der Regisseur war inzwischen drogen- und alkoholabhängig. Convoy (1978) sollte für Jahre seine letzte Regiearbeit bleiben, das actionreiche Roadmovie aber avancierte zum Kultfilm. Nach Beendigung der Dreharbeiten erlitt Peckinpah einen Herzanfall und er zog sich nach Montana zurück.

Peckinpahs Freund Warren Oates starb 1982, der Komponist Jerry Fielding und sein Assistent Gordon Dawson beendeten langjährige Zusammenarbeiten. Seinen letzten Filmauftrag hatte er 1983 mit der Ludlum-Verfilmung Das Osterman Weekend.

Sam Peckinpah starb am 28. Dezember 1984 im Alter von 59 Jahren an den Folgen eines Schlaganfalls.

Hauptthemen

Peckinpahs Hauptthema als Regisseur ist die Auseinandersetzung mit Gewalt und Moral. Zu seinem Film The Wild Bunch sagte er: „Amerika verschließt seine Augen vor dem Hunger und vor der Gewalt, man muss diesem Amerika die Augen öffnen!“ Er wollte in seinen Filmen nicht nur die Gewalt zeigen, sondern deren Entstehung analysieren.

Im Zentrum stehen dabei oft Personen, die zwischen zwei Welten oder zwei Epochen stehen. Das klingt schon in seinem Frühwerk Sacramento an, das die Geschichte zweier alter Westerner erzählt und als Klassiker des Spätwesterns gilt. Besonders deutlich wird dies in seinen weiteren Spätwestern Pat Garrett jagt Billy the Kid und The Wild Bunch, in denen zum einen die Grenze zwischen den USA und Mexiko thematisiert, zum anderen die Moderne (mit Autos, Maschinengewehren, Politikern, Gesetz und Kapital) gegen die Freiheit des Einzelnen gestellt wird. Die Anpassung an die Moderne endet für die Protagonisten meist tragisch. In seinem vielleicht persönlichsten, kommerziell aber erfolglosesten Film Bring mir den Kopf von Alfredo Garcia ist es ein amerikanischer Pianist in Mexiko, der zwischen den Kulturen steht und scheitert. Gerade die Werke The Wild Bunch und Sacramento machten Peckinpah zum Regisseur des Abgesangs auf die Ära des Westerns. Sein Beitrag wird im Hinblick auf die berühmten Italowestern von Sergio Leone und Sergio Corbucci häufig unterschätzt.

Das ebenfalls starke Westernthema Moral setzte Peckinpah auch in seinen Roadmovies The Getaway und Convoy um. Dafür benutzte er die visuelle Sprache des Westerns, insbesondere die für ihn selbst typischen Zeitlupen und die maskulin geprägten Umgangsformen. Dank dieser beiden Filme gilt Peckinpahs Werk als typisches Beispiel für die Genreverwandtschaft von Western und Roadmovies.

Visueller Stil

Peckinpahs Filme sind charakteristisch in ihrem Umgang mit der Zeit und ihrer Inszenierung von Gewalt. Peckinpah zeigt Gewalt sehr explizit, oft in Zeitlupe und Großaufnahme. Dabei sind die Szenen oft komplex aufgebaut und aus vielen Einzeleinstellungen zusammengesetzt. Exemplarisch dafür ist der Showdown in The Wild Bunch, der aus mehreren hundert Einstellungen besteht. Dieser Stil prägt so bekannte Regisseure wie John Woo und Quentin Tarantino noch heute.

„Stock Company“

Sam Peckinpah wurde zuweilen als „Bastardsohn von John Ford“ bezeichnet, hauptsächlich wegen seines filmischen Schaffens. Wie sein Vorbild umgab sich Peckinpah mit einem festen Kreis von Schauspielern, die immer wieder in seinen Produktionen auftraten, die sogenannte „stock company“ (Stammtruppe) des Regisseurs. Schon in den Jahren seiner TV-Western begann er damit, sich eine Gruppe ihm verbundener Schauspieler zusammenzustellen.

Zu diesen zählte James Coburn, der zunächst in Major Dundee eine Nebenrolle spielte und später die Titelrolle in Pat Garrett (1973) und den Wehrmachtsfeldwebel Steiner (1977) verkörperte. Ebenso berühmt wurde Warren Oates, der in den drei großen Peckinpah-Western der 1960er Jahre wichtige Nebenrollen spielte und dann als Bennie (1974) in Alfredo Garcia brillierte. Ebenfalls zu erwähnen sind L. Q. Jones in sogar fünf Western (1962, 1965, 1969, 1970 und 1973) wie auch R. G. Armstrong, den Peckinpah dreimal als religiösen Fanatiker besetzte. Daneben spielten oft Kris Kristofferson (als Billy The Kid sowie in Alfredo Garcia und in Convoy) und Strother Martin oder auch Ernest Borgnine, David Warner und Gig Young.

Auch hinter der Kamera arbeiteten immer wieder dieselben Kollegen: als Komponist Jerry Fielding, der zwei Oscarnominierungen erhielt, als Kameramänner Lucien Ballard und John Coquillon, beim Schnitt Lou Lombardo, Roger Spottiswoode und Robert L. Wolfe, als persönliche Assistentin und Freundin Katherine Haber und als Autor, Produzent und Assistent Gordon T. Dawson. Gegen Ende seiner Karriere wurde die Stammbesetzung nach und nach ersetzt. Zum letzten Mal spielte die Western-Stock-Company 1973 in Pat Garrett jagt Billy the Kid.

Filmografie

R: Regisseur, P: Produktion, D: Darsteller, DA: Drehbuchautor, CD: Mitarbeit am Drehbuch

Literatur

  • Mike Siegel: Passion & Poetry – Sam Peckinpah in Pictures. Schwarzkopf & Schwarzkopf, Berlin 2003, ISBN 3-89602-472-8.
  • Bernd Kiefer: Sam Peckinpah 1925–1984. In: Thomas Koebner (Hrsg.): Filmregisseure. Biographien, Werkbeschreibungen, Filmographien. 3., aktualisierte und erweiterte Auflage. Reclam, Stuttgart 2008, ISBN 978-3-15-010662-4, S. 579–582.
  • Jörn Glasenapp: Jenseits des Rio Grande: Mythische Strukturen im US-amerikanischen Mexikowestern. In: Manfred Engelbert u. a. (Hrsg.): Märkte, Medien, Vermittler. Fallstudien zur interkulturellen Vernetzung von Literatur und Film. Wallstein, Göttingen 2001, ISBN 3-89244-415-3, S. 355–386.
  • Paul Seydor: Peckinpah: The Western Films – A Reconsideration. University of Illinois Press, Urbana/ Chicago 1999, ISBN 0-252-06835-1.
  • David Weddle: “If they move … kill'em!” The life and times of Sam Peckinpah. Grove Press, New York 1994, ISBN 0-8021-1546-2.
  • Stephen Prince: Savage Cinema – Sam Peckinpah and the Rise of Ultraviolent Movies. University of Texas Press, Austin 1998, ISBN 0-292-76582-7.
  • Michael Bliss (Hrsg.): Peckinpah Today: New Essays on the Films of Sam Peckinpah. Southern Illinois University Press, Carbondale 2012, ISBN 978-0-8093-3106-2.
  • Frank Arnold, Ulrich von Berg: Sam Peckinpah – Ein Outlaw in Hollywood. Ullstein, Frankfurt am Main/ Berlin 1987, ISBN 3-548-36533-7.

Trivia

In Mein Name ist Nobody steht in einer Friedhofsszene auf einem der Grabsteine der Name Sam Peckinpah. Dieser hatte zuvor die Zusammenarbeit mit Sergio Leone bei diesem Film abgelehnt.

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Edwin T Brace, Atha Peckenpaugh Brace: Peckinpaughs Pickenpaughs Beckenbaughs Peckinpahs and Peckenpaughs: Descendants of Johann Adam & Anna Maria Beckenbach. Gateway Press, 1975.
  2. Benjamin Maack: Irrste Flops der Filmgeschichte: Schaulaufen der Rohrkrepierer; Spiegel-Online „einestages“, 16. März 2009.