Salzbergwerk Berchtesgaden

Salzbergwerk Berchtesgaden
rechts: Mitterberghaus; links: Ferdinandberg Besuchereinfahrt, dahinter: Kasse, Shop, Umkleideräume

Das Salzbergwerk Berchtesgaden ist das älteste aktive Salzbergwerk Deutschlands,[1] in dem hauptsächlich im nassen Abbau Salz gewonnen wird, und zugleich ein Schaubergwerk in der Gemarkung Salzberg in Berchtesgaden. Mit 330.000 Besuchern zählt das Salzbergwerk (Stand: 2014) zu den touristischen Hauptattraktionen des Berchtesgadener Landes.[2]

Geschichte

Gründung

Der Salzbergbau in Berchtesgaden bildete spätestens ab dem 13. Jahrhundert das wirtschaftliche Rückgrat des Klosterstifts Berchtesgaden, das nicht zuletzt auch deshalb immer größere politische Eigenständigkeit erlangen sollte – ab 1380 als Reichsprälatur und ab 1559 als Fürstpropstei. Gleichzeitig war er auch Ursache für Begehrlichkeiten des benachbarten Erzstifts Salzburg, die sogar mehrfach in kriegerische Auseinandersetzungen („Salzirrungen“) mündeten.

Bereits Eberwin, der erste Stiftspropst von Berchtesgaden, hatte während seiner Regentschaft (1101–1142) womöglich Zugriff auf erste Salzquellen.[3] Propst Dietrich (1174–1178) ließ auf den Gütern des Klosterstiftes Berchtesgaden als Erster das Salz nicht nur abbauen, sondern begann auch Handel damit zu treiben.[4] Unter seinem Nachfolger Friedrich I. (1178–1188) „strebte“ der von seinem Vorgänger Dietrich begonnene Salzhandel schließlich „reich empor“.[5] Nicht zuletzt auch deshalb, weil Friedrich nach Ansicht der jüngeren Geschichtsforschung im Jahr 1180[6] die 1156 von Friedrich Barbarossa gewährte Goldene Bulle auch noch um die Schürffreiheit auf Salz und Metall (Salzregal) ergänzen ließ – ein in jener Zeit keineswegs unübliches Interpolieren beziehungsweise nachträglich erweiterndes Verfälschen (Verunechtung) einer solchen Urkunde.[7][8] Ab 1191 im nahen Schellenberg (im „Salzgebirg“ des „Tuvals“) und bereits ab 1190 in unmittelbarer Nähe am Golmbach[9] (andere Schreibweise: Gollenbach)[10] in Salzberg wurde Steinsalz abgebaut,[9] anschließend in offenen Holzrinnen zur Pfanne einer Saline in Schellenberg geleitet und dort zu Siedesalz versotten.[11]

Das „Salzbergwerk Berchtesgaden“ wurde schließlich 1517 westlich „der weiteren Umgebung“ des Reviers Gollenbach[11] während der Amtszeit des Stiftspropstes und Reichsprälaten Gregor Rainer aufgefahren. Der erste Stollen war der „Petersberg-Stollen“.

Eigentümer

Die Anlagen des Salzbergwerks befanden sich ab 1517 im Besitz der Reichsprälatur Berchtesgaden, die ab 1559 zur Fürstpropstei Berchtesgaden erhoben wurde, und wurden vom Hallinger des Salzamtes in Schellenberg geschäftsführend mitverwaltet. Zwischenzeitlich unterstand das Salzbergwerk von 1594 bis 1723 der kurkölnischen Administration durch die Wittelsbacher. Nach der Säkularisation ab 1803 gehörte das Salzbergwerk dem Kurfürstentum Salzburg, ab 1805 dem Kaiserreich Österreich, 1809 für kurze Zeit Frankreich unter Napoleon und ab 1810 dem Königreich Bayern und seinen politischen Rechtsnachfolgern. 1927 überführte der Freistaat Bayern seine bisher als staatliche Regiebetriebe geführten Bergbauaktivitäten in die BHS-Bayerische Berg-, Hütten- und Salzwerke AG, so auch das Salzbergwerk Berchtesgaden, einziger Aktionär blieb der Freistaat.

1991 verkaufte der Freistaat die Aktien an die SKW Trostberg. 1995 wurde die Südsalz GmbH gegründet und das Salzbergwerk Berchtesgaden eingebracht. Die Südsalz GmbH gehört heute zum Konzern der Südwestdeutschen Salzwerke AG.

Soleleitungen und Salinen

Als Saline diente bei Betriebsaufnahme bis 1805 die Schellenberger Saline („Sulzrin nach Schelnberg“)[12][13], ab 1564 auch die Saline Frauenreuth in Berchtesgaden.

Nach Eingliederung der Fürstpropstei Berchtesgaden in das Königreich Bayern im Jahr 1810 erhielt Georg Friedrich von Reichenbach 1816 den Auftrag, eine Soleleitung nach Reichenhall – der ältesten Saline Deutschlands – zu errichten, da aufgrund der jahrhundertelangen intensiven Waldnutzung und des eingeschränkten Einzugsgebietes in Berchtesgaden die Brennstoffversorgung schwierig war. Die Soleleitung war von 1817 bis 1927 in Betrieb und gilt aufgrund der Länge von 29 Kilometern und erheblichen Höhenunterschieden (z. B. 360 m Höhenunterschied IlsankSöldenköpfl) als technische Meisterleistung.[14] Sie führte von Berchtesgaden durch Ramsau über den Pass Schwarzbachwacht nach Reichenhall. Der niedrigere Übergang nach Reichenhall am Hallthurm lag damals noch auf Österreichischem Gebiet und schied daher für die Trassenführung aus.

Der historischen Soleleitung folgte eine neue Soleleitung mit teils geänderter Streckenführung, aber ebenfalls über den Pass Schwarzbachwacht nach Bad Reichenhall führend. Die heutige vierte Soleleitung führt über den Hallthurm.

Anfang des 20. Jahrhunderts wurde der Salinenbetrieb in Berchtesgaden komplett eingestellt, seither wird die Sole aus Berchtesgaden ausschließlich in die 18 Kilometer entfernte Saline in Bad Reichenhall gepumpt und dort zu Speisesalz und Streusalz gesiedet bzw. verarbeitet.

Einrichtung als Schaubergwerk

Bereits in der fürstpröpstlichen Zeit wurde das Salzbergwerk parallel als Schaubergwerk für Besuchereinfahrten von Touristen genutzt. Von Herbst 2006 bis Pfingsten 2007 wurde der Besucherbereich über und unter Tage, bei weiterlaufendem Besuchereinfahrtsbetrieb, grundlegend umgestaltet.

Abbautechnik, Fördermengen, Mitarbeiter

Seit 1517 ununterbrochen in Betrieb – und damit das älteste aktive Salzbergwerk Deutschlands –, wird in Berchtesgaden seit jeher im nassen Abbau gearbeitet. Über Jahrhunderte wurde die Sole in Sinkwerken gewonnen, jetzt erfolgt der nasse Abbau in Bohrspülwerken. Der Salzgehalt des Haselgebirges beträgt durchschnittlich 50 Prozent, jährlich werden daraus ca. 850.000 m³ Sole gefördert.[1]

Haselgebirge

Heute arbeiten ca. 100 Mitarbeiter im Bergwerk, davon 50 unter Tage.[1] Es ist damit einer der größten Arbeitgeber in Berchtesgaden.

Besuchereinfahrt, Salzheilstollen

Eine Besuchereinfahrtstrecke des Bergwerks ist für Touristen geöffnet und wird jährlich von ca. 390.000 Besuchern genutzt.[15] Die Streckenlänge der Besuchergrubenbahn beträgt 1400 Meter[15], ihre Spurweite 56 Zentimeter. Der Betrieb der Bahn erfolgt mit Gleichstrom von 400 Volt, der über eine seitliche Stromschiene zugeführt wird. Die aktuell zum Personentransport eingesetzten Fahrzeuge stammen aus dem Jahr 1995.

Die Besucherstrecke wurde 2007 modernisiert und in Form einer Multimedia-Edutainment-Show unter der Bezeichnung SalzZeitReise – Erlebnisbergwerk Berchtesgaden neu eröffnet.[16] Eine Fahrt durch das Bergwerk zeigt die Entwicklung der Abbaumethoden sowie die weiteren Verarbeitungsschritte des Salzes an Ort und Stelle sowie multimediale Vorführungen zum Thema. Die Einfahrt mit der Bergwerksbahn erfolgt nach Einkleidung der Gäste in Overalls. (Bis Anfang 2000 wurden die Gäste in traditioneller Bergmannskluft aus schwarzer Hose, weißer Jacke und Kappe eingekleidet, ergänzt um einen Lederschurz.) Anschließend werden die Besucher wahlweise über Treppen oder Bergmannsrutschen tiefer in die Grube bis zu einem Salzsee geführt. Nach der Fahrt mit einer Zugseilfähre über den Salzsee geht es mit der Bahn wieder nach oben zum Ausgang. Die Führung dauert etwa eine Stunde.[17]

Im Bergwerk werden auch Sonderveranstaltungen wie Konzerte und das Dinner de Sole durchgeführt. Seit 1990 gibt es im Bergwerk zudem einen 850 m² großen „Salzheilstollen“, der für „Gesundheitseinfahrten“, jedoch nicht für Speläotherapien genutzt wird.[18]

Literatur

  • Herbert Fritz, Hans Neumayer: Das Salzbergwerk Berchtesgaden und seine Bahnen. RMG-Verlag, Wien 2013, ISBN 978-3-902894-11-3.
  • Th(eodor) Trautwein: Das Berchtesgadener Salzbergwerk. In: Zeitschrift des Deutschen Alpenvereins / Zeitschrift des Deutschen und (des) Österreichischen Alpenvereins, Jahrgang 1876, (Band VII), S. 32–47, 1. Abteilung. (online bei ANNO).Vorlage:ANNO/Wartung/oav
Leseprobe, PDF-Datei mit 6 Seiten.

Einzelnachweise

  1. a b c SalzZeitReise Faktenblatt – Wissenswertes zu unserem Salzbergwerk (Memento vom 30. Juli 2016 im Internet Archive), Stand: September 2013, PDF-Datei, 3 Seiten
  2. Elias Butzmann: Natur- und Ökotourismus im Nationalpark Berchtesgaden, Würzburger Geographische Arbeiten. Band 116. Würzburg University Press, Würzburg 2017; Zuvor als Dissertation, Julius-Maximilians-Universität Würzburg, Philosophische Fakultät, 2016. PDF, S. 150 von 370 Seiten.
  3. Dieter Albrecht: Die Fürstpropstei Berchtesgaden. In: Max Spindler, Andreas Kraus (Hrsg.): Handbuch der bayerischen Geschichte, S. 288 (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).
  4. Allgemeine deutsche Real-Encyklopädie für die gebildeten Stände, Band 3, S. 65. Brockhaus, Leipzig 1864 (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).
  5. Zu Salzabbau in Pleickard Stumpf: Bayern: ein geographisch-statistisch-historisches handbuch des königreiches, S. 95
  6. Stefan Weinfurter, Die Gründung des Augustiner-Chorherrenstiftes – Reformidee und Anfänge der Regularkanoniker in Berchtesgaden, in: Geschichte von Berchtesgaden: Zwischen Salzburg und Bayern (bis 1594), Bd. 1, hg. von W. Brugger, H. Dopsch, P. F. Kramml, Berchtesgaden 1991, S. 229–264, hier: S. 253.
  7. „So hatte man in Berchtesgaden (..) auf der Grundlage einer echten Vorurkunde eine neue Urkunde, eine erweiterte Neuausfertigung, erstellt mit dem Zweck, das Salzregal sicherzustellen.“ in Manfred Feulner: Berchtesgaden – Geschichte des Landes und seiner Bewohner, S. 37.
  8. Ulli Kastner: Das Salz gehört seit 900 Jahren zur Berchtesgadener Geschichte in Berchtesgadener Anzeiger, nicht mehr abrufbare Meldung vom 22. Mai 2002 bzw. 3. Juni 2002 in berchtesgadener-anzeiger.de.
  9. a b Hellmut Schöner: Berchtesgaden im Wandel der Zeit. Ergänzungsband I, Verein für Heimatkunde d. Berchtesgadener Landes, Verlag Berchtesgadener Anzeiger sowie Karl M. Lipp Verlag, München 1982, S. 445
  10. A. Helm, Hellmut Schöner (Hrsg.): Berchtesgaden im Wandel der Zeit. Verlag Berchtesgadener Anzeiger, Berchtesgaden 1973; S. 112.
  11. a b siehe Leseprobe, PDF-Datei S. 6 In: Herbert Fritz, Hans Neumayer: Das Salzbergwerk Berchtesgaden und seine Bahnen, Verein Railway-Media-Group, Wien 2013, ISBN 978-3-902894-11-3
  12. Matthäus Merian: Taffel des Stiffts Berchtersgaden (Klosterstift bzw. Fürstpropstei Berchtesgaden), zoombare Karte: Kupferdruck 28 × 34 cm, Kartenausrichtung South up (Süden oben). Titelschreibung siehe Wappen unten rechts. Merian, Frankfurt a.M. (erstmals) 1644, In: Reihe Archiepiscopatus Salisburgensis, Falz 28, Topographia Bavariae, Standort: Bern UB Speichermagazin. Sektor E4 | Signatur: MUE Ryh 4706 : 28, online unter biblio.unibe.ch.
  13. Chorographia Bavariae ad illustriss et seneness principem... (latein), Berchtesgaden (Schreibweise auf Karte: „Berchtolsgaden“) auf zoombarer Karte unten rechts zwischen Maßstab und Bavaria zu finden, Weinerus, Petrus, 1579, Signatur:ark:/12148/btv1b72000983, Bibliothèque nationale de France, online unter gallica.bnf.fr.
  14. salzbergwerk.de Geschichte: Reichenbach baut die Soleleitung nach Bad Reichenhall
  15. a b Technisches, Angaben u. a. zur Grubenbahn, online unter salzbergwerk.de
  16. Bericht im Berchtesgadener Anzeiger über die Eröffnung der SalzZeitReise im Bergwerk 2007
  17. Öffnungszeiten Angaben u. a. zu Öffnungszeiten für Besucher und Dauer der Führung, unter salzbergwerk.de
  18. Internetpräsenz des Salzheilstollens Berchtesgaden

Weblinks

Commons: Salzbergwerk Berchtesgaden – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Koordinaten: 47° 38′ 18″ N, 13° 1′ 3,2″ O

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Der Salzheilstollen Berchtesgaden
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Gelände des Besucherbergwerks in Berchtesgaden
Salzbergwerk Berchtesgaden Grubenbahn (Berchtesgaden Salt Mine Train) - geograph.org.uk - 7976.jpg
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Salzbergwerk Berchtesgaden Grubenbahn (Berchtesgaden Salt Mine Train)
HGG-Plan dritte Soleleitung.JPG
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Schematischer Plan der 3. Soleleitung vom Berchtesgadener Salzberg zur Saline Bad Reichenhall. Der leicht verwitterte Plan befindet sich am Soleleitungsweg oberhalb Ramsau im Berchtesgadener Land.
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Die Saline Frauenreuth in Berchtesgaden im Jahr 1890

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Saline Schellenberg im heutigen Marktschellenberg um 1900, in Betrieb bis 1805, abgebrochen 1906

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Dolomiteinschlüsse im Anhydrit – Salzbergwerk Berchtesgaden – Haselgebirge