Saint-Just-de-Valcabrère
Saint-Just-de-Valcabrère ist eine frühromanische Basilika. Sie ist eine Pilgerstätte auf dem Weg nach Santiago de Compostela, dessen Denkmäler im Jahr 2000 als UNESCO-Welterbe anerkannt wurden.
Geografische Lage
Die Kirche liegt im Gemeindegebiet von Valcabrère im Département Haute-Garonne. Sie steht heute am Rand eines kleinen Friedhofs in der Ebene vor den ersten Ausläufern der Pyrenäen. In einer Entfernung von knapp einem Kilometer Luftlinie steht westlich benachbart, auf der äußersten Erhebung des Gebirges, die ehemalige Bischofskirche von Comminges. Ebenfalls in unmittelbarer Nähe befinden sich die Ruinen der römischen Stadt Lugdunum Convenarum. Zahlreiche der in der Kirche verbauten Spolien stammen von dort.
Geschichte
Der Bauplatz befand sich im Bereich eines römischen Friedhofs. Die Kirche wurde im 11. und 12. Jahrhundert errichtet. Angeblich hat sie als Bischofskirche gedient, bevor Bertrand de L’Isle-Jourdain eine Bischofskirche im benachbarten Comminges errichten ließ.
Beschreibung
Gebäude
Die Kirche ist ost-westlich ausgerichtet. Sie hat ein dominierendes Mittelschiff, das zwei schmale Seitenschiffe begleiten, die mit Vierteltonnen gewölbt sind. Die Apsiden der Seitenschiffe sind hufeisenförmig ausgebuchtet, der Hauptchor ist dagegen halbrund. In dem Gebäude sind – zum Teil in tragender Funktion, zum Teil als Dekorationselemente – römische Spolien verbaut. Auch Grabplatten alter römischer Sarkophage wurden verwendet, deren Inschriften teilweise gut lesbar an den Innenwänden der Kirche zu erkennen sind. Weiter wurden hier Teile einer nahe gelegenen römischen Villa des 4. Jahrhunderts verbaut.
Die Kirche ist ein herausragendes Beispiel der Wiederaufnahme römischer Traditionen in der frühen Romanik nach einer Unterbrechung von einem halben Jahrtausend.
Der Heilige St. Just, dem die Kirche ihren Namen verdankt, ruht in einem schmucklosen Sarkophag unter einem gotischen Ziborium hinter dem Altar. Auf dem Ziborium ist er zusammen mit seinem Gefährten, St. Pastor, der ebenfalls den Märtyrertod erlittenen hat, dargestellt.
Nordportal
Haupteingang ist das Nordportal, ein flacher Torbau, in dem sich ein Portalbogen mit wuchtigen Archivolten, eingerahmt von einer Zahnschnittleiste, wölbt. Das Tympanon zeigt Gottvater mit der Bibel als Buch und erhobener Segenshand thronend in einer Mandorla. Zu beiden Seiten stehen je zwei der Evangelisten. Über ihren Köpfen schweben zwei Engel, die Weihrauchfässer schwenken.
Zu beiden Seiten des Portals befinden sich jeweils zwei große Standfiguren in antikem Stil. Die Kapitelle über ihnen zeigen die Passion der drei hier dargestellten Märtyrer: Justus, Pastor und Stephanus. Die vierte Figur ist die einzig weibliche Person und auch keine Märtyrerin: Sie stellt Kaiserin Helena dar, die – der Legende nach – das Kreuz Christi wiederfand.
Kreuzgang
Nach archäologischem Befund befand sich südlich der Kirche ein Kreuzgang. Dessen Fundamente wurden nach der Ausgrabung im Boden markiert.
Literatur
- Susanne Böttcher (Hrsg.): Pyrenäen: Das Hochgebirge, Toulouse und das Pyrenäenvorland. Travel-House-Media, München 2007. ISBN 978-3-8342-8983-4
- Helmut Domke: Frankreichs Süden. Im Bannkreis der Pyrenäen. Auf dem Jakobsweg durch das Languedoc, das Roussillon und die Gascogne. 4. Auflage. Prestel, München 2000. ISBN 3-7913-2356-3
- Thorsten Droste und Henri Gaud: Der Jakobsweg in Frankreich. Romanische Kunst entlang der Pilgerrouten. Hirmer, München 2008. ISBN 978-3-7774-4365-2
- Raymond Oursel: Romanisches Frankreich. 2 Bände. 2. Auflage. Wissenschaftliche Buchgesellschaft, Darmstadt 1999. Ohne ISBN.
- Rolf Toman (Hrsg.): Romanik. Architektur Malerei Skulptur. Feierabend, Berlin 2002. ISBN 3-936761-00-0
Weblinks
- Valcabrère (französisch)
Koordinaten: 43° 1′ 42,2″ N, 0° 35′ 5,2″ O
Auf dieser Seite verwendete Medien
Autor/Urheber: Skarabeusz, Lizenz: CC BY-SA 3.0
Die stilisierte Jakobsmuschel ist das moderne Erkennungszeichen mehrerer Jakobswege.
Autor/Urheber: Reinhard Dietrich, Lizenz: CC BY-SA 4.0
Chor der Kirche Saint-Just de Valcabrère
Autor/Urheber: Willyman, Lizenz: CC BY-SA 4.0
Nordportal, rechte Seite: St. Pastor und Kaiserin Helena, Saint-Just-de-Valcabrère
Autor/Urheber: Reinhard Dietrich, Lizenz: CC BY-SA 4.0
Römische Spolie (Theatermaske) an der Südseite der Kirche Saint-Just de Valcabrère
Autor/Urheber: Père Igor, Lizenz: CC BY-SA 3.0
Piédroit gauche du portail représentant saint Just et du diacre saint-Étienne, basilique Saint-Just de Valcabrère, Haute-Garonne, France.
Autor/Urheber: Didier Descouens, Lizenz: CC BY-SA 4.0
Diese Stätte ist als UNESCO-Welterbe unter der Bezeichnung Basilique Saint-Just, Valcabrère, sous le n° 868-047 gekennzeichnet.
Autor/Urheber: PMRMaeyaert, Lizenz: CC BY-SA 3.0
Dieses Gebäude ist in der Base Mérimée, einer Datenbank des französischen Kulturministeriums über das architektonische Erbe Frankreichs, aufgeführt, unter der Angabe PA00094649 .
Autor/Urheber: HubertFleury, Lizenz: CC BY-SA 4.0
Dieses Gebäude ist in der Base Mérimée, einer Datenbank des französischen Kulturministeriums über das architektonische Erbe Frankreichs, aufgeführt, unter der Angabe PA00094649 .
Autor/Urheber: Reinhard Dietrich, Lizenz: CC BY-SA 4.0
Zwei Kapitelle in der Kirche. Links: römisch, Spolie in Zweitverwendung; rechts: romanisch
Autor/Urheber: Fifistorien, Lizenz: CC BY-SA 3.0
Remploi de blocs romains provenant de la cité de Lugdunum Convenarum (Saint-Bertrand-de-Comminges) pour la construction de la basilique Saint-Just de Valcabrère : ici, deux frises