Sacharow-Preis

Verleihung des Sacharow-Preises 2019 im Europäischen Parlament an den uigurischen Menschen­rechts­aktivisten Ilham Tohti. Parlaments­präsident David Sassoli übergab den Preis an Ilhalms Tochter, die ihren inhaftierten Vater vertrat.

Der Sacharow-Preis für geistige Freiheit (auch EU-Menschenrechtspreis genannt) wird seit 1988 vom Europäischen Parlament an Persönlichkeiten oder Organisationen verliehen, die sich für die Verteidigung der Menschenrechte und der Meinungsfreiheit einsetzen. Der Preis ist nach dem Friedensnobelpreisträger Andrei Sacharow benannt und mit 50.000 Euro dotiert. Er wird jährlich in Straßburg verliehen.

Eine Auswahl an Nominierten bereiten der Ausschuss für Auswärtige Angelegenheiten sowie der Entwicklungsausschuss vor, die sich im September jeden Jahres auf eine Shortlist einigen. Über diese berät die Konferenz der Präsidenten des Europaparlaments. Die Entscheidung wird üblicherweise im späten Oktober bekanntgegeben, und die Verleihung findet im Straßburger Sitz des Europarlaments im Dezember statt.

Preisträger

JahrPreisträgerLebensdatenLandAnmerkungen
1988Nelson Mandela*1918–2013SüdafrikaFührer des südafrikanischen ANC, inhaftiert
Anatoli Tichonowitsch Martschenko
(postum)
1938–1986SowjetunionDissident
1989Alexander Dubček1921–1992TschechoslowakeiPolitiker und Mitinitiator des Prager Frühlings
1990Aung San Suu Kyi*1945–MyanmarGründerin der Nationalen Liga für Demokratie
1991Adem Demaçi1936–2018Kosovoalbanischer Schriftsteller
1992Madres de Plaza de Mayogegr. 1977ArgentinienMenschenrechtsbewegung
1993Oslobođenjegegr. 1943JugoslawienZeitung aus Sarajevo
1994Taslima Nasrin1962–BangladeschSchriftstellerin
1995Leyla Zana1961–Türkeikurdische Angehörige des türkischen Parlaments, 1994 bis 2004 inhaftiert und später zu zahlreichen weiteren Haftstrafen verurteilt
1996Wei Jingsheng1950–VR ChinaAktivist für Demokratie und Menschenrechte in China, nach dem Pekinger Frühling 1979 verhaftet; Ende 1997 nach vielen Jahren unmenschlicher Haftbedingungen in die USA abgeschoben
1997Salima Ghezali1958–AlgerienJournalistin und Menschenrechtsaktivistin
1998Ibrahim Rugova1944–2006Kosovopolitischer Führer der albanischen Bevölkerung im Kosovo
1999Xanana Gusmão1946–OsttimorFührer der Unabhängigkeitsbewegung in Osttimor. 1992 bis 1997 inhaftiert, 2002 bis 2007 erster Präsident von Osttimor, 2007 bis 2015 Premierminister
2000¡Basta Ya!gegr. 1999SpanienOrganisation, die sich gegen den ETA-Terrorismus richtet.
2001Zacarias Kamwenho1934–AngolaErzbischof von Lubango
Izzat Ghazzawi1951–2003PalästinaSchriftsteller
Nurit Peled-Elhanan1949–IsraelUniversitätsdozentin und Autorin, verlor 1997 ihre 13-jährige Tochter in West-Jerusalem durch die Bombe eines palästinensischen Selbstmordattentäters
2002Oswaldo Payá1952–2012KubaRegimekritiker
2003Kofi Annan*1938–2018GhanaUN-Generalsekretär
Alle Mitarbeiter der Vereinten Nationen*gegr. 1945multinational„in besonderem Gedenken an Sérgio Vieira de Mello und die vielen anderen UN-Beamten, die in Ausübung ihres Dienstes für den Frieden in der Welt ihr Leben verloren“
2004Belarussischer Journalistenverband (BAJ)gegr. 1995Belarus
2005Damen in Weißgegr. 2003KubaMenschenrechtsbewegung
Hauwa Ibrahim1968–NigeriaAnwältin
Reporter ohne Grenzengegr. 1985Frankreich
2006Aljaksandr Milinkewitsch1947–BelarusOppositionspolitiker
2007Salih Mahmoud Osman1957–SudanMenschenrechtsanwalt
2008Hu Jia1973–VR ChinaBürgerrechtler, inhaftiert
2009Memorial*gegr. 1989RusslandMenschenrechtsorganisation
2010Guillermo Fariñas1962–KubaRegimekritiker und Arzt
2011Mohamed Bouazizi
(postum)
1984–2011TunesienAktivisten des Arabischen Frühlings
Ali Ferzat1951–Syrien
Asmaa Mahfouz1985–Ägypten
Ahmed al-Senussi1933–Libyen
Razan Zaitouneh1977–2013(?)Syrien
2012Jafar Panahi1960–IranFilmregisseur, inhaftiert
Nasrin Sotudeh1963–Anwältin, 2010 bis 2013 und seit 2018 inhaftiert
2013Malala Yousafzai*1997–PakistanBloggerin und Kinderrechtsaktivistin
2014Denis Mukwege*1955–DR KongoGynäkologe
2015Raif Badawi1984–Saudi-ArabienBlogger, inhaftiert
2016Lamija Adschi Bascharum 1998–Irakvom „Islamischen Staat“ verfolgte Jesidinnen
Nadia Murad*1993–
2017Demokratische Opposition in VenezuelaVenezuelaDie Nationalversammlung (stellvertretend Julio Borges) und alle von der Organisation „Foro Penal Venezolano“ (venezolanisches Forum zur Verteidigung politischer Häftlinge) als solche anerkannten politischen Gefangenen, darunter Leopoldo López, Antonio Ledezma, Daniel Ceballos, Yon Goicoechea, Lorent Saleh, Alfredo Ramos und Andrea González.
2018Oleh Senzow[1]1976–UkraineFilmregisseur, Mai 2014 bis September 2019 in Russland inhaftiert.
2019Ilham Tohti[2]1969–VR Chinauigurischer Menschenrechtsverfechter und Wirtschaftsprofessor, 2014 wegen „Separatismus“ zu lebenslanger Freiheitsstrafe verurteilt
2020Demokratische Opposition in Belarus, repräsentiert durch den Koordinierungsrat[3][4]BelarusDie demokratische Opposition gegen die Politik und Präsidentschaft von Aljaksandr Lukaschenka, repräsentiert durch den Koordinierungsrat, eine Initiative von Swjatlana Zichanouskaja, Swetlana Alexijewitsch, Maryja Kalesnikawa, Wolha Kawalkowa und Weranika Zepkala sowie durch die Aktivisten Sjarhej Zichanouski, Ales Bjaljazki*, Sjarhej Dyleuski, Szjapan Puzila und Mikalaj Statkewitsch[3]
2021Alexei Anatoljewitsch Nawalny[5]1976–RusslandOppositioneller, Anti-Korruptions-Aktivist
2022Ukrainische BevölkerungUkraineDer vom Krieg Russlands gegen die Ukraine betroffenen ukrainischen Bevölkerung, repräsentiert durch Wolodymyr Selenskyj, den Staatlichen Dienst für Notfallsituationen, Yuliia Paievska, Oleksandra Matwijtschuk, Yellow Ribbon Civil Resistance Movement und Iwan Fedorow.[6]
2023Jina Mahsa Amini (posthum) und die iranische Frauenbewegung[7]1999–2022Iransiehe Frau, Leben, Freiheit und Proteste im Iran seit September 2022
* 
= Personen oder Organisationen, die auch mit dem Friedensnobelpreis ausgezeichnet wurden.

Weblinks

Commons: Prix Sakharov – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Sacharow-Preis geht an ukrainischen Filmemacher Oleh Senzow. In: Spiegel Online. 25. Oktober 2018, abgerufen am 1. Dezember 2019.
  2. Ilham Tohti, Träger des Sacharow-Preises 2019. Europäisches Parlament, abgerufen am 1. Dezember 2019.
  3. a b The democratic opposition in Belarus - 2020, Belarus. Europäisches Parlament, abgerufen am 22. Oktober 2020.
  4. zeit.de: Belarussische Opposition erhält Sacharow-Preis
  5. [Wackbackmachine]tagesschau.de: Kreml-Kritiker Nawalny erhält Sacharow-Preis des EU-Parlaments. Abgerufen am 20. Oktober 2021.
  6. The Brave People of Ukraine - 2022 Sakharov Prize laureate. In: europarl.europa.eu, 19. Oktober 2022.
  7. Sacharow-Preis an iranische Frauenbewegung und Mahsa Amini. In: ORF.at. 19. Oktober 2023, abgerufen am 19. Oktober 2023.

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Autor/Urheber: European Parliament from EU, Lizenz: CC BY 2.0

Ilham Tohti's daughter Jewher Ilham accepted the 2019 Sakharov Prize for Freedom of Thought on Wednesday on behalf of her jailed father.

Ilham Tohti, a Uyghur scholar fighting for the rights of China’s Muslim Uyghur minority, has been in jail since 2014 on separatism-related charges. Presenting the award, Parlimaent President David Sassoli said: “Ilham Tohti, with his activism, managed to give a voice to the Uyghurs. [...] He has been working for 20 years to promote dialogue and mutual understanding between them and other Chinese people.

"Today should be a moment of joy, to celebrate freedom of speech. Instead, it is a day of sadness. Once again, this chair is empty, because in the world we are living, exercising our freedom of thought does not always mean being free."

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