Sacellum

Das sacellum (lateinisch, Plural: sacella) ist die Verkleinerungsform von sacer („einem Gott gehörend“) beziehungsweise der Substantivierung sacrum („einem Gott gehörender Ort“). Die antike Überlieferung gibt unterschiedliche und sich teils widersprechende Definitionen des Begriffs.

Gaius Trebatius Testa, ein Jurist des 1. Jahrhunderts v. Chr. und Verfasser eines Werkes De religionibus („Über Religionsangelegenheiten“), beschrieb ein sacellum als „einen kleinen einem Gott geweihten Ort mit einem Altar.“[1] In seinem Kommentar zur Adelphoe des Terenz teilt Aelius Donatus mit, dass Varro, ein Zeitgenosse des Trebatius, ein sacellum als eine einer Gottheit geweihte Cella, also als einen überdachten sakralen Ort definierte.[2] Demgegenüber betont der Lexikograph und Grammatiker Sextus Pompeius Festus im 2. Jahrhundert, dass es ein Ort ohne Dach sei.[3]

Der aus republikanischer Zeit stammende Begriff ist in der antiken Überlieferung eher selten belegt und verliert in augusteischer Zeit an Bedeutung. Er wird durch lucus oder locus sacer ersetzt.[4] Über die Größe eines damit verbundenen Gebäudes, gar eines Tempels, sagt der Begriff nichts aus; er beschreibt lediglich den Ort.[5] Die Verkleinerungsform ist möglicherweise mit der unvollständigen Ausstattung und den damit verbundenen Eigenschaften des Ortes für Kulthandlungen zu verbinden.[6] In seiner reduzierten Form kann ein solcher Ort nur aus einem Altar bestanden haben.[7]

Bei Gellius hält der Begriff sacellum zudem für eine misslungene etymologische Erklärung durch Trebatius her, der behauptet habe, es sei ein Kompositum aus den Wörtern sacer („heilig“) und cella („Kammer“, „Zelle“). Gellius berichtigt dies.[8] In diesem Zusammenhang gibt Gellius die einzige korrekte Herleitung des Wortes.[9]

Literatur

  • Jörg Rüpke: Die Religion der Römer. C. H. Beck, München 2001, S. 182.
  • Åke Fridh: Sacellum, sacrarium, fanum, and related terms. In: Sven-Tage Teodorsson (Hrsg.): Greek and Latin Studies in Memory of Cajus Fabricius (= Studia Graeca et Latina Gothoburgensia. Band 54). Acta Universitatis Gothoburgensis, Göteborg 1990, S. 173–87.
  • Jochen Derlien: Asyl. Die religiöse und rechtliche Begründung der Flucht zu sakralen Orten in der Griechisch-römischen Antike. Tectum, Marburg 2003, S. 165.

Anmerkungen

  1. Bei Gellius, Noctes Atticae 7(6),12: sacellum est, inquit [Trebatius], locus parvus deo sacratus cum ara.
  2. Varro, Antiquitates rerum divinarum Fr. 62 (Cardauns) (= Gino Funaioli: Grammaticae Romanae fragmenta. Band 1. Teubner, Leipzig 1907, S. 369 Fr. 453 (Digitalisat)): et sacellum, ut Varro ait, sacra cella est („ein sacellum ist, wie Varro sagt, eine einem Gott gehörende Cella“).
  3. Festus 422 l (= 318 (M): sacella dicunter loca diis sacrata sine tecto („sacella werden die den Göttern geweihten Orte ohne Dach genannt.“)
  4. Åke Fridh: Sacellum, sacrarium, fanum, and related terms. In: Sven-Tage Teodorsson (Hrsg.): Greek and Latin Studies in Memory of Cajus Fabricius (= Studia Graeca et Latina Gothoburgensia. Band 54). Acta Universitatis Gothoburgensis, Göteborg 1990, S. 173–87; hier: S. 176.
  5. Jörg Rüpke: Die Religion der Römer. C. H. Beck, München 2001, S. 182.
  6. Jörg Rüpke: Die Religion der Römer. C. H. Beck, München 2001, S. 182.
  7. Ovid, Fasti 1,275 f.: ara mihi posita est parvo coniuncta sacello / haec adolet flammis cum strue farra suis („ein Altar ist mir [dem Gott Janus] aufgestellt worden, verbunden mit einem kleinen Sacellum / dieser (Altar) bringt als Brandopfer dar mit seinen Flammen Dinkel mit Gebäck“); siehe Jochen Derlien: Asyl. Die religiöse und rechtliche Begründung der Flucht zu sakralen Orten in der Griechisch-römischen Antike. Tectum, Marburg 2003, S. 165.
  8. Gellius, Noctes Atticae 7 (6),12: sed quis ignorat sacellum et simplex verbum esse et non ex sacro et cella copulatum, sed ex sacro deminutum („aber wer leugnet, dass sacellum sowohl ein einfaches Wort und nicht aus sacrum und cella zusammengesetzt, sondern aus sacrum verkleinert ist“.
  9. Franco Cavazza: Gellius the Etymologist. In: Leofranc Holford-Strevens, Amiel Vardi (Hrsg.): The Worlds of Aulus Gellius. Oxford University Press, Oxford 2004, S. 65–104; hier: S. 83 f.