SL1

SL1
Typleichte Trägerrakete
LandDeutschland Deutschland
HerstellerHyImpulse Technologies
Startkosten8 Mio. €
Statusin Entwicklung
Aufbau
Höhe27 m
Durchmesser2,2 m
Startmasse36 t
Stufen3
Stufen
1. Stufe 
Triebwerk8 × 75 kN TP-Fed HyPLOX
Treibstoffmasse5 Tonnen Paraffin, 13.200 Liter LOX
2. Stufe 
Triebwerk4 × 100 kN TP-Fed HyPLOX75 (Vakuumversion)
Treibstoffmasse2,5 t Paraffin, 6800 l LOX
3. Stufe 
Triebwerk4 × 25 kN Hybridtriebwerk (vakuumoptimiert, basiert auf HyPLOX10)
Treibstoffmasse730 kg Paraffin, 1800 l LOX
Starts
Erststart2024 (angekündigt)
Nutzlastkapazität
Kapazität LEO675 kg
Kapazität SSO500 kg

Die SL1 (für Small Launcher 1) ist eine in Entwicklung befindliche dreistufigen Trägerrakete des deutschen Unternehmens HyImpulse Technologies mit Sitz in Neuenstadt am Kocher bei Heilbronn.[1][2]

Die Rakete soll Kleinsatelliten von bis zu 675 kg Masse in eine niedrige Erdumlaufbahn bringen können.[3] Ein erster Start wurde für 2024 angekündigt.[4]

Antrieb und Kraftstoff

Angetrieben wird die Rakete von insgesamt 16 Hybridmotoren zweier verschiedener Typen. Das Standardtriebwerk (HyPLOX 75) der Firma liefert 75 Kilonewton Schub.[3] Acht davon treiben die erste Stufe an, vier weitere, die auf den Betrieb im Vakuum optimiert sind, die zweite Stufe. Die dritte Stufe wird von vier kleineren Triebwerken angetrieben.[5]

Der Kraftstoff setzt sich aus Flüssigsauerstoff (LOX) als Oxidator und Paraffin als Festtreibstoff zusammen. Letzteres ist in der Handhabung sicherer als flüssige Kohlenwasserstoffe, wie sie bei den meisten anderen heutigen Trägerraketen eingesetzt werden.

Ein HyImpulse-Hybridtriebwerk wurde erstmals im September 2020 erfolgreich in Lampoldshausen am Institut für Raumfahrtantriebe des Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) getestet.[5][6] Das ist der erste gelungene Test eines solchen Raketentriebwerks einer europäischen Firma.[7]

Nach eigenen Angaben von HyImpulse wird die SL1 die weltweit erste Rakete sein, die einen Hybridantrieb in Kombination mit einer Turbopumpe verwendet, um den Oxidator zu pumpen.[8] Die Turbopumpe der ersten Stufe bezieht eine Leistung von 400 Kilowatt und befördert 47 kg Flüssigsauerstoff (LOX) pro Sekunde.[2]

Produktion

Die Endmontage der Rakete soll in Zukunft in der Nähe des Startplatzes stattfinden. Der bisherige Produktionsstandort in einer 1000 Quadratmeter großen Halle am Sitz des Unternehmens in Neuenstadt am Kocher soll langfristig beibehalten werden. Triebwerke, Kraftstofftanks sowie Paraffinblöcke werden dort bereits für Tests hergestellt.[3]

Ab 2025 möchte HyImpulse 10 Raketen im Jahr, ab 2030 bis zu 30 Raketen pro Jahr produzieren. Langfristig sollen durch Wiederverwendung der ersten Stufe, die teure Tanks und Turbopumpen enthält, die Kosten reduziert werden.[3][9]

Der CFK-Tank für den Flüssigsauerstoff durchlief im Februar 2023 erfolgreich einen Druckbelastungstest. Der Tank wurde zusammen mit dem griechischen Unternehmen Adamant Composites entwickelt. Durch die Verwendung von Kohlenstofffaserverstärktem Polymer (CFK) soll das Gewicht bei wesentlich höheren Herstellkosten um 30 % gesenkt, durch robotergestützte Produktionsprozesse die Zykluszeit um 50 % gesenkt und die Kosten wiederum reduziert werden. Das Verwenden eines solchen Tanks ist in der Europäischen Raumfahrt neu, hat sich aber bereits bei der neuseeländisch-amerikanischen Trägerrakete Electron bewährt. Die Tanks besitzen keine Innenauskleidung.[10][11] Die Nutzlastverkleidung soll ebenfalls aus CFK bestehen.[2]

Konkurrenzfähigkeit

Die Kosten, um 1 kg Nutzlast in eine niedrige Erdumlaufbahn zu befördern, sollen anfangs bei 16.000 € liegen, jedoch durch Serienfertigung der Rakete bis 2030 auf 7.000 €/kg gesenkt werden. Zum Vergleich: SpaceX bietet bereits jetzt einen Preis von etwa 4.600 €/kg. HyImpulse hofft, trotz der höheren Preise Kunden durch deutlich kürzere Wartezeiten von nur einem Monat gewinnen zu können.[3]

Hersteller

HyImpulse Technologies ist eine im März 2018 privat finanzierte Ausgründung des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt an dessen Institut für Raumfahrtantriebe in Lampoldshausen. Neben der leichten Trägerrakete SL1 entwickelt das Unternehmen auch die Höhenforschungsrakete SR75. Sie soll 350 kg in eine Höhe von 200 km transportieren und dadurch Experimente für 300 s lang in Mikrogravitation ermöglichen. SR75 dient auch als Technologiedemonstrator für die SL1, denn sie verwendet dieselben Hybridantriebe und CFK-Tanks für den Flüssigsauerstoff. Ein erster Start war für das dritte Quartal 2022 geplant.[8][10] Finanziert wird das Unternehmen privat, aber auch durch öffentliche Gelder. Im November 2022 bekam es 2,6 Millionen € vom Bundesland Baden-Württemberg.[12] Im November 2020 bekam HyImpulse einen Vertrag im Wert von 500.000 € durch Boost!, einem Programm der Europäischen Weltraumorganisation (ESA) mit dem Ziel, kommerzielle Weltraum-Transportdienstleistungen zu fördern.[13] Der Hauptinvestor des Unternehmens ist die Schwarz Holding GmbH, der auch der Luft- und Raumfahrt-Testkonzern IABG untersteht.[1][14]

Stand Februar 2021 hatte das Unternehmen etwa 50 Mitarbeiter.[1][3]

Kunden

Im März 2022 unterschrieb HyImpulse einen Startvertrag mit dem US-basierten Start-up In Orbit Aerospace. Der Jungfernflug der SL1 soll eine wiederverwendbare[4] Raumkapsel der Firma in den Orbit befördern. Die Kapsel soll Forschung in Schwerelosigkeit ermöglichen und zur Erde zurückkehren können.[9]

Im September 2022 unterschrieb HyImpulse einen Vertrag mit dem Münchner Start-Up Deployables Cubed (DCubed) zur Beförderung eines Demonstrationsexperiments in eine sonnensynchrone Umlaufbahn in 400 km Höhe auf einer SL1-Rakete. Der Start soll 2024 erfolgen.[15]

Weblinks

  • SL1 auf der HyImpulse-Website

Einzelnachweise

  1. a b c Gerhard Hegmann: HyImpulse: Diese Rakete soll mit Kerzenwachs fliegen. In: welt.de. 2. Februar 2021, abgerufen am 23. Juni 2023.
  2. a b c SMALL LAUNCHER. Abgerufen am 23. Juni 2023.
  3. a b c d e f Dieter Sürig: Menü. In: sueddeutsche.de. 2. Februar 2021, abgerufen am 23. Juni 2023.
  4. a b M. Weissflog: Nutzlast für Erstflug von HyImpulse SL1 steht fest. In: astrodom.com. 27. Juli 2022, abgerufen am 23. Juni 2023.
  5. a b Andrew Parsonson: HyImpulse hybrid rocket motor roars to life for the first time. In: SpaceNews. 25. September 2020, abgerufen am 23. Juni 2023 (englisch).
  6. HyImpulse Mini-Launcher. Deutsches Zentrum für Luft- und Raumfahrt, abgerufen am 23. Juni 2023.
  7. HyImpulse: Raketenstart im Spätsommer. In: Raumfahrer.net. 2. Februar 2021, abgerufen am 23. Juni 2023.
  8. a b HyImpulse. In: LinkedIn. HyImpulse Technologies GmbH, abgerufen am 24. Juni 2023 (englisch).
  9. a b M. Weissflog: Payload for HyImpulse SL1's maiden flight fixed. In: astrodrom.com. 27. Juli 2022, abgerufen am 23. Juni 2023 (englisch).
  10. a b HyImpulse stellt Höhenforschungsrakete SR75 vor. In: Raumfahrer.net. 3. März 2022, abgerufen am 24. Juni 2023.
  11. M. Weissflog: HyImpulse testet erfolgreich CFK-Sauerstofftank. In: astrodrom.com. 21. Februar 2023, abgerufen am 23. Juni 2023.
  12. HyImpulse and partners receive EUR 2.6 million funding from the state of Badem-Württemberg. In: hyimpulse.com (Pressemitteilung). November 2022, abgerufen am 28. Juni 2023 (englisch).
  13. Andrew Parsonson: ESA awards €1.5 million to three German launch startups. In: SpaceNews. 3. November 2020, abgerufen am 24. Juni 2023 (amerikanisches Englisch).
  14. S. Asche, I. Hartbrich: Bahn frei. In: VDI nachrichten (Pressemitteilung). 17. April 2020, abgerufen am 28. Juni 2023.
  15. HyImpulse signs launch agreement with DCubed. In: hyimpulse.de (Pressemitteilung). September 2022, abgerufen am 28. Juni 2023 (englisch).

Auf dieser Seite verwendete Medien

Ariane42P rocket.png
Ariane 42P rocket with the TOPEX/Poseidon satellite (Kourou, August 10, 1992) (NASA)
Original image caption: The Ariane 42P carrying the TOPEX/Poseidon spacecraft was launched from the European Space Agency's Guiana Space Center in Kourou, French Guiana, on August 10, 1992.