SG Dresden-Friedrichstadt

Die SG Dresden-Friedrichstadt war ein Dresdner Fußballverein. Der Nachfolger des Dresdner SC wurde 1950 DDR-Vizemeister und wenig später aufgelöst.

Der Verein wurde 1945 als Nachfolgeverein des zweimaligen Deutschen Fußballmeisters Dresdner SC 1898 gegründet, bewahrte aber mit dem alten Wappen, den gleichen Spielern und Anhängern zunächst den Charakter des erfolgreichen Vorgängers. So spielte etwa der spätere Fußballbundestrainer und DSC-Spieler Helmut Schön weiterhin bei der SG Dresden-Friedrichstadt. Die Zuschauermassen strömten wieder in das heimische Stadion Ostragehege, welches inzwischen nach einem antifaschistischen Widerstandskämpfer in Heinz-Steyer-Stadion umbenannt worden war: Am 31. Dezember 1949 bestritt die SG Dresden-Friedrichstadt im Heinz.Steyer-Stadion das erste Spiel mit einer Flutlichtanlage auf deutschem Boden. Die 22.000 Zuschauer sehen beim Abschiedsspiel der DSC-Legende Richard Hofmann einen 2:0-Erfolg der SGF gegen die DDR-Auswahl.[1] Die SG Dresden-Friedrichstadt verzeichnete bereits 1949/1950 wieder einen Zuschauerschnitt von 28.000, mehr als das Doppelte des Oberliga-Zuschauerschnitts.

Fußball

In der ersten Saison der DDR-Oberliga überhaupt stellte die Mannschaft mehrere zumindest für mehrere Jahrzehnte gültige Rekorde auf. Ihr Durchschnitt von 3,35 erzielten Toren pro Spiel wurde in der Oberliga-Geschichte nur einmal überboten: in der Saison 1984/85 durch den BFC Dynamo. Der hohe Wert resultierte vor allem aus zwei Friedrichstädter Kantersiegen: Das 11:0 gegen Anker Wismar am fünften Spieltag war der höchste Sieg und das 12:2 auswärts in Babelsberg am ersten Spieltag das torreichste Spiel aller Zeiten in der Oberliga.

Dennoch wurde die SG Dresden-Friedrichstadt am 16. April 1950 nicht der erste Titelträger, sondern Vizemeister, als sie die Tabellenführung erst am letzten Spieltag mit einer 1:5-Heimniederlage vor 60.000 Zuschauern gegen den direkten Konkurrenten ZSG Horch Zwickau verlor. Nach dem Spiel kam es zu schweren Zuschauerausschreitungen: Die Dresdner vermuteten eine Manipulation, um dem ungeliebten bürgerlichen Verein SG Dresden-Friedrichstadt zu schaden. Tatsächlich war das Spiel von einigen äußerst umstrittenen Entscheidungen des Schiedsrichters geprägt. Sportlich gesehen verlief das Spiel allerdings deutlich zugunsten der überlegenen Zwickauer, die sich dadurch den Titel in der Oberliga-Saison 1949/50 sicherten.

Die Frage einer konkreten sportpolitischen Manipulation des „Skandalspiels“ konnte historisch bis heute nicht geklärt werden. Als sicher kann jedoch gelten, dass der Triumph der sozialistischen Betriebssportgemeinschaft Horch Zwickau dem sportpolitischen Plan der SED-Führung stark entgegenkam. So kommentierte Manfred Ewald, damals Leiter der Abteilung Sport im Deutschen Sportausschuss, das Ergebnis folgendermaßen:

„Besonders aber begrüßen wir es, dass die Sportler der großen Betriebssportgemeinschaft eines volkseigenen Betriebes diesen Sieg errungen haben. [...] Und darum werden die provokanten Ausschreitungen nach dem Spiel der Anlass dazu sein, nun erst recht die Arbeit in den Betriebssportgemeinschaften zu verstärken“ [2]

Die praktische Folge dieser Sportpolitik war die Auflösung und formale Angliederung der SG Dresden-Friedrichstadt an den unterklassigen VVB Tabak Dresden im Mai 1950. Aus Protest gegen diese Entscheidung verließen nahezu alle noch verbliebenen Spieler den Verein in Richtung Bundesrepublik bzw. West-Berlin (allein elf von ihnen schlossen sich Hertha BSC an, wo sie Verträge unterschrieben, auch Helmut Schön war als Spielertrainer dabei). Den Friedrichstädter Oberliga-Platz sollte zunächst die Tabak-Elf übernehmen, für die einige der bisherigen Spieler des Vizemeisters im Mai 1950 auch in zwei oder drei Freundschaftsspielen aufliefen.[3] Nach deren Abwanderung zu Hertha BSC verblieb Tabak jedoch in der Landesklasse und den vakanten Platz in der Oberliga übernahm die SV Deutsche Volkspolizei Dresden – die Mannschaft, die noch am „Skandalspieltag“ im Vorspiel gegen Volkspolizei Plauen angetreten war.

In Berlin wurden die meisten Dresdner Spieler nicht dauerhaft heimisch. Acht von ihnen wanderten 1951 nach Heidelberg weiter und schlossen sich dem dortigen – eigens umbenannten – DSC Heidelberg an; die Buchstaben standen für Dresdner SC. Die Hoffnung, mit dieser Mannschaft als Vertragsspieler in der 2. Liga Süd antreten zu können, erfüllte sich nicht, doch wurde der Verein im Jahr darauf in die Amateurliga Nordbaden „befördert“, wobei er zwei Spielklassen übersprang.

Hockey

Im September 1915 gründeten Gymnasiasten eine Hockeyabteilung beim Dresdner SC, die in der SG Dresden-Friedrichstadt auf dem Stadiongelände des Ostrageheges am Altstädtger Elbbogen fortlebte. Nach dem erzwungenen Ende der SG schlossen sich die 40 Aktiven im Hockey im Mai 1950 der BSG Lokomotive an.

Einzelnachweise

  1. Historie Heinz-Steyer-Stadion des Stadions im Ostragehege seit 1919. In: Stadion Dresden. Abgerufen am 29. Januar 2022 (deutsch).
  2. Andreas Baingo, Michael Horn: Die Geschichte der DDR-Oberliga. 2. Auflage. Verlag Die Werkstatt, Göttingen 2004, ISBN 3-89533-428-6, S. 18.
  3. Neue Fußball-Woche, z. B. Bericht vom Spiel Empor Lauter gegen Tabak Dresden, Mitte Mai 1950.