SETA (Stiftung)

Seta (türkisch: Siyaset, Ekonomi ve Toplum Araştırmaları Vakfı, SETA) ist eine türkische wissenschaftliche Organisation. Die Denkfabrik veröffentlicht Studien zu politischen, sozialen und ökonomischen Fragen der Türkei. Seta steht der konservativen türkischen Adalet ve Kalkınma Partisi (AKP) nahe und gilt als ihr wissenschaftliches Sprachrohr.[1] Seit 2014 ist Burhanettin Duran Direktor der Organisation.

Struktur

Seta wurde 2005 gegründet. Gründungsdirektor bis 2009 war Ibrahim Kalin. Seit 2009 ist Kalin außenpolitischer Berater von Präsident Recep Tayyip Erdoğan. Auch der Kommunikationsdirektor in Erdoğans Regierung, Fahrettin Altun, ist früher bei der SETA-Stiftung tätig gewesen.[2]

Die Stiftung ist laut Selbstdarstellung unabhängig und unparteiisch.[3] Seta hat ihren Sitz in Istanbul. Büros der Organisation existieren in Washington, D.C.,[4] Kairo und Berlin. Zafer Meşe, der zuvor acht Jahre lang als wissenschaftlicher Mitarbeiter für die CDU/CSU-Bundestagsfraktion mit einem Fokus auf außen- und sicherheitspolitische Themen gearbeitet hatte, leitet das Berliner Büro.[5][6]

Laut einer Antwort der deutschen Bundesregierung, auf eine kleine Anfrage von Die Linke im Jahr 2019, wird die Stiftung maßgeblich von der Familie Albayrak finanziert. Berat Albayrak ist mit Erdoğans Tochter verheiratet. Serhat Albayrak, der seit Jahren die regierungsnahe Sabah leitet, ist auch gleichzeitig Chef der SETA.[7][8]

Arbeit

Seta veröffentlicht Analysen und Berichte zur politischen, ökonomischen und sozialen Entwicklung der Türkei sowie zur Lage der Auslandstürken. Ein weiterer Aspekt ist die Stellung der Türkei in den internationalen Beziehungen. Regelmäßig wird das Magazin Insight Turkey herausgegeben. Seta-Mitarbeiter stehen internationalen Medien als Experten zur Verfügung.

Anfang Juli 2019 veröffentlichte Seta einen 200-seitigen Report mit dem Titel „International Media Outlets’ Extensions in Turkey“[9]. Der Bericht führte zu kontroversen Reaktionen in der Türkei und im Ausland. In dem Report sind steckbriefartig Daten zu Person, Werdegang und Arbeit von in der Türkei arbeitenden Journalisten veröffentlicht. Journalisten einer Reihe internationaler Medien, wie des türkischen Dienstes von Euronews, BBC Turkish, Deutsche Welle Turkish, Voice of America, Sputnik Turkey, Radio China International Turkey und The Independent Turkish werden detailliert beschrieben. Der Seta-Bericht wirft ihnen vor, eine „Agenda“ gegen die türkische AKP-Regierung zu verfolgen sowie „links und säkular“ zu sein.[10][11][12][13][14][15] Die deutsche Kulturstaatsministerin Monika Grütters wies den Vorwurf gegen die Deutsche Welle zurück. Die Deutsche Welle trete mit objektivem und unabhängigem Qualitätsjournalismus weltweit für demokratische Werte und für die Wahrung fundamentaler Menschenrechte ein.[16]

Im Oktober 2019 veröffentlichte Seta, gemeinsam mit Farid Hafez und Enes Bayrakli den „Europäischen Islamophobie-Report 2018“. Der Bericht wurde von der Europäischen Union bezahlt.[17][18] Kritiker wie Amer Albayati und Seyran Ates werteten den Bericht als Versuch der türkischen Regierungspartei AKP, in Europa Einfluss zu nehmen, Kritiker einzuschüchtern und dem politischen Islam den Weg zu ebnen.[19] Auch im Jahr 2020 veröffentlichten dieselben Autoren einen Bericht zum selben Thema.[20]

2020 kritisierte SETA den Umgang der Jugendämter mit fremduntergebrachten türkeistämmigen Kindern in Deutschland.[21]

Bewertung

Oliver Mayer-Rüth vom ARD-Studio Istanbul schrieb 2019, Seta-Mitarbeiter würden im persönlichen Gespräch keinen Hehl daraus machen, dass ihre „politischen Studien in den meisten Fällen Positionen der Regierungspartei AKP und des Präsidenten Recep Tayyip Erdogan ideologisch stützen.“ Jedoch bemühten sie sich, wissenschaftlich zu argumentieren.[1]

Die Bundesregierung (Kabinett Merkel IV) hat auf eine Kleine Anfrage der FDP geantwortet, die SETA werde dafür genutzt, „die Standpunkte der gegenwärtigen türkischen Regierung in deutscher Sprache unter dem Label Wissenschaft und Forschung zu veröffentlichen.“[22]

Website

Einzelnachweise

  1. a b tagesschau.de: Türkei: Wie eine Stiftung Journalisten an den Pranger stellt. Abgerufen am 8. Juli 2019.
  2. Deutsche Welle (www.dw.com): SETA: Eine Stiftung im Dienste der AKP | DW | 14.11.2019. Abgerufen am 25. Mai 2022 (deutsch).
  3. Über Uns. 3. November 2015, abgerufen am 8. Juli 2019 (deutsch).
  4. Foundation for Political, Economic and Social Research (SETA) at Washington, D.C. (Webseite des Washingtoner Büros)
  5. Ebru Tasdemir: Interview mit Stiftungsleiter: „Es gibt keine Alternative“ - taz.de. Abgerufen am 8. Juli 2019.
  6. Deutsche Welle (www.dw.com): SETA: Eine Stiftung im Dienste der AKP | DW | 14.11.2019. Abgerufen am 25. Mai 2022 (deutsch).
  7. Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Ulla Jelpke, Gökay Akbulut, Dr. André Hahn, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE. – Drucksache 19/13971 –. Abgerufen am 25. Mai 2022.
  8. Deutsche Welle (www.dw.com): SETA: Eine Stiftung im Dienste der AKP | DW | 14.11.2019. Abgerufen am 25. Mai 2022 (deutsch).
  9. https://www.setav.org/rapor-uluslararasi-medya-kuruluslarinin-turkiye-uzantilari/
  10. https://www.euronews.com/2019/07/08/turkish-think-tank-report-condemned-for-profiling-turkish-journalists-working-for-foreign
  11. https://www.aljazeera.com/news/2019/07/turkish-journalists-legal-action-blacklisting-report-190708085246239.html
  12. https://www.dw.com/en/press-union-turkey-think-tank-study-is-blacklisting-document/a-49505383
  13. https://www.al-monitor.com/pulse/originals/2019/07/pro-state-think-tank-turkey-targets-foreign-media.html
  14. https://www.washingtonpost.com/world/europe/turkey-union-slams-report-for-blacklisting-foreign-media/2019/07/07/9bda2fec-a0af-11e9-a767-d7ab84aef3e9_story.html
  15. https://www.bbc.com/turkce/haberler-turkiye-48909150
  16. Studie der türkischen Stiftung SETA – Kulturstaatsministerin Grütters: „Vorwürfe gegen die Deutsche Welle weise ich entschieden zurück“. Abgerufen am 1. März 2021.
  17. Frederik Schindler: Islamophobie-Report: „Wie kann solch ein propagandistischer Inhalt freigegeben werden?“ In: DIE WELT. 26. Oktober 2019 (welt.de [abgerufen am 1. März 2021]).
  18. Von EU gefördert - Schlagabtausch wegen "Islamophobie-Bericht". Abgerufen am 1. März 2021 (deutsch).
  19. Frederik Schindler: "Von EU geförderter Bericht denunziert Islamkritiker" Welt.de vom 24. Oktober 2019
  20. Enes Bayraklı, Farid Hafez: European Islamophobie Report 2019. Abgerufen am 1. März 2021.
  21. Zeliha Eliaçık, Fikret Yaman, Tuba Sarıaltın: Inobhutnahme türkeistämmiger Kinder durch das deutsche Jugendamt. 2020
  22. FAZ.net 8. Januar 2021: „Graue Wölfe“ wollen deutsche Politik beeinflussen