Sławsko
Sławsko (deutsch Alt Schlawe, früher auch Altenschlawe) ist ein Dorf in der Landgemeinde Sławno (Schlawe) im Kreis Sławno der polnischen Woiwodschaft Westpommern.
Geographische Lage
Das Bauerndorf liegt in Hinterpommern am linken Ufer der Wipper (Wieprza), drei Kilometer nordöstlich der Kreisstadt Sławno (Schlawe). Nachbarorte sind: im Westen und Norden Sławno, Radosław (Coccejendorf), Tokary (Deutschrode) und Staniewice (Stemnitz), im Osten und Süden Wrześnica (Freetz) und Warszkowo (Alt Warschow).
Im Süden des Dorfes erstreckt sich ein Wiesengelände entlang der Wipper mit etwa 15 Metern über NN., im Norden und Westen Ackerland, etwa 30 Meter über NN., und im Osten Heidelandschaft. Kurz nach dem Ortsausgang in Richtung Staniewice befindet sich der früher so genannte Alt Schlawer See.
Ortsname
Der Ortsname leitet sich her von der Burg Schlawe, die 1186 am linken Ufer der Wipper zwischen der Stadt Schlawe und dem Dorf Alt Schlawe auf einer Bodenerhöhung angelegt wurde, dem Schlossberg, im Volksmund in der Neuzeit „der Worbel“ genannt.[1] Namensformen sind Zlavinia (1186) und Sclawena (1265), dann auch Alten Schlawe oder Alten Schlage. Bis 1317 bezeichnet der Name Schlawe stets die Burg, erst danach die neu gegründete Stadt Schlawe.
Geschichte
Das Dorf Alt Schlawe wurde an der Stätte der einstigen Burg Schlawe errichtet, die 1186 als Burg Zlavinia zuerst erwähnt wurde. Sie war Sitz der Nachkommen des Herzogs Ratibor I. von Pommern. 1271 wurde Detlev von Schlezen erster Vogt auf der Burg, und 1273 nahm Herzog Mestwin II. von Pommerellen die Burgen im Lande Stolp und Schlawe vom Markgrafen von Brandenburg zu Lehen.
Seit Anfang des 13. Jahrhunderts gab es außer der Burg ein Ordenshaus der Johanniter. Die Komturei der Johanniter hatte ihren Sitz auf der Burg.[2] 1402 wurde das Schloss von Schlawer Bürgern zerstört und der Name „Alt Schlawe“ (Olden Slawe) von Herzog Bogislaw VIII. erwähnt. Als Relikte der ehemaligen Burganlage sollen am Schlossberg gegen Ende des 18. Jahrhunderts noch ein halber Wall und ein Wassergraben vorhanden gewesen sein.[1] Demnach dürfte sich die Burgstelle auf einer von Überschwemmungen weitgehend verschonten niedrigen Anhöhe in unmittelbarer Nähe der Wipper befunden haben. Ob die Burgstelle noch heute am linken Ufer der Wipper zu suchen ist, steht in Frage, da sich der Verlauf des Flussbetts zwischen Schlawe und Alt Schlawe später verändert haben könnte. Der Wall und der Ringgraben sollen Ende des 19. Jahrhunderts eingeebnet worden sein.
Die ältesten Höfe des Dorfes waren seit dem 16. Jahrhundert in Familienbesitz. Um 1780 war Altenschlawe ein sogenanntes ‚ritterfreies Vorwerk‘ mit 637 Morgen Land.[3] Mit 38 Feuerstellen (Haushalten) war das Dorf eines der größten Dörfer des Domänenamtes Rügenwalde. Nachdem der Pachtvertrag mit dem Rügenwalder Amt im Jahr 1804 ausgelaufen war, wurde der Domänenpächter gegen einmalige Zahlung eines Geldbetrags in Höhe von 8010 Talern in den Erbstand versetzt.[4] Bei dieser Gelegenheit wurden Bauern, die im Vorwerk bisher dienstpflichtig gewesen waren, ihrer Dienstpflicht entbunden. 1818 lebten hier 411 Einwohner, deren Zahl bis 1895 auf 1046 stieg und 1939 noch 852 betrug.
Anfang März 1945 besetzte die Rote Armee ohne Widerstand das Dorf. Beim Beschuss der Stadt Schlawe gingen dann in Alt Schlawe Gehöfte und die Mühle in Flammen auf. Nach Kriegsende wurde Alt Schlawe zusammen mit ganz Hinterpommern von der sowjetischen Besatzungsmacht gemäß dem Potsdamer Abkommen der Verwaltung der Volksrepublik Polen unterstellt. Ab Juni 1945 wurden die Häuser und Höfe von polnischen und ukrainischen Zuwanderern besetzt und übernommen, die anfangs vorwiegend aus Gebieten östlich der Curzon-Linie kamen. Danach begann die „wilde“ Vertreibung der einheimischen Bevölkerung durch das kommunistische polnische Regime. Viele Alt-Schlawer wurden verschleppt oder gelangten erst Ende Dezember 1946 in den Westen.
Unter der Bezeichnung Sławsko ist das Dorf Alt Schlawe heute Teil der Gmina Sławno im Powiat Sławieński der Woiwodschaft Westpommern (bis 1998 Woiwodschaft Stolp) mit 860 Einwohnern.
Demographie
Jahr | Einwohner | Anmerkungen |
---|---|---|
1818 | 411 | Kirchdorf mit Mutterkirche, in königlichem Besitz[5] |
1852 | 793 | [6] |
1864 | 987 | am 3. Dezember, auf einer Gesamtfläche von 4266 Morgen[7] |
1867 | 1060 | am 3. Dezember[8] |
1871 | 997 | am 1. Dezember, davon 996 Evangelische. eine katholische Person[8] |
1895 | 1046 | |
1910 | 887 | am 1. Dezember, Dorf mit Molkerei, Mühle und Ziegelei[9][10] |
1925 | 844 | [11] |
1933 | 813 | [11] |
1939 | 853 | [11] |
Jahr | Einwohner | Anmerkungen |
---|---|---|
2005 | ca. 860 |
Ortsgliederung bis 1945
Zur Gemeinde Alt Schlawe gehörten vor 1945 zwei Wohnplätze:
- Alt Schlawe (Ziegelei), 1,2 Kilometer östlich in Richtung Freetz gelegen, zugehörig war das Sägewerk von Max Heining
- Coccejendorf (Bahnhof), 2,5 Kilometer nordwestlich an der Straße nach Coccejendorf, kleiner Abbauten: zwei größere Gehöfte, vier kleine Höfe.
Amtsbezirk Alt Schlawe
Mit den Gemeinden Coccejendorf (Radosław) und Neu Warschow (Warszkówko) bildete Alt Schlawe vor 1945 das Amt Alt Schlawe. Es gehörte zum Landkreis Schlawe i. Pom. im Regierungsbezirk Köslin der preußischen Provinz Pommern. Standesamtlich war Coccejendorf nach Alt Schlawe integriert, das im Übrigen zum Amtsgericht Schlawe rechnete.
Kirche
Kirchspiel/Pfarrei
Die Bevölkerung von Alt Schlawe war vor 1945 ausnahmslos evangelischer Konfession. Das Dorf war Pfarrsitz für das gleichnamige Kirchspiel, zu dem außer der Kirchengemeinde Alt Schlawe mit Deutschrode (Tokary) auch die Kirchengemeinden Freetz (Wrześnica) und Stemnitz (Staniewice) mit Wilhelmine (Wilkowice) gehörten. Im Jahre 1940 zählte das gesamte Kirchspiel 2904 Gemeindeglieder, von denen 970 zur Kirchengemeinde Freetz und 954 zur Kirchengemeinde Stemnitz rechneten. Bis 1928 gehörte das Kirchspiel zum Kirchenkreis Rügenwalde (Darłowo), danach zum Kirchenkreis Schlawe (Sławno) der Kirchenprovinz Pommern der Kirche der Altpreußischen Union.
Seit 1945 leben in Sławsko überwiegend römisch-katholische Einwohner. Die Römisch-katholische Kirche in Polen errichtete hier am 24. Januar 1986 eine eigene Pfarrei, die dem Dekanat Sławno im Bistum Köslin-Kolberg zugeordnet war. Etwa 2000 Gemeindeglieder gehören zu ihr, die auf insgesamt vier Kirchengemeinde verteilt sind: neben der Mutterkirche Sławsko die Filialkirchen Pieszcz (Peest), Radosław (Coccejendorf) und – wie schon vor 1945 – Staniewice (Stemnitz). Hier lebende evangelische Kirchenglieder gehören zum Pfarramt Koszalin (Köslin) bzw. Słupsk (Stolp) in der Diözese Pommern-Großpolen der Evangelisch-Augsburgischen Kirche in Polen.
Pfarrkirche
Bereits im 14. Jahrhundert wurde die schlichte Backsteinkirche als dreischiffige Hallenkirche mit großem, massiven Westturm auf einer Anhöhe errichtet. 1489 wurde sie – nachdem der Ort an Bedeutung verloren hatte – in einfacher Form fertiggestellt.[12] Einzelne Teile wie Fenster, Turm, Giebel und Südeingang wurden erneuert. Der große Satteldachturm weist einige, sich nach innen erweiternde Unterbrechungen auf, die auf eine Benutzung des Turms für Verteidigungszwecke schließen lassen.
Eindrucksvoll war vor 1945 der dreiteilige Renaissance-Altaraufbau, der Taufstein aus Granit und die Messing-Taufschlae mit Reliefdarstellungen aus dem Jahr 1697.
Seit mehr als vierhundert Jahren als evangelisches Gotteshaus genutzt, wurde die Alt Schlawer Kirche nach 1945 zugunsten der katholischen Kirche enteignet. Am 22. Juli 1947 wurde sie neu geweiht und als Kósciół św. Piotra i Pawła dem Patrozinium St. Peter und Paul unterstellt.
Pfarrer
Bis 1656 wohnten die Geistlichen in Schlawe, erst Pfarrer Schuzius baute sich in Alt Schlawe eine Wohnung zum Pfarrhaus aus. Vor 1945 amtierten hier 17 (deutsche) evangelische Geistliche, nach 1945 bisher 8 (polnische) katholische Amtsträger:
- Matthias Lübbecke, (1568)
- Matthias Venzcke, bis 1594
- Johann Hilzimer, seit 1595
- Martin Miscius (Miscke), seit 1606
- Henning Schuzius, 1656–1673
- Georg Nazius, 1674–1704
- Andreas Wilde, 1705–1722
- Michael Johann Vaternahm, 1723–1728
- Johann Ehrenreich Linck, 1729–1751
- Jakob Lorenz Fabricius, 1752–1804
- Franz Ferdinand Mansuetus Buchholtz, 1805–1845
- Otto Julius Eduard Dennert, 1846–1850
- Ernst Ludwig Ferdinand Dreist, 1851–1864
- Georg Albert Comolle, 1865–1904
- Hugo Adolf Albert Kersten, seit 1904
- Ernst Braun, ?
- Paul Hollatz, 1927–1945
- Katholische Pfarrer seit 1945
- Teofil Olówek, 1963–1969
- Jacek Kamzela, 1969–1971
- Stefan Ołów, 1971–1973
- Władysław Milewski, 1982–1991
- Mirosław Kosior, 1991–1999
- Jan Jasiński, 1999–2003
- Cezary Filimon, seit 2003
Schule
Die Alt Schlawer Schule bestand aus zwei Gebäuden mit drei Klassenzimmern und drei Lehrerwohnungen. Jeweils zwei bis drei Jahrgänge wurden in einem Klassenraum unterrichtet. Die letzten Hauptlehrer vor 1945 waren Hermann Papenfuß und Ewald Wiese.
Verkehr
Es besteht Anschluss an eine Nebenstraße, die von Sławno über Staniewice (Stemnitz) nach Postomino (Pustamin) und als Woiwodschaftsstraße 203 weiter nach Ustka (Stolpmünde) führt. Im Ort zweigt eine Straße nordwestwärts nach Radosław (Coccejendorf) ab, die beim Bahnhof Radosław Sławieński, der schon früher als Bahnhof Coccejendorf in der Gemarkung Sławsko lag, die frühere und heute stillgelegte Reichsbahnstrecke Schlawe–Stolpmünde überquert. Bahnstationen für Sławsko sind heute Sławno bzw. Wrześnica (Freetz) an der Staatsbahnstrecke 202 Danzig–Stargard (Pommern).
Literatur
- Alt Schlawe, an der Wipper, Kreis Schlawe, Pommern, in: Meyers Gazetteer, mit Eintrag aus Meyers Orts- und Verkehrslexikon, Ausgabe 1912, sowie einer historischen Landkarte der Umgebung von Alt Schlawe (meyersgaz.org).
- Johannes Hinz, Pommern. Wegweiser durch ein unvergessenes Land, Augsburg, 1996
- Ernst Müller, Die Evangelischen Geistlichen Pommerns von der Reformation bis zur Gegenwart, Teil 2, Stettin, 1912
- Der Kreis Schlawe. Ein pommersches Heimatbuch, hrsg. von Manfred Vollack, 2 Bände, Husum, 1988/1989
- Ludwig Böttger: Die Bau- und Kunstdenkmäler des Regierungs-Bezirks Köslin (Gesellschaft für pommersche Geschichte und Altertumskunde, Hrsg.), Band I, Heft III: Kreis Schlawe, Stettin 1892, S. 117–120 (Digitalisat).
- Ludwig Wilhelm Brüggemann: Ausführliche Beschreibung des gegenwärtigen Zustandes des Königl. Preußischen Herzogthums Vor- und Hinter-Pommern. II. Teil, 2. Band (S. 461–1120): Beschreibung der zu dem Gerichtsbezirk der Königl. Landescollegien in Cößlin gehörigen Hinterpommerschen Kreise. Stettin 1784, S. 851, Ziffer (1) Altenschlawe oder Altenschlage.
Weblinks
Einzelnachweise
- ↑ a b c Christian Friedrich Wutstrack: Kurze historisch-geographisch-statistische Beschreibung von dem königlich-preussischen Herzogthume Vor- und Hinter-Pommern. Stettin 1793, S. 674.
- ↑ Christian Friedrich Wutstrack: Nachtrag zur Kurzen historisch-geographisch-statistischen Beschreibung von dem königlich-preußischen Herzogtum Vor- und Hinterpommern. Stettin 1795, S. 239.
- ↑ Ludwig Wilhelm Brüggemann (Hrsg.): Ausführliche Beschreibung des gegenwärtigen Zustandes des Kgl.-Preußischen Herzogtums Vor- und Hinterpommern. II. Teil, 2. Band, Stettin 1784, S. 862, Nr. 1.
- ↑ Leopold Krug: Das Amt Rügenwalde. Bruchstück aus der zu erwartenden Geschichte der staatswirthschaftlichen Gesetzgebung im preußischen Staate. in: Annalen der Ackerbaues, Band 6, Berlin 1807, S. 430–450, insbesondere S. 440.
- ↑ Alexander August Mützell und Leopold Krug: Neues topographisch-statistisch-geographisches Wörterbuch des preußischen Staats, Band 4: P–S, Halle 1823, S. 244, Ziffer 1789.
- ↑ Topographisch-statistisches Handbuch des Preußischen Staats (Kraatz, Hrsg.). Berlin 1856, S. 548.
- ↑ Preußisches Finanzministerium: Die Ergebnisse der Grund- und Gebäudesteuerveranlagung im Regierungsbezirk Köslin (9. Kreis Schlawe). Berlin 1866, S. 2–9, Ziffer 3.
- ↑ a b Preußisches Statistisches Landesamt: Die Gemeinden und Gutsbezirke des Preußischen Staates und ihre Bevölkerung (VIII. Kreis Schlawe). Berlin 1873, S. 132–133, Ziffer 7.
- ↑ Alt Schlawe, Kreis Schlawe, in: Meyers Gazetteer (mit Eintrag aus Meyers Orts- und Verkehrslexikon, Ausgabe 1912, sowie einer alten Landkarte der Umgebung von Alt Schlawe)
- ↑ Kreis Schlawe - gemeindeverzeichnis.de (U. Schubert, 2021)
- ↑ a b c Michael Rademacher: Schlawe. Online-Material zur Dissertation, Osnabrück 2006. In: eirenicon.com.
- ↑ Ludwig Böttger: Die Bau- und Kunstdenkmäler des Regierungs-Bezirks Köslin (Gesellschaft für pommersche Geschichte und Altertumskunde, Hrsg.), Band I, Heft III: Kreis Schlawe, Stettin 1892, S.118.
Koordinaten: 54° 24′ N, 16° 42′ O
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Ausschnitt aus einer Landkarte von Pommern aus dem Jahr 1794 mit den Städten Köslin, Rügenwalde und Schlawe