Ruth Schröck

Ruth Antonie Klara Schröck (* 7. Juli 1931 in Berlin) ist eine deutsche Krankenschwester, „Registered nurse“ (RN) und Fachkrankenschwester für Psychiatrie sowie Pflegewissenschaftlerin. Sie lehrte ab 1987 als erste Professorin für Pflege und Sozialwissenschaften in der Bundesrepublik Deutschland an der Fachhochschule Osnabrück und wechselte nach ihrer Emeritierung an das Department für Pflegewissenschaft der Universität Witten/Herdecke.

Leben und Wirken

Ruth Schröck studierte Philosophie, Sport[1] und Biologie an der Freien Universität Berlin. Anschließend absolvierte sie in Bristol eine Ausbildung zur Krankenschwester und psychiatrischen Krankenschwester, dem ein pflegewissenschaftliches, philosophisches und sozialwissenschaftliches Studium in Edinburgh folgte. Nach dem Master of Arts 1981 promovierte sie bei Annie Altschul[2] an der Universität von Edinburgh zum PhD.

Es folgten Lehr- und Forschungstätigkeiten an den schottischen Universitäten Edinburgh und Abertay, zuletzt als Professorin für Pflege und Leiterin des Fachbereiches Gesundheit und Pflege am Queen Margaret University College Edinburgh.[1] 1987 wurde Ruth Schröck als erste Professorin für Pflege und Sozialwissenschaften in der Bundesrepublik Deutschland an die Fachhochschule Osnabrück berufen. Es gelang ihr Anfang der 1990er Jahre in Zusammenarbeit mit Manfred Semrau, Doris Schiemann und Martin Moers zwei Diplomstudiengänge in Pflegemanagement und Pflegewissenschaft aufzubauen und ein Internationales Symposium Pflegewissenschaft zu etablieren, das in Kooperation mit der Universität Osnabrück im Zwei-Jahres-Rhythmus veranstaltet wurde und große Resonanz im gesamten deutschsprachigen Raum fand. Während ihres Wirkens als Osnabrücker Professorin trug sie außerdem maßgeblich zu den beiden Denkschriften "Pflege braucht Eliten" und "Pflegewissenschaft" der Robert-Bosch-Stiftung" bei[3][4]. Emeritiert wurde sie 1996.

An der Universität Witten/Herdecke baute sie anschließend ab 1997 das erste deutsche Postgraduiertenprogramm[5], gefördert durch die Robert Bosch Stiftung, auf und leitete es auch. Im Jahr 2005 zog sie sich von dieser Funktion zurück. Ihr Nachfolger wurde Wilfried Schnepp (1957–2020).

Ruth Schröck hatte eine wichtige Rolle bei der Akademisierung der Pflege in Deutschland.[6] Ihr Interesse galt vor allem wissenschaftstheoretischen und pflegegeschichtlichen Fragestellungen. Inspirationen hierzu holte sich unter anderem an der Schwesternschule der Universität Heidelberg bei Erika von Amann.[7][8] Gemeinsam mit den Pflegewissenschaftlerinnen Hilde Steppe,[9] Inge Vollstedt[10], Gerda Kaufmann und Marianne Arndt gehörte sie zu den Gründungsmitgliedern des Deutschen Vereins für Pflegewissenschaft (heute: Deutsche Gesellschaft für Pflegewissenschaft).[1][11][12]

Ruth Schröck wirkt beim „European Network for Doctoral Nursing Programmes“ der University of Surrey mit. Daneben war sie Mitglied in zahlreichen Ausschüssen und Kommissionen. Ihren Altersruhesitz bezog Ruth Schröck in Edinburgh, Schottland.

Ruth Schröck erhielt zahlreiche Ehrungen aus dem In- und Ausland. Die Verleihung des Bundesverdienstkreuzes 1. Klasse (2017) im Alter von 86 Jahren war zweifelsohne nicht nur für das Lebenswerk der Geehrten von außerordentlicher Bedeutung, sondern gleichermaßen für die gesamte deutschsprachige professionelle Pflege, da letztmals vor 54 Jahren (1963) eine deutsche Krankenschwester, Oberin Olga Toni Freiin von Lersner, Gründerin und erste Direktorin der Schwesternschule der Ruprecht-Karls-Universität Heidelberg (USH), das Bundesverdienstkreuz 1. Klasse erhalten hatte. Beide Pflegepersönlichkeiten waren über Jahrzehnte der Bildungsfrage und Akademisierung der Pflege eng verbunden; zudem gab es enge Arbeitsbeziehungen zwischen der USH und Ruth Schröck.

Geleitwort 30 Jahre DGP

Am 17. Juni 2019 wurde anlässlich des dreißigsten Jahrestages der Deutschen Gesellschaft für Pflegewissenschaft (=DGP) ein Symposium in Berlin abgehalten. Ruth Schröck reiste aus Schottland an und sprach in ihrer Heimatstadt das Geleitwort zu diesem Symposium. Sie verwies dabei auf die Arbeit der Gründungsgeneration der DGP, von denen etliche zu den Weggefährten von Ruth Schröck gehören.[13]

Ehrungen

  • 1998: Ehrendoktorat (Doctor of Letters) der Universität Glamorgan.
  • 2001: Trägerin des Pflegepreises des Deutschen Pflegerates (Erste Trägerin war Antje Grauhan)
  • 2005: Ehrendoktorat („Doctor of Science in Social Science“) der Universität Edinburgh
  • 2006: Medaille der Robert-Bosch-Stiftung
  • 2007: Ehrendoktorat der Universität Witten-Herdecke
  • 2011: Agnes-Karll-Medaille des DBfK
  • 2017: Bundesverdienstkreuz erster Klasse des Verdienstordens der Bundesrepublik Deutschland gemäß Verleihungsurkunde Berlin vom 14. August 2017 (überreicht im Rahmen der Feierlichkeiten zum Dt. Nationalfeiertag am 3. Oktober 2017, Deutsches Generalkonsulat Edinburgh, Schottland)[14][15]

Daneben ist Ruth Schröck Ehrenmitglied der Nursing Studies Association of the University of Edinburgh, des Deutschen Berufsverbandes für Pflegeberufe sowie Ehrenmitglied der DG Pflegewissenschaft.

Schriften (Auswahl)

  • Entwicklung und Perspektiven der Pflegeforschung. In: Monika Krohwinkel (Hrsg.): Der pflegerische Beitrag zur Gesundheit in Forschung und Praxis. Schriftenreihe des Bundesministeriums für Gesundheit, Band 12, Baden-Baden 1992
  • zusammen mit Manfred Haubrock: Der Einsatz von Berufsrückkehrerinnen: ein Element kreativer Personalplanung. Dokumentation einer Fachtagung des Bundesministeriums für Frauen und Jugend am 13. und 14. Oktober 1992 in Bonn, Köln 1993
  • Wissen und Verantwortung – Gedanken zu politischen Aufgaben der psychiatrischen Pflege, in: Hilde Schädle-Deininger (Hrsg.): Pflege, Pflege-Not, Pflege-Not-Stand. Entwicklungen psychiatrischer Pflege, Mabuse-Verlag Frankfurt am Main 1994, S. 59–68. ISBN 3-925499-99-7.
  • zusammen mit Gabriele M. Borsi: Pflegemanagement im Wandel. Perspektiven und Kontroversen. Berlin, Heidelberg, New York u. a. 1995 (ISBN 3-540-58642-3)
  • Bedeutung der Pflegetheorien für die Entwicklung der Pflegewissenschaft in Deutschland. In: Psychiatrische Pflege 3/1997, S. 167–174
  • Des Kaisers neue Kleider? Bedeutung der Pflegetheorien für die Entwicklung der Pflegewissenschaft in Deutschland. In: Dr. med. Mabuse Jahrgang 22, 1997
  • als Herausgeberin zusammen mit Elisabeth Drerup: Pflegetheorien in Praxis, Forschung und Lehre. Materialien zur Pflegewissenschaft (Band 1), Freiburg im Breisgau 1997 (ISBN 3-7841-0940-3)
  • zusammen mit Elisabeth Drerup: Perspektiven der Pflegeforschung zum Thema „Schmerz“. 3. Band der Materialien zur Pflegewissenschaft, Freiburg 1998 (ISBN 3-7841-1122-X)
  • als Herausgeberin zusammen mit Elisabeth Drerup: Bangen und Hoffen. Beiträge der Pflegeforschung zu existentiellen Erfahrungen kranker Menschen und ihrer Angehörigen. Freiburg im Breisgau 2001 (ISBN 3-78411334-6)
  • als Herausgeberin zusammen mit Elisabeth Drerup: Der informierte Patient. Beraten, Bilden, Anleiten als pflegerisches Handlungsfeld. Materialien zur Pflegewissenschaft (Band 4), Freiburg im Breisgau 2002 (ISBN 3-7841-1434-2)

Anekdotisches

  • Ruth Schröck besitzt einen feinen Sinn für Humor. Bei einem ihrer zahlreichen Besuche der Schwesternschule der Universität Heidelberg hielt sie einen Vortrag im Hörsaal der neu erbauten „Kopfklinik“. Ruth Schröck meinte im Anschluss, dass sie nun auch gerne noch die „Fußklinik“ sehen möchte.

Literatur

  • Simone Helck, KDA: Es gibt keinen Tag, an dem ich nicht weiß, was ich tun soll. Interview mit Deutschlands erster Pflegeprofessorin Ruth Schröck. Pro Alter, 6/2011, S. 32–35
  • Hilde Schädle-Deininger: Sich an menschlichen Werten ausrichten. Die große Vertreterin der (Psychiatrischen) Pflege wird am 7. Juli 2021 90 Jahre alt. In: Pflege Professionell. Open Source. 6. Juli 2021 Digitalisat, mit einem Foto von Ruth Schröck, Angelika Zegelin, Christel Bienstein, Monika Krohwinkel und Hilde Schädle-Deinger, abgerufen am 8. Juli 2021.
  • Rebecca Palm und Martin Dichter (Hrsg.) unter Mitarbeit von Christel Bienstein, Elke Müller, Andreas Büscher, Dirk Hunstein, Maria Magdalena Schreier, Margareta Halek, Ulrike Höhmann: Pflegewissenschaft in Deutschland – Errungenschaften und Herausforderungen. Festschrift für Sabine Bartholomeyczik, Huber Verlag Bern 2013, zur Professur für Pflegewissenschaft von Ruth Schröck S. 352, ISBN 978-3-456-85248-5

Weblinks

Einzelnachweise

  1. a b c Sabine Bartholomeyczik: Über die Anfänge der DGP: Die Gründung des Deutschen Vereins zur Förderung von Pflegewissenschaft und -forschung (DVP) vor 30 Jahren, in: Pflege&Gesellschaft. Zeitschrift für Pflegewissenschaft, 24. Jg., H1, 2019, Schwerpunktheft: Dreißig Jahre Deutsche Gesellschaft für Pflegewissenschaft e.V. (DGP), Beltz Juventa, Weinheim, Seiten 13.
  2. Annie Altschul entstammte einer sozialdemokratisch jüdischen Familie in Wien. Nach dem Anschluss Österreichs an das Deutsche Reich im Jahr 1938 gelang ihr in letzter Minute die Flucht nach London. Im Zweiten Weltkrieg pflegte sie in London psychisch erkrankte traumatisierte Soldaten. Dies war ein Schlüsselerlebnis ihres Berufsweges. Sie absolvierte deshalb später eine Weiterbildung in psychiatrischer Pflege. 1984 wurde sie Professorin für Pflegewissenschaft in Edinburgh. Ihr Buch »Psychiatrische Pflege« wurde auch ins Deutsche übersetzt. In einer von ihr durchgeführten klinischen Studie in der psychiatrischen Pflegeforschung kam sie zu dem Ergebnis, dass Beziehungen zwischen Pflegenden und Patienten erst durch nicht routinemäßige Interaktionen zustande kommen. Diese Studie zählt zu den Klassikern psychiatrischer Pflegeforschung. (Kurzfassung der Biographie Annie Altschul (1919–2001), geschrieben von Horst-Peter Wolff, in: Horst-Peter Wolff (Hrsg.): Biographisches Lexikon zur Pflegegeschichte „Who was who in nursing history“, Bd. 3, Elsevier GmbH München 2004, S. 11+12.)
  3. Pflege braucht Eliten. Denkschrift zur Hochschulausbildung für Lehr- und Leitungskräfte in der Pflege. In: Robert Bosch Stiftung (Hrsg.): Gesundheitspflege. Sonderdruck aus Beisträge zur Gesundheitsökonomie. Nr. 28. Bleicher, Gerlingen 1992, ISBN 3-88350-588-9.
  4. Pflegewissenschaft. Denkschrift: Grundlegung für Lehre, Forschung und Praxis. In: Robert Bosch Stiftung (Hrsg.): Materialien und Berichte. Band 46. Bleicher, Gerlingen 1996, ISBN 3-922934-50-1.
  5. Interview mit Ruth Schröck anlässlich der 20-Jahre-Feier des Departements für Pflegewissenschaft der Universität Witten-Herdecke (ab 0:02:21) auf YouTube
  6. Christine Auer: Geschichte der Pflegeberufe als Fach. Die Curricular-Entwicklung in der pflegerischen Aus- und Weiterbildung, Dissertation Institut für Geschichte und Ethik der Medizin, Ruprecht-Karls-Universität Heidelberg, Doktorvater Wolfgang U. Eckart, Heidelberg Eigenverlag 2008, S. 26, 28+33. Zusammenfassung/Summary: Geschichte Pflegeberufe als Fach
  7. Ruth Schröck: Pflegewissenschaft – Illusion oder Realität?, in: Fortbildungstagung anläßlich des Ausscheidens von Frau Antje Grauhan aus dem aktiven Berufsleben, Akademisierung der Pflege, 20. April 1990, Eigenverlag USH, S. 8–17; vorhanden in: Schwesternschule der Universität Heidelberg, Nachlass Universitätsarchiv Heidelberg, Acc 43/08, Nachlass bearbeitet von Christine R. Auer; dto. vorhanden Hilde Steppe Dokumentationsstelle Bibliothek Fachhochschule Frankfurt a. M.
  8. Erika von Amann: Artikel in Marjorie-Wiki
  9. Nachlass Hilde Steppe, Hilde Steppe Dokumentationsstelle Bibliothek FH Ffm, Sign. O25 Sektion Hist. Pflegeforschung Deutscher Verein Pflegewissenschaft, O165-1 Schriftwechsel Ruth Schröck mit Hilde Steppe, Nachlass bearbeitet von Walburga Haas.
  10. Inge Vollstedt, Rhein-Neckar-Wiki
  11. Simone Moses: Akademisierung der Pflege in Deutschland. Studienreihe der Robert Bosch Stiftung, Huber Verlag Bern 2015, S. 66+68
  12. Christine R. Auer: Pathodizee. Dedicated to Zvi Lothane, Pirna 2011, Eigenverlag Heidelberg 2012, zu Ruth Schröck als erster Vorsitzender S. 15–17, ISBN 978-3-00-037252-0.
  13. DGP feiert Ihren 30. Geburtstag in Berlin, abgerufen am 2. Juni 2019.
  14. Ruth Schröck mit Bundesverdienstkreuz ausgezeichnet. In: bibliomed-pflege.de, 13. Oktober 2017.
  15. Deutsche Gesellschaft für Pflegewissenschaft: Bundesverdienstkreuz für Ruth Schröck, abgerufen am 1. November 2017.
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