Kreis Ruppin

Siegelmarke des Kreises Ruppin, um 1850/1923

Der Kreis Ruppin (auch Land Ruppin, Ruppinscher Kreis, Grafschaft Ruppin, nach 1945 Landkreis Ruppin) war eine Verwaltungseinheit der Mark Brandenburg (1524–1815), der Provinz Brandenburg (1815–1947) in Preußen und des Landes Brandenburg (1947–1952) in der SBZ bzw. DDR. Er entstand aus der mittelalterlichen Herrschaft Ruppin. Sein politisches Zentrum war zu Beginn die Burg Ruppin und später die Stadt Neuruppin. Das ehemalige Kreisgebiet bildet als Ruppiner Land eine historische Landschaft in Brandenburg. Es gehört seit 1993 zu den Landkreisen Ostprignitz-Ruppin und Oberhavel.

Geschichte

Kreis der Mark Brandenburg

Karte des Ruppinschen Kreises („Land Ruppin“) der Mark Brandenburg 1724

Die edelfreien Grafen von Lindow-Ruppin befanden sich seit etwa 1214 im Besitz der Herrschaft Ruppin, die vermutlich anfangs reichsunmittelbar war und später unter die Oberlehnshoheit der Markgrafen von Brandenburg kam. Im Jahr 1524 erlosch das Adelsgeschlecht Lindow-Ruppin mit dem Tod des Grafen Wichmann. Kurfürst Joachim I. von Brandenburg zog die Herrschaft Ruppin daraufhin ein und vereinigte sie mit der Mark Brandenburg. Kurprinz Joachim II. wurde von ihm entsandt, um die Huldigung der Stände der Herrschaft Ruppin entgegenzunehmen.[1] Verwandte des verstorbenen Grafen Wichmann klagten 1541 vor dem Reichskammergericht gegen die Einziehung der Herrschaft durch den Kurfürsten. Die Klage wurde jedoch 1562 abgewiesen.[2]

Die ehemalige Herrschaft blieb als ständische und steuerliche Einheit erhalten und bildete fortan den Ruppinschen Kreis der Mittelmark. Sie wurde einem Landeshauptmann mit Sitz auf der Burg Ruppin unterstellt. Als erster Landeshauptmann wurde von Kurprinz Joachim II. 1524 Matthias von Oppen eingesetzt. Adam Christoph von Flanß diente um 1723 wahrscheinlich als letzter Landeshauptmann. Danach wurde das Amt nicht mehr verwendet. Otto Albrecht von Rohr war um 1711 der erste Landrat des Kreises Ruppin. Dieses Amt bestand jedoch schon zuvor unter der Bezeichnung Kreiskommissar.[3]

Der Umfang des Ruppinschen Kreises änderte sich seit der Vereinigung mit der Mark Brandenburg kaum. Das Amt Goldbeck kam zur Prignitz. Ebenso wurden die Dörfer Bagwitz, Kleinzerlang (an die Prignitz) und Schwarz (an Mecklenburg) abgegeben. Im 18. Jahrhundert hatte der Ruppinsche Kreis eine Fläche von 32,75 Quadratmeilen (etwa 1842 km²). Die größte Ost-West-Ausdehnung betrug 8,5 Meilen (etwa 64 km), die größte Nord-Süd-Ausdehnung 5,25 Meilen (etwa 39 km).[4] Im Jahr 1800 hatte der Ruppinsche Kreis eine Bevölkerungszahl von 46.808 Menschen.[5]

Die preußischen Könige führten von 1704 bis 1873 als Teil ihrer Titulatur den Titel eines Grafen zu Ruppin. Die Könige Friedrich der Große und Friedrich Wilhelm III. reisten im Ausland gelegentlich im Inkognito als Grafen von Ruppin.[6]

Kreis der Provinz Brandenburg

Karte des Kreises Ruppin der Provinz Brandenburg 1905

Im Zuge der Preußischen Reformen wurde der Ruppinsche Kreis dem Regierungsbezirk Potsdam der neuen Provinz Brandenburg zugeordnet und seine Abgrenzung zum 1. April 1817 leicht verändert. Die Ortschaften Friedrichsgüte, Gadow, Neuendorf, Quäste, Zernitz und Zootzen wurden an den neuen Kreis Ostprignitz, die Ortschaften Marienthal und Ribbeck an den neuen Kreis Templin abgegeben. Aus dem aufgelösten Glien-Löwenbergischen Kreis kamen die Ortschaften Grüneberg, Hoppenrade, Löwenberg, Moncaprice, Neuendorf, Neuhof, Neukammer, Schleuen, Teschendorf und Zollhaus an den Kreis.[7][8][9] Das Landratsamt verblieb in der Stadt Neuruppin.

Ehefrau und Kinder von Oskar Prinz von Preußen führten Anfang des 20. Jahrhunderts zeitweise den Titel Gräfin bzw. Graf von Ruppin.

Zum 30. September 1929 fand im Kreis Ruppin entsprechend der Entwicklung im übrigen Freistaat Preußen eine Gebietsreform statt, bei der nahezu alle Gutsbezirke aufgelöst und benachbarten Landgemeinden zugeteilt wurden. In den 1930er Jahren wurde die Schreibweise mehrerer Orte geändert:

  • Alt Lüdersdorf → Altlüdersdorf
  • Lindow → Lindow (Mark)
  • Neu Ruppin → Neuruppin
  • Rheinsberg → Rheinsberg (Mark)
  • Wusterhausen a./Dosse → Wusterhausen (Dosse)

Mit Einführung des preußischen Gemeindeverfassungsgesetzes vom 15. Dezember 1933 sowie der Deutschen Gemeindeordnung vom 30. Januar 1935 wurde zum 1. April 1935 das Führerprinzip auf Gemeindeebene durchgesetzt. Eine neue Kreisverfassung wurde nicht mehr geschaffen; es galt weiterhin die Kreisordnung für die Provinzen Ost- und Westpreußen, Brandenburg, Pommern, Schlesien und Sachsen vom 19. März 1881.

Am 1. April 1937 wurde der Gutsbezirk Großmenow aus dem Kreis Ruppin in den mecklenburgischen Kreis Stargard umgegliedert. Die Gemeinde Netzeband wurde 1939 aus dem Kreis Ostprignitz in den Kreis Ruppin umgegliedert.

Vor 1945 wurden folgende Gemeinden aufgelöst:

  • Brenkenhof, Großderschau und Kleinderschau, am 1. April 1938 zu Friedrichsdorf zusammengeschlossen
  • Darritz und Wahlendorf, am 1. April 1939 zur Gemeinde Darritz-Wahlendorf zusammengeschlossen
  • Jülitz, am 1. Oktober 1937 zu Friedrichsbruch
  • Klevesche Häuser, am 1. April 1938 zu Häsen
  • Alt Koppenbrück und Neu Koppenbrück, am 1. April 1938 zur Gemeinde Koppenbrück zusammengeschlossen
  • Neulüdersdorf, am 1. April 1938 zu Alt-Lüdersdorf
  • Neugarz, am 1. April 1936 zu Altgarz
  • Schönfeld, am 1. April 1938 zu Friedrichsbruch
  • Zermützel, 1926 zu Krangen
  • Zietensaue, am 1. April 1938 zu Bartschendorf
    Karte der heutigen Ämter und Städte, die ganz oder teilweise im ehemaligen „Kreis Ruppin“ liegen.

Im Frühjahr 1945 wurde das Kreisgebiet durch die Rote Armee besetzt. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde auch Gühlen-Glienicke zu einer eigenständigen Gemeinde erhoben. Der östliche Zipfel des Landkreises Ostprignitz mit den Gemeinden Kleinzerlang, Luhme, Repente, Dorf Zechlin, Flecken Zechlin, Zechlinerhütte und Zempow fiel durch Beschluss des Präsidiums der Provinzialverwaltung Mark Brandenburg am 1. Mai 1946 an den nunmehr Landkreis Ruppin genannten Kreis.[10]

Kreis des Landes Brandenburg

Seit der Auflösung des Freistaates Preußen im Jahr 1947 gehörte der Landkreis Ruppin zum neu errichteten Land Brandenburg. Am 1. Juni 1951 wurde Friedrichsdorf in Großderschau umbenannt. Im Zuge der Verwaltungsreform von 1952 wurde der Landkreis Ruppin aufgelöst und auf die neuen Kreise Gransee, Kyritz, Neuruppin und Oranienburg aufgeteilt. Nach der Kommunalreform 1993 ist das historische Kreisgebiet heute zum Großteil zwischen den Landkreisen Ostprignitz-Ruppin und Oberhavel aufgeteilt.

Einwohnerentwicklung

JahrEinwohnerQuelle
175030.807[5]
180046.808[5]
181648.123[11]
184668.326[12]
187174.496[13]
189076.215[14]
190077.758[14]
191077.797[14]
192579.536[14]
193382.363[14]
193988.219[14]
1946124.836[15]

Landräte

Virchowstraße 14/15 in Neuruppin: 1895–1945 Landratsamt von Ruppin

Städte, Gemeinden und Gutsbezirke

Am 1. Januar 1945 bestand der Kreis Ruppin aus den sieben Städten Alt Ruppin, Gransee, Lindow (Mark), Neuruppin, Neustadt (Dosse), Rheinsberg und Wusterhausen (Dosse), 128 weiteren Gemeinden und den beiden Gutsbezirken Forst Neu Roofen und Forst Ruppiner Heide.

Die 128 weiteren Gemeinden waren:

Literatur

  • Friedrich Wilhelm August Bratring: Statistisch=topographische Beschreibung der gesammten Mark Brandenburg. Für Statistiker, Geschäftsmänner, besonders für Kameralisten. Zweiter Band. Die Mittelmark und Ukermark enthaltend. Friedrich Maurer, Berlin 1805, Kapitel Der Ruppinsche Kreis, S. 19–64 (Volltext in der Google-Buchsuche).
  • Friedrich Wilhelm August Bratring: Die Grafschaft Ruppin in historischer, statistischer und geographischer Hinsicht. Ein Beitrag zur Kunde der Mark Brandenburg. Berlin 1799 (books.google.de).
  • Geographisches Institut der Akademie der Wissenschaften der DDR (Hrsg.): Das Rheinsberg-Fürstenberger Seengebiet. Ergebnisse der heimatkundlichen Bestandsaufnahme in den Gebieten von Zechlin, Rheinsberg, Fürstenberg und Himmelpfort (= Werte unserer Heimat. Band 25). Akademie-Verlag, Berlin 1974, DNB 750097159.
  • Theodor Fontane: Wanderungen durch die Mark Brandenburg. Band 1: [Die Grafschaft Ruppin. Der Barnim. Der Teltow]. Hertz, Berlin 1862 (Digitalisat und Volltext im Deutschen Textarchiv).
  • Ortschafts=Verzeichniß des Regierungs=Bezirks Potsdam nach der neuesten Kreiseintheilung vom Jahre 1817, mit Bemerkung des Kreises, zu welchem der Ort früher gehörte, der Qualität, Seelenzahl, Confession, kirchlichen Verhältnisse, Besitzer und Addreß-Oerter nebst alphabethischem Register. Georg Decker, Berlin (Volltext in der Google-Buchsuche).
  • Lieselott Enders (Bearbeitung): Historisches Ortslexikon für Brandenburg. Ruppin. Mit einer Übersichtskarte im Anhang (= Klaus Neitmann [Hrsg.]: Historisches Ortslexikon für Brandenburg. Teil II; Veröffentlichungen des Staatsarchivs Potsdam. Band 7). Böhlau, Weimar 1970 (Nachdruck von 2011: ISBN 978-3-941919-79-2, im Open Access verfügbar, doi:10.35998/9783830543008).
  • Institut für Geographie und Geoökologie der Akademie der Wissenschaften der DDR (Hrsg.): Ruppiner Land. Ergebnisse der heimatkundlichen Bestandsaufnahme in den Gebieten von Zühlen, Dierberg, Neuruppin und Lindow (= Werte unserer Heimat. Band 37). Akademie-Verlag, Berlin 1981, DNB 820301612.

Weblinks

Commons: Kreis Ruppin – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Bratring: Grafschaft Ruppin. 1799, S. 233 ff.
  2. Bratring: Grafschaft Ruppin. 1799, S. 256–257.
  3. Bratring: Grafschaft Ruppin. 1799, S. 95 ff.
  4. Bratring: Grafschaft Ruppin. 1799, S. 3–4.
  5. a b c Friedrich Wilhelm August Bratring: Statistisch-topographische Beschreibung der gesammten Mark Brandenburg. Band 2. Friedrich Maurer, Berlin 1805, Kap. Kreis Ruppin, S. 19 ff. (Digitalisat).
  6. Fontane: Wanderungen durch die Mark Brandenburg. Bd. 1. 1862, S. 32.
  7. Amtsblatt der Königlichen Regierung zu Potsdam. Kreiseinteilung des Regierungsbezirks Potsdam. Band 1816, Nr. 12. Potsdam, S. 103 (Digitalisat [abgerufen am 5. Mai 2016]).
  8. O. V.: Ortschafts=Verzeichniß des Regierungs=Bezirks Potsdam. O. J., Einleitung, B.8 und VIII.
  9. Amtsblatt der Königlichen Regierung zu Potsdam. Inkrafttreten der neuen Kreiseinteilung des Regierungsbezirks Potsdam. Band 1817, Nr. 7. Potsdam, S. 51 (Digitalisat [abgerufen am 5. Mai 2016]).
  10. Wolfgang Blöß: Brandenburgische Kreise und Gemeinden 1945–1952. Grenzänderungen, Eingemeindungen und Ausgemeindungen. Hrsg.: Landesfachstelle für Archive und öffentliche Bibliotheken im Brandenburgischen Landeshauptarchiv. Potsdam 2010, ISBN 978-3-9810642-5-4.
  11. Christian Gottfried Daniel Stein: Handbuch der Geographie und Statistik des preußischen Staats. Vossische Buchhandlung, Berlin 1819, Der Regierungsbezirk Potsdam, S. 197 (Digitalisat [abgerufen am 5. Mai 2016]).
  12. Königliches Statistisches Bureau (Hrsg.): Mittheilungen des Statistischen Bureau's in Berlin, Band 2. Einwohnerzahlen der Kreise. S. 313 (Digitalisat).
  13. Die Gemeinden und Gutsbezirke der Provinz Brandenburg und ihre Bevölkerung 1871
  14. a b c d e f Michael Rademacher: Landkreis Ruppin. Online-Material zur Dissertation, Osnabrück 2006. In: eirenicon.com.
  15. Volkszählung 1946
  16. Amtsblatt der Königlichen Regierung zu Potsdam und der Stadt Berlin, 11. Stück vom 17. März 1876, S. 66. eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche

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Siegelmarke
Titel: Kreis-Siegel Grafschaft Ruppin
Beschreibung: blau, weiß, geprägt
Ort: Neuruppin

Größe: 3 cm
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Die historische Landschaft Ruppin, wie sie heute auf die Ämter, Städte und Kreise aufgeteilt ist.
Ruppin 1724.jpg
Karte des Ruppinschen Kreises (Land Ruppin), ein Kreis der Mark Brandenburg, 1724.