Rupert Stadler

Rupert Stadler auf dem Genfer Auto-Salon 2018

Rupert Stadler (* 17. März 1963 in Titting) ist ein deutscher Manager. Von 2007 bis 2018 war er Vorstandsvorsitzender der Audi AG. Am Ende seiner Amtszeit war Audi in den Abgasskandal verwickelt.

Leben

Rupert Stadler wuchs als Sohn eines Landwirts in Wachenzell im Landkreis Eichstätt auf. Nach dem Besuch der Knabenrealschule Rebdorf in Eichstätt studierte er an der Fachhochschule Augsburg Betriebswirtschaftslehre mit den Schwerpunkten Unternehmensplanung/Controlling sowie Finanz-, Bank- und Investitionswirtschaft und schloss mit dem akademischen Grad Diplom-Betriebswirt (FH) ab.

Danach arbeitete Stadler bei der Philips Kommunikation Industrie AG in Nürnberg. 1990 wechselte er zur Audi AG, wo er Aufgaben im Bereich Controlling übernahm. 1994 trat er als Kaufmännischer Geschäftsführer bei der Volkswagen-Audi España, S.A. in Barcelona ein. Der Aufsichtsrat der Audi AG wählte ihn am 6. Dezember 2006 zum neuen Vorstandsvorsitzenden, sein Amtsantritt erfolgte am 1. Januar 2007. Stadler war Nachfolger von Martin Winterkorn, der als Vorstandsvorsitzender zum Mutterkonzern Volkswagen AG wechselte. Ab 2010 war er zugleich Mitglied des Vorstands der Volkswagen AG.

Stadler war zugleich Mitglied im Aufsichtsrat der Porsche Holding Gesellschaft m.b.H., Präsident des Verwaltungsrats der Automobili Lamborghini S.p.A., Präsident des Verwaltungsrats der Volkswagen Group Italia S.P.A., Vorsitzender des Aufsichtsrats der MAN Truck & Bus AG, Mitglied im Aufsichtsrat der MAN SE, Mitglied im Verwaltungsrat der Italdesign Giugiaro S.p.A., Mitglied im Aufsichtsrat der FC Bayern München AG.

Stadler ist verheiratet und hat drei Kinder.

Abgasskandal

Im Zuge des Abgasskandals musste Audi-Topmanager Ulrich Hackenberg im Dezember 2015 seinen Posten räumen. Sein Nachfolger Stefan Knirsch musste im September 2016 gehen. Mit Ulrich Weiß, dem entlassenen Chef der Audi-Motorenentwicklung, sowie den Ex-Führungskräften/leitenden Entwicklern Carsten N. und Zaccheo Giovanni Pamio[1] mussten bereits zahlreiche Führungskräfte das Unternehmen verlassen. Ob Stadler von den Manipulationen Kenntnis hatte oder daran beteiligt war, ist (Stand Februar 2020) Gegenstand diverser Ermittlungen. Stadler wird allerdings von ehemaligen Managern teils erheblich belastet. Zudem gibt es zahlreiche Hinweise, dass der Abgasskandal des VW-Konzerns bei Audi seinen Ursprung hatte.[2][3][4][5][6][7]

Im Rahmen einer Razzia am 18. und 19. April 2018 durch rund 200 Polizisten und Staatsanwälte bei Porsche in Zuffenhausen sowie im Porsche-Entwicklungszentrum Weissach wurde Rupert Stadler von der Staatsanwaltschaft schwer belastet, weil er zusammen mit Porsche-Entwicklungsvorstand Michael Steiner eine Präsentation manipuliert haben soll, um am 19. November 2015 die US-Umweltbehörde Environmental Protection Agency (EPA) mittels Vorlage dieser manipulierten Präsentation falsch zu informieren und vom Abgasbetrug seitens des VW-Konzerns abzulenken.[8]

Seit dem 30. Mai 2018 gilt er als Beschuldigter im Abgasskandal. Am 11. Juni 2018 ließ die Staatsanwaltschaft München II seine private Wohnung durchsuchen.[9] Ihm und einem weiteren Vorstandsmitglied werden jeweils Betrug, mittelbare Falschbeurkundung sowie strafbare Werbung zur Last gelegt.[10] Am 18. Juni 2018 wurde Stadler aufgrund von Verdunkelungsgefahr in Untersuchungshaft genommen.[11] Zuvor soll er versucht haben, Einfluss auf Zeugen zu nehmen.[12] Am 19. Juni 2018 wurde Stadler daraufhin vom Aufsichtsrat von Audi beurlaubt.[13] Am 2. Oktober 2018 beschloss der VW-Aufsichtsrat, sich von Stadler mit sofortiger Wirkung zu trennen und mit ihm eine Aufhebungsvereinbarung zu schließen. Somit verlor er gleichzeitig sein Amt als Vorstandsvorsitzender von Audi.[14] Am 30. Oktober wurde er nach vier Monaten gegen Leistung einer Sicherheit aus der Untersuchungshaft entlassen. Zugleich erhielt er die Auflage, vorbehaltlich einer Zustimmung durch die Staatsanwaltschaft keinen Kontakt zu Mitbeschuldigten und Zeugen aufzunehmen. Es bestehe aber weiter ein dringender Tatverdacht.[15] Im Juli 2019 erhob die Staatsanwaltschaft München II Anklage gegen Stadler vor dem Landgericht München II.[16] Im Juni 2020 ließ das Landgericht München II die Anklage zu. Der Prozess startete am 30. September 2020.[17] Das Landgericht hat 181 Verhandlungstage binnen zwei Jahren im Hochsicherheits-Gerichtssaal Stadelheim angesetzt.[18]

Sonstiges

Seit November 2012 ist er Honorarprofessor der Universität St. Gallen.[19] Er hielt außerdem Vorlesungen an der britischen Universität Oxford (2015), an der chinesischen Tongji-Universität Shanghai (2016) und an der mexikanischen Benemérita Universidad Autónoma de Puebla. Regelmäßig wirkte er an der Technischen Universität München als Dozent über Unternehmensstrategie.

Auszeichnungen

Mitgliedschaften

  • Mitglied des Vorstands des Verbandes der Automobilindustrie (VDA) von 2007 bis 2018[21]
  • Präsident der Automotive Governors beim World Economic Forum
  • Vorstandsmitglied Transatlantic Business Dialogue (TABD)
  • Mitglied im internationalen Beraterkreis der Atlantik-Brücke
  • Mitglied im Förderkreis der Deutschen Industrie
  • Mitglied im Österreichischen Verein für Kraftfahrzeugtechnik (ÖVK)
  • Mitglied des Ratgeberkreises der Wertekommission – Initiative Werte Bewusste Führung e.V. (Mitgliedschaft ruhend[22])
  • Mitglied des Hochschulrats der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg von Oktober 2007 bis September 2011
  • Mitglied im Rotary Club Ingolstadt
  • Mitglied des Aufsichtsrats FC Bayern von 2010 bis 2018

Gesellschaftliches Engagement

2012 würdigte ihn der Verband Deutscher Zeitschriftenverleger mit der „Goldenen Victoria für den Unternehmer des Jahres“. Er führe als Unternehmenslenker nicht nur erfolgreich, sondern vor allem auch nachhaltig, so die Jury.[23] 2013 kritisierte Stadler in einem Namensbeitrag in der WirtschaftsWoche „leichtfertige Kreditvergaben, Spekulationsgeschäfte und die zunehmende Entkoppelung der Finanzmärkte von der Realwirtschaft, auf denen Rohstoffe und Nahrungsmittel zu Spekulationsobjekten verkümmern.“ Er setzte sich dafür ein, dass „der ehrbare Kaufmann in Wirtschaft und Gesellschaft wieder zum Leitbild“ werden solle. Dieser formuliere keine überzogenen Renditewünsche, sondern führe „einen Teil des Gewinns ins Unternehmen zurück, weil er langfristig investiert und agiert. Er beteiligt seine Mitarbeiter am Erfolg, weil er Leistung belohnt und daran glaubt, dass Mitarbeiter besonders motiviert sind, wenn sie sich mit den Unternehmenszielen identifizieren können“.[24] Im November 2013 äußerte er als Aufsichtsrat-Mitglied, „dass Uli Hoeneß das Amt des Aufsichtsratsvorsitzenden der FC Bayern München AG […] weiter ausüben soll“, solange es noch kein rechtskräftiges Urteil gebe.[25] Im April 2014 betonte er, wie wichtig „Audi die Einhaltung von Regeln und Normen“ sei.[26] Als Hauptsponsor der Deutschen AIDS-Stiftung eröffnete er Anfang 2015 in seiner Funktion als Audi-CEO die 21. Festliche Operngala in Berlin und überreichte dort der Ehrenvorsitzenden Rita Süssmuth eine Spende über 200.000 Euro.[27] Der Verband der Hochschullehrer für Betriebswirtschaft zeichnete Stadler Mitte 2015 „für Nachhaltigkeit in der Unternehmensführung und hohes Wertebewusstsein, sowohl in moralischer Hinsicht als auch im Hinblick auf die Qualität von Gütern“ aus. Er habe sich beispielhaft um die Verknüpfung von Wissenschaft und Unternehmertum verdient gemacht und suche nach wissenschaftlich fundierten Lösungsansätzen.[28] Ein Autohersteller, der nach dem Weltklimavertrag von Paris 2015 noch „ausschließlich auf fossil“ setze, drohe „selbst zum Fossil zu werden“, sagte er im März 2016 auf der Jahrespressekonferenz von Audi.[29]

Veröffentlichungen

  • 2013 How to succeed in the digital age. Strategies from 17 Top Managers Frankfurter Allgemeine Buch, Frankfurt am Main 2013, ISBN 978-3-95601-042-2.
  • 2012 Erfolg im digitalen Zeitalter – Strategien von 17 Spitzenmanagern. Frankfurter Allgemeine Buch, Frankfurt am Main 2012, ISBN 978-3-89981-300-5.
  • 2012 E-Mobilität: Sackgasse oder Beschleunigungsstreifen für das Auto 2.0? (publizierter Vortrag zum 33. Internationalen Wiener Motorensymposium vom 27. April 2012)
  • 2012 Defaults als Navigationshilfen in Produktkonfiguratoren – ein Beispiel aus der Automobilindustrie, Stadler, Rupert; Kopitzki, Dieter; Herrmann, Andreas; Beck, Lucas; Hofstetter, Reto; in: Marketing Review St. Gallen, 2/12
  • 2012 Unternehmer sind gefragt, nicht Unterlasser (Namensartikel zur Euro-Krise in der Wirtschaftswoche, Rubrik Denkfabrik vom 30. Januar 2012)
  • 2011 Wir schaffen die Wende – Abschied von der Atomkraft als Chance für die deutsche Industrie (Namensartikel zur Energiewende im Handelsblatt vom 1. August 2011)
  • 2011 The Effect of Default Options on Choice – Evidence from online Product Configurators, Herrmann, Andreas; Goldstein, Dan; Stadler, Rupert; Heitmann, Mark; Landwehr, Jan; Huber, Frank; Hofstetter, Reto; in: Journal of Retailing and Consumer Services, 2011, S. 483–491
  • 2011 Verankerung von Markenwerten im Produktdesign, Landwehr, Jan; Stadler, Rupert; Herrmann, Andreas; Wentzel, Daniel; Labonte, Christian; in: Zeitschrift für betriebswirtschaftliche Forschung (zfbf) 03/11
  • 2010 Mit Pioniergeist die Zukunft gestalten (Beitrag zum Top Career Guide Automotive 2010)
  • 2009 Vorsprung jeden Tag neu leben (Beitrag zum Buch Automobilstandort Deutschland des VDA)
  • 2009 Beitrag zum Buch Ihre Werte bitte! (Hrsg.: Wertekommission – Initiative Werte Bewusste Führung e.V.)
  • 2008 Controlling im Volkswagen Konzern, Adelt, Bruno; Sander, Lothar; Stadler, Rupert; in: AutoUni, Oktober 2008
  • 2008 Chancen nutzen, Werte schaffen – die globale Perspektive, Beitrag zu einem Buch von Thelen, Peter (Hrsg.): „Einsichten schaffen Aussichten: die Zukunft der sozialen Marktwirtschaft“ (Festschrift für Randolf Rodenstock)[30]
  • 2007 Erfolgsmodell Audi – wie die Marke zum Tempomacher im Premiumsegment aufstieg (Beitrag zu einem Buch von Riesenbeck, Hajo; Perrey, Jesko, McKinsey & Company: Marketing nach Maß)

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Audi Geschäftsbericht 2007 – Der sauberste Diesel der Welt. 2008, abgerufen am 21. August 2017.
  2. spiegel.de: Interne Ermittler verhören Audi-Chef Stadler
  3. www.automobil-produktion.de 22. September 2016: Unklarheit um Audi-Chefentwickler Knirsch
  4. Stefan Knirsch: Audis neuer Hackenberg war eigentlich schon weg. 4. Dezember 2015, abgerufen am 21. August 2017.
  5. Managerwechsel von Audi zu VW möglicher Kern für Abgas-Krise. 21. Juli 2016, abgerufen am 5. Juni 2017.
  6. Interne Dokumente belasten Audi-Chef Stadler. 17. Februar 2017, abgerufen am 5. Juni 2017.
  7. Dieselskandal Inhaftierter Audi-Manager belastet Vorstand offenbar schwer. 21. August 2017, abgerufen am 21. August 2017.
  8. Dieselskandal Porsche-Razzia bringt auch Audi-Chef Stadler in Bedrängnis. 19. April 2018, abgerufen am 22. April 2018.
  9. tagesschau.de: Durchsuchung bei Audi-Chef Stadler wegen Dieselaffäre. In: tagesschau.de.
  10. tagesschau.de: Dieselskandal: Anklage gegen Ex-Audi-Chef Stadler. Abgerufen am 31. Juli 2019.
  11. Abgasaffäre: Audi-Chef Rupert Stadler vorläufig verhaftet. 18. Juni 2018.
  12. Auto-Manager in U-Haft. Audi-Chef Stadler will aussagen. In: n-tv, 19. Juni 2018. Abgerufen am 19. Juni 2018.
  13. Der Audi-Chef wird beurlaubt. In: Frankfurter Allgemeine Zeitung, 19. Juni 2018. Abgerufen am 19. Juni 2018.
  14. FAZ Online: Volkswagen-Konzern trennt sich von Audi-Chef Stadler
  15. Ex-Audi-Chef Stadler wird aus U-Haft entlassen. In: Süddeutsche Zeitung, 30. Oktober 2018. Abgerufen am 30. Oktober 2018.
  16. Anklage gegen Ex-Audi-Chef Stadler. In: Süddeutsche Zeitung, 31. Juli 2019. Abgerufen am 31. Juli 2019.
  17. Prozess gegen Ex-Audi-Chef Stadler ab Ende September. In: Badische Neueste Nachrichten, 8. Juni 2020. Abgerufen am 8. Juni 2020.
  18. Audi: Ex-Vorstand Stadler ab kommender Woche vor Gericht. In: Bayerischer Rundfunk. 23. September 2020, abgerufen am 26. September 2020.
  19. Ermes Gallarotti: Der verhaftete Audi-Chef Rupert Stadler ist im VW-Konzern gross geworden – nun ist er tief gefallen. In: Neue Zürcher Zeitung. 18. Juni 2018, abgerufen am 13. Oktober 2018.
  20. http://www.pl-visit.net/wordpress/?p=113
  21. VDA. Abgerufen am 31. Juli 2017.
  22. https://www.wertekommission.de/verein/gremien/
  23. Jens Riedel: Zeitungsverleger ehren Rupert Stadler. (Memento des Originals vom 28. August 2017 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/auto-presse.de Auto-Presse.de, 9. November 2012, abgerufen am 20. September 2016.
  24. Bert Losse: Audi-Chef Stadler: „Unersättlichkeit darf nicht dominierendes Prinzip werden“. Wirtschaftswoche, 28. Dezember 2012, abgerufen am 20. September 2016.
  25. Hoeneß muss vor Gericht. Deutsche Welle, 4. November 2013, abgerufen am 20. September 2016.
  26. Steueraffäre Hoeneß: Audi-Chef Stadler meldet Bedenken an. Handelsblatt, 27. April 2013, abgerufen am 20. September 2016.
  27. 21. Festliche Operngala für die Deutsche AIDS-Stiftung. Deutsche AIDS-Stiftung, abgerufen am 20. September 2016.
  28. Audi: Betriebswirtschaftler ehren Rupert Stadler. business-on.de/stuttgart, 2. Juni 2015, abgerufen am 20. September 2016.
  29. Thomas Fromm: Automobilindustrie: Audi will kein Fossil sein. sueddeutsche.de, 3. März 2016, abgerufen am 12. März 2016.
  30. IW Medien, ISBN 978-3-602-14794-6

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Rupert Stadler at Geneva Motorshow 2018