Ruhr-Gymnasium Witten

Ruhr-Gymnasium Witten
Ruhr-Gymnasium Witten
Schulformneusprachliches und mathematisch-naturwissenschaftliches Gymnasium
Schulnummer169729
Gründung1860
Adresse

Synagogenstraße 1

OrtWitten
LandNordrhein-Westfalen
StaatDeutschland
Koordinaten51° 26′ 31″ N, 7° 19′ 54″ O
TrägerStadt Witten (Bau), Land NRW (Personal)
Schüleretwa 900[1]
Lehrkräfteetwa 60
LeitungDirk Gellesch[2]
Websitewww.ruhrgymnasium.de

Das Ruhr-Gymnasium ist ein Gymnasium in der Wittener Innenstadt. Es hieß bis 1965 Städtisches Gymnasium Witten, dann Städtisches Gymnasium für Jungen Witten und ab 1971 Ruhr-Gymnasium; fortan wurden auch Mädchen eingeschult.

Geschichte

Realgymnasium neben der Wittener Synagoge 1911

Die Geburtsstunde des Wittener Ruhr-Gymnasiums liegt im Jahr 1860. 1861 hatte Witten 7931 Einwohner, 1905 bereits 35.841 Einwohner. Im Rahmen dieses Stadtwerdungsprozesses ergab sich in Witten der Bedarf nach einer Schule, die Kindern aus dem Bürgertum die Vermittlung von „klassischer Bildung“ mit dem Abschluss des Abiturs ermöglichte. Gymnasien waren im 19. Jahrhundert die einzigen Schulen, in denen Schüler das Abitur ablegen konnten. Für den Besuch eines Gymnasiums musste Schulgeld gezahlt werden. 1877 wurde nur 150 Meter entfernt als Pendant das Schiller-Gymnasium als „Höhere Töchter-Schule“ gegründet. In Quellen aus dem 19. Jahrhundert wird vom heutigen Ruhr-Gymnasium meist von einem „Realgymnasium“ gesprochen. Schon 1844 hatte ein Pfarramtskandidat in Witten privat eine Lateinschule eröffnet, einklassig, aber aus mehreren Abteilungen bestehend. Die „Höhere Stadtschule“ – geführt durch den Magistrat der Stadt Witten – nahm am 23. April 1860 den Unterricht mit einer Klasse und 20 Schülern auf. Sie konnte von Knaben aller Konfessionen besucht werden, was damals keine Selbstverständlichkeit war. Es gab drei Lehrerstellen. Der erste Rektor hieß Zerlang, er leitete die Schule bis 1891. Um einer räumlichen Zerstreuung des Schulbetriebs entgegenzuwirken, ließ die Stadt in den Jahren 1867/68 ein neues Gebäude an der Ecke Breite/Kurzestraße (heute Synagogenstraße) errichten, das noch heute das Hauptgebäude des Ruhr-Gymnasium ist.

Im Ersten Weltkrieg war der Tod zweier Lehrer und 153 ehemaliger Schüler des Gymnasiums zu beklagen. Während der Zeit des Nationalsozialismus wurde eine strikte Vereinheitlichung des gymnasialen Schulwesens diktiert in Richtung hin auf die als „Hauptform“ bezeichnete Oberschule, mit der Gabelung der Oberstufe in einen sprachlichen und einen mathematisch-naturwissenschaftlichen Zweig. Am 9. November 1938 wurde die Synagoge, die sich einst direkt neben der Schule befand, durch die örtlichen Nationalsozialisten zerstört. Im Juli 1943 wurde die „Oberschule für Jungen“ nach stetig zunehmenden Bombenangriffen der Alliierten auf Städte des Ruhrgebiets in das als „sicher“ geltende Konstanz am Bodensee verlegt, das Kollegium wurde aufgeteilt: 10 Lehrkräfte begleiteten die jüngeren Schüler nach Konstanz, zur Versorgung der Luftwaffenhelfer blieben fünf Lehrkräfte zurück. Allerdings fiel der Unterricht an der „Heimatfront“ von Ende 1944 bis Mitte 1945 meist aus. Im Zweiten Weltkrieg fielen insgesamt vier Mitglieder des Kollegiums. Die Zahl der nicht zurückgekehrten ehemaligen Schüler konnte nie ermittelt werden. Es waren nachweislich mindestens 80.

Neuanfang nach dem Zweiten Weltkrieg

Altbau des RGW 2012

In den unmittelbaren Nachkriegsjahren litt der Schulbetrieb: Schüler kamen aus Süddeutschland zurück, Trümmer des Schulgeländes wurden entfernt und die schlimmsten Bauschäden repariert; die schrittweise Wiederaufnahme des Unterrichts begann ab Januar 1946. Mit Beginn des Schuljahres 1949/50, parallel zur Gründung der Bundesrepublik Deutschland und mit stabileren politischen und wirtschaftlichen Verhältnissen konnte auch am „Städtischen Gymnasium Witten“ der Unterrichtsbetrieb wieder voll aufgenommen werden. In den 1950er Jahren wuchs die Schule: Die lange eingehaltene Zweizügigkeit musste aufgegeben werden, 1959 gab es 23 Klassen, z. T. mit 45 Schülern pro Gruppe. Der Sputnik-Schock wirkte sich auch in der damals kreisfreien Stadt im Regierungsbezirk Arnsberg des Landes Nordrhein-Westfalen aus. 1959–1961 entstanden ein Anbau an der Kurzestraße, Erweiterungsbauten an der Breitestraße mit insgesamt 14 zusätzlichen Unterrichtsräumen, eine neue Aula und eine neue Turnhalle.

Die Oberschule wurde durchweg streng konservativ geleitet und obwohl Witten eher eine evangelisch und sozialdemokratisch geprägte Arbeiterstadt war und ist, hatte die Katholische Kirche großen Einfluss auf das Schulklima. So kam es 1967 zu einem Eklat, als die gemeinsame Schülerzeitung des Schiller und des Jungen „Ceterum Censeo“ (Ausgabe 13, Schriftleitung Bärbel Röhle und Jürgen Grysa) auf den Index von Rektor Klinck und Studienrat Vikar Gerdes gelangte und der Vertrieb auf dem Schulgelände untersagt wurde. Inhaltlich aber war objektiv nichts Radikales enthalten; die Aufsätze richteten sich gegen die NPD, Apartheid, für die Organisation Amnesty International und auch Flappsiges wurde vorgetragen; eine Anzeige der Bundeswehr half bei der Finanzierung.

Reformen nach 1968

Die Jahre nach 1968 brachten einen großen Wandel: Ab 1971 wurde das bisherige Jungen-Gymnasium für Mädchen zugänglich und es erhielt seinen heute noch gültigen Namen „Städtisches Ruhr-Gymnasium Witten“. 1981 wurde nach einem weiteren erheblichen Anwachsen der Schülerzahlen ein Anbau, der neue Naturwissenschaften-Trakt „Spangenbau“ eröffnet. Im Sommer 2009 und Sommer 2010 verschönerten Lehrer und vor allem Schüler in mehreren Projekttagen die kahlen Wände und Flure zum kommenden Jubiläum.

Am 23. April 2010 wurde das Wittener Gymnasium 150 Jahre alt.

Unruhe herrschte 2012 in der Schule, da die Schulleiterin Kirsten Sonja Schikorr unter Beschuss stand.[3] Die Schule erhielt Supervision.[4]

Profil

Das Ruhr-Gymnasium bietet ein breites Fächer- und Kursangebot für fast 1.000 Schüler, die von ca. 60 Lehrern unterrichtet werden. Gezielte Trainingsprojekte zur Gewaltprävention, Verantwortung für Gesundheit und Umwelt übernehmen, ein umfangreiches Sportangebot, ein vielfältiges Fahrtenprogramm und Schüleraustausche sowie besondere Möglichkeiten zur Gemeinschaftserziehung schaffen unterstützen die demokratische Zielsetzung, neben dem Unterricht in konkreten Projekten.

Das RGW versteht sich als beratende Schule, die den Schülern und deren Eltern im Zuge von Schullaufbahnberatung bei Problemen, Fragestellungen und Entscheidungen hilft. Seit Jahren wird das Informations- und Beratungskonzept in allen Schulstufen weiterentwickelt. Besondere Bedeutung hat die Studien- und Berufswahlvorbereitung, die die Schüler von der Klasse 9 bis zum Abitur begleitet.

Über den Fachunterricht und Arbeitsgemeinschaften hinaus findet das schulische Gemeinschaftsleben im Zusammenwirken von Schüler-, Eltern- und Lehrerschaft traditionell in Arbeitskreisen, in Orchester, Chor und Theatergruppen seinen sichtbaren Ausdruck. Das Orchester Wittener Gymnasien unter Heinrich Karl Klein veröffentlichte 1994 eine vielbeachtete Klassik-CD mit Werken von Torelli, Mozart, Beethoven, Dvořák und Bizet. Die Schule besitzt eine Streicherklasse.

Viele Sportarten werden gefördert, in Witten traditionell das Rudern und heute zusätzlich die Disziplin Drachenboot; im Frauenfußball wurde die Schule 2009 Vize-Landesmeister. Auch im Tennis sind ihre Schülergruppen oft erfolgreich. Ein Sport-Teilinternat beherbergt Sportler des Triathlon, Ringen und Judo.

Das Ruhr-Gymnasium nimmt regelmäßig mit großem Erfolg an Schulsportwettbewerben im Rahmen von Jugend trainiert für Olympia & Paralympics teil. Besonders im Judo werden Erfolge erzielt: 2018[5], 2019[6], 2022[7] und auch 2023[8] gewann die Schulmannschaft des RGW das Landesfinale und vertrat das Land NRW auf dem Bundesfinale in Berlin. Seit über 15 Jahren gibt es an der Schule eine Arbeitsgemeinschaft Judo in Kooperation mit der SU Annen.

Das Ruhr-Gymnasium zeigt seit 2009 ein Europa-Profil mit zusätzlichem Italienisch, beteiligt sich an EU-Projekttagen und am E-Twinning.

Sonstiges

Seit Jahren betreiben Eltern ehrenamtlich das „Ruhr-Café“. Ein engagierter Förderverein unterstützt die schulische Arbeit und hält die Verbindung zu den Ehemaligen aufrecht.

Schulleiter

  • Karl Johann Wilhelm Zerlang (1860–1891)
  • Georg Matthes (1892–1908)
  • Emil Rehfeld (1909–1925)
  • Leopold Schulz-Bannehr (1925–1939)
  • Peter Emil Noelle (1947–1950)
  • Johannes Horsthemke (1950–1953)
  • Heinrich Klinck (1954–1969)
  • Werner Biallas (1970–1984)
  • Gerhard Schneider (1984–1989)
  • Dorothea Eckardt (1990–2008)
  • Kirsten Sonja Schikorr (2008–2012)
  • Ulrich Janzen (2012–2018)[9][10]
  • Kerstin Peters (2018–2019)[10]
  • Dirk Gellesch (seit 2019)[2]

Bekannte Lehrer

Bekannte ehemalige Schüler

chronologisch; dazu Wohnort, andernfalls verstorben

Trivia

Die Liste des Abiturjahrgangs 1936 umfasst nur drei Schüler, darunter eine Frau.[11]

Weblinks

Commons: Ruhr-Gymnasium Witten – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Ruhr-Gymnasium Witten – Unsere Schule. Abgerufen am 30. Juni 2023 (deutsch).
  2. a b Annette Kreikenbohm: Ein „alter“ Wittener leitet jetzt das Ruhr-Gymnasium. WAZ, 22. März 2019, abgerufen am 22. März 2019.
  3. Johanna Blume: Ruhr-Gymnasium. Eltern wollen Schulleitung nicht mehr. WAZ, 10. Februar 2012, abgerufen am 26. Dezember 2016.
  4. Susanne Linka: Ruhr-Gymnasium. Vier weitere Anträge auf Versetzung. Ruhr Nachrichten, 9. September 2012, abgerufen am 26. Dezember 2016.
  5. Erik Gruhn: Schüler aus Hennef und Witten fahren nach Berlin. In: NWJV.de. Nordrhein-Westfälischer Judoverband e.V., 29. Mai 2018, abgerufen am 24. Juli 2023.
  6. Aktuelle Meldungen. Abgerufen am 24. Juli 2023 (amerikanisches Englisch).
  7. Schulsport. Abgerufen am 24. Juli 2023 (amerikanisches Englisch).
  8. Aktuelle Meldungen. Abgerufen am 24. Juli 2023 (amerikanisches Englisch).
  9. Witten. Janzen jetzt ganz offiziell neuer Direktor des Ruhr-Gymnasiums. WAZ, 21. Dezember 2012, abgerufen am 26. Dezember 2016.
  10. a b Susanne Schild: Alle drei Wittener Gymnasien unter neuer Leitung. WAZ, 5. März 2018, abgerufen am 9. März 2018.
  11. Abiturjahrgang 1936. RGW, abgerufen am 26. Dezember 2016.

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ehemalige Synagoge in Witten
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