Rudolf Kempe

Rudolf Kempe (1961)

Rudolf Kempe (* 14. Juni 1910 in Dresden; † 12. Mai 1976 in Zürich) war ein deutscher Dirigent.

Er galt als Spezialist des spätromantischen deutsch-österreichischen Repertoires, insbesondere Richard Wagners, Anton Bruckners, Johannes Brahms’ und, mehr noch, Richard Strauss’.

Leben und Wirken

Kempe studierte an der Orchesterschule in Dresden und begann 1928 als Oboist in Dortmund. Von 1929 bis 1936 war er am Leipziger Gewandhausorchester Pianist und erster Oboist sowie Mitglied des Gewandhaus-Bläserquintetts.[1] In Leipzig begann er mit 27 Jahren seine Dirigentenlaufbahn. Von 1945 bis 1948 wirkte er als Generalmusikdirektor in Chemnitz. 1949 wurde er Dresdner Generalmusikdirektor, 1951 auch Leiter der dortigen Sächsischen Staatsoper. Von 1952 bis 1954 war er GMD der Bayerischen Staatsoper in München; in den 1960er Jahren leitete er das Royal Philharmonic Orchestra und das Tonhalle-Orchester Zürich[2] und war in dieser Zeit einer der weltweit gefragtesten Dirigenten (New York, Buenos Aires, Mailand, Salzburg). Sein frühzeitiger Tod verhinderte eine längere Zusammenarbeit mit den Münchner Philharmonikern, deren GMD er 1967 geworden war. Sein Nachfolger wurde Sergiu Celibidache.

Kempe war ein selbstbeherrschter Dirigent, der sein großes technisches Können ganz in den Dienst der Orchester, der Musiker und Sänger stellte. Er sah und erlebte Musik weniger als publikumswirksame Veranstaltung, sondern eher aus der Perspektive der gemeinsam Musizierenden. Daher war er auch ein Anhänger des Ensembletheaters. Seine klare Zeichengebung unterstützte seinen strukturalistischen Interpretationsstil, den man gut daran erkennen kann, dass er gerade in den großen spätromantischen Partituren die kammermusikalischen Qualitäten, die Nebenstimmen und die feinen Klangschattierungen hörbar machte.

Er wurde auf dem Bogenhausener Friedhof in München beigesetzt. Die Urne wurde im März 2007 nach Stratford-upon-Avon zu seiner Witwe Cordula Kempe verbracht, die dort in der Rudolf Kempe Society[3] tätig ist. Der Grabstein wurde entfernt.

In der Tageszeitung Dresdner Neueste Nachrichten wurde er im Jahre 2000 zu einem der „100 Dresdner des 20. Jahrhunderts“ gewählt.[4]

Arbeitsweise

Er war in der Zusammenarbeit ein ausgesprochener „Teamworker“ und nahm auch den Rat von Kollegen an. Hans Rudolf Zöbeley (1931–2007) leitete während seiner Amtszeit den Philharmonischen Chor. Er berichtete seinen Studenten am Richard-Strauss-Konservatorium in den 1970er Jahren folgende – sehr bezeichnende – Begebenheit:

„Neulich habe ich für Kempe die Glagolitische Messe von Leoš Janáček einstudiert. Das Stück ist voller Wechseltakte (⅝, ⅞) und so weiter. Sehr unangenehm für den Chor. Jedenfalls, in der ersten Probe mit Kempe, der sogenannten ‚Abnahme‘ lief andauernd einiges immer wieder schief. Daraufhin habe ich Kempe gesagt: ‚Herr Kempe, hier habe ich den Fünfer so geschlagen, hier den Siebener so, und so weiter.‘ Darauf hin hat er mir nett geantwortet: ‚Gut, dass Sie das sagen. Machen wir jetzt eine kleine Pause, zeigen Sie mir wie Sie es gemacht haben – und dann übernehme ich das. Ich kann mich leicht umstellen, der Chor aber nicht.‘

Man machte eine kleine Pause; Kempe besprach sich mit Zöbeley, übernahm dessen Einstudierung, und die Probe ging ohne ‚dicke Luft‘ weiter. Zöbeley bemerkte im Anschluss zu den Studenten noch folgendes: ‚Das hätte ich mal bei Fritz Rieger oder Rafael Kubelík sagen sollen! Die hätten mich sicher angeschnauzt: „Wollen Sie mir jetzt noch Dirigierunterricht geben!“ Das war eben Kempe, und so sollten Sie, meine jungen Herren Dirigenten auch sein. Immer den guten Rat erfahrener Kollegen annehmen.‘“[5]

Auswahldiskografie

Weblinks

Commons: Rudolf Kempe – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Gewandhaus-Bläserquintett. In: Website des Gewandhauses. Abgerufen am 10. April 2021.
  2. Porträtskizzen schweizerischer Tonkünstler
  3. Englische Webseite der Rudolf Kempe Society
  4. 100 Dresdner des 20. Jahrhunderts. In: Dresdner Neueste Nachrichten. Dresdner Nachrichten GmbH & Co. KG, Dresden 31. Dezember 1999, S. 22.
  5. Bericht von Joseph Kanz, seinerzeit Schüler von H. R. Zöbeley

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photo from the magazine Radiocorriere (1961)
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(abgeleitet aus der stilisierten Schwingungsform der vollständigen Sinfonie Nr. 8 von Gustav Mahler)