Rozumice

Rozumice
Rösnitz
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Rozumice
Rösnitz (Polen)
Rozumice
Rösnitz
Basisdaten
Staat:Polen Polen

Woiwodschaft:Opole
Powiat:Głubczyce
Gmina:Kietrz
Geographische Lage:50° 1′ N, 17° 59′ O

Höhe:260–300 m n.p.m.
Einwohner:316 (1. Okt. 2020[1])
Postleitzahl:48-130
Telefonvorwahl:(+48) 77
Kfz-Kennzeichen:OGL
Wirtschaft und Verkehr
Nächster int. Flughafen:Katowice

Rozumice (deutsch Rösnitz, tschechisch Rozumice) ist ein Ort in Oberschlesien in der Stadt- und Landgemeinde Kietrz im Powiat Głubczycki der Woiwodschaft Opole in Polen. Es liegt an der Psczina (Rösnitzer Wasser).

Geographie

Das Angerdorf Rozumice liegt acht Kilometer südlich von Kietrz, 23 Kilometer südöstlich von Głubczyce (Leobschütz) und 73 Kilometer südlich von Opole (Oppeln). Einen Kilometer südlich des Dorfes verläuft die Landesgrenze zu Tschechien. Es liegt in der Schlesischen Tiefebene. Südlich des Dorfes liegt das Naturschutzgebiet Rozumice (polnisch Rezerwat przyrody Rozumice).

Nachbarorte von Pilszcz sind Dzierżysław (Dirschel) im Norden, Třebom (Thröm) im Nordosten, Ściborzyce Wielkie (Steuberwitz) im Osten, Hněvošice (Schreibersdorf) im Südosten, Oldřišov (Odersch) im Südwesten und Ludmierzyce (Leimerwitz) im Westen.

Geschichte

(c) Ralf Lotys (Sicherlich), CC BY 3.0
Ruine der evangelische Kirche
Bodenspeicher
Backhaus um 1930

Kolonisten aus Mitteldeutschland wanderten schon um 1250 in diese Gegend ein. Erstmals erwähnt wurde „Resenitz“ 1335. Es gehörte zu dem seit 1318 eigenständigen Herzogtum Troppau. Erbschaftsteilungen und politische Veränderungen begründeten eine wechselvolle Ortsgeschichte. 1422 wurde im gesamten Herzogtum Troppau Tschechisch als Amtssprache eingeführt. 1430 ist es in der Schreibweise Rosumicz (Rozum = mährisch: Verstand; Rosumicze = Ort der Klugen). Die Bewohner haben die deutsche Sprache vermutlich nie ganz aufgegeben, und ab 1612 verwendete man den Namen Rosnitz bzw. Rösnitz. Die Hussitenkriege, der Dreißigjährige Krieg und die Schlesischen Kriege brachten große Belastungen für die Bewohner. Nach dem Ersten Schlesischen Krieg fiel fast ganz Schlesien und damit auch Rösnitz an Preußen. Alte verbriefte Rechte aus dem 16. Jahrhundert zur Abgabenbefreiung wurden von der preußischen Regierung weiter bestätigt. Die Herrschaftsverhältnisse im Dorf wechselten häufig, bis schließlich 1816 der letzte Besitzer, Ernst Joachim Graf von Strachwitz[2] den Ort der Gemeinde für 22.000 Taler überließ. So konnte sich allmählich ein gewisser Wohlstand ausbreiten.

Nach der Neugliederung der Provinz Schlesien gehörte die Landgemeinde Rösnitz ab 1816 zum Landkreis Leobschütz, mit dem sie bis 1945 verbunden blieb. 1845 bestanden im Dorf eine evangelische Schule, eine evangelische Kirche, eine Brennerei, eine Brauerei, eine Wassermühle, zwei Windmühlen und 156 Häuser. Die Einwohnerzahl lag damals bei 959, davon 57 katholisch.[3] 1861 zählte Rösnitz 29 Bauern-, 51 Gärtner-, 66 Häuslerstellen.[4] 1874 wurde der Amtsbezirk Piltsch gegründet, der die Landgemeinden Piltsch, Rösnitz und Steuberwitz umfasste.[5] Etwa ab 1880 galt Rösnitz als reichstes Dorf im Landkreis Leobschütz mit einer später fast städtisch anmutenden, ausgebauten, ländlichen Infrastruktur. Auch Brennereien, Wasser-, Wind- und Ölmühlen werden erwähnt.

Bei der Volksabstimmung in Oberschlesien am 20. März 1921 stimmten in Rösnitz 883 Personen für einen Verbleib bei Deutschland und 0 für Polen. Rösnitz verblieb wie der gesamte Stimmkreis Leobschütz beim Deutschen Reich.[6] 1923 wurde das Dorf elektrifiziert. Nach einem heftigen Unwetter 1925 wurde der Ort überschwemmt. 1933 wurden 1043 Einwohner gezählt und 1939 waren es 1066 Einwohner. Bis 1945 gehörte der Ort zum Landkreis Leobschütz. Am 19. März 1945 flüchtete die einheimische deutsche Bevölkerung in Richtung Sudetenland. Durch Rösnitz verlief die Kriegsfront. Innerhalb weniger Tage wechselte der Ort dreimal den Besitzer zwischen deutscher Wehrmacht und der Roten Armee. Ende März nahm die Rote Armee den Ort Rosen endgültig ein. Durch die Kampfhandlungen wurden 40 % der dörflichen Bebauung zerstört. Die Rösnitzer Kirche wurde während der Kampfhandlungen weitgehend zerstört und ist heute eine Ruine inn der Ortsmitte. Eventuell soll sie so gesichert werden, dass sie für Andachtszwecke zugänglich wird. Eine der Glocken der Rösnitzer Kirche ist der Einschmelzung für Kriegszwecke entgangen und läutet heute in der Nicolaikirche der Gemeinde Vorhelm, Agnes-Miegel-Str. 14.[7]

Am Ende des Zweiten Weltkriegs wurde Rösnitz nach heftigen Kämpfen von der Roten Armee besetzt und kam an Polen. Die am 24. März 1945 gemeinsam geflüchteten deutschen Bewohner sind nach etwa eineinhalbmonatiger Irrfahrt wieder zurückgekehrt und fanden eine Trümmerwüste vor. Aufgabe der Rückkehrer war, eine gewisse Bewohnbarkeit des Ortes herzustellen, die schlimmsten Kriegsfolgen zu beseitigen und Feldarbeit zu leisten. Später mussten sie ihre Unterkünfte räumen und wurden, soweit die nicht vorher geflohen waren, mit je 50 kg Gepäck vom 5. bis 14. Juli 1946 ins westliche Deutschland vertrieben. Die neu angesiedelten Bewohner waren teilweise Zwangsumgesiedelte aus Ostpolen, das an die Sowjetunion gefallen war. Die polnische Verwaltung führte 1945 den heutigen Ortsnamen ein und unterstellte den Ort zuerst der Woiwodschaft Schlesien. 1950 wurde Rozumice der Woiwodschaft Opole kam. Seit 1999 gehört es zum Powiat Głubczycki.

Die heute noch lebenden, einstigen deutschen Bewohner von Rösnitz und deren Nachfahren pflegen mit den heutigen polnischen Bewohnern von Rozumice freundschaftliche Kontakte.

Kirchliche Zugehörigkeit

(c) Ralf Lotys (Sicherlich), CC BY 3.0
Die neue Kirche von Rozumice

Im Jahre 1526 konnte der lutherische Glaube auch in dieser Region Fuß fassen. Unter verschiedenen lutheranischen Landesherren setzten sich soziale Veränderungen durch. Von 1557 an konnten die Bewohner die Eigentumsrechte für ihre Häuser und das bewirtschaftete Land erwerben, sich aus der Leibeigenschaft und von den Zehntabgaben befreien. Seit 1575 gab es eine Schule und seit 1582 eine evangelische Schule. Im Jahre 1580 wurde die evangelische Kirche gebaut. Der im Dreißigjährigen Krieg einsetzenden Rekatholisierung widerstanden die Bewohner zusammen mit dem Nachbarort Steuberwitz erfolgreich, und auch der zu diesem Zweck von 1667 bis 1678 eingesetzte Jesuitenorden vermochte dies nicht zu ändern.[8] Da den Bewohnern in dieser Zeit die Kirche versperrt blieb, feierten sie geheime Andachten an einem verborgenen Platz im Wald, der heute noch als „Kanzel“ bezeichnet wird.

Unter der preußischen Regierung konnte die Glaubensfreiheit in einem Bethaus gesichert werden, ehe die Gemeinde nach einem Gerichtsurteil 1801 die Kirche zurückerhielt, die 1807 durch einen barocken Neubau ersetzt wurde. Die wenigen Katholiken waren bis 1920 zur Kirche St. Georg in Thröm eingepfarrt.

Die Böhmischen Brüder besaßen in Rösnitz zahlreiche Anhänger, und der Gründer der Herrnhuter Brüdergemeine, Nikolaus Ludwig von Zinzendorf, besuchte schon 1726 den Ort. Später versuchten die Herrnhuter in Rösnitz eine Brüder-Unität zu gründen, was allerdings am Widerstand der rivalisierenden lutherischen Landeskirche scheiterte.

Während der Nazizeit wirkte in der Rösnitzer Gemeinde Pastor Arnold Hitzer, ein Mitglied der Bekennenden Kirche.

Mit der Vertreibung der deutschen Bewohner ging 1946 in Rösnitz eine 420-jährige evangelische Tradition unter. Die heutigen Bewohner sind überwiegend katholisch.

Sehenswürdigkeiten

(c) Ralf Lotys (Sicherlich), CC BY 3.0
Nie wieder Krieg
  • Die ehemalige Evangelische Kirche (Kościół ewangelicki) wurde zwischen 1804 und 1807 errichtet. Im Zweiten Weltkrieg ging der Kirchenbau in Flammen auf. Erhalten haben sich bis heute die Außenmauern des Gebäudes.
  • Römisch-katholische Herz-Jesu-Kirche (Kościoł Najświętszego Serca Pana Jezusa)
  • Historische Dorfanlage als Angerdorf mit typisch fränkischen Bauernhöfen. Diese Bauweise ist heute nicht mehr durchgängig erkennbar.
  • Als gesichertes Baudenkmal ein letzter noch existierender Laimes – ein Korn- und Vorratsspeicher. Noch 1934 gab es 20 dieser fensterlosen Gebäude.
  • Auf dem angrenzenden Kirchhof wurde das vormals deutsche Denkmal für die Gefallenen im Ersten Weltkrieg mit einer Inschrift in polnischer und deutscher Sprache „Nie wieder Krieg“ versehen und dient heute ebenfalls als Mahnmal.
  • Nahe beim Dorf befinden sich zwei wichtige Naturschutzgebiete, südöstlich das Waldreservat Rezerwat przyrody Rozumice und nördlich das Naturschutzgebiet Góra Gipsowa mit pontischer Steppenrasenflora.

Wappen

Alte Siegelmarke

Alte Siegel und Stempel des Ortes zeigen eine einzelne Rose. Somit handelt es sich um ein Redendes Wappen.

Vereine

  • Freiwillige Feuerwehr OPs Rozumice
  • Fußballverein LZS Rozumice

Persönlichkeiten

Söhne und Töchter des Ortes

  • Martin Fiebig (1891–1947), General der Luftwaffe
  • Hans Langener, geb. 1865 in Rösnitz, Landschaftsmaler in Dortmund[9]
  • Alexander von Wartensleben-Schwirsen (1807–1883), in Rösnitz geborener Angehöriger einer mecklenburgischen Adelsfamilie, Abgeordneter der Frankfurter Nationalversammlung, konservativer preußischer Abgeordneter

Persönlichkeiten, die am Ort gewirkt haben

Literatur

  • Georg Beier: Die Dörfer des Kreises Leobschütz 1914–1946. Oberschlesischer Heimatverlag Dülmen, 1990. ISBN 3-87595-277-4
  • Hofrichter: Heimatkunde Kreis Leobschütz, Auszugsartikel: Rösnitz. Oberschlesien im Bild, 2. Januar 1931, Nr. 1, S. 4–5.
  • Richard Keilholz: Eine Ölpresse in Rösnitz. Der Oberschlesier 1931, Nr. 13/2, S. 71–73.
  • Max Krömer: Das Leobschützer Angerdorf Rösnitz. Oberschlesien im Bild, 22. September 1932, Nr. 39, S. 2.
  • Max Krömer: Das Rösnitzer Laimes, ein eigenartiger oberschlesischer Bau. Oberschlesien im Bild, 8. November 1934, Nr. 45, S. 2, 5.
  • Joachim Köhler, Rainer Bendel (Hrsg.): Religionsgeschichte in Ostmittel- und Südeuropa, Band I, Geschichte des Christlichen Lebens im schlesischen Raum, Teilband 1, Dietrich Meyer: Der Pietismus und die katholische Kirche in Schlesien. LIT Verlag, Münster/Hamburg/London 2002, ISBN 3-8258-5007-2.
  • Krzysztof Gładkowski: Protestanci na ziemi Głubczyckiej. Kalendarz Głubczycki, 2006, S. 109–114.
  • Krzysztof Gładkowski: Kanzel, ambona – Protestancka Wspólnota Lokalna na Górnym Śląsku. Wydawnictwo Uniwersytatu Warmińsko-Mazurskiego, Olsztynie 2008.
Commons: Rozumice – Sammlung von Bildern

Einzelnachweise

  1. Schulzenämter Gmina Kietrz - Einwohnerzahlen (poln.)
  2. Die von Strachwitz sind eine uralte, weit verzweigte, schlesische Adelsfamilie, der ab 1800 das nahe gelegene Schloss Krawarn als Wohnsitz gehörte.
  3. Johann Georg Knie: Alphabetisch-statistisch-topographische Uebersicht der Dörfer, Flecken, Städte und andern Orte der Königl. Preuss. Provinz Schlesien. Breslau 1845, S. 550.
  4. Felix Triest: Topographisches Handbuch von Oberschlesien, Breslau 1865, S. 857
  5. Amtsbezirk Piltsch
  6. Landsmannschaft der Oberschlesier in B-W (Memento vom 24. Januar 2017 im Internet Archive)
  7. Kirchengemeinde Sendenhorst – Nicolaikirche (Memento vom 16. Dezember 2016 im Internet Archive), abgerufen am 25. Mai 2012.
  8. B. Dudek: Bibliothek und Archiv im fürsterzbischhöflichen Schlosse zu Kremsier. Wilhelm Braumeister, Hof- und Universitätsbuchhändler, Wien 1870, S. 47.
  9. Hans Wolfgang Singer (Hrsg.): Allgemeines Künstler-Lexikon. Band 6, Rütten & Loening, Frankfurt a. M. 1932, S. 132.

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Rozumice spichlerz.JPG
Autor/Urheber: Czonek, Lizenz: CC BY-SA 3.0
Zabytkowy spichlerz drewniany piętrowy, data powstania nieznana, obecnie nieużytkowany, wieś Rozumice, Województwo opolskie
2012-04 Rozumice 15.jpg
(c) Ralf Lotys (Sicherlich), CC BY 3.0
Die neue Kirche von Rozumice (Rösnitz), einem Dorf in Polen in der Wojewodschaft Opole, Powiat Ggłubczycki, Gmina Kietrz.
2012-04 Rozumice 14.jpg
(c) Ralf Lotys (Sicherlich), CC BY 3.0
Die verfallende evangelische Kirche in Rozumice (Rösnitz), einem Dorf in Polen in der Wojewodschaft Opole, Powiat Ggłubczycki, Gmina Kietrz.
2012-04 Rozumice 06.jpg
(c) Ralf Lotys (Sicherlich), CC BY 3.0
Denkmal für die Gefallenen des 1. Weltkrieges in Rozumice (Rösnitz) , Wojewodschaft Opole. Inschrift: "Nigdy więcej wojny - Nie wieder Krieg - 2002"
Siegelmarke Gemeinde Roesnitz Kreis Leobschütz W0307689.jpg

Siegelmarke
Titel: Gemeinde Roesnitz Kreis Leobschütz
Beschreibung: blau, weiß, geprägt
Ort: Rösnitz

Größe: 4 cm
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Backhaus in einem Bauerngarten in Rösnitz in Oberschlesien