Rothenbergen

Rothenbergen
Gemeinde Gründau
Koordinaten:50° 12′ N, 9° 7′ O
Höhe: 130 (124–150) m
Fläche:5,59 km²[1]
Einwohner:3979 (31. Dez. 2021)[2]
Bevölkerungsdichte:712 Einwohner/km²
Eingemeindung:1. August 1972
Postleitzahl:63584
Vorwahl:06051
Rothenbergen Christkönigkirche
Rothenbergen Christkönigkirche

Rothenbergen ist der einwohnerstärkste Ortsteil der Gemeinde Gründau im hessischen Main-Kinzig-Kreis.

Geographie

Lage

Der Ort liegt im Büdingen-Meerholzer Hügelland (Haupteinheit 233, früher Ronneburger Hügelland, im Nordostteil des Rhein-Main-Tieflandes, Haupteinheitengruppe 23), nach der naturräumlichen Gliederung Hessens, einer gehölz- bzw. waldreichen Kulturlandschaft. Die Gemarkung des Ortsteils umfasst 571 ha (1949 waren davon 296 ha Ackerland).

Am südlichen Ortsrand führt die Bundesautobahn 66 (A 66 von Wiesbaden über Frankfurt am Main und Hanau bis zum Dreieck Fulda mit Anschlussstelle „Gründau-Rothenbergen“); die frühere Bundesstraße 40 mit Ortsdurchfahrt ist jetzt Kreisstraße (K 903).

Rothenbergen hat keinen Bahnanschluss, der Ortsteil ist jedoch durch die 1915 über die Kinzig gebaute Neue Brücke (vorher war dort nur ein kleiner Holzsteg für Fußgänger) über die 1896 eingerichtete Bahnstation Niedermittlau in der südlichen Nachbargemeinde Hasselroth mit der Bahn auf der Strecke Frankfurt(Main)–Hanau–Fulda gut zu erreichen.[3][4]

Geologie und Naturraum

Die aus Lössauflagen und aus Letten des Rotliegenden entstandenen Böden sind die Grundlage einer ertragreichen Landwirtschaft. Nur die nördlich des Kinzigtals gelegene Hochfläche gehört zur Gemarkung, sie setzt sich aus einem Nordost-Südwest-verlaufenden Bergrücken und einem flachwelligen Gebiet nach Westen hin zusammen. Eine ökologische Sonderstellung nimmt das südlich der Hochfläche liegende Gelnhäuser Kinzigtal ein, in welchem Hochwässer häufig sind. Die Kinzig durchfließt die Gemarkung in einem weiten flachen Muldental in 130 bis 110 m ü. NN. Die Wälder der Gemarkung bestehen zum großen Teil aus Buchenwald. Die Niederungen der Kinzig werden als Grünland genutzt, der weitere Teil der Landschaft als Ackerland. Wertvolle Biotope der Landschaft sind Gehölze des Offenlandes, Streuobst und naturnahe Fließgewässer mit angrenzenden Feuchtbiotopen.

Nachbargemarkungen

Im Norden grenzt Rothenbergen an die Gemarkung des Gründauer Ortsteils Niedergründau, im Osten an die des Ortsteils Lieblos, im Süden an die des Stadtteils Meerholz der Stadt Gelnhausen, des Ortsteils Niedermittlau und Neuenhaßlau der Gemeinde Hasselroth und im Westen an die Gemarkung der Stadt Langenselbold.

Geschichte

Vorgeschichte

Auf eine frühe Besiedlung lassen etliche Funde schließen: Unterhalb des Hühnerbergs (Steilabfall zur Kinzig hin) sind Steingeräte aus der Jungsteinzeit und Reste einer Siedlung aus der Zeit der Bandkeramik, der Rössener und der Michelsberger Kultur und der Hallstatt- und Frühlatènezeit in den Fluren Vor der Lohe, Beim Kühborn, Wellesborn, Beune, Vor dem Scheiblingsgraben und Vor dem Niederwald gefunden worden. Von oberhalb des Ortes (bereits in der heutigen Gemarkung Niedergründau gelegen) stammen die Funde eines Steinbeils und zweier Steinäxte und östlich von dem Ort (in der heutigen Gemarkung Lieblos) weitere zwei Steinbeile.[5][6]

Mittelalter

Erstmals erwähnt wurde der Ort im Jahre 1220. Damals wurde der Ort Rodinberch genannt. Dieser Ortsname bedeutet Rodung am Berg. Mitten im Ort steht der „Schiefersteinhof“, ein altes königliches Hofgut.

Wirtschaftschronik

Ein Zustandsbericht über die örtlichen Gegebenheiten in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts ist einer statistischen Erhebung von 1856 zu entnehmen: Danach gab es in dem Ort nach der Volkszählung 587 Seelen in 114 Familien, davon waren 572 evangelisch und 2 katholisch, Juden waren 13 in 3 Familien; insgesamt waren 98 Wohnhäuser, 20 private und 3 öffentliche Brunnen sowie ein Feuerlöschteich vorhanden. Der Lohn eines Ackerknechts betrug jährlich 30 bis 60 fl. (ca. 402 bis ca. 802 Euro), der Lohn einer Magd (jährlich) 20 bis 40 fl. (ca. 268 bis 536 Euro)[7].

Im eher bäuerlich geprägten Dorf des 19. und der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts hatte das landwirtschaftliche Absatz- und Kreditwesen eine große Bedeutung:
7. August 1898 Gründung des Rothenberger Spar- und Darlehenskassenvereins[8]
1. November 1949 Umbenennung des Rothenberger Spar- und Darlehenskassenvereins in Raiffeisenkasse Rothenbergen
28. Juni 1963 Zusammenschluss der Raiffeisenkasse Rothenbergen und Raiffeisenkasse Lieblos zur Raiffeisenkasse Lieblos
29. März 1972 Zusammenschluss der Raiffeisenkasse Lieblos und Meerholz zur Raiffeisenbank Mittlere Kinzig
11. Mai 1990 Umbenennung der Raiffeisenbank Mittlere Kinzig in Raiffeisenbank Gelnhausen
13. September 2001 Zusammenschluss der Raiffeisenbank Gelnhausen und der VR Bank Bad Orb-Gelnhausen unter der Firma VR Bank Bad Orb-Gelnhausen eG

Ab 1920 gab es in dem Ort elektrisches Licht; die Versorgung mit elektrischer Energie erfolgte von der Kinzigmühle in Lieblos aus (Wasserkraft)[9], deren Turbinen heute noch für die Stromerzeugung genutzt werden.

Fliegerhorst Gelnhausen-Rothenbergen

Vor und während des Zweiten Weltkrieges (1936–1945) bestand am südlichen Ortsrand ein Militärflugplatz (Fliegerhorst)[10][11][12] und das schwere Funkfeuer Otto 599 kHz[13] (eine Bodenanlage zur Luftverteidigung des Deutschen Reiches)[14][15].

Vom Bahnhof Lieblos der Lahn-Kinzig-Bahn zweigte früher ein Gleis zu dem 1936 errichteten Fliegerhorst ab, das nach dem Zweiten Weltkrieg für das Industriegebiet in Rothenbergen (StEG – Staatliche Erfassungsgesellschaft, WIBAU u. a.) genutzt wurde[16]; es ist mittlerweile stillgelegt und teilweise überbaut worden.

Am 1. April 1949 nahm die WIBAU (Westdeutsche Industrie- und Straßenbaumaschinen GmbH) mit vier Mitarbeitern ihren Betrieb auf. Chef und Gründer des in den folgenden Jahren größten Industriebetriebes im Kreis Gelnhausen war Dipl.-Ing. K. H. Matthias. Das Unternehmen ist nach Eigentümerwechseln ab 1980 mit der IBH-Holding spektakulär untergegangen.[17]

Gebietsreform

Im Rahmen der Gebietsreform in Hessen kam der Ort durch Gesetz mit Wirkung vom 1. August 1972 zur Gemeinde Gründau.[18]

Einwohnerentwicklung 1600 bis 2009

Einwohner160018401914191919251933193919481949196119702009
Rothenbergen[19][20]2506097707768038011009140514691685[21]1991[21]3826

Religion

Seit dem 17. Dezember 1967 hat der Ort eine eigene evangelische Kirche, ein Klinkerbau mit einem grauen Kirchturm. Er gehört aber nach wie vor zur Kirchengemeinde Auf dem Berg (Bergkirche) im Nachbarort Niedergründau.

In Rothenbergen steht die katholische Christkönigkirche. Baubeginn war im Herbst 1963, die Weihe am 11. Juli 1965 (durch Bischof Adolf Bolte, Fulda); die Kirche (280 Plätze) hat die Form einer Krone und großflächig bunte Glasfenster, ein Jugendheim und die Wohnung für den Geistlichen.

2012 feierte die Methodistengemeinde ihr hundertjähriges Bestehen. 1970 wurde ein neues Kirchengebäude errichtet.

Kulturdenkmäler

Siehe: Liste der Kulturdenkmäler in Gründau-Rothenbergen.

Literatur

Weblinks

Commons: Rothenbergen – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Haushaltsplan der Gemeinde Gründau 2014. S. 4, archiviert vom Original; abgerufen im Oktober 2018.
  2. Gründau - ... die Gemeinde im Grünen. Abgerufen am 11. November 2022.
  3. Georg Rösch: Rothenberger Kinzigbrücke wurde breiter. In: Heimat-Jahrbuch des Kreises Gelnhausen – 150 Jahre Kreis Gelnhausen – Zwischen Vogelsberg und Spessart 1971. Herausgegeben vom Kreisausschuß des Kreises Gelnhausen, Gelnhausen 1970, S. 188 f.
  4. Erwin Rückriegel: Interessantes am Rande des Baus der Straße von Rothenbergen zur Haltestelle Niedermittlau. In: Grindaha – Jahreshefte des Geschichtsvereins Gründau e. V. Heft 10, Gründau 2000, S. 21 f.
  5. Hans Kreutzer: Rothenbergen – Schon in der Jungsteinzeit vor 5.000 Jahren besiedelt. In: Zwischen Vogelsberg und Spessart, Heimat-Jahrbuch 1979, Jahreskalender für Familie und Heim in Stadt und Land zwischen Vogelsberg und Spessart, Herausgegeben vom Main-Kinzig-Kreis, Hauptverwaltungsstelle Gelnhausen, Gelnhausen 1978, S. 36 ff.
  6. Hans Kreutzer und Fritz-Rudolf Hermann und Landesamt für Denkmalpflege Hessen, Abt. für Vor- und Frühgeschichte (Hrsg.) Archäologische Denkmäler in Hessen 21 - Die archäologische Erforschung einer Kleinlandschaft im mittleren Kinzigtal, 10 Jahre systematische Beobachtungen 1971–1981 Führer zu einer Ausstellung in Gelnhausen-Meerholz, Wiesbaden 1981
  7. Maximilian Reutzel (von 1818 bis 1859 Pfarrverweser bzw. Pfarrer auf dem Berg (=Bergkirche Niedergründau)): Statistische Erhebung von Rothenbergen aus dem Jahr 1856 der Gemeinde Rothenbergen, Amts Gelnhausen (bearbeitet von Wilfried Günther). In: Grindaha – Jahreshefte des Geschichtsvereins Gründau e. V. (Heft 14), Gründau 2004, S. 77–111
  8. VR Bank Bad Orb-Gelnhausen eG (Hrsg.): 150 Jahre VR Bank Bad Orb-Gelnhausen eG. Archiv der VR Bank, 2014 S. 20 f.
  9. Wasserkraft – Renertec. Abgerufen am 11. November 2022 (deutsch).
  10. Eckard Sauer: Absturz im Kinzigtal – Die Luftfahrt im hessischen Kinzigtal von 1895 bis 1950, 3. Aufl., Gründau 2013 S. 140 f.
  11. Werner Kalinka: Die Wache am Fliegerhorst Rothenbergen. In: Grindaha, Veröffentlichungen des Geschichtsvereins Gründau e. V., Heft 26, Gründau 2016 ISSN 2194-8631, S. 26–28
  12. Martin Ludwig: Henri Nannens Inhaftierung in der Wache des Fliegerhorstes Rothenbergen. In: Grindaha, Veröffentlichungen des Geschichtsvereins Gründau e. V., Heft 26, Gründau 2016 ISSN 2194-8631, S. 19–25
  13. Eckard Sauer: Absturz im Kinzigtal – Die Luftfahrt im hessischen Kinzigtal von 1895 bis 1950, 3. Aufl., Gründau 2013 S. 87–91
  14. Karte: Bodenorganisation Großraum-Nachtjagd/Luftflotte Reich 33 MB jpg
  15. Funkfeuer Otto bei www.geschichtsspuren.de
  16. Heinrich Goy: Großbaustelle Flugplatz Rothenbergen. In: Zwischen Vogelsberg und Spessart 2016, Gelnhäuser Heimat-Jahrbuch, Jahreskalender für die Menschen in Stadt und Land zwischen Vogelsberg und Spessart, Kreisausschuss des Main-Kinzig-Kreises (Hrsg.), Gelnhausen 2015 S. 123 ISBN 978-3-9808424-7-1
  17. Stephan Boernecke, Michael Grabenströer: Keiner will's gwesen sein – Wibau-Prozess: Ex-Chef versteckt sich hinter Banken, Wirtschaftsprüfern u. Aufsichtsräten. Zeitverlag Bucerius, Heft 14 (29.3.1985), Hamburg 1985, S. 22, ISSN 0044-2070
  18. Gesetz zur Neugliederung der Landkreise Büdingen und Friedberg (GVBl. II 330-19) vom 11. Juli 1972. In: Der Hessische Minister des Innern (Hrsg.): Gesetz- und Verordnungsblatt für das Land Hessen. 1972 Nr. 17, S. 230, § 16 (Online beim Informationssystem des Hessischen Landtags [PDF; 1,2 MB]).
  19. R. Heuchert und Martin Schäfer: Zahlentafel über die Bevölkerung und die wirtschaftlichen Verhältnisse unseres Heimatkreises. In: Heimatbuch des Kreises Gelnhausen, 3. Aufl., Gelnhausen 1950, S. 253
  20. Georg Rösch Übersicht über die Gemeinde-Verwaltung des Kreises Gelnhausen in: Zwischen Vogelsberg und Spessart - 1950 - Heimat-Jahrbuch des Kreises Gelnhausen - Gelnhausen 1949, S. 98.
  21. a b Statistisches Bundesamt (Hrsg.): Historisches Gemeindeverzeichnis für die Bundesrepublik Deutschland. Namens-, Grenz- und Schlüsselnummernänderungen bei Gemeinden, Kreisen und Regierungsbezirken vom 27. 5. 1970 bis 31. 12. 1982. W. Kohlhammer GmbH, Stuttgart und Mainz 1983, ISBN 3-17-003263-1, S. 363.

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