Rote Richtung
Die Rote Richtung (RR) war ein zwischen 1920 und 2013 bestehendes Kartell innerhalb der Deutschen Burschenschaft. Ihre letzten Mitgliedsburschenschaften gründeten 2008 das Kartell Roter Burschenschaften (KRB), welches nicht mehr an die Deutsche Burschenschaft gebunden ist.
Geschichte
Die Rote Richtung wurde am 10. Januar 1920 als Gegenpol zum Weißen Kreis gegründet, nachdem bereits in den Jahren zuvor die Burschenschaften der Roten Richtung in einem losen Zusammenschluss der 1908 entstandenen Weißen Richtung, dem späteren Weißen Kreis, gegenübergestanden hatten. Hervorgegangen ist sie größtenteils aus den alten Freundschaftsverhältnissen zwischen Burschenschaften des ehemaligen Norddeutschen Kartells. Der Gründung voraus ging eine Vorbesprechung am 12. Juli 1919 bei der Gießener Burschenschaft Germania.
Die Rote Richtung bildete eine Arbeitsgemeinschaft gleichgesinnter Burschenschaften. Der Name Rote Richtung wurde aufgrund der überwiegend roten Mützenfarben der Gründungsburschenschaften und zugleich im übertragenen Sinne als Zeichen des arministischen Prinzips gewählt. Dieses besagt unter anderem, dass besonders auf einen tadellosen Lebenswandel und das Erziehungsprinzip einer Burschenschaft Wert gelegt wird. Das Credo „Mehr Sein als Schein!“ ist umgangssprachlich passend. Dies bedeutet im Umkehrschluss nicht, dass kein Wert auf gesellschaftliche Umgangsformen gelegt wird, jedoch sollte „der Schein“ nicht das Hauptaugenmerk in der Erziehung und im Lebenswandel sein.
Auf dem Burschentag 1923 trat die Rote Richtung erstmals einheitlich mit dem angenommenen Antrag hervor, „möglichst monatlich einmal bei einer gemeinsamen Zusammenkunft eine Sammlung zu Gunsten des bedrohten Grenz- und Auslanddeutschtums zu veranstalten“.[1]
Seit 1927 gab die Rote Richtung ein eigenes Nachrichtenblatt heraus. Im selben Jahr wurden PP-Suiten und Chargenforderungen zwischen den Burschenschaften der Roten Richtung untersagt.[2]
Mit der Auflösung der Korporationen im Dritten Reich erlosch auch die Arbeit der Roten Richtung; mit der Auflösung der Deutschen Burschenschaft am 18. Oktober 1935 endete schließlich das Kartellverhältnis insgesamt.
Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde sie am 14. Juni 1951 beim Burschentag in Bingen am Rhein wiederbegründet. Nachdem die Gründung der Burschenschaftlichen Gemeinschaft (BG) auch durch Mitglieder der Roten Richtung erfolgt war, kam es im Sommer 1963 zum Streit darüber, ob eine gleichzeitige Mitgliedschaft in BG und Roten Richtung möglich sein sollte, woraufhin einige Burschenschaften aus der Roten Richtung austraten und das Norddeutsche Kartell wiederbegründeten.[3] Am 1. Juni 1982 löste sich die Rote Richtung auf, nachdem die Anzahl der Mitgliedsbünde immer weiter abgenommen hatte. Eine erneute Wiederbegründung fand am 2. Juni 2001 statt. Nachdem im Frühjahr 2013 alle Burschenschaften der Roten Richtung aus der Deutschen Burschenschaft ausgetreten waren, endete das Kartell in seiner an die Deutsche Burschenschaft gebundenen Form.
Kartell Roter Burschenschaften
Die Mitglieder der Roten Richtung gründeten am 10. Februar 2008 gemeinsam mit der Würzburger Burschenschaft Arminia das Kartell Roter Burschenschaften (KRB), das anders als die Rote Richtung nicht an die Deutsche Burschenschaft gebunden ist und somit auch verbandsfreien Burschenschaften oder Burschenschaften anderer Verbände offensteht.[4]
Mitglieder
Mitgliedsname | Zeitraum der Mitgliedschaft (RR) | Zeitraum der Mitgliedschaft (KRB) |
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Gießener Burschenschaft Germania – (*), (**) |
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Burschenschaft Holzminda Göttingen – (*), (***), (****) |
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Straßburger Burschenschaft Arminia zu Tübingen – (*), (***), (****) |
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Würzburger Burschenschaft Arminia – (*), (**), (****) |
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(*) RR-Gründungsmitglied am 10. Januar 1920
(**) RR-Wiedergründungsmitglied am 14. Juni 1951
(***) RR-Wiedergründungsmitglied am 2. Juni 2001
(****) KRB-Gründungsmitglied am 10. Februar 2008
Ehemalige Mitglieder
Burschenschaft | Zeitraum der Mitgliedschaft (RR) |
---|---|
Arminia Berlin – (*), (**) |
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Primislavia Berlin – (**) |
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Saravia Berlin – (*) |
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Raczeks Breslau – (*) (heute in Bonn) |
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Moravia Brünn[5] |
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Teutonia Czernowitz |
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Arminia Frankfurt – (**) (seit 1950: Frankfurt-Leipziger Arminia) |
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Glückauf Freiberg – (*) |
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Teutonia Freiburg – (*) |
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Frankonia Graz |
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Germania Greifswald – (*) |
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Normannia Heidelberg |
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Brixia Innsbruck |
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Germania Karlsruhe (heute Teutonia) – (*) |
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Germania Köln |
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Teutonia Königsberg – (*), (**) (später: Teutonia-Germania Marburg) |
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Arminia Leipzig – (*), (**) (seit 1950: Frankfurt-Leipziger Arminia) |
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Cruxia Leoben |
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Saravia Mainz |
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Arminia Marburg – (*) |
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Arminia München – (*), (**) (heute: Arminia-Rhenania München) |
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Danubia München – (*), (**) |
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Guelfia München – (*) |
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Frankonia Münster |
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Ghibellinia Prag (heute in Saarbrücken) |
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Redaria Rostock |
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Ulmia Stuttgart |
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Teutonia Wien |
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(*) RR-Gründungsmitglied am 10. Januar 1920
(**) RR-Wiedergründungsmitglied am 14. Juni 1951
Siehe auch
Literatur
- Nachrichtenblatt der Roten Richtung. 1927–???
- Heinz Amberger (Hrsg.): Burschenschafter-Handbuch. Bochum,
- 2. Aufl., 1953, S. 107.
- 3. Aufl., 1955, S. 107–108.
- E. H. Eberhard: Handbuch des studentischen Verbindungswesens. Leipzig, 1924/25, S. 213.
- Peter Frömke: Holzminda in der Roten Richtung. In: Hansheiner Schumacher (Hrsg.): Burschenschaft Holzminda Göttingen. Beiträge zu ihrer Geschichte 1860–1985. Göttingen, 1985, S. 124–132.
- Mitteilungen der Burschenschaft Alemannia zu Göttingen. 15. Jahrgang (März 1922), S. 41.
- Herman Haupt (Hrsg.): Handbuch für den Deutschen Burschenschafter. Frankfurt am Main,
- 3. Aufl., 1925, S. 127–128.
- 4. Aufl., 1927, S. 140–141.
- 5. Aufl., 1929, S. 147–148.
- 6. Aufl. (herausgegeben von Max Droßbach und Hans Hauske), 1932, S. 480.
- Sonja Kuhn: Die Deutsche Burschenschaft. Eine Gruppierung im Spannungsfeld zwischen Traditionsformalismus und Traditionsstiftung. Eine Analyse für den Zeitraum von 1950 bis 1999. Diplomarbeit Bamberg 1999 (gedruckt 2002), S. 104–105, 222.
- H. de Rouet: 150 Jahre Frankfurt-Leipziger Burschenschaft Arminia. Frankfurt, 2010.
Einzelnachweise
- ↑ Harald Lönnecker: „… Das einzige, was von mir bleiben wird“. Die Burschenschaft Ghibellinia zu Prag in Saarbrücken 1880–2000. Burschenschaft Ghibellinia zu Prag in Saarbrücken, Saarbrücken 2009, ISBN 978-3-00-028568-4, S. 256
- ↑ Georg Heer: Die Marburger Burschenschaft Arminia. Neue Beiträge zur Geschichte der deutschen Burschenschaft. Verein alter Arminen, Marburg 1951, S. 138
- ↑ Sonja Kuhn: Die Deutsche Burschenschaft – eine Gruppierung im Spannungsfeld zwischen Traditionsformalismus und Traditionsstiftung – eine Analyse für den Zeitraum 1950 bis 1999. Stuttgart 2002. ISBN 3-00-009710-4. S. 105.
- ↑ 125 Jahre Straßburger Burschenschaft Arminia. Festschrift zum 125jährigen Bestehen. Tübingen 2011, S. 100.
- ↑ 1954: Fusion mit der Burschenschaft Arminia Würzburg
- ↑ Burschenschaft Teutonia-Germania (Hrsg.): Das Ostdeutsche Kartell. Grundsätze und Satzung. Marburg 1964, S. 32.
- ↑ Burschenschaft Teutonia-Germania (Hrsg.): Das Ostdeutsche Kartell. Grundsätze und Satzung. Marburg 1964, S. 28.
- ↑ Max Droßbach und Hans Hauske (Hrsg.): Handbuch für den Deutschen Burschenschafter. 6. Aufl., Berlin 1932, S. 435.
- ↑ Burschenschaft Teutonia-Germania (Hrsg.): Das Ostdeutsche Kartell. Grundsätze und Satzung. Marburg 1964, S. 35.
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