Ronald Plasterk

Ronald Plasterk

Ronald Hans Anton Plasterk (* 12. April 1957 in Den Haag) war vom 5. November 2012 bis zum 26. Oktober 2017 der niederländische Minister für Inneres und Überseegebiete im Kabinett Rutte II. Vom 22. Februar 2007 bis zum 23. Februar 2010 war er der niederländische Minister für Bildung, Kultur und Wissenschaft. Plasterk ist Mitglied der Partij van de Arbeid (PvdA), ist Molekularbiologe, Unternehmer und schrieb verschiedene Zeitungs-Kolumnen.

Leben

Nach seinem Abitur studierte Ronald Plasterk zunächst an der Universität Amsterdam Wirtschaftswissenschaften, wechselte aber nach dem Vordiplom zum Biologiestudium an die Universität Leiden. In dieser Fachrichtung legte er 1981 sein Examen ab und promovierte anschließend in Leiden mit seiner Arbeit „Inversion of the G segment of bacteriophage Mu, analysis of a genetic switch“. Anschließend war er als Post-Doktorand am California Institute of Technology sowie am Labor für Molekularbiologie des britischen MRC in Cambridge, wo er mit dem späteren Nobelpreisträger John E. Sulston am Modellorganismus C. elegans forschte.

Ab 1987 bis zum Jahr 2000 war er am Antoni-van-Leeuwenhoek-Krankenhaus Gruppenleiter des niederländischen Krebsforschungsinstituts. Zugleich war er zunächst ab 1993 bis 1997 Stiftungsprofessor für Molekularbiologie an der Freien Universität Amsterdam und anschließend wurde er zum Professor für Molekulargenetik der Universität Amsterdam berufen. Im Jahr 2000 wurde er zum Direktor des Hubrecht-Laboratoriums am Niederländischen Institut für Entwicklungsbiologie (KNAW) in Utrecht ernannt.

Willem Breuker begleitet mit einem Feuerlöscher einen musikalischen Vortrag von Ronald Plasterk auf dem Parteitag der PvdA 2009

1999 erhielt er den höchsten niederländischen Wissenschaftspreis, den Spinoza-Preis. Er ist Mitglied der European Molecular Biology Organization (EMBO).

Ab dem 11. Oktober 1982 war Ronald Plasterk für zwei Jahre, bis zum 1. September 1984, als Mitglieder der PvdA Stadtrat in Leiden. 1995 begann er mit dem Schreiben von Kolumnen für die Zeitschrift Intermediair und ab 1999 für die Tageszeitung de Volkskrant.

Eine am 30. Oktober 2013 von Plasterk getätigte falsche Aussage im Zuge der NSA-Affäre zum Umfang der Geheimdienstoperationen der niederländischen Geheimdienste führte zu einem Misstrauensvotum, welches er jedoch knapp überstand.[1][2]

Anfang Juli 2016 musste er sich einer Herz-Operation unterziehen.

Seit Januar 2019 ist er Vorstandsvorsitzender (CEO) einer Amsterdamer Firma für Krebstherapien („Frame Therapeutics“), welche er mit zwei weiteren Geschäftspartnern im Dezember 2018 gründete.[3]

Werk

Seine Dissertation befasste sich mit der Rekombination von Bakteriophagen, wobei er ein dabei aktives Enzym entdeckte. Am Caltech entdeckte er, dass ein Bakterium (der Parasit Borrelia hermsii), das durch ständige Änderung seiner Oberflächen-Antigene dem Immunsystem entging, statt wie üblich kreisförmige Plasmide lineare hatte, was eine schnellere Neuanordnung (Rekombination) des Genmaterials ermöglichte.

Als Gruppenleiter am niederländischen Krebsforschungszentrum untersuchte er mit seiner Gruppe systematisch Transposition im Genom von C. elegans, einem der Standard-Modelltiere der Biologie, und erstellte so eine Mutationskarte, die die Funktion der einzelnen Gene aufzeigt (insgesamt hat der Fadenwurm 19.000 Gene).

Er studierte auch die für den Einbau des Genmaterials des Aids-Virus in das Wirtsgenom verantwortlichen Enzyme (HIV-Integrase) und studierte deren Struktur (das Enzym bietet Ansatzpunkte für Medikamente gegen Aids in Form von Integrase-Inhibitoren). Neben der genetischen Analyse der Transposition befasste er sich auch mit der Biochemie der beteiligten Enzyme.

Religion

Plasterk wurde römisch-katholisch sozialisiert und besuchte das Gymnasium der Paters van het Heilig Hart van Jezus in Den Haag, das heutige Sint Jans-College.

Er wurde jedoch später zum überzeugten Atheisten. Er sagt, mit 13 Jahren zu der Überzeugung gelangt zu sein, dass Gott nicht existiert, dass er jedoch nicht nach einem definitiven Atheismus strebe.[4] 1997 verwendete Plasterk in seiner Kolumne in dem Wochenblatt Intermediair erstmals seinen Begriff des "Ietsismus", von ihm kreierter Neologismus aus niederl. "iets" = "etwas". Damit bezeichnete er den von ihm ausgemachten Glauben derer, die weder klar an den Gott einer Offenbarung glauben, noch vom Glauben abschwören, sondern eben seiner Meinung nach an etwas glauben, eine höhere Macht o. ä. Als er seine Wortschöpfung mehrfach im sozial-politischen TV-Programm Buitenhof erwähnte,[5] erlangte der Terminus beim niederländischen Publikum größere Bekanntheit. Zunächst äußerte er sich scharf ablehnend über die von ihm ausgemachte Haltung, sie sei eine armselige und ärgerliche Zeiterscheinung, äußerte sich indes später in einer Kolumne[6] für Buitenhof wesentlich versöhnlicher:

„Der Ietsismus ist ein diffuser Glaube, fast eine Art Atheismus mit einem Hauch von Nostalgie, intellektuell mager, aber viel sympathischer, als die Idee eines bösen Gottes, der dieses Elend duldet.“

Ronald Plasterk

Plasterk ist entschiedener Gegner von Kreationismus und Intelligent Design. 2005 bekundete die damalige Bildungsministerin Maria van der Hoeven öffentlich ihr Interesse an Intelligent Design und verkündete auf ihrem persönlichen Weblog, eine Parlamentsdebatte darüber initiieren zu wollen, ob Intelligent Design nicht an Schulen unterrichtet werden könne. Er fuhr sie darauf hin ungewohnt scharf an[7], in den Curricula öffentlich-rechtlicher Schulen dürften keinerlei Inhalte Raum greifen, die nicht hinreichend wissenschaftlich belegt seien.

Zeitens des Kabinetts Balkenende IV sagte er, keinerlei Probleme damit zu haben, mit christlich orientierten Ministerkollegen zusammenzuarbeiten.[8]

Schriften (Auswahl)

  • R. F. Ketting, S. E. J. Fischer, E. Bernstein, T. Sijen, G. J. Hannon, R. H. A. Plasterk: Dicer functions in RNA interference and in synthesis of small RNA involved in developmental timing in C. elegans. In: Genes & Development. Band 15, 2001, S. 2654–2659.
  • T. Sijen, J. Fleenor, F. Simmer, K. L. Thijssen, S. Parrish, L. Timmons, R. H. A. Plasterk, A. Fire: On the role of RNA amplification in dsRNA-triggered gene silencing. In: Cell. Band 107, 2001, S. 465–476.
  • M. Tijsterman, R. F. Ketting, K. L. Okihara, T. Sijen, R. H. A. Plasterk: Short antisense RNAs can trigger gene silencing in C. elegans, depending on the RNA helicase MUT-14. In: Science. Band 295, 2002, S. 694–697.
  • E. Wienholds, S. Schulte-Merker, B. Walderich, R. H. A. Plasterk: Target-selected inactivation of the zebrafish rag1 gene. In: Science. Band 297, 2002, S. 99–102.
  • E. Wienholds, M. J. Koudijs, F. J. M. Van Eeden, E. Cuppen, R. H. A. Plasterk: The microRNA-producing enzyme Dicer 1 is essential for zebrafish development. In: Nature Genetics. Band 35, 2003, S. 217–218.
  • T. Sijen, R. H. A. Plasterk: Transposon silencing in the Caenorhabditis elegans germ line by natural RNAi. Nature 426: 310–314.
  • E. Berezikov, V. Guryev, J. van de Belt, E. Wienholds, R. H. A. Plasterk, E. Cuppen: Phylogenetic shadowing and computational identification of human microRNA genes. In: Cell. Band 120, 2005, S. 21–24. PMID 15652478
  • V. J. P. Robert, T. Sijen, J. van Wolfswinkel, R. H. A. Plasterk: Chromatin and RNAi factors protect the C. elegans germline against repetitive sequences. In: Genes Dev. Band 19, 2005, S. 782–787.
  • T. Sijen, F. A. Steiner, K. L. Thijssen, R. H. A. Plasterk: Secondary siRNAs result from unprimed RNA synthesis and form a distinct class. In: Science. Band 315, 2007, S. 244–247.

Populärwissenschaftlich:

  • Wormen en waarden, 1993 (Inauguralvorlesung Universität Amsterdam)
  • Techniek van het leven: de betekenis van biotechnologie voor mens en samenleving, ING Medilab, Utrecht 2000
  • Leven uit het lab, Amsterdam: Prometheus 2002 (Sammlung seiner Kolumnen)
  • Wetenschap en politiek, Koninklijke Hollandsche Maatschappij der Wetenschappen, Haarlem, 2010

Weblinks

Commons: Ronald Plasterk – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Regierungsverlautbarungen zum Misstrauensvotum gegen Ronald Plasterk
  2. Electrospaces.net: Dutch government tried to hide the truth about metadata collection, auf Electrospaces.net (Blog) vom 17. Februar 2014 (englisch).
  3. Angaben auf der Firmenwebseite von Frame Therapeutics
  4. «Er is geen verband tussen altruïsme en God». In: De Groene Amsterdammer. 22. Dezember 2001, abgerufen am 26. März 2019 (niederländisch, Interview mit Plasterk).
  5. Ronald Plasterk: ietsisme, Genootschap Onze Taal, 2007-02-14. Archiviert vom Original am 12. August 2007; (niederländisch).
  6. Ronald Plasterk: Column: Kerk en Staat (Memento vom 26. Mai 2006 im Internet Archive), VPRO, 8. Mai 2005, (niederländisch).
  7. Ronald Plasterk / Uitvinder ‘ietsisme’ op Onderwijs, Trouw, 14. Februar 2007, (niederländisch).
  8. Met de Bijbel bruggen slaan naar het CDA, De Pers, 8. Dezember 2008 (niederländisch).

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Ronald Plasterk & Willem Breuker 2009
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Ronald Plasterk, Tweede Kamerlid. Foto: Lex Draijer.