Robert Pearsall Smith

Robert Pearsall Smith (* 1. Februar 1827 in Philadelphia, Pennsylvania; † 17. April 1898 in London) war zeitweilig eine prägende Gestalt der Heiligungsbewegung. Er war verheiratet mit Hannah Whitall Smith (1827–1911), der Autorin von The Christian’s Secret of a Happy Life (Das Geheimnis eines glücklichen Christenlebens), dem einflussreichsten Buch der Heiligungsbewegung, das seit 1870 bis heute über zwei Millionen Mal verkauft wurde.

Leben

Robert Pearsall Smith wurde am 1. Februar 1827 in eine Quäkerfamilie in Philadelphia geboren. Er arbeitete zunächst als Vertreter für die Whitall-Tatum-Glasfabrik in Glasstown (Pennsylvania) und heiratete im Juni 1851 Hannah Whitall, die Tochter des Fabrikbesitzers. Gemeinsam hatten sie sechs Kinder, unter ihnen Alys (1867–1951), die spätere erste Ehefrau des britischen Mathematikers und Philosophen Bertrand Russell, die Kunsthistorikerin Mary (1864–1945), in zweiter Ehe verheiratet mit dem Kunsthistoriker Bernard Berenson, sowie den Schriftsteller Logan Pearsall Smith (1865–1946). 1865 zog die Familie nach Millville (New Jersey), wo Robert Pearsall Smith die Direktion der dortigen Zweigfabrik übernahm.

In dieser Zeit kam es unter den Arbeitern der Fabrik zu einer religiösen Erweckung durch methodistische Heiligungsprediger, was schließlich auch beim Ehepaar Smith im Jahr 1867 zu dem Erlebnis einer Taufe mit dem Heiligen Geist führte. Sie gelangten dadurch zu der Überzeugung einer möglichen „Heiligung durch den Glauben“, d. h. einer tiefgreifenden und dauerhaften Überwindung von sündigen Verhaltensweisen, was sie in dem einflussreichen Buch Holiness through Faith (1870) beschrieben. Die Smiths schlossen sich nun William Edwin Boardman (1810–1886) an, dem Begründer der Heiligungsbewegung und Verfasser des Buches The Higher Christian Life (1858). Als dieser nach England übersiedelte, folgten ihm die Smiths im Jahr 1873, wo sie gemeinsam auf Heiligungskonferenzen als Redner auftraten.

Vom 29. August bis 7. September 1874 organisierten und leiteten sie das „Oxford Union Meeting for the Promotion of Scriptural Holiness“ mit 1500 Teilnehmern. Hieran nahmen auch eine Reihe von späteren Führern der deutschen Gemeinschaftsbewegung teil, wie z. B. Carl Heinrich Rappard, Otto Stockmayer und Theodor Jellinghaus. Diese luden Smith zu einer Vortragsreise durch Deutschland und die Schweiz ein. Im April/Mai 1875 predigte er in überfüllten Kirchen in Berlin, Basel, Zürich, Karlsruhe, Korntal, Stuttgart, Frankfurt, Heidelberg und Barmen.[1] An vielen Orten wurde er dabei von Friedrich Wilhelm Baedeker übersetzt.[2] Mit seiner Predigt in Heidelberg beeinflusste er den Theologen Georg Ziegler maßgeblich für dessen spätere Missionarstätigkeit in China.[3] In Karlsruhe komponierte der Methodist Ernst Gebhardt am 15. April 1875 das berühmteste Lied der Heiligungsbewegung, das den einzigen deutschsprachigen Satz vertonte, den Pearsall Smith Abend für Abend in die Versammlungen rief: „Jesus errettet mich jetzt“. Diese Reise wurde später als „Triumphreise“ bezeichnet. Im Zuge dieser Reise kam auch der junge Konfirmand und spätere Erweckungsprediger und Bibelübersetzer der Miniaturbibel Franz Eugen Schlachter zum Glauben. Auch die Heilsarmeeoffizierin Anna von Wattenwyl berichtet in ihrem Buch Einige Erinnerungen aus meinem Leben von den Auswirkungen der Veranstaltungen von Smith.

Vom 29. Mai bis 7. Juni 1875 fand im englischen Brighton die größte Heiligungskonferenz unter der Leitung von Smith statt. Unter den 8000 Besuchern waren auch 200 aus Deutschland (darunter 50 Pastoren). Die Konferenz war ein großer Erfolg, doch schon kurz danach gab es Gerüchte, dass es bei seelsorgerlichen Gesprächen von Smith mit Frauen zu sexuellen Belästigungen und der Verbreitung von Irrlehren gekommen sei. Die Vorwürfe wurden letztlich nie geklärt, aber den Smiths wurde dadurch jede weitere Wirksamkeit in Europa unmöglich gemacht.

Robert Pearsall Smith kehrte im Herbst 1875 als gebrochener und depressiver Mann wieder nach Germantown bei Philadelphia zurück. In der Folgezeit sagte er sich schließlich ganz vom christlichen Glauben los. Im Jahr 1882 befreundete er sich mit dem Dichter Walt Whitman (1819–1892) und organisierte für ihn am 14. April 1887 einen großen Empfang in New York. Im Jahr 1888 siedelte Robert Pearsall Smith mit seiner Familie nach London über, wo sich seine Tochter Mary inzwischen mit dem irischen Anwalt Frank Costelloe verheiratet und niedergelassen hatte. Robert Pearsall Smith starb in London am 17. April 1898. Bis zum Schluss fand er keinen Bezug mehr zum christlichen Glauben. Seine Impulse aus den Jahren 1874–75 aber wirkten fort und waren mit entscheidend für die Entstehung und Prägung der deutschen Gemeinschaftsbewegung sowie der späteren Oxford-Gruppenbewegung von Frank Buchman.

Literatur

  • Karl-Hermann Kauffmann: Franz Eugen Schlachter, ein Bibelübersetzer im Umfeld der Heiligungsbewegung, Verlag Johannis, Lahr, 2007, ISBN 978-3-501-01568-1
  • Dieter Lange: Eine Bewegung bricht sich Bahn, TVG Brunnen 1990;
  • Karl Heinz Voigt: Smith, Robert Pearsall. In: Biographisch-Bibliographisches Kirchenlexikon (BBKL). Band 10, Bautz, Herzberg 1995, ISBN 3-88309-062-X, Sp. 696–704.
  • Rudolf Dellsperger u. a.: Auf Dein Wort, Bern 1981
  • Karl-Hermann Kauffmann: Franz Eugen Schlachter und die Heiligungsbewegung. (Biographie unter Bezugnahme auf das geistliche Umfeld Schlachters und mit einer kurzen Geschichte der Schlachter-Bibel, ausführliche Fassung mit 100 Abbildungen. Gedenkschrift zum Jubiläum „100 Jahre Schlachter-Bibel“) Eigenverlag Freie Brüdergemeinde, Albstadt 2005 / Brosamen-Verlag, Albstadt 2010, ISBN 978-3-00-046811-7.
  • Paul Fleisch: Die Heiligungsbewegung, TVG Brunnen 2003 (Nachdruck);
  • Karl Heinz Voigt: Die Heiligungsbewegung zwischen methodistischer Kirche und Landeskirchlicher Gemeinschaft. Die „Triumphreise“ von Robert Pearsall Smith im Jahre 1875 und ihre Auswirkungen auf die zwischenkirchlichen Beziehungen. R. Brockhaus Verlag, Wuppertal 1996, ISBN 3-417-29418-5

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Paul Glaue: Smith, Robert Pearsall. In: Die Religion in Geschichte und Gegenwart, Band 5: Roh bis Zypressen. J.C.B. Mohr (Paul Siebeck), Tübingen 1913, Sp. 727.
  2. Hartmut Weyel: Friedrich Wilhelm Baedeker (1823–1906). In: Wolfgang Heinrichs, Michael Schröder, Hartmut Weyel: Zukunft braucht Herkunft. Biografische Porträts aus der Geschichte und Vorgeschichte Freier evangelischer Gemeinden. Bd. 2, Bundes-Verlag, Witten 2010, ISBN 978-3-933660-03-9, S. 15
  3. Wilfried Wolf: Ein großer Sohn unseres Dorfes: Georg Ziegler in 1200 Jahre Eschelbronn, 789–1989, Seite 84