Rigole

Mulden-Rigolen-System in der EXPO-Siedlung am Kronsberg in Hannover

Eine Rigole (von französisch rigole = Rinne) ist ein unter der Erdoberfläche angeordneter Pufferspeicher, der eingeleitetes Regenwasser aufnehmen kann, um es zu versickern. Dazu ist eine Rigole mit Kies oder anderen, kontakterosionssicher abgestuften Materialien ausgefüllt. Eine Rigole kann ebenso aus Fertigteilen, z. B. aus Kunststoff, hergestellt werden. Sie kann ferner mit oberirdisch angelegten Mulden in einem Mulden-Rigolen-System verbunden sein.

Allgemeines

Rigolen dienen der Versickerung von Niederschlagswasser insbesondere bei schlechter durchlässigen Böden. Sie zeichnen sich durch eine gute Rückhaltewirkung und, bedingt durch ihre unterirdische Lage, geringen Flächenbedarf aus. Sie bieten jedoch keine Wartungsmöglichkeit und unterliegen der Möglichkeit einer Verstopfung. Vor der Zuleitung in die Rigole sollte deshalb ein Sandfang (auch Feststoffsammler) eingebaut sein, um ein Ablagern von Schmutz, Steinen, Kies und ähnlichen Materialien in den Rigolenporen zu verhindern. Ein Eintrag würde langfristig zum Auffüllen der Rigole mit wasserundurchlässigem Material führen und diese dann keine ordnungsgemäße Regenwasserversickerung mehr bieten. Unterirdische Rohrrigolen oder Rigolenquader können problemlos unter gepflasterten Wegen und befahrbaren Bereichen verbaut werden. Um dem Eintrag der umliegenden Bodenschichten in die Rigole vorzubeugen, werden Rigolenkörper immer in ein Geotextil bzw. Filtervlies eingeschlagen.

Da bei der unterirdischen Versickerung keine Reinigungsleistung der belebten Bodenzone in Anspruch genommen werden kann, lassen sich Rigolen nur verwenden, um den Niederschlag von gering belasteten Flächen dem Naturhaushalt zuzuführen. Bei einer hohen Verkehrsbelastung, der Verwendung bzw. Lagerung von wassergefährdenden Stoffen und metallischen Dachflächen sind Rigolen im Regelfall nicht geeignet.

Die Gesamteinbautiefe der Rigole liegt üblicherweise bei etwa 1,10 m bis 1,40 m. Bei sehr schlechten Versickerungseigenschaften des Bodens ist evtl. zusätzlich eine gedrosselte Ableitung in die Kanalisation oder in ein Gewässer erforderlich.

Aufbau

Es kann zwischen Rigolen aus Schüttmaterial und Rigolen aus Fertigteilen unterschieden werden. Diese unterscheiden sich in der Art, in der das Speichervolumen für den zu versickernden Abfluss bereitgestellt wird. Bei Rigolen aus Fertigteilen wird der Speicherraum durch vorgefertigte Körper bereitgestellt, z. B. Füllkörper aus Kunststoff. Durch einen hohen Speicherkoeffizienten der Fertigteile, ist bei Rigolen aus Fertigteilen das Bruttovolumen der Rigole nur geringfügig größer als das bereitgestellte Speichervolumen. In der Praxis wird zwischen verschiedenen Formen von Rigolen unterschieden:

  • Rigolen mit Schüttmaterial
  • Kasten- oder Blockrigolen
  • Tunnelrigolen
  • Mulden-Rigolen-Element
  • Baumrigolen

Dimensionierung der Rigole

Die hydraulische Dimensionierung von Rigolen erfolgt auf der Grundlage des DWA-Arbeitsblattes DWA-A 117 „Bemessung von Regenrückhalteräumen“ (2013).[2] Danach erfolgen die Berechnungen entweder nach einem

  • einfachen Bemessungsverfahren mittels statistischer Niederschlagsdaten oder durch
  • Nachweis der Leistungsfähigkeit mittels Niederschlag-Abfluss-Langzeitsimulation.[3]

Im Regelfall wird das einfache Bemessungsverfahren angewendet. Die Dimensionierung einer Rigole erfolgt für ein 5-jährig wiederkehrendes Niederschlagsereignis, also einen Regen, der statistisch gesehen in fünf Jahren nur einmal auftritt.

Detaillierte Hinweise zur Bemessung von Versickerungsanlagen enthält das Arbeitsblatt DWA-A 138 „Planung, Bau und Betrieb von Anlagen zur Versickerung von Niederschlagswasser“ (April 2005). Da die Versickerungsebene bei der Rigolenversickerung tiefer als z. B. bei einer Muldenversickerung liegt, muss der Grundwasserflurabstand entsprechend groß sein.

Rigole mit Schüttmaterial

Als Füllmaterial einer Rigole kann z. B. Kies (16/32 mm) verwendet werden; andere Materialien, wie etwa Lavagranulat, haben sich gleichfalls bewährt. Bei einer Rigole mit Schüttmaterial limitiert ein hohes Porenvolumen des Füllmaterials ebenso wie die Querschnitte der Sickerrohre und die Abmessungen der Rigole, ihr Speichervolumen.[4] Anders als Kastenrigolen sind mit Material verfüllte Rigolen in der Betriebsphase mit leichten Fahrzeugen befahrbar.

Kasten- oder Blockrigole

Die Kasten-Rigolen werden aus Kunststoffboxen mit zahlreichen Längs- und Querverstrebungen und zahlreichen Schlitzen und Löchern erstellt. Optisch erinnern diese Boxen an leere Bierkästen oder zusammenklappbare Einkaufskästen. Diese Kastenbauteile sind relativ klein und lassen sich modulartig so aneinanderfügen und stapeln, dass sich daraus unterschiedlich große Rigolen-Anlagen ergeben können. Nach dem Aushub der Grube ist der Einbau recht einfach. Als Nachteil gilt jedoch, dass sie im späteren Betrieb, da mit einer Erdschicht bedeckt, relativ schwer einsehbar sind. Für spätere Inspektionen sind Systemschächte erforderlich, in die Spezialkameras einfahren.[5]

Tunnelrigole

Sickertunnel, die je nach Höhe auch begehbar sein können, werden aus (allerdings größeren) Modulbausteinen angefertigt; diese sind entweder aus Beton oder aus Kunststoff gefertigt. Die flache und zugleich breitflächige Bauweise ermöglicht meist ein günstiges Verhältnis zwischen Rückhaltevolumen und Sickerfläche. Anders als Kastenrigolen sind in die Landschaft eingebaute Tunnelrigolen in der Regel befahrbar.[5]

Mulden-Rigolen-Element

Wenn wegen geringer Platzverhältnisse im Untergrund oder schlechter Versickerungseigenschaften der Böden eine reine Muldenversickerung nicht ausreicht, können sie auch mit einer oberirdischen Mulde kombiniert werden. Zur Erhöhung der Leistungsfähigkeit kann anstelle von isolierten Mulden-Rigolen-Elementen auch ein Mulden-Rigolen-System zu Anwendung kommen, in dem verschiedene dieser Elemente vernetzt werden.[6]

Baum-Rigole

Es handelt sich bei dieser Versickerungstechnik um eine Kombination aus Baumpflanzung und Rigole. Die Speicherfunktion der Rigole soll dabei den Baum mit Wasser speisen, während dieser sowohl den Prozess der Regenwasserbehandlung durch Verdunstung unterstützt als auch zur Gestaltung und zur Steigerung der Lebensqualität beiträgt.

Diese Entwässerungsanlage setzt sich (im einfachsten Fall) aus einem Baum, einer Versickerungsfläche und einer Rigole zusammen. Der Abfluss der zu entwässernden Fläche kann breitflächig oder punktuell der Baumrigole zugeführt werden. Dort kann das Wasser sich über der Versickerungsfläche einstauen und über die Bodenschichten versickern. Im Gegensatz zum normalen Straßenbaum wird hier eine Rigole als Teil des Wurzelraumes genutzt, das in der Rigole gespeicherte Wasser dient dabei der Bewässerung des Baumes[7].

Zudem wird die für Stadtbäume sonst oft gerade in Trockenzeiten prekäre Wasserversorgung verbessert; zudem wirken der Schattenwurf und die Verdunstungskühle des Baumes der Intensität städtischer Hitzeinseln entgegen. Stadtbäume nehmen weiterhin evtl. vorhandene Nährstoffe wie Nitrat und Phosphat aus dem Wasser auf.[8][9]

Betrieb und Wartung

Oberhalb der Rigole kann Gras eingesät werden. Eine Bepflanzung mit tiefwurzelnden Pflanzen ist hingegen auszuschließen; ein evtl. wilder Aufwuchs von Sträuchern und Bäumen muss regelmäßig entfernt werden, da einwachsende Wurzeln Geotextil und Zuleitungen der Rigole schädigen können sowie das Volumen des Rigolenkörpers verringern.

Die Kontrolle von Rigolen sollte ein bis zweimal jährlich stattfinden. Sie beschränkt sich auf die zugänglichen Anlagenteile wie Zuläufe, Kontroll- und Einlaufschächte sowie Sandfang und evtl. Feststoffsammler. Dabei ist eine Reinigung dieser Anlagenteile durchzuführen. Je nach Anlage von Kontrollschächten können Rigolen auch mit selbstfahrenden Kamerawagen o. ä. optisch inspiziert werden.[10]

Rechtliches

Haus- und Grundeigentümer dürfen auf ihrem Grundstück nicht einfach eine Rigole betreiben. In Deutschland sind derartige Maßnahmen in der Regel genehmigungspflichtig. Die zuständigen Behörden – meist die Untere Wasserbehörde – prüfen vorab die Durchführbarkeit des Vorhabens. In wenigen Bundesländern (z. B. Baden-Württemberg) wird eine vorherige Behandlung des Regenwassers vorgeschrieben.[5] Es ist auch ein ausreichender Abstand zu Gebäuden erforderlich. Wird ein Abstand von sechs Metern unterschritten, ist nachzuweisen, dass in Bezug auf unterkellerte Gebäude der Abstand der Versickerungsanlage von der Außenkante des Fundaments das 1,5-fache der Baugrubentiefe beträgt. Bei nicht unterkellerten Gebäuden wird die Tiefe des Fundamentes anstelle der Baugrubentiefe zur Ermittlung des Abstandes herangezogen. Rigolen dürfen sich nicht über unterirdischen Bauten befinden.[11]

Siehe auch

Literatur

  • Friedhelm Sieker u. a.: Naturnahe Regenwasserbewirtschaftung in Siedlungsgebieten. 3. Auflage. Expert-Verlag, 2003, ISBN 3-8169-2279-1.
  • Hartmut Bader, Leonie Goll, Darla Nickel, Matthias Rehfeld-Klein: Befunde zur Verwendung von Bäumen in Muldensystemen im Rahmen der Regenwasserbewirtschaftung. In: ProBaum. 2018, S. 15–21 (hcu-hamburg.de [PDF]).

Weblinks

Wiktionary: Rigole – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen

Einzelnachweise

  1. Duden Band 1, Auflage 26 von 2013, Seite 899
  2. Regenwasserrückhaltung nach DWA-A 117, bauformeln.de, abgerufen am 2. September 2023.
  3. Barbara Sahler: Rigole für Industrie und Innenstadt, Bauen+, 4/2018, abgerufen am 2. September 2023.
  4. Heiko Sieker, Stephan Bandermann: Rigolen. In: sieker.de. Abgerufen am 22. Juli 2023.
  5. a b c Roland Grimm: Rigolen: Kasten oder Tunnel? In: baustoffwissen.de. Abgerufen am 22. Juli 2023.
  6. Heiko Sieker, Stephan Bandermann: Mulden-Rigolen-Elemente. In: sieker.de. Abgerufen am 22. Juli 2023.
  7. Matthias Pallasch: Baumrigolen. In: sieker.de. Abgerufen am 20. September 2022.
  8. Baum-Rigolen bei sieker.de/fachinformationen
  9. schwammstadt.at (26. August 2022)
  10. Versickerungsverfahren. In: Baufachliche Richtlinien Abwasser. Abgerufen am 27. Juli 2023.
  11. Grundlagenermittlung. In: Baufachliche Richtlinien Abwasser. Abgerufen am 27. Juli 2023.

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Mulden Rigole am Kronsberg in Hannover