Rickert de Monkehagen
Rickert de Monkehagen (auch Rickert de Monikehagen) war eine Glockengießerwerkstatt, die in mehreren Städten in Nordostdeutschland gearbeitet hat, ihren Hauptsitz vermutlich aber in und um Rostock hatte. Sie wirkte von 1376 bis 1464, ihre produktivste Zeit war die erste Hälfte des 15. Jahrhunderts. Zahlreiche Glocken sind noch erhalten.
Geschichte
Der erstmalige Nachweis einer Tätigkeit der Werkstatt des Rickert de Monkehagen stammt aus dem Jahr 1376. Die Werkstatt gilt als die bedeutendste im 14. und 15. Jahrhundert in Mecklenburg und Pommern, was durch die große Zahl der noch erhaltenen Glocken belegt ist.
Das Handwerk des Glockengießens wurde wegen der Schwierigkeit des Transportes von Brenn- und Ausgangsmaterial sowie der fertigen Glocken jeweils vor Ort ausgeführt, was eine Zuordnung der Werkstatt zu einem Ort nicht möglich macht. Die meisten nachgewiesenen Glocken konzentrieren sich im Raum in und um Rostock, was vermuten lässt, dass die Werkstatt wohl hier ihren Hauptsitz hatte.[1] Weiterhin wird eine Bindung an das Kloster Doberan als Auftraggeber vermutet, da viele Glocken Monkehagens in Dörfern anzutreffen sind, die früher zum Kloster gehörten.[2] Vermutlich durch die hohe Qualität der Monkehagen-Glocken dehnte sich das Wirkungsgebiet der Werkstatt weit aus. Aufgefundene Gießerzeichen neben dem der Monkehagen-Werkstatt auf einer Glocke in Anklam und unterschiedliche Stile von Verzierungen lassen darauf schließen, dass die Werkstatt von mehreren Meistern betrieben wurde. Beleg dafür ist auch die lange Wirkungszeit. Die Quellenlage lässt bisher keine detaillierteren Aussagen zur Werkstatt zu.
Im Rostocker Stadtteil Dierkow wurde mit dem Rickertring eine Straße nach Rickert de Monkehagen benannt.
Erhaltene Glocken
Gussjahr/-zeit | Ort, Gebäude | Name | Masse (kg) | Durchmesser (mm) | Schlagton (HT-1/16) | Bemerkung |
---|---|---|---|---|---|---|
14. Jh. (2. H.) | Biestow, Dorfkirche[3] | 1205[4] | 1311 | e1 | ||
1376 | Baumgarten, Dorfkirche | 400 | 885 | h1 | ||
1379 | Rostock, St. Marien[5][6] | Stundenglocke | 3200 | 1769 | h0 | Nach der Schlagglocke der Lambertikirche in Münster das zweitälteste erhaltene Exemplar einer Schlagglocke mit verkürzter Rippe in Deutschland |
1389 | Tarnow, Dorfkirche | 1200 | 1257 | unbekannt | gesprungen | |
14. Jh. (Ende) | Crivitz, Stadtkirche[7] | 900 | 1093 | g1 | ||
1400 (ca.) | Malchin, St. Johannis | 2200 | 1415 | dis1 | ||
15. Jh. (1. H.) | Satow, Kirche | Kleine Glocke | 50 | 390 | cis3 | ungenutzt |
15. Jh. (1. H.) | Burow, Dorfkirche | Kleine Glocke | 132[8] | 618 | e2 | |
1409 | Rostock, St. Marien | Große Glocke | 4226 | 1775 | d1 –1[5] | 1908 gesprungen, Schweißung 1950 misslungen, 2010 restauriert |
1412 | Rethwisch, Dorfkirche | 820[8] | 1080 | gis1 | 1997 renoviert | |
1419 | Kröpelin, Stadtkirche | Große Glocke | 1900 | 1435 | d1 | |
1421 | Dänschenburg, Dorfkirche | 900 | 1090 | g1 | ||
1425 | Güstrow, St. Marien[9] | 700 | 1044 | as1 | ||
1431 | Altentreptow, St. Peter[10] | Große Glocke | 4500 | 1786 | cis1 | |
1440 | Greifswald, Dom St. Nikolai[11] | Bet- und Professorenglocke | 4020 | 1810 | c1 | |
1441 | Unter Brüz, Dorfkirche | Kleine Glocke | 900 | 1093 | g1 | |
1443 | Retschow, Dorfkirche | Kleine Glocke | 157[8] | 585 | gis2 | |
15. Jh. (Mitte) | Cammin, Dorfkirche | 30 | 357 | unbekannt | im Dachreiter, ungenutzt | |
1450 | Rostock, St. Marien | Bleichermädchen | 649 | 987 | h1 –1[5] | 2010 restauriert |
1450 | Anklam, St. Marien | Apostelglocke | 4500 | 1790 | h0 | ursprünglich in der Nikolaikirche (Anklam), seit 1947 in St. Marien; drittgrößte Glocke des Pommerschen Evangelischen Kirchenkreises, größte mittelalterliche Glocke Mecklenburg-Vorpommerns[12] |
1455 | Altentreptow, St. Peter | Apostelglocke | 2500 | 1473 | d1 | |
1463 | Rostock, Universitätskirche[13][14] | 110 | 554 | g2 | ||
1464 | Schweriner Schloss, Eckturm[15] | 130 | 564 | as2 |
Zerstörte Glocken
Zerstörte, verschwundene oder umgegossene Monkehagen-Glocken.
Gussjahr/-zeit | Ort, Gebäude | Name | Verbleib |
---|---|---|---|
1394 | Rostock, St. Nikolai | Große Glocke | 1944 zerstört |
15. Jh. (1. H.) | Röbel, St. Nicolai | Große Glocke | Durchmesser 1360 mm, nicht mehr vorhanden |
1412 | Bützow, Stiftskirche | Große Glocke | 1873 umgegossen |
1421 | Biendorf, Dorfkirche | im Zweiten Weltkrieg eingezogen, verschollen | |
1422 | Lichtenhagen, Dorfkirche | Durchmesser 1160 mm, nicht mehr vorhanden | |
1431 | Altentreptow, St. Peter | Sonntagsglocke | 1958 umgegossen |
1434 | Warnemünde, Kirche | Große Glocke | 1921 für ein neues Geläut in Zahlung gegeben, eingeschmolzen |
1440 | Rostock, St. Marien | Dachreiterglocke | nach 1945 umgegossen |
1462 | Weitendorf, Kapelle | 1940 abgegeben | |
um 1400 ? | Friedhofsglocke von Groß Ridsenow[16] | Oktober 2012. Buntmetalldiebstahl, bislang nicht aufgeklärt. Die 600 kg[17] schwere Glocke wurde als Hehlerware zerkleinert bei einem Altmetallhändler aufgefunden und ist irreparabel. | |
unbekannt | Klaber, Dorfkirche | 1841 umgegossen | |
unbekannt | Buchholz, Dorfkirche | Kleine Glocke | 1914 bei Brand vernichtet |
Siehe auch
Literatur
- Claus Peter: Rickert de Monkehagen. Eine mittelalterliche Glockengießerwerkstatt im Ostseeraum. In: Mecklenburgia sacra. Band 10, 2007, ISSN 1436-7041, S. 9–87.
Einzelnachweise und Anmerkungen
- ↑ Claus Peter: Rickert de Monikehagen. Eine mittelalterliche Glockengießerwerkstatt im Ostseeraum, S. 23.
- ↑ Wolfgang Erdmann: Die Zisterzienser-Abtei Doberan, 1995.
- ↑ www.kirche-biestow.de ( des vom 3. Dezember 2012 im Internet Archive) Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.
- ↑ 2006 von der Firma Lachenmeyer gewogen.
- ↑ a b c Informationen zum Glockenprojekt (Seite nicht mehr abrufbar, festgestellt im Mai 2019. Suche in Webarchiven) Info: Der Link wurde automatisch als defekt markiert. Bitte prüfe den Link gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.
- ↑ www.rettet-st-marien-rostock.de ( des vom 4. März 2016 im Internet Archive) Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.
- ↑ Friedrich Schlie: Kunst- und Geschichtsdenkmäler Mecklenburgs, Band 3, 1899, S. 330.
- ↑ a b c von der Firma Lachenmeyer gewogen.
- ↑ Informationen aus der Chronik (Internetpräsenz der Gemeinde)
- ↑ www.orte-in-mv.de ( des vom 3. Juni 2010 im Internet Archive) Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.
- ↑ www.dom-greifswald.de ( des vom 2. September 2009 im Internet Archive) Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.
- ↑ Die Apostelglocke ( des vom 1. August 2014 im Internet Archive) Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis. , abgerufen am 19. Juli 2014
- ↑ www.jahreskoeste.de ( des vom 24. Mai 2015 im Internet Archive) Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.
- ↑ www.uni-protokolle.de
- ↑ http://www.landtag-mv.de/site/164_167_168/168.html
- ↑ Claus Peter: Die Glocke von Groß Ridsenow.
- ↑ Glockendiebstähle steigen stark an |. 23. Oktober 2012, abgerufen am 4. November 2021 (deutsch).
Weblinks
Auf dieser Seite verwendete Medien
Autor/Urheber: Stullkowski, Lizenz: CC BY-SA 3.0
Rostock, St. Marien: Bürgerglocke, um 1300, Schlagton c1, Ø 1705 mm, 3147 kg und Große Glocke, Rickert de Monkehagen, 1409, Schlagton d1, Ø 1775 mm, 4226 kg. Abgestellt in der Kirche (vor der Sanierung).
Autor/Urheber: Schiwago, Lizenz: CC BY-SA 3.0
Gießerzeichen der Glockengießerwerkstatt von Rickert de Monkehagen
Autor/Urheber: Kresspahl (talk) 17:21, 8 August 2010 (UTC), Lizenz: CC BY-SA 4.0
Tarnow, Dorfkirche: Glocke von Rickert de Monkehagen, Gießerzeichen.