Richard Trunk

Richard Trunk (* 10. Februar 1879 in Tauberbischofsheim; † 2. Juni 1968 in Herrsching am Ammersee) war ein deutscher Komponist.

Leben

Das Geburtshaus Trunks mit einem Hinweisschild am Marktplatz in Tauberbischofsheim

Trunk wurde am 10. Februar 1879 in Tauberbischofsheim geboren. 1894 nahm er sein Studium am Hoch’schen Konservatorium bei Iwan Knorr in Frankfurt auf. Von 1896 bis 1899 studierte er an der Königlichen Akademie der Tonkunst in München bei Joseph Rheinberger und Berthold Kellermann. Anschließend wirkte er in München als Musiklehrer, Korrepetitor und Dirigent zweier Gesangvereine, der Bürgersängerzunft und des Volkschors Union, sowie als Klavierbegleiter von Eugen Gura und von 1906 bis 1909 als Musikreferent der „Münchner Post“ und als Komponist. 1912 ging er als Leiter der Arion Society nach New York, wo er bis zum Ausbruch des Ersten Weltkrieges blieb. Danach wirkte er wieder in München als Komponist und Musikschriftsteller (1916–1922 als Referent der Bayerischen Staatszeitung) sowie ab 1919 nochmals als Dirigent der Bürgersängerzunft und als Begleiter in München.

Ab 1925 war er an der Rheinischen Musikschule in Köln, zunächst als stellvertretender Direktor, ab 1933 als Direktor tätig, nachdem er 1927 dort Professor geworden war. Am 1. November 1931 trat er in die NSDAP ein (Mitgliedsnummer 659.692[1]). Von 1934 bis 1945 war Trunk Präsident der Staatlichen Akademie der Tonkunst München, von 1935 bis 1939 Dirigent des Münchner Lehrergesangvereins.

Seit 1909 war er mit der Sängerin Fanny Echter verheiratet. Nach der Scheidung heiratete er in zweiter Ehe 1925 die Sängerin Maria Delbran. Im Juni 1945 wurde er aus dem Amt des Präsidenten der Akademie entlassen, behielt jedoch nach der Entnazifizierung und Einstufung als Mitläufer IV. Grades seine Pension; zu seinem 85. Geburtstag fand eine Feier in der Hochschule statt. Trunk lebte bis zu seinem Tod im Jahr 1968 zurückgezogen in Riederau am Ammersee.

Werk

Sein Werk umfasst 94 Opera, darunter Chorwerke, Klavierlieder (37 Zyklen mit über 200 Liedern) und Instrumentalmusik. Trunks Musik ist heute, vergleichbar dem Fall Werner Egk, praktisch vollständig aus dem Musikleben verschwunden.

Ehrungen

Richard-Trunk-Musikschule in Tauberbischofsheim

Im Jahr 1939 wurde ihm die Goethe-Medaille für Kunst und Wissenschaft verliehen.

1934 wurde er zum Ehrenbürger der Stadt Tauberbischofsheim ernannt,[2] 1952 von Rieden am Ammersee.[3] Die Richard-Trunk-Musikschule in Tauberbischofsheim trägt bis heute seinen Namen, ebenso eine Straße.

Verhältnis zum Nationalsozialismus und Stand der Aufarbeitung

Mit seinem frühen Eintritt in die NSDAP („Alter Kämpfer“) bekannte sich Trunk offen und vorbehaltlos zu den ideologischen Zielen des Nationalsozialismus. Bereits im April 1932 unterschrieb er folgenden, in der nationalsozialistischen Zeitung Westdeutscher Beobachter veröffentlichten Aufruf für Adolf Hitler, der in dem von ihm geleiteten Kölner Männergesangverein zu einem Affront führte: „Ich glaube an Adolf Hitler und an seine Sendung! Ich glaube an ihn, den überragenden, willensstarken Führer, der diese gewaltige nationale Bewegung geschaffen und dadurch Millionen von deutschen Volksgenossen wieder einen neuen Lebensinhalt gegeben hat. Ich glaube an ihn, den einzigartigen Menschen, als Inbegriff wahrer Herzensgüte, echter Gesinnungstreue und seltener Charaktergröße. Ich glaube an Adolf Hitler! Er ist vom Schicksal berufen, Deutschland wieder einig, frei und glücklich zu machen.“[4]

Anlässlich von Trunks Berufung zum Präsidenten der Münchner Akademie der Tonkunst würdigte ihn Hermann Unger im Völkischen Beobachter vom 9. Juli 1934 als „kulturpolitische[n] Redner“, der „seine jugendlichen Zuhörer kraft seines eigenen, jung gebliebenen Temperaments wie seiner, auch die andern mitreißenden Begeisterung für die Aufgaben und Ziele unserer Bewegung aufzurütteln verstand und auch als Schulungsredner (...) Männer aus der Führerschaft der Partei zu gewinnen wusste.“[5] In einem am selben Tag erschienenen, namentlich nicht gezeichneten Artikel zu seiner Ernennung in den Münchner Neuesten Nachrichten heißt es abschließend: „Wie Richard Trunk durch sein mannhaftes Bekenntnis zu Adolf Hitler mitten in der Zeit des politischen Kampfes in Köln, der Hochburg des Zentrums, Aufsehen erregte, so hat er immer wieder durch kulturpolitisch bedeutsame Ansprachen Lehrer und Studierende der Rheinischen Musik- wie der Staatlichen Hochschule zu entflammen gewußt, und es war nur selbstverständlich, daß man ihn sogleich bei der Begründung der Reichsmusikkammer in den Beirat der Fachschaft für Chorwesen und Volksmusik berief, ebenso wie er als Vorsitzender des Preisrichterkollegiums bei dem jüngst abgehaltenen Ausschreibung der Gebietsführung West der Hitler-Jugend für volksverbundene Lieder und Marschmusik fungierte. So ist Richard Trunk dazu berufen, kraft seiner überragenden menschlichen und künstlerischen Persönlichkeit, seiner organisatorischen und musikalischen Führereigenschaften im Dritten Reich an hervorragendster Stelle zu stehen und mitzuhelfen an dem großen Werke der kulturellen Volkseinigung, das die nächsten Jahre und Jahrzehnte auszufüllen haben wird.“[6]

Die zweite, nach dem Röhm-Putsch veränderte Auflage des Deutschen Führerlexikons von 1934/35, in dem „Biographien der mit den führerischen Aufgaben auf allen Gebieten des öffentlichen Lebens in Deutschland beauftragten Männer“ (S. 11) verzeichnet sind, enthält trotz Trunks früheren Kontakten zu Ernst Röhm einen Eintrag über ihn mit dem ausdrücklichen Hinweis auf seine „arische Abstammung“[7]. In den Jahren ab 1932 bzw. nach der sog. Machtergreifung vertonte Trunk eine Reihe von Texten nationalsozialistischer Autoren für Männerchor-Besetzung, so das Hitler gewidmete und vielfach – darunter auch von Herbert von Karajan 1935 in Aachen – aufgeführte op. 65 Feier der neuen Front nach Baldur von Schirach (mit den Teilen 1. „Hitler“; 2. „Des Führers Wächter“; 3. „O, Land“; 4. „Horst Wessel“), op. 66 Lieder der Arbeit, op. 67 Morgenrot, Deutschland, op. 69 Drei Männerchöre und op. 73 Deutsche Gesänge.[8]

In seinem nach der Amtsenthebung verfassten Rechtfertigungsschreiben an das Bayerische Innenministerium führte Trunk dazu aus: „Politisch hatte ich mich nie betätigt und hatte auch niemals einer Partei angehört. Was mich später veranlasste, der NSDAP als Mitglied beizutreten, war lediglich der Umstand, daß Hitler immer wieder und mit überzeugender Begeisterung für die deutsche Kunst und Musik in einem bisher unbekannten Maße einzutreten versprach, wodurch er ja auch gerade die Künstler besonders zu kaptivieren wusste.“[9]

Die zu Lebzeiten Trunks erschienenen Biographien und Artikel unterschlugen die Existenz dieser Werke wie auch seine nationalsozialistische Vergangenheit konsequent. Die 1987 erschienene posthume Würdigung von Horst Ferdinand (siehe Literatur) nennt zwar das op. 65, relativiert aber die gesamte Thematik unter Bezug auf die apologetischen, teils noch in den 1930er Jahren erschienenen Publikationen von Wilhelm Zentner und Alfons Ott stark.[10] Der Tauberbischofsheimer Gemeinderat lehnte 1986 die Forderung, Trunk die Ehrenbürgerschaft zu entziehen, unter Verweis auf den Spruchkammerbescheid ab.[11] Eine Neubewertung von Trunks Verhältnis zum Nationalsozialismus steht in der Stadt trotz verschiedener einschlägiger Veröffentlichungen und Dokumentationen (s. Literatur: Klee 2007, Schmitt 2005, Prieberg 2004) bislang aus.

Literatur

  • Fred Prieberg: „Trunk, Richard“, in: Ders., Handbuch deutsche Musiker 1933-1945. Selbstverlag, Auprés de Zombry, 2004, S. 7259–7268 (abrufbar unter Prieberg-Handbuch)
  • Richard Trunk, Internationales Biographisches Archiv 32/1968 vom 29. Juli 1968, im Munzinger-Archiv (Artikelanfang frei abrufbar)
  • Stephan Schmitt: „Die Staatliche Hochschule für Musik – Akademie der Tonkunst in der Zeit des Nationalsozialismus“, in: Ders. (Hrsg.): Geschichte der Hochschule für Musik und Theater München von den Anfängen bis 1945, Schneider, Tutzing 2005, S. 333–345.
  • Ernst Klee: „Richard Trunk“. In: Ders.: Das Kulturlexikon zum Dritten Reich. Wer war was vor und nach 1945. S. Fischer, Frankfurt am Main 2007, ISBN 978-3-10-039326-5.
  • Horst Ferdinand: „Trunk, Richard“, in: Bernd Ottnand (Hrsg.): Badische Biographien. Neue Folge. 2. Band, Kohlhammer, Stuttgart 1987, ISBN 3-17-009217-0, S. 285–287 (E-Text)

Weblinks

Commons: Richard Trunk – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Fred Prieberg: Trunk, Richard, in: Handbuch deutsche Musiker 1933–1945. Selbstverlag, Auprés de Zombry, 2004, S. 7259-
  2. Ehrenbürger der Kreisstadt Tauberbischofsheim (Memento des Originals vom 24. September 2015 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.tauberbischofsheim.de auf www.tauberbischofsheim.de
  3. https://www.riederau.net/index.php/menschen
  4. zit. n. Stephan Schmitt: "Die Staatliche Hochschule für Musik – Akademie der Tonkunst in der Zeit des Nationalsozialismus", in: Ders. (Hrsg.): Geschichte der Hochschule für Musik und Theater München von den Anfängen bis 1945, Schneider, Tutzing 2005, S. 335
  5. zit. n. dem originalen Zeitungsausschnitt in der Personalakte Trunk, Aktenbestand "MK 44748" des Bayerischen Hauptstaatsarchivs [1]
  6. zit. n. dem originalen Zeitungsausschnitt in der Personalakte Trunk, Aktenbestand "MK 44748" des Bayerischen Hauptstaatsarchivs [2]
  7. vgl. https://archive.org/details/DasDeutscheFhrerlexikon19341935OCR, S. 79–80
  8. zit. n. Schmit 2005, S. 337
  9. zit. n. Schmitt, ebd., S. 342
  10. vgl. Schmitt, ebd., S. 341
  11. http://www.traumaland.de/downloads/nationalsozialismus.pdf

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