Richard Schmitt

Richard Schmitt beim ersten internationalen Journalistenkongress in Bregenz 2022

Richard Schmitt (* 13. August 1968[1] in Linz[2]) ist ein österreichischer Boulevardjournalist und Chefredakteur des Online-Boulevardmediums eXXpress.

Leben

Sein gleichnamiger Vater Richard Schmitt war Vizechefredakteur der oberösterreichischen Regionalausgabe der einflussreichsten österreichischen Boulevardzeitung Kronen Zeitung.[3] Für diese begann Richard Schmitt gegen den Willen seines Vaters in der Chronikabteilung zu arbeiten und blieb bis zum Jahr 2001.[3] Dann machte ihn der Herausgeber der Kronen-Zeitung Hans Dichand zum Junior-Chefredakteur des neugegründeten Gratisboulevardblattes U-Express. Beim Nachfolgeblatt Heute nahm er die gleiche Rolle ein, bis er sich 2011 mit der Herausgeberin Eva Dichand (der Schwiegertochter Hans Dichands) überwarf und fortan als Berater zur Kronen Zeitung zurückkehrte, wo er die Internetpräsenz krone.at leitete und innerhalb weniger Jahre zur reichweitenstärksten Nachrichtenplattform Österreichs ausbaute.[3] Eine zentrale Arbeitsweise stand dabei im Überspitzen von Meldungen für die Onlinepräsentation, die so nie in der Druckausgabe erschienen wären.[4] Als Teil des Erfolgskonzepts nannte Schmitt die inoffizielle Zusammenarbeit mit dem Parteiführer der rechtspopulistischen FPÖ Heinz-Christian Strache: Wenn dieser einen Artikel in einem Facebook-Posting erwähnte, führte das zu steigenden Zugriffszahlen bei krone.at. Im Gegenzug für das Verbreiten des Artikels bekam auch Strache mehr Erwähnungen auf krone.at.[5] Im Sommer 2017 wurde Strache auf Ibiza heimlich dabei gefilmt, wie er einem Lockvogel unter anderem erzählte, was er nach der Übernahme der Kronen Zeitung zu tun gedenke. Dabei beschimpfte er alle österreichischen Journalisten mit expliziter Ausnahme Schmitts. Zwei Jahre später war Strache Vizekanzler der Bundesregierung Kurz I und musste nach Bekanntwerden der Filmaufnahme („Ibiza-Affäre“) zurücktreten. Auch Schmitt, dessen tendenziöser Stil in Artikeln und Kolumnen und persönlichen Kampagnen mehrfach kritisiert worden war, musste seine Position aufgeben, da die Krone versuchte, seriöser aufzutreten.[6][4] Er wechselte in Folge zum direkten Boulevardkonkurrenten Oe24 von Wolfgang Fellner. Hier blieb er bis Ende 2020.[7] Im Jahr 2020 veröffentlichte Handynachrichten zeigten, dass Schmitt und Strache vorhatten, ein gemeinsames eigenes Medium aufzubauen. Dieses Vorhaben wurde allerdings nie in die Tat umgesetzt.[8][9] Seit März 2021 gibt er gemeinsam mit Eva Schütz das Onlinemedium EXXpress heraus.[10][11] Am 15. März 2021 startete es mit der Veröffentlichung des Tonbandes der Ibiza-Affäre in gesamter Länge.[12] Laut Frankfurter Allgemeine Zeitung habe eXXpress hier „eine vermeintliche Sensation“ präsentiert, da die von Schmitt publizierten Inhalte keinen Neuigkeitswert hätten.[13] Schmitt spricht im Rahmen der Veröffentlichung des gesamten Tonbandes von entlastendem Material zugunsten von Strache.[14]

Kritik

Schmitts journalistischer Arbeit wurde „journalistische Gratwanderung“[11] vorgeworfen, etwa wegen negativer Berichterstattung über die SPÖ-Politikerin Renate Brauner,[3] den Politiker der Grünen Christoph Chorherr[3] oder die Intimsphäre verletzenden Veröffentlichungen über das Entführungsopfer Natascha Kampusch.[3] Bereits 2019 hat der damalige oe24-Chefredakteur Schmitt die journalistische Sorgfaltspflicht missachtet. Laut dem Straflandesgericht Wien wurden nach erster Veröffentlichung des Ibiza-Videos im Mai 2019 in Artikeln Schmitts gewisse Behauptungen „herbeigeredet“; die Veröffentlichungen wären außerdem „tendenziös“ gewesen. In einem weiteren Vorwurf hat er rechtskräftig einen Artikel „reißerisch dargestellt“ und Verbindungen hergestellt, die „reißerisch wahrheitswidrig“ sind.[15]

Verlorene Ehrenbeleidigungsklage

Helge Fahrnberger, der Gründer des Medien-Watch-Blogs Kobuk.at, auf dem Faktenchecks zu Artikeln in österreichischen Boulevardmedien erscheinen, schrieb auf Twitter über Schmitt:

„Wenn Richard Schmitt was schreibt, ist die Wahrscheinlichkeit, dass es nicht stimmt, recht hoch. Wenn's um Verkehr geht, steigt sie gegen 100 %“

Helge Fahrnberger: Twitter, 9. Juli 2018[16][17]

Diese Aussage wurde von Schmitt geklagt. Fahrnberger (rechtsvertreten von Maria Windhager) trat den Wahrheitsbeweis an, indem er 18 Artikel Schmitts auf ihr Tatsachensubstrat untersuchte und diese auch auf Kobuk veröffentlichte.[18] Das Gericht urteilte im August 2020 zugunsten Fahrnbergers:[17][19] Dessen Tweet sei „Kritik an der tendenziösen Art der Publikationen des Klägers – die sich auch aus dem festgestellten Sachverhalt ohne Weiteres ableiten lässt – und damit als Werturteil zu sehen, das sich einer zulässigen stilistischen Übertreibung bedient“.[20] Das wurde in zweiter Instanz vom Oberlandesgericht Wien bestätigt.[21] Die von Fahrnberger für den Prozess gesammelten Spenden wurden in Folge an Reporter ohne Grenzen überwiesen.[20]

Verurteilung wegen übler Nachrede und Kreditschädigung

Mitte September 2021 wurde er vom OLG Wien für seine Berichterstattung über einen Anwalt verurteilt, durch die Schmitt in mehreren Artikeln eine von ihm nicht belegte Nähe des Ibiza-Videos zur Sozialdemokratischen Partei Österreichs herstellen wollte.[22]

Verurteilung von Oe24 wegen Artikeln von Schmitt

Im Oktober 2021 wurde Oe24 in erster Instanz für 16 Artikel von Schmitt über die Moderatorin Katia Wagner verurteilt, in der dieser eine Nähe zur Produktion des Ibiza-Videos unterstellt wurde. Dies geschah, nachdem es Schmitt nicht gelungen war, Wagner als Moderatorin anzuwerben. Das Gericht urteilte: „Die Veröffentlichungen sind tendenziös“, der Verdacht sei „mutwillig herbeigeredet“, die Behauptungen „konstruiert“. Zudem hätte „mangelnde Recherche“ stattgefunden und/oder läge „böswillige Absicht“ vor. Als Strafe muss der Konzern Österreich 43.500 Euro und die Anwaltskosten bezahlen.[23]

Vorwurf des Sexismus

Die im Jänner 2022 wegen eines Tweets entlassene stellvertretende Chefredakteurin Anna Dobler von Exxpress reichte im Februar 2022 Klage gegen ihre Entlassung ein. Der Tweet, in dem sie Sozialismus und Nationalsozialismus in Verbindung setzte, sei nur der Vorwand. In Wirklichkeit habe sie sich mehrfach über die unethischen Arbeitsweisen in der Redaktion beschwert. Auch würde Schmitt nur die weiblichen Mitarbeiter anschreien und würden Frauen schlechter bezahlt werden.[24]

Widerruf eines Berichts über die Ibiza-Affäre

Anlässlich der Veröffentlichung des Ibiza-Videos (siehe oben) 2017 veröffentlichte Schmitt auf Oe24 einen Artikel, in dem die Behauptung aufgestellt war, die Aufdecker-Journalisten hätten für das Video bezahlt und damit für eine Straftat Geld ausgegeben. Schmitt ließ einen Tweet über den inkriminierten Artikel auch auf Twitter stehen, nachdem dagegen eine einstweilige Verfügung erwirkt worden war, und bekam eine Geldstrafe. Für den Artikel wurden Schmitt und Oe24 wettbewerbsrechtlich wegen Herabsetzung geklagt. Nachdem die geklagten Parteien Ende April 2022 bekanntgegeben hatten, dass sie den in der Klage geforderten Widerruf vollinhaltlich übernehmen, war entsprechend dem österreichischen Strafrecht das Verfahren vorzeitig mit einer Diversion zu beendigen.[25]

Antisemitische Karikatur im „Exxpress“

Im November 2022 veröffentlichte das Onlinemedium „Exxpress“, dessen Chefredakteur Richard Schmitt ist und das als ÖVP-nah gilt[26], eine als antisemitisch eingestufte Karikatur. Nach heftiger öffentlicher Kritik wurde die Karikatur gelöscht, nachdem Schmitt diese zunächst noch verteidigt hatte. Die Israelitische Kultusgemeinde kommentierte die Causa folgendermaßen: „Es ist nicht hinnehmbar, dass ein österreichisches Medium, das zudem öffentliche Förderungen erhält, solche Karikaturen verbreitet.“ Auch das Dokumentationsarchiv des Österreichischen Widerstands und der Presserat äußerten sich kritisch zu dieser Karikatur und ihrer Veröffentlichung im „Exxpress“.[27]

Werke

  • (mit Peter Strasser): Rot-weiß-rote Schicksalstage. Entscheidungsschlachten um Österreich. NP-Buchverlag, St. Pölten, Wien, Linz, 2004

Literatur

  • Markus Huber: Richard Schmitt „Unsere Politiker sind viel zu weit weg von der Bevölkerung.“ (Interview) In: Fleisch, Sommer 2016, online.
  • Helge Fahrnberger: Die Akte Richard Schmitt. (Dokumentation von 18 Artikeln Schmitts samt Kommentaren des Richters). Kobuk, online
  • Lukas Matzinger: About Schmitt. In: Falter, Nr. 50, 10. Dezember 2019, online (Paywall)

Links

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Einzelnachweise

  1. Schmitt, Richard - dieMedien.at. Abgerufen am 15. Juni 2021.
  2. Richard Schmitt. Abgerufen am 15. Juni 2021.
  3. a b c d e f Lukas Matzinger: About Schmitt. In: Der Falter. 10. Dezember 2019, abgerufen am 15. Juni 2021.
  4. a b Florian Klenk: „Ein Sumpf aus systemischer Korruption“. In: Falter. 16. Juni 2021, abgerufen am 16. Juni 2021.
  5. Markus Huber: Richard Schmitt: "Unsere Politiker sind viel zu weit weg von der Bevölkerung". In: Fleisch. 2016, abgerufen am 15. Juni 2021.
  6. Oliver Das Gupta: Krone: Richard Schmitt - Straches Bester muss gehen. Abgerufen am 15. Juni 2021.
  7. Medien-Personalia - Richard Schmitt verlässt "oe24.at". In: Wiener Zeitung Online. Abgerufen am 15. Juni 2021.
  8. Zwischen Boulevard und Propaganda. In: oe1.orf.at. Abgerufen am 16. April 2021.
  9. Strache plante neues Medium mit Ex-Krone.at-Chef Richard Schmitt. Der Standard, abgerufen am 16. April 2021 (österreichisches Deutsch).
  10. „Gehobener Boulevard“ in Richard Schmitts „Exxpress“. Abgerufen am 15. Juni 2021 (österreichisches Deutsch).
  11. a b Eva Schütz und Richard Schmitt: „Nicht um jeden Preis – Qualität hat Vorrang“. In: exxpress.at. Abgerufen am 15. Juni 2021.
  12. Ibiza-Video: Was HC Strache tatsächlich gesagt hat – Teil 1. In: exxpress.at. Abgerufen am 15. April 2021 (österreichisches Deutsch).
  13. Stephan Löwenstein: Nach dem Politskandal: Nackte Tatsachen im Ibiza-Video. In: FAZ.net. 7. April 2021, abgerufen am 15. April 2021.
  14. eXXpress veröffentlicht alle bisher geheimen Szenen des Ibiza-Videos. Abgerufen am 15. April 2021.
  15. Richard Schmitts Ibiza-Berichte erweckten bei Gericht "Eindruck einer Kampagnisierung für Strache". Abgerufen am 16. April 2021 (österreichisches Deutsch).
  16. twitter.com twitter.com
  17. a b Die Unwahrheiten des Richard Schmitt. Abgerufen am 15. Juni 2021.
  18. Die Akte Richard Schmitt • Kobuk! In: Kobuk! 1. September 2020, abgerufen am 15. Juni 2021 (deutsch).
  19. „Kobuk“-Gründer Fahrnberger gewinnt gegen Richard Schmitt. Abgerufen am 15. Juni 2021 (österreichisches Deutsch).
  20. a b Rechtshilfe-Spenden an Fahrnberger für Schmitt-Klage an Reporter ohne Grenzen. Abgerufen am 16. Juni 2021 (österreichisches Deutsch).
  21. OLG bestätigt: Fahrnbergers Kritik an Schmitts Berichterstattung zulässig. Abgerufen am 15. Juni 2021 (österreichisches Deutsch).
  22. „Exxpress“-Chef Richard Schmitt wegen Ibiza-Berichten strafrechtlich verurteilt. Abgerufen am 8. Oktober 2021 (österreichisches Deutsch).
  23. Ibiza-Video: Mediengruppe Österreich muss Katia Wagner 43.500 Euro zahlen. Abgerufen am 18. Oktober 2021 (österreichisches Deutsch).
  24. Ex-Redakteurin Dobler erhebt schwere Vorwürfe gegen "Exxpress". Abgerufen am 15. Februar 2022 (österreichisches Deutsch).
  25. "Oe24.at" und Richard Schmitt bereit, Aussagen über Ibiza-Aufdecker von "Spiegel" und "SZ" zu widerrufen. Abgerufen am 1. Mai 2022 (österreichisches Deutsch).
  26. ORF at/Agenturen red: ÖVP-Affäre: Staatsanwältekritik an exxpress. 2. November 2021, abgerufen am 19. November 2022.
  27. „Juden mit Hakennasen und als Ratten“: Kritik an „antisemitischer“ „Exxpress“-Karikatur. Abgerufen am 19. November 2022 (österreichisches Deutsch).

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Richard Schmitt (Journalist bei eXXpress) beim ersten internationalen Journalistenkongress in Bregenz, Vorarlberg, Österreich.