Richard Paulick (Architekt)

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Richard Paulick, 1956

Richard Paulick (* 7. November 1903 in Roßlau (Elbe); † 4. März 1979 in Ost-Berlin) war ein deutscher Architekt. Als einer der führenden Architekten der DDR war er für den Neuaufbau der Karl-Marx-Allee und den Wiederaufbau der Deutschen Staatsoper in Berlin verantwortlich.

Leben

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Paulick am Modell der Karl-Marx-Allee, 1952
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Paulick am Modell der Deutschen Staatsoper, 1955

Richard Paulick wurde als Sohn des Porzellandrehers und SPD-Funktionärs Richard Paulick in der Südstraße 15 in Roßlau geboren. Nach dem Studium in Dresden und Berlin hatte er Kontakt zum Bauhaus Dessau gefunden. Hier arbeitete er mit Georg Muche zusammen, mit dem er gemeinsam das 1926/27 errichtete Stahlhaus in Törten entwarf. Von 1927 bis 1928 war Paulick Assistent im Privatbüro von Walter Gropius am Bauhaus in Dessau. Nachdem Gropius Dessau verlassen musste, schloss Paulick die laufenden Projekte als Büroleiter in Dessau ab und folgte ihm im Juni 1929 nach Berlin. Ab Sommer 1930 eröffnete er zusammen mit Hermann Zweigenthal ein Architekturbüro in Berlin.[1] Er war dort Mitglied der von Zweigenthal initiierten Gruppe Junger Architekten (G.J.A.).[2] Als politisch aktiver Mensch, er war zeitweise SAP-Funktionär, musste er 1933 emigrieren, was ihm mit Hilfe seines Freundes Rudolf Hamburger gelang. Paulick lebte bis 1949 in Shanghai und arbeitete dort als Planer. 1940 wurde er zum Professor an der Saint John’s University Shanghai berufen und war später Leiter des dortigen Stadtplanungsamtes. Nach der Errichtung der Volksrepublik China verließ Paulick 1949 Shanghai.

Nach seiner Rückkehr aus China ließ sich Paulick im Osten Deutschlands nieder. In den 1950er Jahren beteiligte er sich am Architekturwettbewerb zur Stalinallee. Im Abschnitt C, in der zweiten Reihe hinter der repräsentativen Architektur des Boulevards, errichtete er einfache Laubenganghäuser. Als Abteilungsleiter im Institut für Bauwesen in Berlin war er verantwortlich für die Organisation der Großbaustelle; ferner entwarf er die das Bild der Anlage prägenden zwei- und vierarmigen Straßenleuchten, die sog. Paulick-Kandelaber, die den Kandelabern von Albert Speer für die Ost-West-Achse aus dem Jahr 1936 ähneln.[3] Zur privaten Nutzung richtete er sich auf Block C ein Penthouse ein, dessen Ausstattung zwischenzeitlich unter Denkmalschutz gestellt wurde.[4] In den Jahren 1952–1953 legte er Pläne für einen originalgetreuen Wiederaufbau der Schinkelschen Bauakademie in Berlin-Mitte vor.[5]

Wie auch Kurt Liebknecht schlug Paulick 1951 für das Areal des späteren Marx-Engels-Forums in Berlin ein Regierungshochhaus vor, dessen Vorplatz 30.000 Quadratmeter umfassen sollte. Hierzu war auch der Abriss des Hohenzollernschlosses vorgesehen. Der Entwurf hatte bis zu Erich Honeckers Amtsantritt 1971 Bestand, wurde dann aber zugunsten des Republikpalastes fallengelassen.[6]

Paulick arbeitete später maßgeblich am Wiederaufbau des historischen Berlins mit und war auch am Wiederaufbau Dresdens beteiligt. Er leitete das Muster- und Experimental-Büro an der Deutschen Bauakademie in Berlin und führte den Titel eines Professors. Ab 1957 zunächst als Nachfolger von Ferdinand Rupp Chefarchitekt und Leiter des Aufbaubüros von Hoyerswerda, wurde er 1962 Chefarchitekt von Schwedt/Oder und leitete ab dem Folgejahr die Planung der Chemiearbeiterstadt Halle-Neustadt. Er wirkte maßgeblich an der Entwicklung der Plattenbauweise in der DDR mit.[7] 1964 wurde er von Walter Womacka porträtiert.[8] Paulick starb 1979; er ist auf dem Zentralfriedhof Friedrichsfelde (Feld S 1) bestattet, sein Grab ist ein Ehrengrab der Stadt Berlin.

Paulick war in erster Ehe mit der späteren Schauspiellehrerin Else Bongers verheiratet. 1941 heiratete er in Shanghai ein zweites Mal: Thea Hess (geb. Danziger). Schließlich ging er 1961 in Berlin eine dritte Ehe mit der Innenarchitektin Gemma Geim ein. Seine Enkelin ist die Schauspielerin Natascha Paulick.

Werke (Auswahl)

Zuschauersaal der Deutschen Staatsoper, 2021
  • 1925–1926: Stahlhaus in Dessau (mit Georg Muche)
  • 1929–1930: Kant-Garagen in Berlin (mit Hermann Zweigenthal)
  • 1930–1931: Wohnsiedlung an der Heidestraße in Dessau
  • 1951: Deutsche Sporthalle an der Karl-Marx-Allee in Berlin (1971 abgerissen)
  • 1950–1955: Wiederaufbau der Deutschen Staatsoper in Berlin, Unter den Linden
  • 1951: Entwurf für ein Regierungshochhaus in Berlin (nicht ausgeführt)
  • 1952: Pionierrepublik am Werbellinsee
  • 1952–1953: Entwurf für den Wiederaufbau der Schinkelschen Bauakademie, Berlin-Mitte
  • 1952–1953: Wohnblock C-Nord und C-Süd an der Karl-Marx-Allee in Berlin-Friedrichshain
  • 1952–1955: Intendanzgebäude der Deutschen Staatsoper in Berlin, Französische Straße
  • 1954–1955: Wohnzeile an der Hildegard-Jadamowitz-Straße in Berlin-Friedrichshain
  • 1954–1956: Entwurf der Hochschule für Verkehrswesen in Dresden
  • 1963: Chefarchitekt von Halle-Neustadt
  • 1962–1964: Wiederaufbau des Prinzessinnenpalais in Berlin, Unter den Linden 5
  • 1968–1970: Wiederaufbau des Kronprinzenpalais in Berlin, Unter den Linden 3

Auszeichnungen

Rezeption

Paulick-Kandelaber

Der Wiederaufbau der Berliner Staatsoper brachte Paulick den Spitznamen „roter Knobelsdorff“ ein.[9]

Im November 2003 fand in seiner Geburtsstadt ein Kolloquium der Stadt Roßlau und der Stiftung Bauhaus statt. Dabei stand das komplexe und widerspruchsvolle Verwobensein seines Schaffens in die gesellschaftlichen, politischen und ökonomischen Gegebenheiten der jeweiligen Zentren und Orte im Vordergrund. Unter anderen sprach Jörn Düwel über Vom Funktionalismus zur Stalinallee.

Ende 2003 bis März 2004 gab es eine Ausstellung in Dessau unter dem Titel R. Paulick in Dessau: StahlhausArbeitsamt – DEWOG-Siedlung im Stahlhaus, einem Versuchshaus von ihm und dem Bauhaus-Meister Georg Muche (1926/27). Gezeigt wurden diese drei Bauten als stellvertretende Beispiele für sein Schaffen, als ein dem Bauhaus verbundener Student, als Mitarbeiter im Baubüro Gropius und schließlich als selbständiger Architekt.

Zwischen dem 9. Juli und dem 28. August 2021 fand unter dem Titel „BAUHAUS SHANGHAI STALINALLEE HA-NEU: Der Lebensweg des Architekten Richard Paulick 1903–1979“ eine Ausstellung im Dresdner Zentrum für Baukultur statt.[10]

Literatur

  • Thomas Flierl (Hrsg.): Bauhaus Shanghai Stalinallee Ha-Neu. Der Lebensweg des Architekten Richard Paulick 1903–1979. Lukas-Verlag, Berlin 2020, ISBN 978-3-86732-371-0.
  • Simone Hain, Volker Wagner: Paulick, Richard. In: Wer war wer in der DDR? 5. Ausgabe. Band 2. Ch. Links, Berlin 2010, ISBN 978-3-86153-561-4.
  • Sonja Hildebrand: Paulick, Richard. In: Neue Deutsche Biographie (NDB). Band 20, Duncker & Humblot, Berlin 2001, ISBN 3-428-00201-6, S. 124 f. (Digitalisat).
  • Eduard Kögel: Zwei Poelzig-Schüler in der Emigration: Rudolf Hamburger und Richard Paulick zwischen Shanghai und Ost-Berlin (1930–1955). Dissertation, Bauhaus-Universität Weimar 2007, Weimar 2007 (Volltext als Online-Ressource).
  • Manfred Müller: Das Leben eines Architekten, Porträt Richard Paulick. Mitteldeutscher Verlag, Halle (Saale) 1975.
  • Peter Müller (Hrsg.), Wolfgang Thöner (Hrsg.): Bauhaus-Tradition und DDR-Moderne. Der Architekt Richard Paulick. Katalog zur Ausstellung in Dessau, Weimar, Hamburg (August 2006) und Berlin (November 2006). Deutscher Kunstverlag, München 2006, ISBN 3-422-06628-4. Rezensionen: Jürgen Tietz in der NZZ v. 29. Juli 2006 und Regina Mönch in der FAZ v. 24. Juli 2006.
Commons: Richard Paulick – Sammlung von Bildern

Einzelnachweise

  1. Richard Paulick. 1928–1930 Büroleiter im privaten Baubüro Gropius. bei bauhauskooperation.de
  2. Rudolf Stegers: Hermann Herrey – Werk und Leben 1904–1968. Birkhäuser, Basel 2018, ISBN 978-3-0356-1323-0, S. 28–29.
  3. Harry Nutt: Der lange Schatten der Paulick-Leuchte. Frankfurter Rundschau, 22. Juli 2008, abgerufen am 18. Januar 2020.
  4. Anne Lena Mösken: Richard-Paulick-Wohnung in Berlin: Architekten-Idylle an der Karl-Marx-Allee. Berliner Zeitung, 5. Oktober 2014, abgerufen am 18. Januar 2020
  5. Bundesstiftung Baukultur (Hrsg.): Machbarkeitsunterlage Wiedererrichtung Bauakademie 2017. Bundesstiftung Baukultur, Potsdam 2017. S. 20.
  6. Barbara Nolte: Große Architektur für Berlin – nie umgesetzt. Tagesspiegel, 4. September 2015.
  7. mdr.de: "Architekt der DDR": Wie Richard Paulick zum Vater der Platte wurde | MDR.DE. Abgerufen am 9. Oktober 2021.
  8. https://www.bildindex.de/document/obj20517870/mi09269i14/?part=0
  9. Wolfgang Thöner, Peter Müller (Hrsg.): Bauhaus-Tradition und DDR-Moderne. Der Architekt Richard Paulick. Deutscher Kunstverlag, Berlin 2006, S. 107 ff.
  10. BAUHAUS SHANGHAI STALINALLEE HA-NEU. Der Lebensweg des Architekten Richard Paulick 1903–1979. ZENTRUM FÜR BAUKULTUR SACHSEN, abgerufen am 20. Mai 2021.

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Grab von Richard Paulick auf dem Zentralfriedhof Friedrichsfelde, Ehrengrab
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Zentralbild Zühlsdorf 3.10.1956 Zur Auszeichnung mit dem Nationalpreis 1956 vorgeschlagen-Kollektiv Prof. Paulick-Professor Hemmerling-Prof. Dipl.-Ing. Richard Paulick Nationalpreisträger, Direktor des Instituts für Wohnungsbau der Deutschen Bauakademie und Sonderbeauftragter der Deutschen Bauakademie für die Projektierung des MAP 1952 für seinen Anteil am Wiederaufbau der Deutschen Staatsoper Berlin und deren hervorragende architektonische Gestaltung. (II. Klasse Kunst und Literatur) gemeinsam mit Prof. Hemmerling. Foto gesperrt bis zur offiziellen Auszeichnung
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08.07.2008 01069 Dresden-Südvorstadt: Friedrich-List-Platz 1. Zentralgebäude der heutigen Hochschule für Technik und Wirtschaft Dresden (HTW) (GMP: 51.037510,13.735290). 1954 - 1960 errichtet als HfV - Hochschule für Verkehrswesen "Friedrich List". Die HfV galt als die einzige Hochschulneugründung in der DDR. Am 8. April 1954 wurde der Grundstein für diese nach Entwürfen von Richard Paulick geplanten Gebäude gelegt. Die ehemalige Hochschule für Verkehrswesen "Friedrich List" in Dresden bestand von 1952-1992. Sicht aus Nordwesten von der Strehlener Straße. [DSCN33393.TIF]20080708020DR.JPG(c)Blobelt
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Blick auf die Glas-Fassade des modernsten Auto-Hotels Berlins, dessen Bau über 2 1/2 Millionen Mark kostete und über 400 Autos beherbergen kann. Kant-Garage in Berlin-Charlottenburg.
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Stahlhaus in Dessau, Bauhaus-Gebäude von Richard Paulick und Georg Muche
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Zentralbild Sturm 8.9.1955 Präsident Wilhelm Pieck besuchte die Ausstellung "215 Jahre Deutsche Staatsoper"-Präsident Wilhelm Pieck besuchte am 8. September 1955 die Ausstellung "215 Jahre Deutsche Staatsoper" die gegenwärtig im Lichthof der Staatsbibliothek in Berlin gezeigt wird. UBz: Der Architekt Professor Paulick (links) erklärt Präsident Wilhelm Pieck an einem Modell der Deutschen Staatsoper architektonische Einzelheiten.