Rheinsender

Rheinsender
Bild des Objektes
Stahlfachwerkturm für UKW (Aufnahme März 2013)
Basisdaten
Ort:Wolfsheim
Land:Rheinland-Pfalz
Staat:Deutschland
Höhenlage:258 m ü. NHN
Koordinaten: 49° 52′ 42,2″ N, 8° 3′ 3,7″ O
Verwendung:Fernmeldeanlage
Zugänglichkeit:Sendeanlage öffentlich nicht zugänglich
Besitzer:Südwestrundfunk
Daten zur Sendeanlage
Höhe der Türme/Masten:102 m
Bauzeit:2003
Betriebszeit:seit 2003
Letzter Umbau (Sender):März 2013
Wellenbereich:UKW-Sender
Rundfunk:UKW-Rundfunk
Positionskarte
Rheinsender (Rheinland-Pfalz)
(c) Karte/Map: NordNordWest/Lencer, Lizenz/Licence: Creative Commons by-sa-3.0 de
Rheinsender
Lokalisierung von Rheinland-Pfalz in Deutschland

Der Rheinsender ist eine Sendeanlage des Südwestrundfunks für UKW-Hörfunk in der Nähe von Wolfsheim im Landkreis Mainz-Bingen. Bis zum 8. Januar 2012 wurde der Rheinsender auch für Mittelwellenrundfunk genutzt. Zwischen September 2005 bis 17. September 2008 wurde zusätzlich auch im Digital-Radio-Mondiale-Modus ausgestrahlt. Der 150 m hohe Mast war bis zu seiner Sprengung am 19. Februar 2013 das höchste Bauwerk in Rheinhessen.

Geschichte

In der französischen Besatzungszone gab es nach dem Zweiten Weltkrieg nur wenig sendertechnische Infrastruktur. Die in Rheinland-Pfalz (Sender Kaiserslautern und Sender Koblenz)[1], Baden und Württemberg-Hohenzollern vorhandenen Mittelwellensender konnten das Zonengebiet, wegen der geringen Sendeleistung, vor allem am Tage nur unzureichend versorgen.

Die französische Militärverwaltung übertrug mit den Verordnungen 187 und 188 des Hochkommissars der französischen Besatzungszone dem neu gegründeten Südwestfunk sowohl die Programmhoheit als auch die Ausstrahlungshoheit – zuvor lag die Verantwortlichkeit für die Sendeanlagen bei der Post. Der Rheinsender wurde damit das erste Großprojekt des Südwestfunks und ging am 15. Mai 1950, mit einer Stärke von 120 kW, auf Sendung.

Bei der Einweihungsfeier, die erst am 28. Oktober stattfand, waren der damalige französische Hochkommissar André François-Poncet und SWF-Intendant Friedrich Bischoff,[2][3] sowie rheinland-pfälzische Ministerpräsident Peter Altmeier anwesend. In der Einweihungsrede konkretisierte Altmeier die Vorstellungen und Wünsche der drei Länderregierungen.[4]

„Da es sich bei dem Sendegebiet des Südwestfunks (…) nicht nur um ein einzelnes Land, sondern um 3 Länder handelt, muß diese neue Rechtsgrundlage durch den Abschluß von Staatsverträgen zwischen den 3 beteiligten Ländern geschaffen werden (…). Dabei sind wir uns einig in der Ablehnung jeder Art und Form von Staatszentralismus. Wir wollen, daß das kulturelle Leben sich frei entfaltet. Daher begrüßen wir den Gedanken der kulturellen Selbstverwaltung auch auf dem Gebiete des Rundfunks. Aber dieser Begriff der Selbstverwaltung schließt (…) auch beim Rundfunk die Notwendigkeit der Staatsaufsicht mit ein. Es wird also notwendig sein, in den Staatsverträgen die entsprechenden Zuständigkeitsbegrenzungen zwischen der Staatsaufsicht und der Selbstverwaltungsfreiheit im einzelnen zu regeln.“

Peter Altmeier: 28. Oktober 1950

Der Rheinsender diente von 1950 bis 1998 der Ausstrahlung des ersten Programms des Südwestfunks Baden-Baden auf der Mittelwellenfrequenz 1016 kHz bzw. (seit 1978) 1017 kHz. Auf gleicher Frequenz wurde von 1998 bis 2002 SWR1 Rheinland-Pfalz übertragen, gefolgt durch SWR cont.ra von 2002 bis 2012.

Im November 1955 wurde dem Sender folgende UKW-Frequenzen und Kanäle zugewiesen[5]:

  • Kanal 33: 96,9 MHz
  • Kanal 41: 99,3 MHz

Sendemasten

Mast 1 und Mast 2 (1950–2013)

Rheinsender im Juli 2011: Sendeturm für UKW und MW (links), Mast 2 für MW (Mitte), im Hintergrund rechts das Sendergebäude. Der kleine Turm rechts ist ein Mobilfunksendeturm.
Antennenanlage des Rheinsenders vor dem Abriss des Stahlrohrmasts 2 im Februar 2013: Mast 2 (Mitte) für Mittelwelle, Stahlfachwerkturm mit Reusenantenne (rechts) für UKW und Mittelwelle sowie Mobilfunkturm (im Hintergrund links) (Foto vom 28. Februar 2009).

Der Mittelwellensender nahm am 15. Mai 1950 auf der Frequenz 1016 kHz mit 70 kW Leistung seinen Betrieb auf. Bis zum 26. Februar 2002 wurden zwei 150 m hohe, gegen Erde isolierte Stahlrohrmasten als Sendeantenne benutzt. Beide Sendemasten waren mit einem Trennisolator in der Konstruktion ausgerüstet und konnten doppelt gespeist werden. Dadurch war der Einsatz als schwundmindernde Sendeantenne möglich. Der Einsatz von zwei Sendemasten ergab eine Richtstrahlung für die geforderte Ausblendung in südöstliche Richtung während der Nachtstunden. Im Laufe der Jahre wurde die Sendeleistung schrittweise auf 600 kW erhöht. Die Mittelwelle des Rheinsenders hatte während der dunklen Tagesstunden eine Reichweite bis Marokko und Tunesien in Nordafrika.[6]

Nach der Leistungsreduzierung auf 100 bzw. 150 kW Mitte der 1990er Jahre war ein permanenter Betrieb mit Rundstrahlung von Sendemast 2 aus möglich. Der nicht mehr benötigte Mast 1 wurde am 26. Februar 2002 gesprengt.

Der Mittelwellensender wurde am 8. Januar 2012 um 23.00 Uhr nach dem regulären Sendeschluss von SWR cont.ra endgültig abgeschaltet und stillgelegt, da der SWR seine Ausstrahlung über die Mittelwelle als zu kostenintensiv beurteilt hat. Stattdessen will sich der SWR auf den Aufbau einer in Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz flächendeckenden Versorgung seiner Programme über DAB+ konzentrieren.[7][8]

Der Mast 2 wurde am 19. Februar 2013 zwischen 12:15 und 13:15 Uhr mit einer gezielten Sprengladungen an zwei der sechs Abspannseilen zum Einsturz gebracht[9][10]. Zuvor bekamen die Funkamateure des Ortsverbandes Mainz im Deutschen Amateur-Radio-Club die Gelegenheit, ihn vom 25. bis 27. Januar 2013 zum letzten Mal mit Funkenergie zu speisen, um an einem weltweiten Wettbewerb teilnehmen zu können. Der SWR unterstützte die Aktion beim Anbringen von Befestigungen für die über 160 Meter lange Richtantenne, welche hierfür aufgebaut wurde.[11]

Mast 3

Neben den beiden 150 m hohen Masten 1 und 2 existierte noch ein weiterer, 114 m hoher, gegen Erde isolierter abgespannter Stahlrohrmast, der sich direkt neben dem Sendergebäude befand.[12] Dieser Mast diente als Reserveantenne für Mittelwelle. Zudem wurde von ihm bis Ende 2003 das Programm von SWR4 auf UKW ausgestrahlt. Ab 2005 fand über diesen Mast ein DRM-Testbetrieb auf der Frequenz 1485 kHz statt. Diese DRM-Ausstrahlung musste 2008 aufgrund technischer Mängel an der Sendeanlage eingestellt werden. Der ab diesem Zeitpunkt funktionslose Mast und die DRM-Sendertechnik wurden 2010 abgebaut. Letztere wurde Ende Mai 2010 zum Mittelwellensender Heilbronn-Obereisesheim transportiert und dort wieder in Betrieb genommen.[13]

Aktueller Sendeturm seit 2003

Stahlfachwerkturm für UKW und Mittelwelle im Jahr 2011. Am roten Auslegerring des Turms (auf etwa 4/5 seiner Gesamthöhe angebracht) waren die Reusenseile der Mittelwellen-Reserveantenne befestigt[14]

An der Stelle des im Jahr 2002 abgerissenen Sendemasts 1 wurde im Dezember 2003 ein geerdeter, freistehender, 102 m hoher Stahlfachwerkturm errichtet, von dem seit 2004 auf der UKW-Frequenz 94,9 MHz das Programm von SWR4 Rheinland-Pfalz mit 5 kW gesendet wird. Zuvor war diese UKW-Ausstrahlung über den 114 m Reservemast für Mittelwelle erfolgt. Der im Jahr 2003 neu erbaute Sendeturm wurde 2004 nachträglich mit einer Reusenantenne als Mittelwellen-Reserveantenne versehen. Über sie konnte auf der Frequenz 1017 kHz analog mit 100 bzw. 150 kW ausgestrahlt werden.[14] Nachdem der Mittelwellenbetrieb von diesem Senderstandort im Jahr 2012 komplett eingestellt wurde, ist auch die Reusenantenne überflüssig geworden und wurde Anfang März 2013 demontiert.

In der Nähe der Anlage existiert ein freistehender Stahlfachwerkturm für Richt- und Mobilfunk eines Fernmeldediensteanbieters.

Infrastrukturgebäude

Rückseitige Ansicht des Sendergebäude vom Rheinsender. Das quaderförmige Gebäude in der Bildmitte ist der Kühlturm. Die Gebäude wurden zwischen November 2013 und Januar 2014 abgerissen.

Zu den Sendemasten gehörten neben dem Sendetechnikgebäude, das eine Stromversorgung enthielt, sowie Werkstätten, Sozialräume und eine Betriebswohnung. Für die Abführung der entstehenden Wärme gab es einen Kühlturm. In den Anfangsjahren befanden sich vor dem repräsentativen Empfangsgebäude zwei Springbrunnenbecken, die zur Kühlung eingesetzt wurden. Diese wurden später, da es effizientere Kühlmethoden gab, entfernt. Die repräsentativen Gebäude, die Betriebswohnung wurden im November 2013 abgerissen, im Januar 2014 auch der quaderförmige Kühlturm. 2015 wurde eine landwirtschaftliche Betriebsstätte auf dem Sendergelände errichtet.

Frequenzen und Programme

In Betrieb

Analoges Radio (UKW)

Frequenz 
(MHz)
ProgrammRDS PSRDS PIRegionalisierungERP 
(kW)
Antennendiagramm
rund (ND)/gerichtet (D)
Polarisation
horizontal (H)/vertikal (V)
94,9SWR4 Rheinland-PfalzSWR4_MZ_DAA4Mainz5NDH

Abgeschaltet

Analoges Radio (MW)

Frequenz 
(kHz)
ProgrammRegionalisierungERP 
(kW)
Antennendiagramm
rund (ND)/gerichtet (D)
Polarisation
horizontal (H)/vertikal (V)
1017SWR cont.ra100NDV

Digitales Radio

Über dem DRM-Modus wurde zwischen 2005 und 2008 ausgestrahlt. Zuerst wurde Dasding (1/3) und anschließend SWR cont.ra (2/3 des Zeitraumes) auf der Frequenz 1485 kHz mit einer Sendeleistung von 0,42 kW verbreitet. Anschließend wurde der dafür genutzte DRM-Sender nach Heilbronn verlagert.

Frequenz 
(kHz)
ProgrammRegionalisierungERP 
(kW)
Antennendiagramm
rund (ND)/gerichtet (D)
Polarisation
horizontal (H)/vertikal (V)
1485SWR cont.ra0,42NDV
1485SWR Dasding0,42NDV

Siehe auch

Literatur

  • Dieter Schiffmann: Rundfunk in Rheinland-Pfalz: Die Anfänge; in: Kreuz, Rad, Löwe – Rheinland-Pfalz – Ein Land und seine Geschichte, Band 2, Vom ausgehenden 18. Jahrhundert bis zum 21. Jahrhundert; Verlag Philipp von Zabern, Mainz 2013; S. 463
  • Sabine Friedrich: Rundfunk und Besatzungsmacht. Organisation, Programm und Hörer des Südwestfunks 1945–1949; Baden-Baden 1991; (Südwestfunk-Schriftenreihe, Rundfunkgeschichte, 1) S. 187–192

Weblinks

Commons: Rheinsender – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Dieter Schiffmann; S. 463
  2. Umschaltung auf Digitalradio Abschied von der Mittelwelle von Maria Betzler und Michael Neubert auf swr.de vom 27. Dezember 2011
  3. Hansjörg Biener: Wolfsheim 1017 kHz (Memento vom 5. September 2005 im Internet Archive), abgerufen am 21. Februar 2013.
  4. Der 12. Oktober 1951. Ratifizierung des Staatsvertrages über den Südwestfunk. (Memento vom 30. Januar 2016 im Internet Archive) Landeshauptarchiv Rheinland-Pfalz
  5. Tabelle der UKW-Kanäle und Frequenzen
  6. Mittelwellen-Sendemast gesprengt in der Landesschau des SWR Fernsehen Rheinland-Pfalz vom 19. Februar 2013
  7. DXaktuell: Nachricht über die Abschaltung
  8. senderfotos-bw.de: SWR gibt Mittelwelle auf
  9. swr.de: Wie Sie uns empfangen: Befristete Außerbetriebnahme von Sendern (SWR4 MZ, Rheinsender: 94,9 MHz, Abschaltung aus Sicherheitsgründen zum Abbau des MW-Mastes)
  10. MW-Antenne Wolfsheim gesprengt (Memento vom 16. März 2013 im Internet Archive). In: Medienmagazin - Radio-News. Rundfunk Berlin Brandenburg, Radio Eins. 24. Februar 2013. Abgerufen am 1. März 2013.
  11. allgemeine-zeitung.de: Mainzer Funkamateure nutzen Wolfsheimer Sender vor dessen Sprengung für Teilnahme an Wettbewerb (Memento vom 17. Februar 2013 im Internet Archive) von Jochen Werner, vom 29. Januar 2013
  12. Structurae - Internationale Datenbank für Ingenieurbauwerke: Reservesendemast des Rheinsenders Wolfsheim, abgerufen am 21. Februar 2013.
    Bernd Waniewski: SWR Wolfsheim (Rheinsender) - Reusenantenne. Der alte Mast und der neue Turm mit Reuse, abgerufen am 21. Februar 2013; auf dem obersten Foto ist der Mast 3 im Hintergrund links zu sehen.
  13. Heilbronn und Costa Rica digital. (Nicht mehr online verfügbar.) DXaktuell.de, 4. Juni 2010, archiviert vom Original am 8. Februar 2015; abgerufen am 7. Februar 2015.
  14. a b Bernd Waniewski: SWR Wolfsheim (Rheinsender) - Reusenantenne. Abgerufen am 21. Februar 2013.

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Sendergebäude des Rheinsenders
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Sendeturm für UKW des de:Rheinsenders. Die Reusenantenne die für Mittelwelle benötigt wurde, ist demontiert worden.
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Rheinsender
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Sendeturm des Rheinsenders
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