Rennrodel-Europameisterschaften 1994

Rennrodel-Europameisterschaften 1994 FIL.svg
MännerFrauen
Sieger
EinsitzerOsterreich Markus ProckItalien Gerda Weissensteiner
DoppelsitzerItalien Raffl/Huber
TeamstaffelItalien Italien

Die 34. Rennrodel-Europameisterschaften fanden 1994 auf der deutschen Kunsteisbahn Königssee statt. Die von der Fédération Internationale de Luge de Course veranstalteten kontinentalen Titelkämpfe wurden vom 21. bis zum 23. Januar 1994 ausgetragen. Für die europäischen Athleten war die EM eine Woche vor dem letzten Weltcup-Wettbewerb in Altenberg einer der letzten Tests vor den Olympischen Rodelwettbewerben in Lillehammer. Erstmals gingen bei einer Rennrodel-EM Athleten für den russischen Rennrodel-Verband an den Start. Es gab Wettbewerbe in den Einsitzern für Männer und Frauen, in Doppelsitzern für Männer sowie mit der Staffel. Abgesehen vom letzten Wettbewerb wurden alle Wettbewerbe in zwei Läufen entschieden.

Die erfolgreichste Mannschaft war mit Abstand das italienische Team. Die vom ehemaligen DDR-Auswahltrainer Walther Jentzsch seit der Saison 1991/92 betreute Mannschaft gewann drei von vier Titeln und führte erstmals seit 1984 wieder die Medaillenwertung an.

Frauen

Für den Start waren insgesamt 24 Sportlerinnen gemeldet, von denen 22 die beiden Läufe absolvierten.

Favoritinnen waren die gesetzte Titelverteidigerin und Olympiadritte von 1992, Susi Erdmann, sowie Gabriele Kohlisch, Vizeweltmeisterin von 1993, beide aus Deutschland. Hinzu kam mit Gerda Weissensteiner aus Italien die amtierende Weltmeisterin und aus Österreich mit Doris Neuner die amtierende Olympiasiegerin von 1992. Darüber hinaus war mit der wieder erstarkten Jana Bode aus Deutschland zu rechnen, die sich nach einem Leistungstief durch ihre guten Platzierungen im laufenden Weltcup bereits für die Olympischen Spiele in Lillehammer qualifiziert hatte. Große Verliererin war im deutschen Lager Sylke Otto. Die Sächsin, die 1992 in Winterberg schon zweimal EM-Silber gewonnen hatte, wurde nach eher durchwachsenen Leistungen im Weltcup in den Nationencup zurückgestuft und an ihrer Stelle die bayrische, erst 19-jährige Lokalmatadorin Barbara Niedernhuber für die EM nominiert.

Bereits nach dem ersten Lauf deutete sich ein Kopf-an-Kopf-Rennen zwischen Gerda Weissensteiner und Jana Bode an, welches die Italienerin vorerst mit hauchdünnen zwei Tausendsteln Vorsprung für sich entschied. Gabriele Kohlisch platzierte sich mit einem knappen Zehntel Rückstand hinter Bode auf dem Bronzerang. Um diesen Rang musste Kohlisch im zweiten Durchgang nochmal bangen, da sie nur die viertbeste Zeit fuhr und ihr die Österreicherin Andrea Tagwerker einige Hundertstel abnahm. An der Spitze blieb es auch im zweiten Lauf ein spannendes Rennen, welches aber am Ende die Südtirolerin Weissensteiner mit nur 24 Hundertsteln Vorsprung für sich entschied. Nach dem Gewinn des Weltcups und dem WM-Titel im Vorjahr gelang ihr nun der nächste große Erfolg. Ein paar Wochen später rundete Weissensteiner ihre erfolgreichste Karrierephase im Rennrodeln mit dem Olympiasieg ab.

Datum: 22. Januar 1994

PlatzSportlerLand1. Lauf2. LaufZeit
1Gerda WeissensteinerItalien Italien45.06745.1181:30.185
2Jana BodeDeutschland Deutschland45.06945.1401:30.209
+0.024
3Gabriele KohlischDeutschland Deutschland45.16045.2621:30.422
+0.237
4Andrea TagwerkerOsterreich Österreich45.22445.2211:30.455
+0.270
5Susi ErdmannDeutschland Deutschland45.22945.3621:30.591
+0.406
6Angelika NeunerOsterreich Österreich45.41045.3601:30.700
+0.515
7Doris NeunerOsterreich Österreich45.27445.5101:30.784
+0.599
8Natalie ObkircherItalien Italien45.51845.5571:31.075
+0.890
9Mária JasenčákováSlowakei Slowakei45.50145.7001:31.201
+1.016
10Barbara NiedernhuberDeutschland Deutschland45.71145.5981:31.309
+1.124
11Iluta GaileLettland Lettland45.79145.7351:31.554
+1.369
12Anna OrlovaLettland Lettland45.84445.7801:31.624
+1.439
13Evija SchulzeLettland Lettland46.10845.9931:32.101
+1.916
14Irina Gubkina Russland Russland
15Pia WedegeNorwegen Norwegen
16Michaela DonalovaTschechien Tschechien
17Katerina SpalkovaTschechien Tschechien
18Olga NovikovaRussland Russland
19Synne RoenningNorwegen Norwegen
20Sorina GrigoreRumänien Rumänien
21Adriana TureaRumänien Rumänien
22Jorunn HorgenNorwegen Norwegen
Renata TomanovaSlowakei SlowakeiDNF
Verena MarianovicBosnien und Herzegowina Bosnien und HerzegowinaDNS

Doppelsitzer Männer

An den Start gingen 16 Doppelsitzer, von denen 14 alle 2 Durchgänge absolvierten.

Bereits vor dem Start der Doppelsitzer mussten die Titelfavoriten absagen. Das Duo Krauße/Behrendt, amtierende Weltmeister und Olympiasieger, war durch einen Magen-Darm-Virus lahmgelegt[1]. Dafür wurden die Juniorenweltmeister von 1990, Barnekow/Zettl nachnominiert. Nun war es vor allem an den Duos Skel/Wöller und Mankel/Rudolph, den Titel für Deutschland zu verteidigen. Speziell Mankel/Rudolph konnten dabei volles Risiko gehen, hatten sie doch die Qualifikation für die Olympischen Spiele verpasst.[2] Titelfavoriten waren nun aber eher die italienischen Titelverteidiger Raffl/Huber und ihre Mannschaftskollegen Brugger/Huber, die unter dem ehemaligen DDR-Auswahltrainer Walther Jentzsch ihre Leistungen deutlich verbessert hatten.

Diese Dominanz zeigte sich bereits nach dem ersten Lauf, nach dem beide italienischen Duos in Führung lagen. Den Bronzerang belegte das Duo Schiegl/Schiegl aus Österreich vor Mankel/Rudolph. Auch im zweiten Lauf ließen die italienischen Duos keinen Zweifel an ihren Titelambitionen, am Ende verteidigten Raffe/Huber ihren Titel vor Brugger/Huber, die jedoch einige Wochen später Olympiasieger wurden. Beim Kampf um Bronze brachten sich die Schiegl-Cousins selbst um die Medaille. Mit der nur sechstbesten Zeit rutschten sie noch auf den fünften Platz ab und mussten dem rumänischen Duo Apostol/Cepoi den Vortritt lassen. Die Rumänen, mit fünf Jahre altem Germina-Gerät unterwegs, waren die eigentliche Überraschung in diesem Wettbewerb. Das Duo mit dem bereits 35-jährigen Ioan Apostol, schon 1980 Olympiateilnehmer, schlug die Österreicher durch einen sehr guten zweiten Lauf um 7 Tausendstel. Bronze konnten sich Mankel/Rudolph erkämpfen, allerdings mit einigem Abstand zu den italienischen Schlitten. Das Duo Barnekow/Zettl stürzte bereits im ersten Lauf.

Datum: 22. Januar 1994

PlatzSportlerLand1. Lauf2. LaufZeit
1Hansjörg Raffl
Norbert Huber
Italien Italien45.01345.1241:30.137
2Kurt Brugger
Wilfried Huber
Italien Italien45.12245.1911:30.313
+0.176
3Yves Mankel
Thomas Rudolph
Deutschland Deutschland45.28945.3381:30.627
+0.490
4Ioan Apostol
Liviu Cepoi
Rumänien Rumänien45.36045.3521:30.712
+0.575
5Markus Schiegl
Tobias Schiegl
Osterreich Österreich45.25545.4641:30.719
+0.582
6Harald Rolfsen
Lars-Marius Waldal
Norwegen Norwegen45.31145.5041:30.815
+0.658
7Steffen Skel
Steffen Wöller
Deutschland Deutschland45.41745.5351:30.952
+0.795
8Anatoli Bobkov
Gennadi Beljakov
Russland Russland45.63945.4561:31.086
+0.929
9Juris Vovčoks
Dairis Leksis
Lettland Lettland45.63745.6531:31.290
+1.133
10Leszek Szareijko
Adrian Przechewka
Polen Polen
11Albert Demtschenko
Alexej Selenskij
Russland Russland
12Ivan Karatcholow
Elko Karatcholow
Bulgarien Bulgarien
13Hans Kohala
Carl Lindquist
Schweden Schweden
14Karol Rusnak
Jaroslav Slavik
Slowakei Slowakei
Frank-Peter Barnekow
Sandro Zettl
Deutschland DeutschlandDNF
Levan Tibilov
Kaha Wachtangaschwili
Georgien GeorgienDNS

Männer

Am Königssee waren erstmals wie später oft die drei prägenden Athleten der Rennrodelszene der 1990er Jahre versammelt und auch favorisiert: Markus Prock aus Österreich, bereits Weltmeister und mit Olympiasilber in Albertville dekoriert, Georg Hackl aus Deutschland als Olympiasieger und mehrfacher Weltmeister sowie Armin Zöggeler aus Italien, der als jüngster im Bunde zwei Tage zuvor Team-Europameister geworden war und dessen Stern gerade aufging. Darüber hinaus gab es mit den Huber-Brüdern Arnold und Norbert aus Italien, Titelverteidiger Rene Friedl und Olympiasieger Jens Müller aus Deutschland sowie Altmeister Sergej Danilin aus Russland, Weltmeister von 1981, weitere Medaillenkandidaten.

Letztlich lief es auf einen Zweikampf Prock-Hackl hinaus, den der Österreicher in beiden Läufen für sich entschied, wenngleich gerade im ersten Lauf der Abstand sehr gering war. Nach Team-Gold konnte Armin Zöggeler mit Bronze seine erste Einzelmedaille bei einer EM feiern. Die restlichen Medaillenkandidaten belegten mit teils erheblichen Rückständen die weiteren Plätze, Titelverteidiger Rene Friedl hatte auf Rang sechs schon mehr als eine Sekunde Rückstand auf Markus Prock. Bei den Olympischen Spielen wenige Wochen später drehte Hackl den Spieß um und verteidigte seinen Olympiasieg wenn auch knapp vor Markus Prock. Armin Zöggeler gewann auch dort die Bronzemedaille.

Datum: 23. Januar 1994

PlatzSportlerLand1. Lauf2. LaufZeit
1Markus ProckOsterreich Österreich47.88648.0211:35.907
2Georg HacklDeutschland Deutschland47.90948.1241:36.033
+0.126
3Armin ZöggelerItalien Italien47.98648.2421:36.228
+0.321
4Norbert HuberItalien Italien48.18148.2201:36.401
+0.594
5Alexander BauDeutschland Deutschland48.53348.5051:37.038
+1.231
6René FriedlDeutschland Deutschland48.58548.5351:37.120
+1.313
7Sergej DanilinRussland Russland48.51448.6741:37.188
+1.381
8Jens MüllerDeutschland Deutschland48.48748.7141:37.201
+1.394
9Arnold HuberItalien Italien48.47649.0401:37.516
+1.709
10Bengt WaldenSchweden Schweden49.00348.6551:37.658
+1.851
11Agris ElertsLettland Lettland
12Oleg ErmolinRussland Russland
13Mikael HolmSchweden Schweden
14Anders SöderbergSchweden Schweden
15Eduard BurmistrovRussland Russland
16Jozef SkvarekSlowakei Slowakei
17Jörgen PedersenNorwegen Norwegen
18Johan AhlbergSchweden Schweden
19Frantisek PekarTschechien Tschechien
20Paul HixVereinigtes Konigreich Vereinigtes Königreich
21Juris VovchokaLettland Lettland
22Reto GillySchweiz Schweiz
23Jaroslav SlavikSlowakei Slowakei
24Marco FelderLiechtenstein Liechtenstein
25Martin SykoraTschechien Tschechien
26Karol RusnakSlowakei Slowakei
27Stefan DoktorSlowakei Slowakei
28Keith YandellVereinigtes Konigreich Vereinigtes Königreich
29Ian Whitehead Vereinigtes Konigreich Vereinigtes Königreich
Markus SchmidtOsterreich ÖsterreichDSQ

Teamrennen

Der erste EM-Wettbewerb wurde in Einzelrennen ausgetragen, deren einzelne Zeiten in Punkte umgerechnet wurden. Dabei wurden die Punkte bei den Einsitzern in Einer-Schritten, bei den Doppelsitzern allerdings in Zweier-Schritten vergeben. In den Einzelkonkurrenzen gingen zwei Starter pro Team in die Wertungen ein. Am Start waren nur 11 Teams. Zuerst gingen die Männer ins Rennen, anschließend die Frauen-Einsitzer und als letztes die Doppelsitzer.

Nachdem deutsche Teams alle bisherigen EM-Titel im Mannschaftswettbewerb gewonnen hatten, war Team Deutschland als der Favorit in diesem Wettbewerb zu betrachten. Seit der Verpflichtung des ehemaligen DDR-Auswahltrainers Walther Jentzsch hatten sich aber die italienischen Athleten zunehmend zu einer ernst zu nehmenden Konkurrenz entwickelt, nachdem Klaus Bonsack als Trainer mit dem Olympiasieg von Doris Neuner bereits 1992 mit Österreich für Furore gesorgt hatte.

Allerdings konnte Georg Hackl im Vergleich zu seinen bis dahin eher mäßigen Weltcup-Leistungen den Männer-Wettbewerb gewinnen, während der zweite deutsche Starter René Friedl mit Rang sechs etwas abfiel. Speziell durch die starken Leistungen seiner Athletinnen mit Rang eins (Bode) und drei (Kohlisch) hielt Team Deutschland den Zweikampf mit Team Italien offen und lag vor der abschließenden Doppel-Konkurrenz mit einem Punkt vorn. Team Österreich lag da schon einige Punkte im Hintertreffen und hatte Bronze so gut wie sicher. Durch den Sieg der späteren Olympiasieger Brugger/Huber vor Mankel/Rudolph konnte Team Italien noch an Team Deutschland vorbeiziehen und erstmals diesen Titel gewinnen. Das lettische Team konnten verteidigte seinen vierten Platz von der letzten EM obwohl erstmals ein russisches Team antrat, welches den fünften Platz belegte.

Datum: 21. Januar 1994

PlatzLandSportlerLaufzeitenPunkteGesamt
1Italien ItalienArmin Zöggeler
Norbert Huber
Gerda Weissensteiner
Natalie Obkircher
Brugger/Huber
48.330 0(2)
000?00 0(?)
43.700 0(1)
000?00 0(?)
45.458 0(1)
29
?
29
?
30
141
2Deutschland DeutschlandGeorg Hackl
René Friedl
Jana Bode
Gabriele Kohlisch
Mankel/Rudolph
48.250 0(1)
000?00 0(7)
45.308 0(1)
45.551 0(3)
45.654 0(2)
30
24
30
28
28
140
3Osterreich ÖsterreichMarkus Prock
Markus Schmidt
Andrea Tagwerker
Doris Neuner
Schiegl/Schiegl
48.390 0(3)
000?00 0(?)
000?00 0(?)
000?00 0(?)
45.676 0(3)
28
?
?
?
26
130
4Lettland LettlandAgris Elerts
Juris Vovchoks
Iluta Gaile
Anna Orlova
Vovchoks/Leksis
49.097 0(8)
50.334 (15)
46.057 0(7)
46.314 (10)
46.105 0(7)
23
16
24
21
18
102
5Russland RusslandSergej Danilin
Oleg Ermolin
Olga Novikova
Irina Gubkina
Bobkov/Beljakov
096
6Slowakei Slowakei093
7Norwegen Norwegen/
Liechtenstein Liechtenstein
8Schweden Schweden
9Tschechien Tschechien
10Vereinigtes Konigreich Vereinigtes Königreich/
Polen Polen
11Schweiz Schweiz/
Bulgarien Bulgarien

Medaillenspiegel

PlatzLandGoldSilberBronzeGesamt
1Italien Italien3115
2Osterreich Österreich1012
3Deutschland Deutschland0325

Einzelnachweise

  1. Neue Zeit vom 21. Januar 1994 S. 15
  2. Neue Zeit vom 17. Januar 1994 S. 16

Weblinks

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