Renate Holland-Moritz

Das Grab von Renate Holland-Moritz und ihrem zweiten Ehemann Friedemann Spangenberg auf dem Zentralfriedhof Friedrichsfelde in Berlin

Renate Holland-Moritz, eigentlich Renate Spangenberg, geborene Holland-Moritz, geschiedene Kusche (* 29. März 1935 in Berlin; † 14. Juni 2017 ebenda)[1][2] war eine deutsche satirische Schriftstellerin, Journalistin und Filmkritikerin. Ihre Rezensionen als Kino-Eule im Satiremagazin Eulenspiegel zwischen 1960 und 2015 machten sie bekannt. Holland-Moritz gilt als die am längsten aktive Filmkritikerin der Welt.[3][4]

Leben und Leistungen

Renate Holland-Moritz wurde als Tochter des Zangenmachers Oskar Holland-Moritz und seiner Frau Lucie, einer Artistin des Berliner Wintergartens, in Berlin-Wedding geboren, wuchs aber im Heimatort des Vaters in Steinbach-Hallenberg auf. Schon frühzeitig interessierte sie sich für Literatur und Film. Nach nicht abgeschlossenem Oberschulbesuch begann sie als Volontärin und Assistentin bei verschiedenen Berliner Tageszeitungen, war kurzzeitig Redakteurin und dann freischaffende Journalistin.

Ab 1956 war sie freiberufliche Mitarbeiterin des Satiremagazins Eulenspiegel. Ab 1960 veröffentlichte sie dort unter dem Titel Kino-Eule Filmkritiken, die aufgrund ihres Witzes und zuweilen ihrer Bissigkeit Kultstatus hatten und haben. In der DDR-Zeit konnte sie darin ihre Meinung ohne Zensureinflüsse veröffentlichen. 1978 erhielt sie den Goethe-Preis der Stadt Berlin. Mit dem Eulenspiegel 04/2015 verabschiedete sich Holland-Moritz nach ihrem 80. Geburtstag als Filmkritikerin von ihren Lesern.

Renate Holland-Moritz hat neben ihren wöchentlichen Filmkritiken eine Vielzahl satirischer Erzählungen im Magazin „Eulenspiegel“ veröffentlicht. Zu ihrem Lebenswerk zählen weiterhin 20 Bücher, von denen zwei vom DDR-Fernsehen und eines durch die DEFA verfilmt wurden. Drei ihrer Bücher sind Gemeinschaftsarbeiten mit ihrem damaligen Ehemann, dem Schriftsteller und Journalisten Lothar Kusche, entstanden. Viele ihrer Bücher wurden im Eulenspiegel-Verlag veröffentlicht.

Renate Holland-Moritz starb im Alter von 82 Jahren und wurde am 7. Juli 2017 auf dem Zentralfriedhof Friedrichsfelde in Berlin-Lichtenberg beigesetzt.[5]

Rezeption

Der Filmkenner und Autor Knut Elstermann, der seit 1997 auf Radio Eins das Filmmagazin 12 Uhr mittags moderiert und die Berlinale reflektiert, wurde 1960 geboren – in diesem Jahr veröffentlichte Holland-Moritz ihre erste Filmkritik im Eulenspiegel. Er schrieb über sie im März 2015:

„Durch Renate Holland-Moritz’ Texte habe ich überhaupt erst mal gelernt, was Filmkritik ist, denn das waren die ersten Filmkritiken, die ich bewusst gelesen habe, im 'Eulenspiegel', also die Kino-Eule hatte für mich absolute Verbindlichkeit, was sie empfohlen hat, hab ich gesehen, was sie abgelehnt hat, hat mich nicht interessiert. Später hab ich dann noch die große Freude gehabt, Renate Holland-Moritz selbst kennenzulernen, erst mal mit großer Ehrfurcht, die – ja – Göttin der deutschen Filmkritik, aber ich hab sehr schnell gemerkt, dass sie vollkommen unprätentiös ist, dass sie zu jungen Leuten, was ich damals eben war, zu Berufsanfängern überhaupt keine Herablassung zeigt.“

Knut Elstermann[6]

In der Berliner Zeitung schrieb Ralf Schenk über sie:

„Holland-Moritz argumentierte in ihren Rezensionen ‚nie vom hohen Ross der feinsinnigen Ästhetin‘, sondern fragte nach inhaltlicher Substanz und Plausibilität, nach Handwerk und moralischem Credo. Sie schrieb Kritiken mit Bodenhaftung klar im Urteil, ohne pseudophilosophische Herumschwiemelei, pointiert mit berlinerischem Witz und Verstand, bis aufs Komma ausgefeilt.“

Ralf Schenk[7]

Arbeiten

Publikationen

  • Das Phänomen Mann (1959), mit Zeichnungen von Kurt Klamann und Vignetten von John Stave
  • David macht, was er will (1965), Kinderbuch, gemeinsam mit Lothar Kusche, mit Illustrationen von Erich Schmitt
  • Das Durchgangszimmer (1967), Erzählung
  • Guten Morgen, Fröhlichkeit und andere Geschichten (1967), gemeinsam mit Lothar Kusche
  • Graffunda räumt auf (1969), Erzählung, mit Illustrationen von Manfred Bofinger
  • Ein Vogel wie du und ich und andere Geschichten (1971), gemeinsam mit Lothar Kusche
  • An einem ganz gewöhnlichen Abend (1973), Erzählung
  • Der Ausflug der alten Damen (1975), Erzählungen
  • Bei Lehmann hats geklingelt (1978), Geschichten
  • Klingenschmidts Witwen (1980), Erzählung
  • Die Eule im Kino. Filmkritiken (1981), mit Illustrationen von Manfred Bofinger
  • Die schwatzhaften Sachsen (1982), Erzählungen
  • Die tote Else. Ein wahrhaftiges Klatschbuch (1986)
  • Ossis, rettet die Bundesrepublik! (1993), Anthologie, mit Illustrationen von Manfred Bofinger
  • Die Eule im Kino. Neue Filmkritiken (1994), mit Illustrationen von Manfred Bofinger
  • Die Macht der Knete. Freche Kindergeschichten für Erwachsene (1994), Anthologie
  • Angeschmiert und eingewickelt. Darüber lachte man in der DDR während der fünfziger und sechziger Jahre (1996), Anthologie, mit Illustrationen von Manfred Bofinger
  • Der Trickbetrüger. Darüber lachte man in der DDR während der siebziger und achtziger Jahre (1996), Anthologie, mit Illustrationen von Manfred Bofinger
  • Die tote Else lebt. Wahrhaftige Klatschgeschichten aus fünf Jahrzehnten (1997), Anthologie
  • Die Eule im Kino. Neue Filmkritiken 1991 bis 2005 Dietz, Berlin 2005, ISBN 3-320-02065-X.

Drehbücher

Tonträger

  • Die schwatzhaften Sachsen (1981), Autorenlesung (Mitschnitt einer öffentlichen Veranstaltung 1980), Deutsche Schallplatten Berlin (Litera)

Literatur

Weblinks

Einzelnachweise

  1. „Eulenspiegel“-Legende Renate Holland-Moritz gestorben. (Memento desOriginals vom 17. Juni 2017 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.mdr.de In: MDR.de Mitteldeutscher Rundfunk, 14. Juni 2017, abgerufen am 14. Juni 2017.
  2. Matthias Biskupek: Die herzlich bissige Kino-Eule. R. Holland-Moritz ist tot. In: Neues Deutschland, 15. Juni 2017, S. 17.
  3. Andreas Kurtz: „Schießwütige“ Jubilarin. In: Berliner Zeitung. 30. März 2015 (genios.de – kostenpflichtig).
  4. Renate Holland-Moritz, legendäre Kino-Eule. In: Das Blättchen. Freundeskreis des Blättchens, 13. April 2014, abgerufen am 14. Juni 2017.
  5. Private Traueranzeige in der Berliner Zeitung vom 24./25. Juni 2017, S. 17.
  6. Matthias Biskupek: Filmkritikerin Renate Holland-Moritz: Die Eule im Kino wird 80. In: Deutschlandfunk Kultur. Deutschlandradio, 27. März 2015, abgerufen am 14. Juni 2017.
  7. Ralf Schenk: Kritik mit Bodenhaftung. In: Berliner Zeitung. 28. März 2015 (genios.de – kostenpflichtig).

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Berlin Friedrichsfelde Zentralfriedhof - Grab Hans Weber - Renate Holland-Moritz - 2021-09.jpg
Autor/Urheber: Harvey Kneeslapper, Lizenz: CC BY-SA 4.0
Das Grab der deutschen Journalistin Renate Holland-Moritz auf dem Zentralfriedhof Friedrichsfelde in Berlin.