Reinhard Claaßen

Reinhard Claaßen (* 30. Juli 1886 in Norden; † 10. Februar 1960 in Coburg) war ein deutscher Architekt.

Leben

Gebäude der herzoglichen Verwaltung, Elsässer Straße 9 in Coburg

Claassen begann im Jahr 1900 seine berufliche Ausbildung an der königlich preußischen Kreisbauinspektion Norden. Es folgte ein Studium in Hannover und Hamburg. Anfangs arbeitete er in diversen norddeutschen Architekturbüros. Im Jahr 1911 gründete er sein eigenes Büro in Meiningen. Nach dem Wehrdienst im Ersten Weltkrieg wirkte er in Soldau als Wiederaufbauarchitekt des kriegszerstörten Ostpreußens mit.[1]

Im Jahr 1920 kam Claassen nach Coburg, wo er 1922/1923 für die Herzoglich Sachsen-Coburg und Gotha’sche Verwaltung eine Villa im Stil des reduzierten Historismus plante. Als eines der größeren Objekte wurde 1924/1925 das Rathaus von Zella-Mehlis nach seinen Plänen im Stil der Neuen Sachlichkeit, an monumentalen Architekturformen der Moderne orientiert, errichtet.[2] 1925 trat Claaßen in die Dienste des Herzogs Carl Eduard von Sachsen-Coburg und Gotha ein und realisierte für ihn als herzoglicher Baudirektor in den 1920er Jahren den Bau von zwei Verwaltungsgebäuden in Coburg, einer Gedächtniskapelle für Helene zu Waldeck und Pyrmont, bei dem Jagdschloss Hinterriß in Tirol, ferner Forst- und Arbeiterwohnhäuser sowie Ökonomiebauten in Thüringen und in den 1930er Jahren Um- und Erweiterungsbauten am Callenberger Schloss. Er war langjähriger Vorsitzender des Coburger Kunstvereins.

Als Mitglied des Bauausschusses der Adolf-Hitler-Haus-GmbH plante Claaßen 1933/1934 im Auftrag des Coburger Oberbürgermeisters Franz Schwede den Umbau des Coburger Gesellschaftshauses zur repräsentativen Parteizentrale der örtlichen NSDAP. In den folgenden Jahren war er vor allem für das Coburger Stadtbauamt unter Wilhelm Rehlein als Berater tätig und planerisch an den kommunalen Neubauten der Gewerbeschule, des Gräfsblocks sowie des Kriegerdenkmals in den Arkaden beteiligt. Für die Erweiterung des Coburger Rathauses im Rahmen des Umbaus der Stadtsparkasse entwarf Claaßen 1938 an der Ecke zur Rosengasse einen neuen Coburger Erker, den „Führererker“, der Hitler und Schwede mit Reliefs und Sinnsprüchen des Führers ein Denkmal setzen sollte.

Claaßen war zum 1. Mai 1935 in die NSDAP eingetreten (Mitgliedsnummer 3.664.387)[3] und hatte das Amt des Beauftragten der Reichskammer der bildenden Künste im Kreis Coburg inne. Von 1936 bis 1940 bearbeitete er im Auftrag von Schwede, der seit 1934 Gauleiter des Gaues Pommern und Oberpräsident der preußischen Provinz Pommern war, Entwürfe für ein Gauforum und andere monumentale Bauten in Stettin. Seine Studien über „Bauten in Backstein“ in imperialem Stil beinhalteten vor allem Zeichnungen für Verwaltungs- und Parteibauten. 1940 entwarf Claaßen für die örtliche NSDAP in Coburg ein Kreisforum auf dem damals unbebauten Judenberg, mit einer Aufmarschallee, einem Aufmarschplatz für 10.000 Personen und einer Festhalle mit 3500 Quadratmetern Grundfläche.

Die Spruchkammer Coburg-Stadt stufte 1948 Claaßen als Mitläufer ein. Im selben Jahr wurde er von der Herzoglichen Verwaltung in den Ruhestand versetzt. In den folgenden Jahren wirkte Claaßen in Oberfranken als Architekt und Berater der evangelisch-lutherischen Landeskirche in Bayern. Er entwarf verschiedene Kirchenneubauten und leitete die Renovierungen und Erweiterungen von mittelalterlichen Kirchen.

Kirchliche Neubauten (Auswahl)

Dr.-Martin-Luther-Kirche, Coburg-Creidlitz

Literatur

  • Christian Boseckert: „...damit Coburg schöner wird“? Die NS-Baupolitik in der Vestestadt (1933-1945). (= Schriftenreihe der historischen Gesellschaft Coburg e. V, Band 26.) Coburg 2014, S. 117–121.
  • Helmut Wolter: Raum – Zeit – Coburg. Band 1: Coburger Architekten und Baumeister 1820–1920. Dr. Peter Morsbach Verlag, Regensburg 2011, ISBN 978-3-937527-38-3, S. 45–46.
Commons: Reinhard Claassen – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Helmut Wolter: Raum - Zeit - Coburg. Band 1: Coburger Architekten und Baumeister 1820–1920, S. 45
  2. https://www.zella-mehlis.de/dasrathaus/rathauszm/rathausgeschichte
  3. Bundesarchiv R 9361-VIII KARTEI/5170394

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