Reichsunmittelbarkeit
Als reichsunmittelbar oder reichsfrei wurden im spätmittelalterlichen und frühneuzeitlichen Heiligen Römischen Reich diejenigen Stände – Personen und Territorien – bezeichnet, die unmittelbar dem Kaiser und keinem anderen Landesherrn unterstanden. Sie wurden als Reichs- oder Immediatstände bezeichnet.[1]
Personen
Man unterscheidet drei Gruppen von reichsunmittelbaren Personen oder Körperschaften:
- jene, die persönlich zur Teilnahme an den Reichstagen berechtigt waren,
- solche, die nur über Korporationen dort vertreten waren, und
- jene, die nicht auf dem Reichstag erscheinen konnten.
Zur ersten Gruppe gehörten die Kurfürsten, die sonstigen Reichsfürsten und die reichsunmittelbaren Fürstbischöfe und (vereinzelten) Fürstäbte. Die zweite Gruppe waren die reichsunmittelbaren Grafen und Herren, die Reichsstädte sowie die reichsunmittelbaren Äbte und Äbtissinnen. All jene zusammen bildeten die Reichsstände.
Reichsunmittelbar – aber nicht zu den Reichsständen gehörig – war die dritte Gruppe, der die Reichsritter, eine Reihe von Klöstern (vor allem Frauenklöster) und einige Freiorte oder Reichsdörfer angehörten. Diese reichsunmittelbaren Leute waren die verbliebenen direkten Vasallen des Kaisers, die im Mittelalter das Krongut gebildet hatten und zu dieser Zeit wesentlich zahlreicher waren als am Ende des Reiches. In vielen Fällen war die Reichsunmittelbarkeit eines Ortes oder Klosters umstritten, denn die benachbarten Fürsten trachteten danach, die reichsunmittelbaren Gebiete ihren Territorien anzuschließen.
Ende
Mit dem Reichsdeputationshauptschluss von 1803 war die Reichsunmittelbarkeit der Fürstbischöfe, Reichsklöster und (mit wenigen Ausnahmen) auch der Reichsstädte beendet, d. h. diese bisher reichsunmittelbaren Stände wurden mediatisiert. In den folgenden Jahren verloren auch die meisten Ritterschaften, Grafschaften und kleineren Fürstentümer die Reichsunmittelbarkeit und wurden der Landesherrschaft größerer Fürstentümer unterstellt. Mit der Auflösung des Reichs 1806 hörte die Institution der Reichsunmittelbarkeit endgültig auf zu existieren.
Siehe auch
- Exemtion
- Bundesunmittelbares Gebiet
- Landesunmittelbarkeit
Literatur
- Bettina Braun: Reichsunmittelbarkeit. In: Historisches Lexikon der Schweiz.
Einzelnachweise
- ↑ Brockhaus Kleines Konversations-Lexikon, fünfte Auflage, Band 2. Leipzig 1911, S. 509–510.
Auf dieser Seite verwendete Medien
s/w Scan des Reichsfreiheitsbriefes der Hansestadt Lübeck, gegeben von Kaiser Friedrich II. zu Borgio San Donnino (Italien) in der Wachssiegelversion (im Gegensatz zur weiteren Version mit Goldener Bulle)