Reichstagswahlkreis Regierungsbezirk Kassel 6

Die Wahlkreisaufteilung des Deutschen Reichs.

Der Reichstagswahlkreis Regierungsbezirk Kassel 6 (in der reichsweiten Durchnummerierung auch Reichstagswahlkreis 198; nach den Kreisstädten der beiden größeren Landkreise, die den Wahlkreis bildeten auch Reichstagswahlkreis Hersfeld-Rotenburg genannt) war der sechste Reichstagswahlkreis im Regierungsbezirk Kassel der preußischen Provinz Hessen-Nassau für die Reichstagswahlen im Deutschen Reich und im Norddeutschen Bund von 1867 bis 1918.

Wahlkreiszuschnitt

Er umfasste die ehemaligen kurhessischen Kreise Hersfeld, Hünfeld und Rotenburg (Fulda).

Bevölkerungsentwicklung
JahrEinwohner
189084.799
189585.209
190085.385
190590.588
191094.136
Berufszugehörige Männer
LandwirtschaftIndustrie und GewerbeHandel und Dienstleistungen
189565,222,912,0
190757,828,014,2
Konfession
EvangelischKatholisch
189078,018,7
190578,818,4
191079,518,0

Abgeordnete

WahlAbgeordneterParteiBild
Reichstagswahl Februar 1867 bis 1874August BraunNationalliberale Partei0
Reichstagswahl 1874 bis 1878Wilhelm GleimNationalliberale Partei0
Reichstagswahl 1878 bis 1881Georg Hermann BraunDeutsche Reichspartei
Reichstagswahl 1881 bis 1884Franz PerrotDeutschkonservative Partei
Reichstagswahl 1884 bis 1890Ferdinand SeyfarthDeutschkonservative Partei0
Reichstagswahl 1890 bis 1893Werner von SchleinitzDeutschkonservative Partei0
Reichstagswahl 1893 bis 1918Ludwig WernerDeutsche Reformpartei

Wahlen

1867 (Februar)

Es fand nur ein Wahlgang statt. Die Zahl der gültigen Stimmen betrug 9810.

KandidatParteiStimmenin %Anmerkungen
August BraunNL833800

1867 (August)

Es fand nur ein Wahlgang statt. Die Zahl der abgegebenen Stimmen betrug 6500.

KandidatParteiStimmenin %Anmerkungen
August BraunNL346300

1871

Es fand nur ein Wahlgang statt. Die Zahl der Wahlberechtigten betrug 16.800. Die Zahl der abgegebenen Stimmen betrug 6402, 5 Stimmen waren ungültig. Die Wahlbeteiligung belief sich auf 38,1 %.

KandidatParteiStimmenin %Anmerkungen
August BraunNLP445100
von Schorlemer-AlstZentrum17930
DRP730
Zentrum680
0Sonstige1700

1874

Es fand nur ein Wahlgang statt. Die Zahl der Wahlberechtigten betrug 14.575. Die Zahl der abgegebenen Stimmen betrug 10.564, 29 Stimmen waren ungültig. Die Wahlbeteiligung belief sich auf 72,7 %.

KandidatParteiStimmenin %Anmerkungen
Wilhelm GleimNLP684500
Obervorsteher von MilchlingDRP37180
0Sonstige100

1877

Es fand nur ein Wahlgang statt. Die Zahl der Wahlberechtigten betrug 14.967. Die Zahl der abgegebenen Stimmen betrug 10.144, 20 Stimmen waren ungültig. Die Wahlbeteiligung belief sich auf 67,9 %.

KandidatParteiStimmenin %Anmerkungen
Wilhelm GleimNLP546400
Oberamtsrichter RübsamZentrum28010
Franz PerrotKons14140
F46200
0Sonstige300

1878

Es fanden zwei Wahlgänge statt. Die Zahl der Wahlberechtigten betrug 15.760. Die Zahl der abgegebenen Stimmen betrug im ersten Wahlgang 10.279, 18 Stimmen waren ungültig. Die Wahlbeteiligung belief sich auf 65,3 %.

KandidatParteiStimmenin %Anmerkungen
Hermann BraunDRP44760Rittergutsbesitzer
Wilhelm GleimNLP293300
Oberamtsrichter RübsamZentrum26580
F1940
0Sonstige1800

Die Zahl der abgegebenen Stimmen betrug in der Stichwahl 10.256, 11 Stimmen waren ungültig. Die Wahlbeteiligung belief sich auf 65,1 %.

KandidatParteiStimmenin %Anmerkungen
Hermann BraunDRP73560Rittergutsbesitzer
Wilhelm GleimNLP290000

1881

Es fand nur ein Wahlgang statt. Die Zahl der Wahlberechtigten betrug 15.266. Die Zahl der abgegebenen Stimmen betrug 8560, 11 Stimmen waren Ungültig. Die Wahlbeteiligung belief sich auf 65,1 %.

KandidatParteiStimmenin %Anmerkungen
Franz PerrotKons59390
SouchayNLP13790Gutsbesitzer
Oberlehrer Dr. ErdmannF9560
Eduard von BroichKons700Landrat
0Sonstige1600

1884

Es fanden zwei Wahlgänge statt. Die Zahl der Wahlberechtigten betrug 15.041. Die Zahl der abgegebenen Stimmen betrug im ersten Wahlgang 7498, 6 Stimmen waren ungültig. Die Wahlbeteiligung belief sich auf 49,9 %.

KandidatParteiStimmenin %Anmerkungen
Ferdinand SeyfarthKons359800
NLP150000
Zentrum23770
0Sonstige2300

Die Zahl der abgegebenen Stimmen betrug in der Stichwahl 9264, 14 Stimmen waren ungültig. Die Wahlbeteiligung belief sich auf 61,7 %.

KandidatParteiStimmenin %Anmerkungen
Ferdinand SeyfarthKons638400
Zentrum28800

1887

Die Kartellparteien hatten sich auf Ferdinand Seyfarth als gemeinsamen Kandidaten geeinigt, die NLP verzichtete entsprechend auf einen eigenen Kandidaten. Es fand nur ein Wahlgang statt. Die Zahl der Wahlberechtigten betrug 15.471. Die Zahl der abgegebenen Stimmen betrug 10.984, 26 Stimmen waren Ungültig. Die Wahlbeteiligung belief sich auf 71,2 %.

KandidatParteiStimmenin %Anmerkungen
Ferdinand SeyfarthKons79940
Zentrum285100
F260
Unabhängiger700
0Sonstige4300

1890

Die Kartellparteien waren auch bei der Reichstagswahl 1890 einig, einen gemeinsamen Kandidaten zu unterstützen. Allerdings stieß die erneute Kandidatur von Ferdinand Seyfarth auf Widerstand aus den Vertretern des Kreises Hersfeld, die Seyfarth vorwarfen, in der Frage der Verlegung der der Garnison aus Hersfeld nicht die Interessen des Kreises verfolgt zu haben. Eine gemeinsame Wahlkreisversammlung aus NLP und Konservativen nominierte statt Seyfarth den Landrat von Schleinitz als Kandidaten. Damit waren die Konservativen im Kreis Rothenburg nicht einverstanden; diese nominierten Seyfarth als Gegenkandidaten. Das Wahlkomitee der NLP entschied sich für die Unterstützung von Schleinitz.

Es fanden zwei Wahlgänge statt. Die Zahl der Wahlberechtigten betrug 15.670. Die Zahl der abgegebenen Stimmen betrug im ersten Wahlgang 9564, 21 Stimmen waren ungültig. Die Wahlbeteiligung belief sich auf 61,0 %.

KandidatParteiStimmenin %Anmerkungen
Werner von SchleinitzKons438745,9 %0
Ferdinand SeyfarthKons216422,7 %0
Jean SchmidtSPD340,4 %Lithograph
Friedrich BrühneSPD300,3 %0
Wilhelm ArenholdZentrum284429,8Professor, Domdechant, Generalvikar
0Sonstige840,90

In der Stichwahl unterstützen auch der Rothenburger Konservativen von Schleinitz. Die Zahl der abgegebenen Stimmen betrug in der Stichwahl 11.620, 0 Stimmen waren ungültig. Die Wahlbeteiligung belief sich auf 74,2 %.

KandidatParteiStimmenin %Anmerkungen
Werner von SchleinitzKons855673,6 %0
Wilhelm ArenholdZentrum306426,4Professor, Domdechant, Generalvikar

1893

Der Zwist zwischen den Konservativen im Kreis Hersfeld und im Kreis Rothenburg setzte sich bei der Reichstagswahl fort. Die Rothenburger Konservativen sprachen sich für den nationalliberalen Domänenpächter Otto aus. Dieser erhielt zusätzlich die Unterstützung von NLP und BdL. Im Interesse eines gemeinsamen Vorgehens der Konservativen erklärte von Seyfarth seine Bereitschaft, auf die Kandidatur zu verzichten, wurde aber dennoch von den Konservativen in Hersfeld benannt.

Es fanden zwei Wahlgänge statt. Die Zahl der Wahlberechtigten betrug 15.718. Die Zahl der abgegebenen Stimmen betrug im ersten Wahlgang 11.645, 24 Stimmen waren ungültig. Die Wahlbeteiligung belief sich auf 74,1 %.

KandidatParteiStimmenin %Anmerkungen
Ludwig WernerDR398634,3 %0
Julius MartinHRP980,9 %Rechtsanwalt
Werner von SchleinitzKons438745,9 %0
Friedrich OttoNLP125510,8 %Domänenpächter, Oberamtmann, MdKL
Georg MarcusSPD4223,6 %Schuhmacher
Georg Friedrich DasbachZentrum230219,8Priester, Zeitungsverleger, MdL
0Sonstige140,10

In der Stichwahl unterstütze das Zentrum den Antisemiten Werner. Grund war sein Versprechen, die Rückberufung der Jesuiten zu unterstützen. Die Zahl der abgegebenen Stimmen betrug in der Stichwahl 11.672, 28 Stimmen waren ungültig. Die Wahlbeteiligung belief sich auf 74,3 %.

KandidatParteiStimmenin %Anmerkungen
Ludwig WernerDR725962,3 %0
Werner von SchleinitzKons438537,7 %0

1898

Der Zwist zwischen den Konservativen im Kreis Hersfeld und im Kreis Rothenburg hatte ein Ende gefunden. Die Konservativen einigten sich mit NLP und der freisinnigen Volkspartei auf einen liberal-konservativen Kandidaten aus den Reihen der NLP. Der BdL sprach sich für Werner aus.

Es fand ein Wahlgang statt. Die Zahl der Wahlberechtigten betrug 15.894. Die Zahl der abgegebenen Stimmen betrug 8679, 46 Stimmen waren ungültig. Die Wahlbeteiligung belief sich auf 54,6 %.

KandidatParteiStimmenin %Anmerkungen
Ludwig WernerDR436650,6 %0
Konrad SchmeisserNLP123714,3 %Steuerinspektor
Hermann TrilseSPD8099,4 %Gewerkschaftssekretär
Ernst Maria LieberZentrum218525,3 %0
0Sonstige360,40

1903

Die Konservativen einigten sich mit NLP und der freisinnigen Volkspartei auf einen gemeinsamen Kandidaten aus den Reihen der Konservativen, den Kreisdeputierten von Stockhausen. Auch der BdL sprach sich für Stockhausen aus.

Es fanden zwei Wahlgänge statt. Die Zahl der Wahlberechtigten betrug 17.618. Die Zahl der abgegebenen Stimmen betrug im ersten Wahlgang 13.152, 33 Stimmen waren ungültig. Die Wahlbeteiligung belief sich auf 74,7 %.

KandidatParteiStimmenin %Anmerkungen
Ludwig WernerDR557742,5 %0
Hans Eckebrecht von StockhausenKons293822,4 %0
Wilhelm BockSPD13009,9 %Schuhmacher
Richard MüllerZentrum329925,2 %0
0Sonstige140,10

In der Stichwahl unterstütze die SPD Richard Müller. Die Zahl der abgegebenen Stimmen betrug in der Stichwahl 13.193, 30 Stimmen waren ungültig. Die Wahlbeteiligung belief sich auf 74,9 %.

KandidatParteiStimmenin %Anmerkungen
Ludwig WernerDR882967,1 %0
Richard MüllerZentrum433432,9 %0

1907

Der BdL sprach sich den konservativen Bodelschwingh aus.

Es fanden zwei Wahlgänge statt. Die Zahl der Wahlberechtigten betrug 19.242. Die Zahl der abgegebenen Stimmen betrug im ersten Wahlgang 16.303, 30 Stimmen waren ungültig. Die Wahlbeteiligung belief sich auf 84,7 %.

KandidatParteiStimmenin %Anmerkungen
Ludwig WernerDR753746,3 %0
Franz von BodelschwinghKons334220,5 %0
Heinrich HuhnSPD179711,0 %0
Richard MüllerZentrum340220,9 %0
Louis WolffUnabhängiger1551,0 %0
0Sonstige400,30

In der Stichwahl unterstützen Konservative und NLP Werner. Die SPD bot Müller die Unterstützung an. Nachdem Müller dies abgelehnt hatte, rief die SPD zur Enthaltung auf. Ein Kuriosum war die Haltung beider Kandidaten zum BdL: Beide gaben öffentlich an, auf eine Unterstützung des BdL zu verzichten.

Die Zahl der abgegebenen Stimmen betrug in der Stichwahl 14.964, 91 Stimmen waren ungültig. Die Wahlbeteiligung belief sich auf 77,8 %.

KandidatParteiStimmenin %Anmerkungen
Ludwig WernerDR11.08474,5 %0
Richard MüllerZentrum378925,5 %0

1912

Die Konservativen riefen zur Wahl von Werner auf. Die Liberalen Parteien einigten sich erst nach internen Querelen auf einen gemeinsamen Kandidaten, den freisinnigen Bahnhofsvorsteher Fiedler. Der Hessische Bauernbund war 1910 in Hersfeld gegründet worden und trat wahlkreisweit mit eigenem Kandidaten auf.

Es fanden zwei Wahlgänge statt. Die Zahl der Wahlberechtigten betrug 20.463. Die Zahl der abgegebenen Stimmen betrug im ersten Wahlgang 17.232, 47 Stimmen waren ungültig. Die Wahlbeteiligung belief sich auf 84,2 %.

KandidatParteiStimmenin %Anmerkungen
Ludwig WernerDR484128,2 %0
Christian FiedlerFoVP303217,6 %Bahnhofsvorsteher
Ludwig RudloffHBB251414,6 %Redakteur
Michael SchnabrichSPD350320,4 %0
August DrinnenbergZentrum329220,4 %0
0Sonstige30,00

In der Stichwahl unterstützen Konservative und NLP Werner. Der Bezirksverband der FoVP rief zur Wahl des SPD-Kandidaten auf. Dies wurde jedoch vom Wahlkreisverein der FoVP nicht unterstützt.

Die Zahl der abgegebenen Stimmen betrug in der Stichwahl 16.341, 318 Stimmen waren ungültig. Die Wahlbeteiligung belief sich auf 79,9 %.

KandidatParteiStimmenin %Anmerkungen
Ludwig WernerDR11.73873,3 %0
Michael SchnabrichSPD428526,7 %0

Literatur

  • Fritz Specht: Die Reichstags-Wahlen von 1867 bis 1903 : eine Statistik der Reichstagswahlen nebst den Programmen der Parteien und einem Verzeichnisse der gewählten Abgeordneten, 2. Auflage 1904, S. 151.
  • L. Gerschel: Die Reichstagswahlen von 1867 bis 1883, 1883, S. 97–98, Digitalisat.
  • Carl-Wilhelm Reibel: Handbuch der Reichstagswahlen 1890–1918. Droste Verlag, Düsseldorf 2007, ISBN 978-3-7700-5284-4, S. 812–816.
  • Thomas Klein: Die Hessen als Reichstagswähler. Erster Band: Provinz Hessen-Nassau und Waldseck-Pyrmont 1867–1933. 1989, ISBN 3-7708-0924-6, S. 323–392.

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Ludwig Werner (* 16. Februar 1855 in Bubenrode; † Januar 1928), Redakteur und einer der führenden Antisemiten in Nordhessen

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Emil Rothe, Kassel

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Georg Hermann Braun, Rittergutsbesitzer und Mitglied des Deutschen Reichstags

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