Reichstagswahlkreis Pfalz (Bayern) 1

Die Wahlkreisaufteilung des Deutschen Reichs.

Der Reichstagswahlkreis Pfalz (Bayern) 1 war ein Wahlkreis für die Reichstagswahlen im Deutschen Reich 1868 bis 1918.

Allgemeines

Der Reichstagswahlkreis Pfalz (Bayern) 1 (auch Reichstagswahlkreis Ludwigshafen-Speyer genannt) umfasste die Städte Speyer, Ludwigshafen und Frankenthal sowie die umliegenden Bezirksämter. Der Wahlkreis hatte eine Fläche von 622,57 Quadratkilometer und 1871 103.696 Einwohner (166,36 Einwohner/km²). 1910 betrug die Einwohnerzahl 229.110 (368,00 Einwohner/km²). Konfessionell lag der Anteil der Protestanten leicht über dem der Katholiken. 1871 (1910) betrug der Anteil der Katholiken 47,1 % (47,5 %) und der der Protestanten 49,4 % (50,3 %). Der Wahlkreis war städtisch geprägt. 28,5 % der Einwohner lebte in Orten mit weniger als 2000 Einwohnern.

Abgeordnete

WahlAbgeordneterParteiBild
Zollparlamentswahl 1868Ludwig RömmichBayerische Patriotenpartei0
Reichstagswahl 1871Ludwig HeydenreichNLP0
Reichstagswahl 1874 bis 1887Ludwig GroßFreiheitsparteiGroß, Ludwig (1825-1894).jpg
Reichstagswahl 1887 bis 1898Carl ClemmNLP1865 Mitbegruender Carl Clemm.jpg
Reichstagswahl 1898 bis 1908Franz Josef EhrhartSPDEhrhartFranzJosef.jpg
Ergänzungswahl 1908 bis 1918Jakob BinderSPDBinderJakob.jpg

Wahlen

Zollparlamentswahl 1868

Bei der Zollparlamentswahl 1868 fand nur ein Wahlgang statt. Die Zahl der Wahlberechtigten betrug 16.350, die Zahl der Wähler 10.853. Die Wahlbeteiligung betrug 66,4 %.

KandidatParteiStimmenin %Anmerkungen
0NLP502646,3 %0
Ludwig RömmichBayerische Patriotenpartei581953,6 %0

Reichstagswahl 1871

Bei der Reichstagswahl 1871 fand nur ein Wahlgang statt. Die Zahl der Wahlberechtigten betrug 16.430, die Zahl der Wähler 10.871. Die Wahlbeteiligung betrug 59,1 %.

KandidatParteiStimmenin %Anmerkungen
Ludwig HeydenreichNLP797273,1 %0
0Bayerische Patriotenpartei288926,6 %0

Reichstagswahl 1874

Bei der Reichstagswahl 1874 fand nur ein Wahlgang statt. Die Zahl der Wahlberechtigten betrug 21.354, die Zahl der Wähler 17.024. Die Wahlbeteiligung betrug 79,9 %.

KandidatParteiStimmenin %Anmerkungen
0SPD7524,4 %0
Ludwig GroßFortschrittspartei10.83963,8 %0
0Bayerische Patriotenpartei540231,8 %0

Reichstagswahl 1877

Bei der Reichstagswahl 1877 fand nur ein Wahlgang statt. Die Zahl der Wahlberechtigten betrug 23.619, die Zahl der Wähler 17.476. Die Wahlbeteiligung betrug 74,2 %.

KandidatParteiStimmenin %Anmerkungen
0SPD1.7089,8 %0
Ludwig GroßFortschrittspartei10.01257,3 %0
Johann Julius SibenBayerische Patriotenpartei541431,0 %0
0Sonstige3351,9 %0

Reichstagswahl 1878

Bei der Reichstagswahl 1878 fand nur ein Wahlgang statt. Die Zahl der Wahlberechtigten betrug 24.096, die Zahl der Wähler 17.180. Die Wahlbeteiligung betrug 71,5 %.

KandidatParteiStimmenin %Anmerkungen
0SPD1.6769,8 %0
Ludwig GroßFortschrittspartei9.48255,2 %0
Johann Julius SibenBayerische Patriotenpartei539931,4 %0
0Sonstige6123,6 %0

Reichstagswahl 1881

Bei der Reichstagswahl 1881 fand nur ein Wahlgang statt. Die Zahl der Wahlberechtigten betrug 24.306, die Zahl der Wähler 13.011. Die Wahlbeteiligung betrug 53,7 %.

KandidatParteiStimmenin %Anmerkungen
0SPD291222,4 %0
Ludwig GroßNLP654150,3 %0
0Linksliberale470,3 %0
Johann Julius SibenBayerische Patriotenpartei317024,4 %0
0Sonstige2982,3 %0

Reichstagswahl 1884

Bei der Reichstagswahl 1884 fanden zwei Wahlgänge statt. Die Zahl der Wahlberechtigten beim ersten Wahlgang betrug 25.866, die Zahl der Wähler 19.183. Die Wahlbeteiligung betrug 74,4 %.

KandidatParteiStimmenin %Anmerkungen
0SPD482225,1 %0
Ludwig GroßNLP851644,4  %0
0Linksliberale10915,6 %0
Johann Julius SibenBayerische Patriotenpartei475224,8 %0

Bei der Stichwahl betrug die Zahl der Wähler 18.015. Die Wahlbeteiligung betrug 70,1 %.

KandidatParteiStimmenin %Anmerkungen
0SPD725940,3 %0
Ludwig GroßNLP10.75659,7  %0

Reichstagswahl 1887

Bei der Reichstagswahl 1887 fand nur ein Wahlgang statt. Die Zahl der Wahlberechtigten betrug 27.794, die Zahl der Wähler 23.848. Die Wahlbeteiligung betrug 86,1 %.

KandidatParteiStimmenin %Anmerkungen
0SPD405217,0 %0
Carl ClemmNLP12.98654,4 %0
Johann Julius SibenZentrum679328,5 %0

Reichstagswahl 1890

Die Deutsche Freisinnige und die Deutsche Volkspartei einigen sich im Vorfeld auf den Deutsch-Freisinnigen Kandidaten Eisele. Die Reichsleitung des Zentrums riet zu Unterstützung dieses Kandidatens, die lokale Zentrumsorganisation nominiert stattdessen erneut Johann Julius Siben.

Bei der Reichstagswahl 1890 fanden zwei Wahlgänge statt. Die Zahl der Wahlberechtigten beim ersten Wahlgang betrug 29.222, die Zahl der Wähler 23.540. Die Wahlbeteiligung betrug 80,7 %.

KandidatParteiStimmenin %Anmerkungen
Franz Josef EhrhartSPD599325,5 %0
Carl ClemmNLP10.37944,1  %0
EiseleLinksliberale10884,6 %0
Johann Julius SibenZentrum606825,8 %0

Vor der Stichwahl traf das Zentrum ein inoffizielles Wahlabkommen mit der SPD. Das Zentrum rief im Wahlkreis 237 (München 1) zur Enthaltung auf, die SPD rief im Gegenzug zu Enthaltung oder zur Wahl des Zentrum im Reichstagswahlkreis Pfalz (Bayern) 1 auf.

Bei der Stichwahl betrug die Zahl der Wähler 24.681. Die Wahlbeteiligung betrug 85,2 %.

KandidatParteiStimmenin %Anmerkungen
Carl ClemmNLP13.49454,7  %0
Johann Julius SibenZentrum11.18745,3 %0

Reichstagswahl 1893

Bei der Reichstagswahl 1893 fanden zwei Wahlgänge statt. Die Zahl der Wahlberechtigten beim ersten Wahlgang betrug 31.289, die Zahl der Wähler 26.158. Die Wahlbeteiligung betrug 83,6 %.

KandidatParteiStimmenin %Anmerkungen
Franz Josef EhrhartSPD743328,5 %0
Carl ClemmNLP12.10346,4  %0
Karl MerkleFreisinnige Volkspartei4071,6 %0
Johann Julius SibenZentrum613023,5 %0

Es erfolgten keine Wahlkreisabkommen. Um zu verhindern, dass Zentrum-Wähler von einem Stichwahlbündnis (analog der letzten Wahl) ausgehen würden, rief das Zentrum in der Stichwahl explizit zur Enthaltung auf.

Bei der Stichwahl betrug die Zahl der Wähler 22.667. Die Wahlbeteiligung betrug 72,4 %.

KandidatParteiStimmenin %Anmerkungen
Franz Josef EhrhartSPD813436,3 %0
Carl ClemmNLP14.25663,7  %0

Reichstagswahl 1898

NLP und BdL einigen sich nach langen Verhandlungen und mehreren gescheiterten Versuchen auf den BdL-Kandidaten Mechtersheimer, der aber im Reichstag der NLP-Fraktion beitreten sollte. Clemm musste daher auf eine erneute Kandidatur verzichten, weil er von BdL nicht akzeptiert wurde.

Bei der Reichstagswahl 1898 fanden zwei Wahlgänge statt. Die Zahl der Wahlberechtigten beim ersten Wahlgang betrug 35.365, die Zahl der Wähler 28.415. Die Wahlbeteiligung betrug 80,3 %.

KandidatParteiStimmenin %Anmerkungen
Franz Josef EhrhartSPD12.00842,4 %0
Johann Martin MechtersheimerNLP930432,9  %0
Karl MerkleFreisinnige Volkspartei3981,4 %0
Johann Julius SibenZentrum656623,2 %0

Viele NLP-Wähler lehnten die Wahl von Mechtersheimer ab, sein Ergebnis lag deutlich hinter dem der letzten Wahl zurück. Für die Stichwahl hatten Zentrum und NLP reichsweit ein Stichwahlbündnis vereinbart. Im Reichstagswahlkreis Pfalz (Bayern) 1 weigerte sich das lokale Zentrum diesen Beschluss umzusetzen. Mechtersheimer erschien den Zentrum wegen seiner Mitgliedschaft im Evangelischen Bund unwählbar. Das Zentrum rief daher zur Enthaltung auf. Einzelne führende Zentrums-Mitglieder riefen gar zur SPD-Wahl auf.

Bei der Stichwahl betrug die Zahl der Wähler 28.554. Die Wahlbeteiligung betrug 80,7 %.

KandidatParteiStimmenin %Anmerkungen
Franz Josef EhrhartSPD15.47155,1 %0
Johann Martin MechtersheimerNLP12.60244,9  %0

Reichstagswahl 1903

Im Gegensatz zur letzten Wahl gab es keine BdL-NLP Zusammenarbeit. Man zerstritt sich stattdessen und kündigte einen „Kampf bis aufs Messer“ an. Die Freisinnige Volkspartei unterstützte den NLP-Kandidaten.

Bei der Reichstagswahl 1903 fanden zwei Wahlgänge statt. Die Zahl der Wahlberechtigten beim ersten Wahlgang betrug 41.754, die Zahl der Wähler 36.507. Die Wahlbeteiligung betrug 87,4 %.

KandidatParteiStimmenin %Anmerkungen
Franz Josef EhrhartSPD16.56745,5 %0
August GolzenNLP699019,2  %Gutsbesitzer
Johann Julius SibenZentrum809522,2 %0
Eugen AbreschBdL474513,0 %Gutsbesitzer

In der Stichwahl rief die NLP zur Enthaltung auf. Damit sah das Zentrum keine Chance mehr auf einen Sieg und rief seinerseits zur Enthaltung auf und gab damit die Wahl verloren. Der BdL bot ein Stichwahlabkommen (gegen die Unterstützung des Zentrums in WK 255) an, das Zentrum lehnte dies jedoch wegen mangelnder Erfolgsaussichten ab. Eine solche Aufgabe vor der Stichwahl war bei Reichstagswahlen sehr selten aber nicht einzigartig. Vergleichbare Aufgaben gab es auch 1898 im Wahlkreis 53 (Guben-Lübben) oder 1890 im Wahlkreis 271 (Dinkelsbühl).

In den Medien wurde spekuliert, dass das Zentrum de Kosten für den Wahlkampf sparen wolle oder bei der SPD für künftige Absprachen etwas gut haben wolle. Kritisiert wurde, dass damit das Wahlgeheimnis faktisch aufgehoben war: Jeder Teilnehmer der Stichwahl outete sich als Sozialist.

Bei der Stichwahl betrug die Zahl der Wähler 15.209. Die Wahlbeteiligung betrug erwartungsgemäß nur 36,4 %.

KandidatParteiStimmenin %Anmerkungen
Franz Josef EhrhartSPD14.77799,2 %0
Johann Julius SibenZentrum1120,8  %0

Reichstagswahl 1907

BdL und NLP einigen sich auf den NLP Kandidaten, den Gutsbesitzer Buhl. Jungliberale und FVP und DVP schlossen sich diesem Kandidaten anan.

Bei der Reichstagswahl 1907 fanden zwei Wahlgänge statt. Die Zahl der Wahlberechtigten beim ersten Wahlgang betrug 44.931, die Zahl der Wähler 40.585. Die Wahlbeteiligung betrug 90,3 %.

KandidatParteiStimmenin %Anmerkungen
Franz Josef EhrhartSPD18.53945,9 %0
Franz Armand BuhlNLP13.70833,9  %0
Franz Hermann LavenZentrum816920,2 %0

Das Zentrum rief in der Stichwahl zur Enthaltung auf. Es sollte aber auf keinen Fall ein Wähler für Buhl stimmen.

Bei der Stichwahl betrug die Zahl der Wähler 38.172. Die Wahlbeteiligung betrug 85,0 %.

KandidatParteiStimmenin %Anmerkungen
Franz Josef EhrhartSPD21.82658,0 %0
Franz Armand BuhlNLP15.79442,0  %0

Ergänzungswahl 1908

NLP und BdL sprachen sich für Arthur von Posadowsky-Wehner als gemeinsamen Kandidaten aus, der auch im Zentrum große Sympathie genoss. Das Zentrum lehnt ihn aber als gemeinsamen Kandidaten ab. Posadowsky verzichtet daraufhin auf eine Kandidatur und Buhl kandidiert für NLP und BdL. Das Zentrum verzichtete auf einen eigenen Kandidaten und rief zur Enthaltung auf.

Bei der Ergänzungswahl 1908 fand ein Wahlgang statt. Die Zahl der Wahlberechtigten betrug 45.802, die Zahl der Wähler 32.472. Die Wahlbeteiligung betrug 70,9 %.

KandidatParteiStimmenin %Anmerkungen
Jakob BinderSPD19.29361,3 %0
Franz Armand BuhlNLP12.16538,7  %0

Reichstagswahl 1912

Bei der Reichstagswahl 1912 fanden ein Wahlgang statt. Die Zahl der Wahlberechtigten betrug 49.440, die Zahl der Wähler 43.213. Die Wahlbeteiligung betrug 87,4 %.

KandidatParteiStimmenin %Anmerkungen
Jakob BinderSPD21.81150,9 %0
Hans KnollNLP10.78625,2  %Fabrikant aus Ludwigshafen
SchöndorfZentrum10.24723,9 %0

Literatur

  • Carl-Wilhelm Reibel: Handbuch der Reichstagswahlen 1890–1918, 2. Halbband, 2007, ISBN 978-3-7700-5284-4, S. 1006–1010.
  • Ernst-Otto Bräunche: Parteien und Reichstagswahlen in der Rheinpfalz von der Reichsgründung 1871 bis zum Ausbruch des Ersten Weltkriegs 1914, Diss., 1982.

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Reichsadler des Preußisch-Deutschen Kaiserreiches ab 1889.
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Franz Josef Ehrhart (* 6. Februar 1853 in Eschbach; † 20. Juli 1908 in Ludwigshafen) deutscher Politiker (SPD)

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Ludwig Groß (1825-1894)

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Carl Clemm (* 16. August 1836 in Gießen; † 21. Februar 1899 in Ludwigshafen)
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Jakob Binder (* 19. November 1866 in Isny im Allgäu; † 6. März 1932 in Karlsruhe) deutscher Politiker (SPD)