Reichstagswahlkreis Königreich Sachsen 3

Die Wahlkreisaufteilung des Deutschen Reichs.

Der Reichstagswahlkreis Königreich Sachsen 3 (in der reichsweiten Durchnummerierung auch Reichstagswahlkreis 287; auch Reichstagswahlkreis Bautzen-Kamenz genannt) war der dritte Reichstagswahlkreis für das Königreich Sachsen für die Reichstagswahlen im Deutschen Reich und im Norddeutschen Bund von 1867 bis 1918.

Wahlkreiszuschnitt

Der Wahlkreis umfasste die Amtshauptmannschaft Kamenz ohne den Amtsgerichtsbezirk Königsbrück, die Amtshauptmannschaft Bautzen ohne den Amtsgerichtsbezirk Schirgiswalde und die Gemeinden mit Gutsbezirk Baruth, Belgern, Buchwalde, Cannewitz bei Gröditz, Drehsa, Gröditz bei Bautzen, Nechern, Rackel, Sornßig, Weicha, Wurschen und die Gemeinden Berge, Brießnitz, Cortnitz, Cosel bei Bautzen, Dubrauke, Hainitz, Kleinkunitz, Kleinsaubernitz, Großpostwitz, Wartha und Wuischke bei Weißenberg, Großdrebnitz und Kleindrebnitz. Dies entsprach ursprünglich der Stadt Bautzen und den Gerichtsamtsbezirken Budissin (Bautzen), Königswartha, Kamenz, Pulsnitz und Bischofswerda.

Bevölkerungsentwicklung
JahrEinwohner
1890135.296
1895142.729
1900149.989
1905160.274
1910169.422
Berufszugehörige Männer
LandwirtschaftIndustrie und GewerbeHandel und Dienstleistungen
189542,244,513,4
190731,253,315,5
Konfession
EvangelischKatholisch
189090,19,4
190589,310,2
191089,410,3

Abgeordnete

WahlAbgeordneterParteiBild
Reichstagswahl Februar 1867 bis 1871Hermann von Salza und LichtenauFKV
Reichstagswahl 1871 bis 1874Rudolf ThielNLP
Reichstagswahl 1874 bis 1877Hermann von Nostitz-WallwitzDRP
Reichstagswahl 1877 bis 1890Theodor ReichDKP
Reichstagswahl 1890 bis 1893Georg HempelDKP
Reichstagswahl 1893 bis 1918Heinrich GräfeAntisemiten (Ref)
Ersatzwahl 1918 bis 1918Karl Otto UhligSPD0

Wahlen

1867 (Februar)

Es fand nur ein Wahlgang statt. Die Zahl der gültigen Stimmen betrug 14.766.

KandidatParteiStimmenin %Anmerkungen
Hermann von Salza und LichtenauFrKonsV1329900

1867 (August)

Es fand nur ein Wahlgang statt. Die Zahl der gültigen Stimmen betrug 7511.

KandidatParteiStimmenin %Anmerkungen
Hermann von Salza und LichtenauFrKonsV383600

1871

Es fanden zwei Wahlgänge statt. 21.746 Männer waren wahlberechtigt. Die Zahl der abgegebenen Stimmen betrug im ersten Wahlgang 9193, 40 Stimmen waren ungültig. Die Wahlbeteiligung betrug 42,3 %.

KandidatParteiStimmenin %Anmerkungen
Rudolf ThielNLP409800
Julius Robert DeumerKons412600
0Sonstige96900

In der Stichwahl betrug die Zahl der abgegebenen Stimmen 13.554, 34 Stimmen waren ungültig. Die Wahlbeteiligung betrug 48,7 %.

KandidatParteiStimmenin %Anmerkungen
Rudolf ThielNLP529400
Julius Robert DeumerKons526000

1874

Es fand ein Wahlgang statt. 23.928 Männer waren wahlberechtigt. Die Zahl der abgegebenen Stimmen betrug 14.570, 3 Stimmen waren ungültig. Die Wahlbeteiligung betrug 60,9 %.

KandidatParteiStimmenin %Anmerkungen
Hermann von Nostitz-WallwitzDRP11.53400
Graf zu Stolberg (-Brauna)Zentrum201300
DaschnerS (Eis)5130Drechsler
Hugo KellerS (Lass)4710Zigarrenarbeiter in Görlitz
0Sonstige3900

1877

Es fand ein Wahlgang statt. 24.891 Männer waren wahlberechtigt. Die Zahl der abgegebenen Stimmen betrug 12.298, 60 Stimmen waren ungültig. Die Wahlbeteiligung betrug 49,6 %.

KandidatParteiStimmenin %Anmerkungen
Theodor ReichDRP895100
Graf zu Stolberg (-Brauna)Zentrum183000
Hugo KellerS14280Zigarrenarbeiter in Görlitz
S3900
0Sonstige5000

1878

Es fand ein Wahlgang statt. 25.612 Männer waren wahlberechtigt. Die Zahl der abgegebenen Stimmen betrug 11.787, 35 Stimmen waren ungültig. Die Wahlbeteiligung betrug 46,2 %.

KandidatParteiStimmenin %Anmerkungen
Theodor ReichDRP660300
Dr. MinckwitzF281400
Graf zu Stolberg (-Brauna)Zentrum148800
Hugo KellerS8640Zigarrenarbeiter in Görlitz
0Sonstige1800

1881

Es fand ein Wahlgang statt. 26.932 Männer waren wahlberechtigt. Die Zahl der abgegebenen Stimmen betrug 15.320, 54 Stimmen waren ungültig. Die Wahlbeteiligung betrug 57,1 %.

KandidatParteiStimmenin %Anmerkungen
Theodor ReichDRP929200
WeigangF37390Fabrikant
Hugo KellerS2660Zigarrenarbeiter in Görlitz
0Sonstige2300

1884

Es fand ein Wahlgang statt. 26.276 Männer waren wahlberechtigt. Die Zahl der abgegebenen Stimmen betrug 13.275, 44 Stimmen waren ungültig. Die Wahlbeteiligung betrug 50,7 %.

KandidatParteiStimmenin %Anmerkungen
Theodor ReichDRP816200
F464400
S37100
Zentrum7300
0Sonstige2500

1887

Es fand ein Wahlgang statt. 27.090 Männer waren wahlberechtigt. Die Zahl der abgegebenen Stimmen betrug 17.564, 72 Stimmen waren ungültig. Die Wahlbeteiligung betrug 65,1 %.

KandidatParteiStimmenin %Anmerkungen
Theodor ReichDRP15.49700
F43500
S155800
Zentrum2800
0Sonstige4600

1890

Es fand ein Wahlgang statt. 27.947 Männer waren wahlberechtigt. Die Zahl der abgegebenen Stimmen betrug 18.429, 82 Stimmen waren ungültig. Die Wahlbeteiligung betrug 77,1 %. Die Kartellparteien NLP und Konservative stellten den konservativen Hempel als gemeinsamen Kandidaten auf.

KandidatParteiStimmenin %Anmerkungen
Max von ForckenbeckDF13417,3 %0
Georg HempelK12.79869,8 %0
von ZerschwitzK990, %0
Hermann SchönfeldSPD386821,1 %0
Ludwig WindthorstZentrum2021,1 %0
Sonstige390,2 %0

1893

Es fand ein Wahlgang statt. 28.783 Männer waren wahlberechtigt. Die Zahl der abgegebenen Stimmen betrug 20.619, 72 Stimmen waren ungültig. Die Wahlbeteiligung betrug 65,9 %. Der Kartellkandidaten wurde auch von BdL und Zentrum unterstützt. Die Deutsche Reformpartei stellte mit Gräfe erfolgreich einen Gegenkandidaten auf.

KandidatParteiStimmenin %Anmerkungen
Heinrich GräfeDR10.57251,4 %0
SchmidtFVP1160,6 %Institutsdirektor
Ferdinand zu Lippe-BaruthK362227,7 %Rittergutsbesitzer
Friedrich Wilhelm HöppnerSPD386817,6 %Werkführer
Alfred von Hompesch-RurichZentrum5182,5 %0
Sonstige340,2 %0

1898

Es fand ein Wahlgang statt. 30.035 Männer waren wahlberechtigt. Die Zahl der abgegebenen Stimmen betrug 16.141, 83 Stimmen waren ungültig. Die Wahlbeteiligung betrug 53,7 %. Gräfe wurde von dem BdL unterstützt, NLP und Konservative verzichteten auf eigene Kandidaten und unterstützten Gräfe damit indirekt.

KandidatParteiStimmenin %Anmerkungen
Heinrich GräfeDSR10.02662,4 %0
Karl Adolf SteigerK710,5 %Rittergutsbesitzer
Friedrich Wilhelm HöppnerSPD480629,9 %Werkführer
Felix PorschZentrum10706,7 %0
Sonstige850,5 %0

1903

Es fanden zwei Wahlgänge statt. 32.294 Männer waren wahlberechtigt. Die Zahl der abgegebenen Stimmen betrug im ersten Wahlgang 23.625, 74 Stimmen waren ungültig. Die Wahlbeteiligung betrug 73,2 %. BdL, Konservative und DR unterstützten Gräfe.

KandidatParteiStimmenin %Anmerkungen
Heinrich GräfeDR10.63745,2 %0
Herrmann GnauckFVP18678,3 %0
Friedrich Wilhelm HöppnerSPD919139,0 %Werkführer
Felix PorschZentrum17427,4 %0
Sonstige140,1 %0

In der Stichwahl betrug die Zahl der abgegebenen Stimmen 26.926. Die Wahlbeteiligung betrug 83,4 %. FVP und Zentrum riefen in der Stichwahl zur Wahl von Gräfe auf.

KandidatParteiStimmenin %Anmerkungen
Heinrich GräfeDR15.47857,7 %0
Friedrich Wilhelm HöppnerSPD11.33342,3 %Werkführer

1907

Es fand ein Wahlgang statt. 33.850 Männer waren wahlberechtigt. Die Zahl der abgegebenen Stimmen betrug 30.383, 111 Stimmen waren ungültig. Die Wahlbeteiligung betrug 89,8 %. Die FVP unterstützte nicht den Kandidaten des Bülow-Blocks, sondern trat mit einem eigenen Kandidaten an.

KandidatParteiStimmenin %Anmerkungen
Heinrich GräfeDR20.84668,9 %0
Herrmann GnauckFVP980,3 %0
Friedrich Wilhelm HöppnerSPD861928,5 %Werkführer
Matthias ErzbergerZentrum7002,3 %0
Sonstige90,0 %0

1912

Es fanden zwei Wahlgänge statt. 36.493 Männer waren wahlberechtigt. Die Zahl der abgegebenen Stimmen betrug im ersten Wahlgang 32.744, 85 Stimmen waren ungültig. Die Wahlbeteiligung betrug 89,7 %. Die liberalen Parteien einigten such auf Pudor als gesamtliberalen Kandidaten. Im Gegenzug verzichtete die FoVP bei den folgenden Landtagswahlen auf einen Kandidaten und unterstützte den Kandidaten der NLP. Gräfe gelang es diesmal, sich auch die Unterstützung des Zentrums zu sichern.

KandidatParteiStimmenin %Anmerkungen
Heinrich GräfeDR13.35440,9 %0
Richard PudorFoVP788924,2 %Kaufmann
Wilhelm BuckSPD11.41234,9 %0
Sonstige40,0 %0

In der Stichwahl betrug die Zahl der abgegebenen Stimmen 33.003, 481 Stimmen waren ungültig. Die Wahlbeteiligung betrug 90,4 %.

KandidatParteiStimmenin %Anmerkungen
Heinrich GräfeDR17.43053,6 %0
Wilhelm BuckSPD15.09246,4 %0

Ergänzungswahl 1918

Da Gräfe am 23. Oktober 1917 gestorben war, kam es Anfang 1918 zu einer Ergänzungswahl. Der Burgfrieden wurde ungewöhnlicherweise nicht eingehalten. Die Deutsch Völkische Partei, der das Mandat nach dem Burgfrieden zugestanden hätte, verzichtete auf einen Kandidaten. Da Gräfe der Fraktion der Deutsch-Konservativen als Hospitant angehört hatte, sahen sich die Konservativen als „Erben“ Gräfes und stellten einen Kandidaten auf. Da Herrmann nicht die förmliche Unterstützung der DVP hatte (und nicht hinter der Friedensresolution stand) sah die FoVP den Burgfrieden durch diese Kandidatur gebrochen und stellte Pudor auf. Auch die Sozialdemokraten wollten keinen Kandidaten unterstützen, der die Friedensresolution ablehnte und entschieden sich für einen eigenen Kandidaten. Der linksliberale Kandidat erhielt die Unterstützung der NLP, die konservative Kandidat die der rechten Parteien.

KandidatParteiStimmenin %Anmerkungen
Richard PudorFoVP352020,8 %Kaufmann
Ernst Heinrich HerrmannK698641,2 %Rechtsanwalt
Karl Otto UhligSPD645138,0 %0
Sonstige20,0 %0

In der Stichwahl unterstützte die FoVP den sozialdemokratischen Kandidaten.

KandidatParteiStimmenin %Anmerkungen
Ernst Heinrich HerrmannK877647,6 %Rechtsanwalt
Karl Otto UhligSPD967252,4 %0

Literatur

  • Fritz Specht: Die Reichstags-Wahlen von 1867 bis 1903 : eine Statistik der Reichstagswahlen nebst den Programmen der Parteien und einem Verzeichnisse der gewählten Abgeordneten, 2. Auflage 1904, S. 219–220.
  • Carl-Wilhelm Reibel: Handbuch der Reichstagswahlen 1890–1918. Droste Verlag, Düsseldorf 2007, ISBN 978-3-7700-5284-4, S. 1130–1133.
  • L. Gerschel: Die Reichstagswahlen von 1867 bis 1883, 1883, S. 136, Digitalisat.

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Hermann von Nostitz-Wallwitz (1826–1906)

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Theodor Reich (1823-1892)

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Karte der Reichstagswahlkreise im Deutschen Kaiserreich.
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Foto von Emil Heinrich Gräfe
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Silhouettevon Rudolf Thiel als Student in Leipzig