Reichsparteischule Rosa Luxemburg

Sitz der Parteischule „Rosa Luxemburg“ im Jahr 1928 in Dresden-Loschwitz, Kirchbachstraße 4 (heute An der Berglehne 4, Aufnahme von 2011)

Die Reichsparteischule „Rosa Luxemburg“ war eine zentrale Bildungseinrichtung der Kommunistischen Partei Deutschlands (KPD). Sie existierte von 1927 bis 1933. Im Jahre 1928 erhielt sie den Namen der KPD-Mitbegründerin Rosa Luxemburg.

Geschichte

Das Gebäude der Reichsparteischule in Schöneiche.

Die Gründung einer Reichsparteischule wurde im März 1927 auf dem 11. Parteitag der KPD in Essen beschlossen. Unmittelbar danach fand vom 1. April bis 31. Mai 1927 ein erster Lehrgang auf der Jugendburg Hohnstein (Sächsische Schweiz) statt. Von Januar bis März 1928 folgte ein zweiter Lehrgang in einer Villa im Dresdner Stadtteil Loschwitz-Weißer Hirsch. Zu dieser Zeit erhielt die Parteischule den Namen „Rosa Luxemburg“. Im Januar 1929 erfolgte der Umzug in das endgültige Quartier in der Kurzen Straße 5/6 (jetzt 11) in Fichtenau (heute ein Ortsteil von Schöneiche bei Berlin). Haus und Grund hatte die Schweizer Kommunistin Mentona Moser aus einer Erbschaft zur Verfügung gestellt.[1] Die Parteischule in Fichtenau wurde am 3. Februar 1929 eröffnet. Als Verwalter fungierte von 1929 bis 1933 Erich Wundersee.[2]

Der letzte Lehrgang der Reichsparteischule begann im Dezember 1932 und musste im Februar 1933 nach der Machtergreifung der Nationalsozialisten abgebrochen werden. Am 2. März 1933 besetzte die SA als Hilfspolizei das Gebäude, das fortan unterschiedlichsten Zwecken diente.

(c) Bundesarchiv, Bild 183-N0108-0325 / Franke, Klaus / CC-BY-SA 3.0
Paul Görbing, einer der Teilnehmer des letzten Lehrganges in der Parteischule bei einer Gedenkveranstaltung in der Gedenkstätte in Schöneiche im Jahr 1974.

Im Dezember 1973 wurde auf Beschluss des Sekretariats des ZK der SED in der ehemaligen Parteischule der KPD in Schöneiche-Fichtenau eine Gedenk- und Bildungsstätte eröffnet, die bis zum politischen Umbruch von 1989/90 existierte. Heute befindet sich das Haus wieder in Privatbesitz.

Lehrplan

Wichtige Unterrichtsinhalte waren die Vermittlung der marxistisch-leninistischen Philosophie, die politische Ökonomie und die Geschichte der Arbeiterbewegung. Es gab u. a. Lektionen zu Strategie und Taktik, zur Agrarpolitik, Militärpolitik und Sozialpolitik sowie Kurse für angehende Abgeordnete. Der Historiker Martin Sabrow kommt zu der Einschätzung, die Parteischule habe nicht Wissen, sondern vor allem Gläubigkeit vermittelt.[3]

Als Unterrichtsmaterialien wurden vor allem die Klassiker des Marxismus-Leninismus verwendet, insbesondere Das Kapital von Karl Marx, Der Imperialismus als höchstes Stadium des Kapitalismus, Staat und Revolution, Imperialismus und Empiriokritizismus von W. I. Lenin.

Lehrer

Als Lehrer wirkten u. a. Hermann Duncker, Ernst Schneller, Franz Dahlem, Karl August Wittfogel, Fred Oelßner, Theodor Neubauer, Philipp Dengel und Ernst Noffke. Häufig unterrichteten sowjetische Gastdozenten an der Schule. Zu Beginn oder am Abschluss der Lehrgänge traten führende KPD-Funktionäre wie Ernst Thälmann und Wilhelm Pieck als Dozenten auf.

Schüler

Die Teilnehmer der Lehrgänge wurden von den Parteibezirken bzw. den Leitungen von der KPD nahestehenden Verbänden KJVD, Roter Frontkämpferbund und Rote Hilfe für den Lehrgang vorgeschlagen und von der Parteiführung ausgewählt. Der Besuch der Reichsparteischule sollte die Absolventen zur Übernahme von Führungspositionen in der KPD und den Nebenorganisationen befähigen. Schüler waren u. a. Etkar André, Hans Beimler, Conrad Blenkle, Lea Grundig, Hasso Grabner, Grete Groh-Kummerlöw, Erich Honecker, Hans Jendretzky, Emmy Damerius-Koenen, Karl Mewis, Anton Saefkow und Elli Schmidt.

Literatur

  • Damals in Fichtenau. Erinnerungen an die zentrale Parteischule der KPD. Gedenk- und Bildungsstätte Schöneiche-Fichtenau 1980.
  • Im Kampf bewährt. Von der Eröffnung der Gedenk- und Bildungsstätte Schöneiche-Fichtenau. 1974.
  • Fritz Ludwig, Klaus Gäbler, Heinz Moritz: Gedenk- und Bildungsstätte Schöneiche-Fichtenau. 1973 (2., erweiterte Auflage 1977).
  • Heinrich-Wilhelm Wörmann: Schließung und Besetzung der Reichsparteischule der KPD. In: ders.: Widerstand in Köpenick und Treptow. Gedenkstätte Deutscher Widerstand. 2. Auflage, Berlin 2010, ISBN 978-3-926082-43-5, S. 101–105.
  • Ronny Noak: Von "Staatsbürgerausbildung" und "Kaderschmieden". Die Parteischulen der Weimarer Republik. In: Andreas Braune / Michael Dreyer (Hrsg.): Republikanischer Alltag. Die Weimarer Demokratie und die Suche nach der Normalität (= Weimarer Schriften zur Republik Band 2). Franz Steiner Verlag, Stuttgart 2017, ISBN 978-3-515-11952-8, S. 271–284.

Weblinks

Commons: Reichsparteischule der KPD – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Vgl. Mentona Moser: Unter den Dächern von Morcote. Meine Lebensgeschichte. Herausgegeben und mit einem Nachwort versehen von Ilse Schiel. Dietz Verlag, Berlin 1985, S. 261 f.
  2. Wundersee, Erich. In: Hermann Weber, Andreas Herbst: Deutsche Kommunisten. Biographisches Handbuch 1918 bis 1945. 2., überarbeitete und stark erweiterte Auflage. Dietz, Berlin 2008, ISBN 978-3-320-02130-6.
  3. Martin Sabrow: Erich Honecker. Das Leben davor. 1912–1945. C.H. Beck Verlag, München 2016, S. 68.

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Es folgt die historische Originalbeschreibung, die das Bundesarchiv aus dokumentarischen Gründen übernommen hat. Diese kann allerdings fehlerhaft, tendenziös, überholt oder politisch extrem sein. Info non-talk.svg
ADN-ZB Franke 8.1.1974 Berlin: Gedenk- und Bildungsstätte ist jetzt die ehemalige Reichsparteischule "Rosa Luxemburg" der KPD in Schöneiche-Fichtenau bei Berlin. Zu den Teilnehmern des letzten Lehrgangs von 1932 bis 1933 gehörte Genosse Paul Görbing. Von dieser schweren Zeit berichtet er den Jugendweiheteilnehmern der Schöneicher Schule. In dieser höchsten Bildungsstätte der KPD, in der einst Ernst Thälmann lehrte, wurden Kader der Partei erzogen, die sich im Kampf gegen Faschismus und Krieg, für Frieden, Demokratie und Sozialismus bewährten.
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Denkmalgeschütztes Haus, An der Berglehne 4, Loschwitz, Dresden