Regenbogenparade

Regenbogenparade 2007, Abschlusskundgebung am Schwarzenbergplatz
Die Gruppe „Rainbow Warriors“, 2007
Die Schwimmgruppe „Kraulquappen“, 2007
Tanzformation „Les Schuh Schuh“, 2007
Herzkönigin“, 2007
„Pure Glam“, 2007
Demonstrationszug der Wiener Linien, 2012
Trommelnde Gegendemonstration der Rosa Antifa Wien bei der Wiener Staatsoper gegen die christlich-fundamentalistische Gegendemonstration (im Hintergrund) zur Regenbogenparade 2012.

Die Regenbogenparade ist eine politische Demonstration und ein Umzug, der jährlich in Wien auf der Ringstraße durchgeführt wird. Sie setzt sich für die Gleichberechtigung von Schwulen und Lesben ein und entspricht damit den Veranstaltungen, die in Deutschland als Christopher Street Day bezeichnet werden. Diese Parade ist die wichtigste Veranstaltung der Schwulen-, Lesben-, Bisexuellen- und Transgenderbewegung in Österreich.

Beschreibung

Die erste Regenbogenparade fand am 29. Juni 1996 statt, organisiert vom Österreichischen Lesben- und Schwulenforum. Die Idee für den Namen der Parade stammte von Mario Soldo, die polizeiliche Anmeldung erfolgte durch Christian Michelides, maßgeblich an der Organisation beteiligt waren neben den Genannten Andreas Brunner, Günter Strobl und Hannes Sulzenbacher.[1] Die Regenbogenparade wird alljährlich Ende Juni/Anfang Juli an einem Samstag abgehalten. 2001 und 2019 war Wien Host City der EuroPride, die Regenbogenparade wurde in diesen Jahren als EuroPride Parade geführt. Seit 2003 wird die Parade vom Verein HOSI Wien (Homosexuelle Initiative Wien) organisiert, nachdem der zuvor verantwortliche CSD-Verein in Konkurs gegangen war.

Die Regenbogenparade wird seit 2004 von der Stadt Wien unterstützt.[2] Sie führt vom Stadtpark über den Kai und Ring zum Museumsquartier, Heldenplatz, Karlsplatz oder Schwarzenbergplatz. Damit ist sie eine der wenigen Demonstrationen, die den Ring gegen den Uhrzeigersinn bzw. die Fahrtrichtung, also andersrum [sic], begehen. Der Gedanke, „andersrum“ über die Wiener Ringstraße zu demonstrieren, ist auch in Zusammenhang mit dem lesbischwulen Festival „Wien ist andersrum. Das Festival der Verlockungen vom anderen Ufer“ (1996–2004) zu sehen, welches seinen Namen vom damaligen offiziellen Werbeslogan der Stadt „Wien ist anders“ abgeleitet hatte.

Jährlich nahmen über 100.000 Leute als Demonstrierende oder Besuchende teil. Im Anschluss wird auf einem Platz in Ringnähe als Abschlusskundgebung die Celebration gefeiert, bei der prominente Politiker und musikalische Showgäste auftreten. 2016 kam auch Christian Kern in seiner Funktion als Bundeskanzler zur Parade. Bei der EuroPride Parade 2019 kamen Bundespräsident Van der Bellen und der Wiener Bürgermeister Michael Ludwig. 2020 wurde die Veranstaltung aufgrund der COVID-19-Pandemie abgesagt.[3]

2021 fand die Parade mit Einschränkungen wieder statt.

2022 durften wie früher auch die geschmückten Fahrzeuge und Straßenbahnen an der Parade teilnehmen. Die Veranstalter sprachen von 250.000 Teilnehmern, die den gesamten Ring umrundeten. Bei der Abschlusskundgebung der Regenbogenparade auf dem Rathausplatz gab es neben einer Videobotschaft von Bundespräsident Alexander Van der Bellen unter anderem Reden der Abgeordneten Ewa Ernst-Dziedzic (Grüne) und Mario Lindner (SPÖ) sowie Vizebürgermeister Christoph Wiederkehr (NEOS).[4]

An der Veranstaltung im Juni 2023 nahmen mehr als 300.000 Menschen teil. Im Vorfeld der Parade wurden drei Verdächtige im Alter von 14, 17 und 20 Jahren festgenommen. Die Direktion Staatsschutz und Nachrichtendienst hatte Kenntnis davon erhalten, dass die jungen Männer, österreichische Staatsbürger bosnischer bzw. tschetschenischer Herkunft, einen Anschlag „mit Messer oder Kfz“ durchführen wollten. Die Verdächtigen hätten sich im Internet radikalisiert und Inhalte des Islamischen Staates geteilt. Bei Hausdurchsuchungen wurde diverses Beweismaterial, darunter Waffen, gefunden.[5][6]

Fixpunkte

  • Am Morzinplatz wurde mehrmals beim Mahnmal für die Opfer der NS-Gewaltherrschaft eine Gedenkminute eingelegt und ein Kranz niedergelegt; denn an dieser Stelle befand sich im ehemaligen Hotel Metropol die Gestapo-Leitstelle, wo die Opfer verhört und erkennungsdienstlich behandelt wurden. Seit 2003 wird beim „Moment des Gedenkens“ neben den Opfern des Nationalsozialismus auch der an AIDS Verstorbenen und der Opfer homophober Gewalt gedacht.
  • 1999 hat das ÖLSF im Rahmen der Regenbogenparade am 19. Juni das bestehende Mahnmal am Morzinplatz um einen sechs Meter langer Balken vor dem Denkmal ergänzt, der die vergessenen Winkel zeigte. Damit sollte das Gedenken an die vergessenen Opfergruppen – die homosexuellen und transgender Opfer des Nationalsozialismus – eingemahnt werden. Die Idee dazu hatte Hannes Sulzenbacher, die künstlerische Ausführung kam von Karin Krahl, Entwurf und Durchführung waren vom Österreichischen Lesben- und Schwulenforum und der Regenbogen Parade (CSD Wien).[7][8] Nach einer Wettbewerbsentscheidung im März 2006 sollte an diesem Platz 2007 ein eigenes Mahnmal errichtet werden. Bis dato, Sommer 2009, fehlt die Umsetzung. Im April 2009 wurde bekannt, dass „ein neues Projekt geprüft werde. Ohne Jury, ohne öffentliche Diskussion und ohne Beteiligung der Community.“[9]
  • Mit im Umzug ist fast jedes Jahr auch Hermes Phettberg dabei, welcher früher zeitungslesend in einem Fiaker chauffiert wurde und jetzt in einem Velotaxi unterwegs ist.

Termine

Die Regenbogenparaden finden immer an einem Samstag im Juni statt.

Nr.TerminZielBemerkung
129. Juni 1996Schottenringin Fahrtrichtung
228. Juni 1997Karlsplatz
34. Juli 1998Karlsplatz
419. Juni 1999Karlsplatzin Fahrtrichtung
517. Juni 2000Burgring
630. Juni 2001HeldenplatzEuroPride Parade
729. Juni 2002Heldenplatz
828. Juni 2003Museumsquartier
926. Juni 2004Museumsquartier
102. Juli 2005Heldenplatz
111. Juli 2006Heldenplatz
1230. Juni 2007Schwarzenbergplatz
1312. Juli 2008Heldenplatz
144. Juli 2009Schwarzenbergplatz
153. Juli 2010Schwarzenbergplatz
1618. Juni 2011Rathausplatzin Fahrtrichtung
1716. Juni 2012RathausplatzWiener Ringstraße in Fahrtrichtung; erstmalige komplette Umrundung[10]
1815. Juni 2013Heldenplatz[11]gegen die Fahrtrichtung
1914. Juni 2014Rathausplatz[12]gegen die Fahrtrichtung
2020. Juni 2015Rathausplatz[13][14]gegen die Fahrtrichtung
2118. Juni 2016Sigmund-Freud-Parkin Fahrtrichtung
2217. Juni 2017Rathausplatz[15]gegen die Fahrtrichtung
2316. Juni 2018Rathausplatz[16]gegen die Fahrtrichtung
2415. Juni 2019RathausplatzEuroPride Parade, gegen die Fahrtrichtung
2519. Juni 2021Rathausplatz[17]ViennaPride Parade, gegen die Fahrtrichtung
2611. Juni 2022Rathausplatz[18]Regenbogenparade im Rahmen der ViennaPride, gegen die Fahrtrichtung
2717. Juni 2023Rathausplatz[19]Regenbogenparade im Rahmen der ViennaPride, gegen die Fahrtrichtung

Kulturwissenschaftliche Hintergründe

Der protestorientierten Veranstaltung wird auch eine negative Veränderung zugeschrieben. Zu viel buntes Treiben und zu wenig politischer Protest seien Inhalt dieser Feste. Es stünde mehr Inszenierung von Vielfalt im Vordergrund. Gerade die Regenbogenparade beweist jedoch, dass dem nicht so ist. Die bunte Parade wird bewusst auf der Wiener Ringstraße als „Straße der Republik“ inszeniert. „Sie symbolisiert die Verortung österreichischer Nationsbildung wie kein anderer Platz. Errichtet im Zuge der Abtragung Wiens mittelalterlicher Stadtmauern verkörpert die Architektur der Ringstraße die Gründerzeit des späten 19. Jahrhunderts, jenem Moment, welcher die Verschmelzung von liberalem Fortschritt und habsburgerischen Glanz darstellt. (…) In Anbetracht ihrer Bedeutung für die Konstruktion österreichischer Nationalidentität war die Ringstraße schon immer ein bevorzugter Ort für politische Mobilisierung. Und seit der Jahrhundertwende ist die Prachtstraße der logische Platz für die öffentliche Darstellung sozialer Stärke.“ (Bunzl 2001: 262)

Somit ist die Ringstraße der politische Ort, an dem gegen Unterdrückung und für Sichtbarkeit und Gleichstellung demonstriert wird. Die Regenbogenparade bedient sich der nationalen Symbolik und besetzt diese neu. Die heterosexuelle Exklusivität wird stark hinterfragt und kritisiert. Es ist von großer Bedeutung, dass der Ort der Regenbogenparade die Hauptstadt Wien ist, denn in ihr sind symbolische und politische Macht materialisiert.

Den Gründern war wegen der genannten Gründe die Ringstraße als Ort der Parade wichtig, auch wenn die Polizei und wohl auch die Politik sie lieber an einem anderen Ort gesehen hätten. So stand als Vorschlag der Polizei auch die Prater-Hauptallee zur Diskussion.[20]

Weitere Paraden

Im Jahr 2010 fand die erste Regenbogen Pride Parade in Bratislava statt. Auch im Folgejahr fand wieder eine statt.[21]

In Budapest wird die Gay Pride Parade seit 1997 durchgeführt. Auch im Jahr 2011 wurde eine Demonstration abgehalten. Sie war noch am Tag vorher von der Polizei wegen geänderter Routenführung verboten worden. Dieses Verbot wurde aber vom Gericht als überzogen aufgehoben.[22]

Als Gegenstück versteht sich der Marsch für die Familie.

Literatur

  • Matti Bunzl (2001): Die Regenbogenparade als kulturelles Phänomen, in: Wolfgang Förster, Tobias G. Natter, Ines Rieder (Hg.): Der andere Blick. Lesbischwules Leben in Österreich. Eine Kulturgeschichte. Wien, ISBN 978-3-9501466-0-8, S. 261–270.

Weblinks

Commons: Regenbogenparade – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Andreas Brunner: Über die erste Regenbogenparade. In Lamdanachrichten, Seite 6ff (Memento vom 21. August 2011 im Internet Archive) (PDF; 5,5 MB)
  2. Regenbogen-Parade – Gelungenes Fest am Ring (PDF; 3,6 MB), Lambda Nachrichten 3/2004, S. 7
  3. Coronavirus: Regenbogenparade abgesagt. In: ORF.at. 23. März 2020, abgerufen am 25. März 2020.
  4. Riesenparty auf Regenbogenparade. ORF.at, 11. Juni 2022, abgerufen am 11. Juni 2022.
  5. Polizei verhaftet drei Männer wegen Terrorverdachts, Der Spiegel, 18. Juni 2023.
  6. Angeblich geplanter Anschlag auf Regenbogenparade abgewendet, Der Standard, 18. Juni 2023.
  7. OTS-Aussendung, 20. Juni 1999: ÖLSF „ergänzt“ das Denkmal am Morzinplatz und mahnt das Gedenken an die vergessenen Opfergruppen ein., abgerufen am 24. August 2009
  8. Kurt Krickler, Lambdanachrichten 4.2006, 13: Rosa Platz für Wien – Irrtümer (PDF; 4,1 MB), abgerufen am 24. August 2009
  9. Warten auf das Homo-Mahnmal am Morzinplatz, Artikel von Marco Schreuder vom 7. April 2009, abgerufen am 7. September 2015.
  10. Hosi Wien: Regenbogenparade 2012; abgerufen am 17. Juni 2012
  11. [1]
  12. [2]
  13. Regenbogenparade 2015
  14. orf.at – „Sichtbar 2015“ bei Regenbogenparade. Artikel vom 20. Juni 2015, abgerufen am 7. September 2015.
  15. 22. Regenbogenparade – 17. Juni 2017. In: Vienna Pride. Abgerufen am 17. Juni 2017.
  16. 23. Regenbogenparade – 16. Juni 2018. In: Vienna Pride. Abgerufen am 3. Januar 2018.
  17. 25. Regenbogenparade – 19. Juni 2021. In: Vienna Pride. Abgerufen am 13. Juni 2021.
  18. Regenbogenparade: Hunderttausende demonstrieren für LGBTQI-Rechte. derstandard.at, 11. Juni 2022, abgerufen am 11. Juni 2022 (österreichisches Deutsch).
  19. Regenbogenparade / 17. Juni 2023. viennapride.at, abgerufen am 17. Juni 2023 (österreichisches Deutsch).
  20. WFischer: Spatial Turn? – Part 3 – Zusammenfassung des Impulsreferats von Andreas Brunner, kakanien.ac.at, 23. Februar 2007
  21. Lesben- und Schwulenrechte noch immer tabu für manche Slowaken auf Radio Slovakia International vom 8. Juni 2011 abgerufen am 9. Juni 2011
  22. Gay Pride Parade am Samstag in Ungarn im Pester Lloyd vom 19. Juni 2011, abgerufen am 21. Juni 2011.

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Regenbogenparade 2007 - Rainbow Warriors
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Regenbogenparade 2007, Vienna - Dancing formation „Les Schuh Schuh“
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Stage of the Regenbogenparade 2007 at the Schwarzenbergplatz in Vienna, Austria.
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Die Rosa Antifa Wien versucht eine kleine konservativ-christliche Gegendemonstration (im Bildhintergrund und von vielen Polizisten abgeschirmt) bezüglich der Regenbogenparade 2012 bei der Wiener Staatsoper mittels Trommeln und Pfeifen akustisch zu übertönen.
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Regenbogenparade 2007, Vienna - Swimming group "Kraulquappen"