Rede Joschka Fischers zum NATO-Einsatz im Kosovo

Joschka Fischer, 2001

Die Rede Joschka Fischers zum NATO-Einsatz im Kosovo war eine Rede auf dem sogenannten Kosovo-Sonderparteitag,[1] einem Außerordentlichen Parteitag der Partei der Grünen am 13. Mai 1999 in Bielefeld. Joschka Fischer war zu der Zeit Bundesminister des Auswärtigen und Stellvertreter des Bundeskanzlers der Bundesrepublik Deutschland in einer rot-grünen Bundesregierung, sowie auch Präsident des Rats der Europäischen Union.

In dieser Rede legitimierte Fischer den ersten deutschen Kriegseinsatz nach dem Zweiten Weltkrieg, als sich deutsche Truppen am Einsatz der NATO im Kosovokrieg beteiligten. Fischer äußerte sich in der Rede unter anderem wie folgt:

Auschwitz ist unvergleichbar. Aber ich stehe auf zwei Grundsätzen, nie wieder Krieg, nie wieder Auschwitz, nie wieder Völkermord, nie wieder Faschismus. Beides gehört bei mir zusammen.[2]

Fischers Auschwitz-Vergleich wurde von der Journalistin Barbara Supp im Spiegel kritisiert: „Und dann sprach Joschka Fischer von einem neuen Auschwitz, das der Serbe Milošević plane und das nur durch Krieg zu verhindern sei. Auschwitz – das äußerste Mittel. Der Kosovo-Krieg, obwohl das Völkerrecht dagegen sprach, sei also gerecht und ohne Alternative. Er hieß ‚humanitäre Intervention’. Wer dagegen war, würde Alliierter der serbischen Mörder sein.“[3]

Der von Verteidigungsminister Rudolf Scharping entlassene Brigadegeneral Heinz Loquai merkte zu den Vergleichen Fischers und Scharpings an:

„Hier muss ich mich wirklich beherrschen, weil der Vergleich mit Auschwitz und der Situation im Kosovo eine ungeheuerliche Behauptung ist. Man muss sich als Deutscher schämen, dass deutsche Minister so etwas getan haben, denn ein normaler Mensch, ein normaler Deutscher, wird vor Gericht zitiert, wenn er in derartigem Ausmaße Auschwitz verharmlost. Und dass ein deutscher Minister von KZs im Kosovo sprach, ist auf der gleichen Linie, denn KZs sind Einrichtungen einer bestimmten historischen Situation, nämlich der nationalsozialistischen Zeit in Deutschland. Und ich finde es im Grunde genommen ungeheuerlich, dass gerade Deutsche diese Vergleiche gewählt haben.“[4]

Das Schloss Rambouillet bei Paris. Ort erfolgloser Verhandlungen zwischen Jugoslawien und Kosovo-Albanern.

Den Zustimmenden der NATO-Aktion waren seinerzeit – im Gegensatz zu Fischer – nicht alle Teile des Vertrags von Rambouillet[5] bekannt: „Fischer habe nicht alle diplomatischen Spielräume bei den Verhandlungen genutzt und Informationen über den Vertrag zurückgehalten.“[6] (Angelika Beer)

Siehe auch

Literatur

Text und Video der Rede

Weblinks

Einzelnachweise

  1. gruene.de: Interview mit Reinhard Bütikofer über den Kosovo-Sonderparteitag in Bielefeld 1999 (25. Oktober 2010).
  2. Wortlaut: Auszüge aus der Fischer-Rede. In: Spiegel Online. 13. Mai 1999, abgerufen am 16. November 2019.
  3. Barbara Supp: Die schmutzige Wahrheit. In: Der Spiegel. Nr. 17, 2010, S. 25 (online).
  4. zit. nach Es begann mit einer Lüge – ag-friedensforschung.de (abgerufen am 21. August 2018); vgl. Marcel Baumann: Schlechthin böse?: Tötungslogik und moralische Legitimität von Terrorismus (Springer Texts in Statistics) 2013, S. 208 f.
  5. Appendix B: Status of Multi-National Military Implementation Force uni-marburg.de/~naeser. Die NATO wollte den Krieg (PDF) DKP-online. Der Vertrag von Rambouillet: Ein unannehmbares Besatzungsstatut für Jugoslawien? homepage.t-online.de
  6. Andreas Zumach: Die Rambouillet-Lüge: Was wußte Joschka Fischer? In: taz. 12. April 1999, abgerufen am 23. September 2017.

Auf dieser Seite verwendete Medien

Château de Rambouillet 1.jpg
Autor/Urheber: Kim from France/Francia, Lizenz: CC BY 2.0

Rambouillet's castle HDR with 3 shots at (-2,0,2) IL and tonemapped with photomatix.

View On Black
Fischer und Paul Wolfowitz (Headshot).jpg
German Foreign Minister Joschka Fischer at the Pentagon, on Sept. 19, 2001. Fischer met earlier with Wolfowitz to hear his assessment of the Sept. 11th terrorist attacks on the United States and to discuss the planned war on terrorism being advocated by President George W. Bush. DoD photo by R. D. Ward. 010919-D-9880W-049