Red Secrets – Im Fadenkreuz Stalins

Film
TitelRed Secrets – Im Fadenkreuz Stalins
OriginaltitelMr. Jones
ProduktionslandPolen,
Ukraine,
Vereinigtes Königreich
OriginalspracheEnglisch
Erscheinungsjahr2019
Länge118 Minuten
Altersfreigabe
Stab
RegieAgnieszka Holland
DrehbuchAndrea Chalupa
ProduktionAndrea Chalupa,
Stanislaw Dziedzic,
Klaudia Smieja
MusikAntoni Łazarkiewicz
KameraTomasz Naumiuk
SchnittMichał Czarnecki
Besetzung

Red Secrets – Im Fadenkreuz Stalins (Originaltitel: Mr. Jones, polnisch: Obywatel Jones) ist ein Filmdrama von Agnieszka Holland aus dem Jahr 2019.[2] Der Film erzählt, wie Gareth Jones 1933 in die Sowjetunion reist und investigativ tätig wird.[3][4]

Handlung

Der Schriftsteller George Orwell entwirft mit Blick auf ein ukrainisches Farmhaus eine Geschichte, die die zeitgenössischen Vorkommnisse spiegeln soll. Sie soll einfach zu verstehen sein und auch diejenigen ansprechen, die sich lieber romantischen Themen widmen. Deswegen entscheidet er sich – in Anlehnung an den später geschriebenen Roman Farm der Tiere – für eine Fabel mit einem „Mister Jones, der abends den Hühnerstall abschließt.“

Gareth Jones, ein ehrgeiziger junger Journalist, der durch sein Interview mit Adolf Hitler bekannt wurde, schildert als politischer Berater vor Vertretern der britischen Regierung seine Einschätzung, dass die in Deutschland erstarkende NSDAP mit ihren Parteiführern Hitler und Goebbels einen Krieg vorbereite. Jones’ Darstellung wird von der Runde belustigt und als übertrieben aufgenommen: Hitlers Handeln würde sich als Regierungschef schon an der Realpolitik orientieren. Jones wird aus vordergründig finanziellen Gründen aus seiner Position entlassen. Er bittet darum, in die Sowjetunion geschickt zu werden, um dort die politische Situation vor Ort zu analysieren. Seinem Wunsch wird nicht entsprochen. Er bemüht sich um ein privates Visum und reist auf eigene Faust und Dank seiner Verbindungen zu Lloyd George, dem ehemaligen britischen Premierminister, von Großbritannien nach Moskau. Jones versucht, ein Interview mit Josef Stalin zu arrangieren, um mehr über die wirtschaftliche Expansion der Sowjetunion und ihren Fünfjahresplan herauszufinden: Er geht der Frage nach, wie in der wirtschaftlich angespannten Weltlage die Sowjetunion über große finanzielle Mittel verfügen kann, und geht zunächst davon aus, dass „die Zahlen nicht stimmen“. Ein Interview mit Stalin bleibt ihm allerdings verwehrt.

Jones Aufenthaltserlaubnis ist auf Moskau beschränkt. Vor seiner Abfahrt hatte er seinen Freund und Journalistenkollegen Paul Kleb telefonisch kontaktiert und seine Ankunft angekündigt. Kleb spricht in dem Telefonat von einer ‘großen Geschichte’, die er momentan recherchieren würde. Das Gespräch bricht abrupt ab. In Moskau angekommen wird Jones geschildert, dass Kleb wenige Tage zuvor vor dem Hotel Metropol, in dem auch er und viele andere Westeuropäer untergebracht sind, heimtückisch ermordet worden ist. Er nimmt Kontakt zu der Journalistin Ada Brooks auf. Sie übergibt Jones Klebs Aufzeichnungen, die sich auf die Ukraine beziehen, rät ihm aber von einer Recherchereise dorthin ab.

Damit er die Ukraine bereisen kann, fälscht er ein Empfehlungsschreiben und gibt sich als getarnt reisender Diplomat aus. Er bekommt die Reiseerlaubnis für die Ukraine, um sich als Antwort auf die Bedrohung durch Deutschland und Großbritannien ein Bild vom militärisch-industriellen Komplex, u. a. in Charkiw, machen zu können. Auf der Zugfahrt setzt er sich von seinem Geheimdienst-Begleiter ab, der als Funktionär seinen Reichtum und den seiner Familie preist.

Jones reist alleine nach Jusowka, dem sowjetischen Stalino, weiter. In Jusowka hatte seine Mutter einige Jahre Englisch unterrichtet. Er erkennt, dass die Gerüchte über den Holodomor, die Hungersnot in der Ukraine in den Jahren 1932 und 1933, zutreffen und die reale Situation schlimmer ist als gedacht: Auf dem Weg durch die ukrainische Provinz sieht er zahlreiche Hungertote und mit der Sammlung und dem Abtransport ukrainischen Getreides „nach Moskau“ den Grund für die Not. Er trifft auf Kinder, die sich, auf sich allein gestellt, von ihrem verstorbenen Bruder ernähren. Entsetzt und selbst von Hunger getrieben flüchtet er und erreicht eine Stadt, in der unter einem Propagandabild Stalins Brot an eine Menschenmenge verteilt wird. In der wartenden Menge kommt es zu Kämpfen um das verteilte Brot. Jones fragt eine Frau in der Menge, warum die Menschen hier um eine Brotration anstehen würden, wo doch die ukrainischen Äcker mit ihrer Schwarzerde die ganze Welt mit Getreide versorgen könnten. Jones erhält mit Blick auf Stalins zentralisierte Planwirtschaft und die Zwangskollektivierung in der Sowjetunion die Antwort, dass in der Ukraine Millionen durch Hunger umgebracht würden.

Er wird festgenommen, seitens der sowjetischen Regierung wird ihm nahegelegt, über das Gesehene Stillschweigen zu bewahren. Nur so sei das Überleben von sechs inhaftierten britischen Ingenieuren gewährleistet. Widerwillig sagt er zu und darf das Land in Richtung London verlassen. Aufgrund eines Artikels des als naiv prosowjetisch gezeichneten Korrespondenten Walter Duranty in der New York Times, in dem dieser Berichte über die Hungersnot als faktenwidrige Gerüchte bezeichnet, verliert Jones seine Reputation als Journalist und kehrt in seine walisische Heimat zurück.

Mit Hilfe von Randolph Hearst, einem Nazi-Sympathisanten und einflussreichen Verleger etlicher Zeitungen, veröffentlicht Jones einen „Einspruch gegen Durantys Pulitzer“ und überzeugt die Öffentlichkeit.

Im Abspann liest George Orwell ein Zitat aus seinem Buch Farm der Tiere vor: „Die Tiere hatten manchmal tagelang nichts anderes zu essen als Rinde und Rüben. Sie schienen dem Hungertod preisgegeben. Es war lebenswichtig, diese Tatsache vor der Welt zu verbergen. Ermutigt durch den Einsturz der Windmühle ersannen die Menschen immer neue Lügen über die Farm der Tiere“.

Premiere

Der Film hatte seine Weltpremiere bei den Internationalen Filmfestspiele Berlin 2019 und war dort nominiert für den besten Film.[4] Die Vertriebsrechte für Nordamerika wurden im August 2019 von Samuel Goldwyn Films erworben.[5]

Rezeption

Auf Rotten Tomatoes erhielt der Film eine Benotung von 86 Prozent basierend auf 105 Bewertungen.[6] Auf Metacritic hat der Film eine Punktzahl von 68 Prozent basierend auf Bewertungen von 19 Kritikern, was auf „allgemein günstige Bewertungen“ hinweist.[7]

Peter Bradshaw von The Guardian gab dem Film vier von fünf Sternen und nannte ihn „einen mutigen und von Herzen kommenden Film mit einem echten Lean-ian-Touch“.[8] Tim Robey von The Telegraph vergab drei von fünf Sternen. Er lobte Peter Sarsgaard für seinen Auftritt und dafür, dass er das „leider ungenutzte“ Potenzial des Films etwas zur Geltung gebracht hat.[9]

Das Lexikon des internationalen Films vergibt zwei von fünf möglichen Sternen und bemängelt, dass „die Inszenierung […] im Bestreben, die Ereignisse zu einer Heldengeschichte mit klarem Gut-Böse-Schema zu machen, allzu frei mit den Fakten“ umgehe.[10]

Am 14. Oktober 2021 erzwang eine Gruppe maskierter Männer in Gegenwart eines Kamerateams des staatlichen Fernsehens den Abbruch einer Vorführung des Films am Moskauer Sitz der Menschenrechtsorganisation Memorial.[11][12]

Künstlerische Freiheiten

Im Vorspann des Films wird behauptet, der Film beruhe auf tatsächlichen Gegebenheiten. Im Gegensatz dazu begegnete Gareth Jones nie George Orwell, er traf Randolph Hearst in Amerika und nicht in Wales, er nahm nicht an Kannibalismus teil, er befand sich nie auf der Flucht entlang von Eisenbahnlinien und wurde auch nicht inhaftiert.[13]

Auszeichnungen

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Freigabebescheinigung für Red Secrets – Im Fadenkreuz Stalins. Freiwillige Selbstkontrolle der Filmwirtschaft (PDF; Prüf­nummer: 201491/V).Vorlage:FSK/Wartung/typ nicht gesetzt und Par. 1 länger als 4 Zeichen
  2. Selection for Competition and Berlinale Special Completed. In: berlinale. Archiviert vom Original (nicht mehr online verfügbar) am 26. März 2019; abgerufen am 17. Januar 2019.  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.berlinale.de
  3. Gareth Jones: The Welsh Investigative Journalist. Abgerufen am 11. Oktober 2021.
  4. a b Leo Barraclough: First Footage From Berlin Competition Film Mr. Jones (EXCLUSIVE). 28. Januar 2019, abgerufen am 25. Juni 2019.
  5. Robert Mitchell: Samuel Goldwyn Films Takes U.S. Rights to Berlin Competition Title ‘Mr Jones’. In: Variety. 22. August 2019, abgerufen am 10. Dezember 2019.
  6. Mr. Jones. In: Rotten Tomatoes. Fandango, abgerufen am 11. Oktober 2021 (englisch).
  7. Mr. Jones. In: Metacritic. Abgerufen am 11. Oktober 2021 (englisch).
  8. Peter Bradshaw: Mr Jones review – newsman's heroic journey into a Soviet nightmare. In: The Guardian. 11. Februar 2019, abgerufen am 25. Juni 2019.
  9. Tim Robey: Mr Jones. Berlin Film Festival review: James Norton makes history as the original fake news crusader. In: telegraph.co.uk. 15. Februar 2019, abgerufen am 25. Juni 2019.
  10. Red Secrets – Im Fadenkreuz Stalins. In: Lexikon des internationalen Films. Filmdienst, abgerufen am 10. Januar 2022.
  11. Russland hat keine Freunde faz.net, 11. Mai 2023.
  12. Chuligani przerwali seans polskiego filmu w Moskwie. Na miejscu jest już policja onet.pl, 14. Oktober 2021.
  13. Philip Colley: The True Story behind the 'True Story' of Mr Jones. 26. Januar 2020, abgerufen am 2. April 2024 (englisch).
  14. Mr. Jones tames the Golden Lions at the Polish Film Festival in Gdynia. In: cineuropa. Abgerufen am 27. Oktober 2019.