Reanimationsregister

Beim Deutschen Reanimationsregister (GRR) handelt es sich um eine Online-Datenbank zur einheitlichen Erfassung von präklinischen Reanimationsdaten, innerklinischen Notfalldaten und Weiterversorgungsdaten von Patienten mit Herz-Kreislauf-Stillstand in Deutschland, Österreich, Schweiz und Luxemburg. Es bietet ein Qualitätsmanagement sowohl für außerklinische Reanimationen als auch für die innerklinische Notfallversorgung an.

Hintergrund

Der plötzliche Herztod ist bei Erwachsenen mit koronarer Herzerkrankung für 60 % der Todesfälle verantwortlich. Häufig ist der plötzliche Herztod die Erstmanifestation einer koronaren Herzerkrankung. Epidemiologische Daten in Europa geben eine Häufigkeit von 50 bis 66 Reanimationsbehandlungen pro 100.000 Einwohner und Jahr an. Bei einer Einwohnerzahl von 460 Millionen in der Europäischen Union ergeben sich mindestens 230.000 Reanimationen pro Jahr. Insofern stellt die Reanimationsbehandlung eine besondere Herausforderung für den organisierten Rettungsdienst dar. Trotz anhaltender Bemühungen auf allen Ebenen der Versorgung ist die Erfolgsrate nach Reanimation bis heute schlecht. Das Deutsche Reanimationsregister soll als Werkzeug des Qualitätsmanagements Ärzten und Rettungsdiensten die notwendigen Informationen zu liefern, ihre CPR-Erfolgsraten zu steigern.

Der Start des GRR der Deutschen Gesellschaft für Anästhesiologie und Intensivmedizin (DGAI) erfolgte zum Deutschen Anästhesiekongress im Mai 2007 in Hamburg. Ende des Jahres 2017 waren in der Online-Datenbank über 180.000 Datensätze gespeichert, auf denen Qualitätsmanagement, Benchmarking sowie wissenschaftliche Publikationen aufbauen können. Die Daten repräsentieren eine versorgte Bevölkerung von etwa 25 bis 30 Millionen Einwohnern in Deutschland.

Datenerfassung

Möglichkeiten der präklinischen Dateneingabe

Die Datenerhebung erfolgt anonymisiert. Aus diesem Grund ist eine Zuordnung und Auswertung auf einzelne prä- und innerklinische Registerteilnehmer nicht möglich. Nach Vorgaben des Utstein-Style-Protokolls wurde zunächst der Reanimationsdatensatz „Erstversorgung“ entwickelt und später um die Datensätze „Weiterversorgung“ und „Langzeitverlauf“ ergänzt.[1] Das Krankenhausmodul klinische Weiterversorgung erfasst die Befunde, diagnostischen und therapeutischen Maßnahmen der ersten 24 Stunden der innerklinischen Behandlung wie z. B. EKG, Röntgen, Ultraschalluntersuchung, Labor, Bronchoskopie und thrombolytische Therapie, PTCA, Bypassoperation oder therapeutische Hypothermiebehandlung, sowie weitere Daten der Krankenhausbehandlung bis zur Entlassung oder zum Tod des Patienten.

Das Modul zum Langzeitverlauf nach Reanimation erfasst die Dauer des Überlebens und die Qualität des Überlebens zu den Zeitpunkten Krankenhausentlassung, 30 Tage und 12 Monate nach der Reanimationsbehandlung

Weitere Module zu speziellen Fragestellungen oder Patientengruppen während der Reanimation, wie z. B. die Module Telefonreanimation, pädiatrische Weiterversorgung oder Temperaturmanagement, wurden zusammen mit Teilnehmern anderen Fachgesellschaften und weiteren Experten entwickelt.

Auf Basis dieser Datensätze ist eine zentrale webbasierte Datenbank unter Schirmherrschaft der DGAI erstellt worden. Die Daten können nach entsprechender Anmeldung via Internet direkt in diese Datenbank eingegeben werden. Ein Feedback ist genauso implementiert wie ein regelmäßiges Berichtswesen. Darüber hinaus sind unterschiedliche Erfassungssysteme entwickelt worden, welche die vielfältigen Dokumentationsmöglichkeiten im Notarztdienst berücksichtigen. Es kommen Papierprotokolle – als reine Reanimationsregisterprotokolle – oder Kombinationsprotokolle für den Notarztdienst, die neben den MIND-Daten auch die ergänzenden Reanimationsdaten enthalten, zum Einsatz. Des Weiteren können elektronische Dokumentationssysteme mit Hilfe einer zertifizierten Schnittstelle die Daten direkt in die Online-Datenbank importieren. Die Einspeisung der regional erfassten Daten erfolgt entweder direkt über das Internet oder aber durch Übermittlung der zuvor lokal gespeicherten Daten über eine Schnittstelle zum Datenimport.

Benchmarking, Auswertungen und Analysen

Mit Hilfe von Kerndaten kann eine Vergleichbarkeit zwischen den einzelnen Teilnehmern, aber auch über Landesgrenzen hinweg hergestellt werden. Fehlen diese Kerndaten, sind sowohl die Auswertung als auch der Vergleich schwierig. Als Kerndatensatz werden hierbei u. a. die vermutete Ursache und der Ort des Ereignisses sowie der erste abgeleitete EKG-Rhythmus und der evtl. Erfolg der Maßnahmen herangezogen.

Weiters erfolgt die Dokumentation festgelegter Zeitpunkte, die ebenfalls Rückschlüsse auf die Effizienz des Gesamtsystems zulassen. So werden der Zeitpunkt des Kollapses, des Notrufeinganges bei der Rettungsleitstelle, des Eintreffens des ersten Rettungsmittels, des CPR-Beginns, der ersten Defibrillation, der Zeitpunkt der Intubation sowie einsatztaktische Daten wie der Zeitpunkt des Transportbeginns sowie das Erreichen der Klinik erfasst. Mit der Auswertung dieser Daten können somit die von Seiten des International Liaison Committee on Resuscitation (ILCOR) bzw. der sich darauf beziehenden, großen kontinentalen Reanimationsorganisationen American Heart Association (AHA) und European Resuscitation Council (ERC) und aufgestellten Empfehlungen bzw. Leitlinien auf deren Anwendbarkeit hin überprüft und die Auswirkungen unterschiedlicher Reanimationsbemühungen miteinander verglichen werden.

Das Reanimationsregister stellt allen Teilnehmern online umfangreiche Auswertungsmöglichkeiten ihrer Daten zur Verfügung. Der Vergleich mit der Grundgesamtheit und den besten Teilnehmern (anonymisiert) bietet die Möglichkeit, die eigene Leistungsfähigkeit zu analysieren sowie Stärken und Schwächen zu erkennen (Benchmarking). Darüber hinaus werden jährliche Berichte für die teilnehmenden Zentren erstellt, welche im Sinne eines umfassenden Qualitätsberichtes die Online-Auswertungen ergänzen.

Darüber hinaus werden Monatsberichte (präklinische Teilnehmer) / Quartalsberichte (innerklinische Teilnehmer) und Jahresberichte für die teilnehmenden Zentren erstellt, welche die individuellen Online-Auswertungen ergänzen. Über diese Auswertemöglichkeiten hinaus, besteht die Möglichkeit auf regionaler oder überregionaler Ebene Teilnehmer zu Clustern zusammen zu fassen und clusterspezifische Auswertungen durchzuführen. Dieses bietet sich vor allem für die Zusammenfassung von Bundesländern oder Ländern an.

Organisation und Finanzierung

Das Deutsche Reanimationsregister steht unter der Schirmherrschaft des Bundesministeriums für Gesundheit. Auf nationaler Ebene wird es von der Bundesvereinigung der Arbeitsgemeinschaften der Notärzte Deutschlands (BAND), von Länderarbeitsgemeinschaften der Notärztinnen und Notärzte sowie vom Deutschen Rat für Wiederbelebung (German Resuscitation Council) empfohlen. Innerhalb der bundesweiten Kampagne "Ein Leben retten – 100pro Reanimation" gewährleistet das Deutsche Reanimationsregister die wissenschaftliche Begleitung. Es vertritt Deutschland im Europäischen Reanimationsregister (EuReCa: European Registry of Cardiac arrest), welches vom European Resuscitation Council (ERC) betrieben wird.

Das Koordinationsbüro befindet sich am Institut für Rettungs- und Notfallmedizin des Universitätsklinikums Schleswig-Holsteins, Campus Kiel.[2] Das Projekt wird durch die Jahresgebühr der teilnehmenden Standorte und die DGAI finanziert. Für die erfassenden Ärzte sind keine Entschädigungen vorgesehen. Dies wird mit der Notwendigkeit eines Qualitätsmanagements nach Sozialgesetzbuch begründet, woraus sich eine Verpflichtung zur Qualitätserfassung bei der Patientenversorgung ergibt.[3]

Einzelnachweise

  1. J.-T. Gräsner, M. Messelken, M. Fischer, T. Rosolski-Jantzen, J. Bahr: DGAI-Reanimationsregister. In: Der Notarzt. Band 24, Nr. 1, Februar 2008, ISSN 1438-8693, S. 1–5, doi:10.1055/s-2007-986208.
  2. Deutsches Reanimationsregister. Abgerufen am 3. Januar 2019.
  3. Teilnahme von Rettungsdiensten am Deutschen Reanimationsregister (Memento vom 14. Dezember 2013 im Internet Archive)

Literatur

  • J. T. Gräsner, J. Wnent, S. Seewald, J. Neukamm, M. Fischer: First aid and trauma management: results from the German resuscitation registry. In: Anasthesiol Intensivmed Notfallmed Schmerzther. Band 47, Nr. 11-12, Nov 2012, S. 724–732. PMID 23235904
  • J. T. Gräsner u. a.: German Resuscitation Registry Study Group. ROSC after cardiac arrest--the RACA score to predict outcome after out-of-hospital cardiac arrest. In: Eur Heart J. Band 32, Nr. 13, Jul 2011, S. 1649–1656. PMID 21515626
  • J. Neukamm u. a.: The impact of response time reliability on CPR incidence and resuscitation success: a benchmark study from the German Resuscitation Registry. In: Crit Care. Band 15, Nr. 6, 2011, S. R282. PMID 22112746
  • H. Ilper, T. Kunz, F. Walcher, K. Zacharowski, C. Byhahn: An online emergency physician survey - demography, education and experience of German emergency physicians. In: Dtsch Med Wochenschr. Band 138, Nr. 17, Apr 2013, S. 880–885. PMID 23592344
  • M. Kulla, M. Helm, R. Lefering, F. Walcher: Prehospital endotracheal intubation and chest tubing does not prolong the overall resuscitation time of severely injured patients: a retrospective, multicentre study of the Trauma Registry of the German Society of Trauma Surgery. In: Emerg Med J. Band 29, Nr. 6, Jun 2012, S. 497–501. PMID 21795295
  • J. T. Gräsner u. a.: The DGAI CPR registry - the datasets "hospital care" and "long-term process". In: Anasthesiol Intensivmed Notfallmed Schmerzther. Band 43, Nr. 10, Okt 2008, S. 706–709. PMID 18958824
  • J. T. Gräsner u. a.: German Resuscitation Registry Working Group, Trauma Registry of the German Society for Trauma Surgery (DGU). Cardiopulmonary resuscitation traumatic cardiac arrest--there are survivors. An analysis of two national emergency registries. In: Crit Care. Band 15, Nr. 6, 2011, S. R276. PMID 22108048

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Möglichkeiten der Dateneingabe für das Reanimationsregister