Raymond Bloch

Raymond Bloch (* 4. Mai 1914 in Paris; † 12. August 1997 ebenda) war ein französischer Althistoriker, Altphilologe und Etruskologe.

Leben

Bloch war der Sohn des Romanisten Oscar Bloch. Nachdem er das Lycée Louis-le-Grand abgeschlossen hatte, studierte er ab 1934 an der École normale supérieure und schloss 1938 mit der Agrégation ab. Zu seinen Lehrern gehörten die Historiker Jérôme Carcopino und André Piganiol, der Linguist Alfred Ernout, der Religionshistoriker Georges Dumézil und der Philologe Jean Bayet. Er wies 1940 den teilweise etruskischen Ursprung der Sibyllinischen Bücher nach[1] und veröffentlichte über die Ara Pietatis Augustae. Er war für die École française de Rome nominiert, seine Karriere wurde aber durch den Zweiten Weltkrieg unterbrochen. Er war bis 1945 Kriegsgefangener in Deutschland, unter anderem in Lübeck, wo er die Bekanntschaft von Fernand Braudel machte. Während der Gefangenschaft schrieb er an einem Buch über die Ursprünge Roms, das nach dem Krieg erschien. Nach seiner Befreiung konnte er von 1945 bis 1947 an die École française in Rom gehen und war danach an etruskischen Ausgrabungen beteiligt, zuerst im Auftrag des Leiters der École française Albert Grenier in Bolsena (wo er nach dem großen, hier vermuteten zentralen etruskischen Tempel zu Ehren des Voltumna suchte) und 1960 bis 1965 mit Guido Achille Mansuelli in Casalecchio di Reno. 1939 bis zu seiner Emeritierung 1982 war er Directeur d’Études an der École pratique des hautes études (4. Sektion). Dort hatte er regelmäßig ein wöchentliches Seminar über Etrusker und frührömische Geschichte. Nahezu alle Etruskologen Frankreichs seiner Zeit gehörten zu seinen Schülern.

Bloch nahm in Hinblick auf die Ursprünge der Etrusker eine mittlere Stellung zwischen den Anhängern der Herodot-These des Ursprungs im Osten und der autochthonen Entstehung (Massimo Pallottino) ein. Er neigte zu einer Herkunft aus dem Osten, ihre Kultur entstand aber aus der Verschmelzung verschiedener Einflüsse innerhalb der italienischen Villanova-Kultur. Ein weiterer Schwerpunkt seiner Forschung neben den Etruskern war antike Religionsgeschichte.

1982 wurde Bloch Mitglied der Académie des inscriptions et belles-lettres. Er war auswärtiges Mitglied und Sekretär des Istituto Nazionale di Studi Etruschi ed Italici in Florenz, Mitglied des Deutschen Archäologischen Instituts, der Pontificia Accademia Romana di Archeologia in Rom und des Istituto degli Studi Romani.

Schriften (Auswahl)

  • Recherches archéologiques en territoire volsinien, de la protohistoire à la civilisation étrusque, Paris 1972 (Weiterentwicklung aus seiner Dissertation, Ausgrabungen um Bolsena, lateinisch Volsinii nova)
  • Les Étrusques, Que sais-je ?, PUF, 1954, 1963, Rezension von Marcel Renard, L’antiquité classique 1955,
  • Le mystère étrusque, Club francais du livre 1956, Rezension von Fred Householder, The Classical Journal 1960, der Ausgabe New York: Praeger 1958
  • L’art et la civilization étrusques, Paris: Plon 1955.
    • Deutsch Die Etrusker, Heyne Taschenbuch 1977 (Archaeologia mundi)
  • L’Art des Étrusques, Paris: Braun, 1956
    • Deutsch: Die Kunst der Etrusker, Kohlhammer 1966
  • Les Origines de Rome, PUF, Que-sais-je?, 1946, 1959
  • Tite-Live et les premiers siècles de Rome, Paris: Les belles lettres 1965.
  • Les Prodiges dans l’Antiquité classique, Paris 1963,
  • La divination dans l’antiquité, PUF 1984
  • La divination, essai sur l’avenir et son imaginaire, 1991
  • mit Alain Hus Les conquetes de l’archeologie, Hachette 1968
  • mit anderen Recherches sur les religions de l’antiquité classique, Genf, Paris 1976, 1980

Bloch gab in der Edition Guillaume Budé Buch 7 und 8 des Geschichtswerks von Titus Livius heraus (und Kommentare zu den anderen Bänden in Neuauflagen). Er war Herausgeber der Reihe Les grandes civilisations bei Arthaud.

Literatur

  • Dominique Briquel: Raymond Bloch (1914–1997). In: École pratique des hautes études. 4e section, sciences historiques et philologiques. Livret 1996–1997, S. 33–35 (Volltext).
  • Dominique Briquel, Charles Guittard: Raymond Bloch (1914–1997). In: Revue des études latines 75, 1997, S. 20–22.

Weblinks

Einzelnachweise

  1. in Mélanges A. Ernout, Paris, 1940