Rathsleben

Rathsleben
Koordinaten:52° 50′ N, 11° 33′ O
Höhe: 33 m ü. NHN
Fläche:3,64 km²[1]
Einwohner:42 (31. Dez. 2022)[2]
Bevölkerungsdichte:12 Einwohner/km²
Eingemeindung:1. Januar 1969
Eingemeindet nach:Kossebau
Postleitzahl:39606
Vorwahl:039391
Rathsleben (Sachsen-Anhalt)

Lage von Rathsleben in Sachsen-Anhalt

Dorfkirche Rathsleben
Dorfkirche Rathsleben

Rathsleben ist ein Ortsteil der Gemeinde Altmärkische Höhe im Landkreis Stendal in Sachsen-Anhalt.

Geografie

Rathsleben, ein Straßendorf mit Kirche,[1] liegt in der nördlichen Altmark am Holzwiesengraben Rathsleben, der in den Halmaygraben fließt. Im Westen des Dorfes befindet sich das Waldgebiet Rathslebener Holz. Das Dorf liegt zwischen Arendsee (Altmark) und Osterburg (Altmark) am Rande der Altmärkischen Höhe, einem niedrigen Höhenzug, der die Einzugsgebiete der Flüsse Jeetze und Biese/Aland voneinander trennt.[3]

Geschichte

Mittelalter bis Neuzeit

Rathsleben war ursprünglich ein Rundplatzdorf. Es wurde nach Dorfbrand von 1821 in Form eines Straßendorfes von Norden nach Süden wiederaufgebaut.[1]

Die erste urkundliche Erwähnung von Rathsleben stammt aus dem Jahre 1319, als Waldemar, Markgraf der Mark Brandenburg, Besitzungen in Rathsleben an das Kloster Amelungsborn schenkte. In der Urkunde wird der Hof des Markgrafen (die Burg) curia Aulosen genannt, zu dem 17 Dörfer gehörten, darunter das Dorf Ratzslewe.[4][5] Im Landbuch der Mark Brandenburg von 1375 wird das Dorf als Rasleve aufgeführt.[6] Es gehörte dem Kloster Krevese. Weitere Nennungen sind 1600 Rahtschlebe, 1608 Ratzlebe[1] und schließlich 1804 Rathsleben.[7]

Bei der Bodenreform wurden 1945 festgestellt: 18 Besitzungen unter 100 Hektar hatten zusammen 214 Hektar, eine Kirchenbesitzung hatte 0,6 Hektar. Im Jahre 1958 entstand die erste Landwirtschaftliche Produktionsgenossenschaft vom Typ III, die LPG „Freundschaft und Frieden“.[1]

Im Juni 2019 wurde das 700-jährige Bestehen Rathslebens unter anderem mit einem Festakt in der Dorfkirche gefeiert.[8]

Archäologie

Bodenfunde, wie ein Steinbeil aus der Zeit vor etwa 4000 Jahren und ein zeitlich noch nicht bestimmter Urnenfriedhof zeugen von einer frühen Besiedlung des Ortes.[9]

Herkunft des Ortsnamens

Die Wortstämme sind deutsch. Die Silbe rad oder radi ist die Bezeichnung für eine Person, leve oder leue steht für das Erbe.[10]

Ersterwähnung 1240

Der Historiker Peter P. Rohlach wies darauf hin,[1] dass die von Hermes und Weigelt behauptete Ersterwähnung von 1240[11] nicht zu belegen ist. Diese bezieht sich wohl auf eine in Pommerschen Urkunden vorkommende Familie Rasleben.[12]

Eingemeindungen

Bis 1807 gehörte das Dorf zum Arendseeischen Kreis der Mark Brandenburg in der Altmark. Zwischen 1807 und 1813 lag es im Kanton Arendsee auf dem Territorium des napoleonischen Königreichs Westphalen. Ab 1816 gehörte die Gemeinde zum Kreis Osterburg, dem späteren Landkreis Osterburg.[1]

Die Gemeinde Rathsleben kam am 25. Juli 1952 in den Kreis Osterburg. Am 1. Januar 1969 wurde Rathsleben in die Gemeinde Kossebau eingemeindet.[13] Am 1. Januar 2010 kam der Ortsteil Rathsleben durch den Zusammenschluss von Kossebau und anderen Gemeinden zur Gemeinde Altmärkische Höhe als eigener Ortsteil zur Gemeinde Altmärkische Höhe.

Einwohnerentwicklung

JahrEinwohner
173489
177465
178957
179852
180157
181850
JahrEinwohner
1840110
1864117
1871104
1885101
1892[00]106[14]
1895105
JahrEinwohner
1900[00]125[14]
1905115
1910[00]122[14]
1925103
1939093
1946124
JahrEinwohner
2014[00]34[15]
2020[00]39[16]
2021[00]40[16]
2022[0]42[2]

Quelle, wenn nicht angegeben, bis 1946:[1]

Religion

Die evangelische Kirchengemeinde Rathsleben gehörte früher zur Pfarrei Kossebau.[17] Sie wird heute betreut vom Pfarrbereich Kossebau im Kirchenkreis Stendal im Propstsprengel Stendal-Magdeburg der Evangelischen Kirche in Mitteldeutschland.[18]

Die ältesten überlieferten Kirchenbücher für Rathsleben stammen aus dem Jahre 1658.[19]

Die katholischen Christen gehören zur Pfarrei St. Anna in Stendal im Dekanat Stendal im Bistum Magdeburg.[20]

Kultur und Sehenswürdigkeiten

  • Die evangelische Dorfkirche Rathsleben, eine Fachwerkkirche, wurde 1828 nach dem Dorfbrand neu erbaut.[21] Als Schutzpatron der ursprünglichen Kirche wurde in einem Lehnsbrief der von Jagow aus dem Jahre 1598 St. Lorenz genannt.[1]
  • Der Förderverein „Fachwerkkirche St. Lorenz“ Rathsleben e. V. will mit seiner Arbeit das Kirchengebäude und dessen Umfeld sanieren und gestalten.[9]
  • Der Ortsfriedhof ist auf dem Kirchhof.

Sage vom Rathslebener Dom

Der Bretscher Pfarrer August Hofmeister[22] überlieferte im Jahre 1841 die Sage vom Rathslebener Dom.[12] Vor vielen hundert Jahren sei im Dorf ein Dom gewesen. Die beiden größten Höfe hätten eine große Besitzung umfasst, die einem Domherrn gehörte, der dort wohnte. Der hatte diesen Domhof an das Kloster Krevese abgetreten und war dann nach Berlin gezogen. Einzelne Einwohner hätten für den Domherrn in Berlin Küchenholz spalten müssen. Hofmeister meint, das Historische läuft wohl darauf hinaus, dass vielleicht der Probst zu Krevese hier ein Kirchengut hatte. Darauf deutet ein großes Mauerwerk in der Erde eines Hofes, das 1841 der Rathskeller genannt wurde. Das zugehörige Rathsleber Rätsel lautet so:

Im Rathsleber Dom, Da steit ’ne gele Blom; Wer de gele Blum will plücken, De mütt den ganzen Dom terdrücken.

Es ist darunter das Ei zu verstehen, dessen Schale durch den Dom ausgedrückt wird.[12][23]

Literatur

  • Wilhelm Zahn: Heimatkunde der Altmark. Nach Hinterlassenschaften des Verfassers bearbeitet von Martin Ehlies. 2. Auflage. Verlag Salzwedeler Wochenblatt, Graphische Anstalt, Salzwedel 1928, OCLC 614308966, S. 182 (Reprint 2018, SelbstVerlag Eugen & Constanze Gliege).
  • J[ohann] A[ugust] F[riedrich] Hermes: Historisch-geographisch-statistisch-topographisches Handbuch vom Regierungsbezirke Magdeburg. Hrsg.: J[ohann] A[ugust] F[riedrich] Hermes, M[ichael] J[ulius] Weigelt. Zweiter, oder topographischer Teil. Selbstverlag und W. Heinrichshofen in Kommission, Magdeburg 1842, OCLC 1071081004, S. 381, 115. Rathsleben (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).
  • Peter P. Rohrlach: Historisches Ortslexikon für die Altmark (= Historisches Ortslexikon für Brandenburg. Teil XII). Berliner Wissenschafts-Verlag, Berlin 2018, ISBN 978-3-8305-2235-5, S. 1745–1748, doi:10.35998/9783830522355 (E-Book zur zweibändigen Druckausgabe).

Weblinks

Einzelnachweise

  1. a b c d e f g h i Peter P. Rohrlach: Historisches Ortslexikon für die Altmark (= Historisches Ortslexikon für Brandenburg. Teil XII). Berliner Wissenschafts-Verlag, Berlin 2018, ISBN 978-3-8305-2235-5, S. 1745–1748, doi:10.35998/9783830522355 (E-Book zur zweibändigen Druckausgabe).
  2. a b Yulian Ide: Hurra! Wir wachsen wieder! In: Stendaler Volksstimme, Biese-Aland-Kurier. 21. Januar 2023, DNB 1047269554, S. 19–20.
  3. Sachsen-Anhalt-Viewer des Landesamtes für Vermessung und Geoinformation (Hinweise)
  4. Adolph Friedrich Riedel: Codex diplomaticus Brandenburgensis: Sammlung der Urkunden, Chroniken und sonstigen Quellschriften. Haupttheil 2. Band 1. Berlin 1843, S. 434, 433 (Digitalisat).
  5. Johann Christoph Becmann, Bernhard Ludwig Beckmann: Historische Beschreibung der Chur und Mark Brandenburg. Band 2, 5. Teil, 1. Buch. Berlin 1753, V. Kapitel, Spalten 52, 53 (Digitalisathttp://vorlage_digitalisat.test/1%3D%7B%7B%7B1%7D%7D%7D~GB%3D~IA%3D~MDZ%3D%0A10936702~SZ%3D00360~doppelseitig%3D~LT%3D~PUR%3D).
  6. Johannes Schultze: Das Landbuch der Mark Brandenburg von 1375 (= Brandenburgische Landbücher. Band 2). Kommissionsverlag von Gsellius, Berlin 1940, S. 395 (uni-potsdam.de (Memento vom 6. Januar 2019 im Internet Archive)).
  7. Friedrich Wilhelm August Bratring: Statistisch-topographische Beschreibung der gesammten<-- sic --> Mark Brandenburg. Für Statistiker, Geschäftsmänner, besonders für Kameralisten. Band 1. Berlin 1804, S. 347 (Digitalisathttp://vorlage_digitalisat.test/1%3D%7B%7B%7B1%7D%7D%7D~GB%3D~IA%3D~MDZ%3D%0A10000735~SZ%3D00369~doppelseitig%3D~LT%3D~PUR%3D).
  8. Ralf Franke: Rathsleben feiert die 700. In: Volksstimme Magdeburg. 16. Juni 2019 (volksstimme.de [abgerufen am 5. August 2019]).
  9. a b Hartwig Brettschneider: Rathsleben – ein kleines Dorf mit bewegter Vergangenheit. Hrsg.: Helmut Kurt Block und Kulturförderverein Östliche Altmark (= Das Wissen der Region. Band 3). 1. Auflage. Edition Kulturförderverein Östliche Altmark, Kremkau 2008, DNB 994253249, S. 205–212.
  10. Helmut Kurt Block und Kulturförderverein Östliche Altmark (Hrsg.): Gemeinde Kossebau mit dem Ortsteil Rathsleben (= Das Wissen der Region. Band 3). 1. Auflage. Edition Kulturförderverein Östliche Altmark, Kremkau 2008, DNB 994253249, S. 200.
  11. J[ohann] A[ugust] F[riedrich] Hermes: Historisch-geographisch-statistisch-topographisches Handbuch vom Regierungsbezirke Magdeburg. Hrsg.: J[ohann] A[ugust] F[riedrich] Hermes, M[ichael] J[ulius] Weigelt. Zweiter, oder topographischer Teil. Selbstverlag und W. Heinrichshofen in Kommission, Magdeburg 1842, OCLC 1071081004, S. 381, 115. Rathsleben (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).
  12. a b c August Friedrich Gebhardt Hofmeister: Das Dorf Rathsleben. In: Jahresberichte des Altmärkischen Vereins für vaterländische Geschichte. 4. Jahresbericht, 1841, S. 95–96 (altmark-geschichte.de [PDF]).
  13. Statistisches Bundesamt (Hrsg.): Gemeinden 1994 und ihre Veränderungen seit 01.01.1948 in den neuen Ländern. Metzler-Poeschel, Stuttgart 1995, ISBN 3-8246-0321-7, S. 343, 346.
  14. a b c Wilhelm Zahn: Heimatkunde der Altmark. Nach Hinterlassenschaften des Verfassers bearbeitet von Martin Ehlies. 2. Auflage. Verlag Salzwedeler Wochenblatt, Graphische Anstalt, Salzwedel 1928, OCLC 614308966, S. 182 (Reprint 2018, SelbstVerlag Eugen & Constanze Gliege).
  15. Landkreis Stendal – Der Landrat: Kreisentwicklungskonzept Landkreis Stendal 2025. 30. Oktober 2015, abgerufen am 3. August 2019.
  16. a b Ralf Franke: Seehausen hat mehr Zuzügler. In: Osterburger Volksstimme, Biese-Aland-Kurier. 14. Januar 2022, DNB 1047269554, S. 17.
  17. Pfarr-Almanach oder die evangelischen Geistlichen und Kirchen der Provinz Sachsen der Grafschaften Wernigerode, Rossla und Stolberg. 19. Jahrgang, 1903, ZDB-ID 551010-7, S. 105 (genealogy.net [Volltext und Scan]).
  18. Pfarrbereich Kossebau. In: ekmd.de. Abgerufen am 30. Mai 2021.
  19. Ernst Haetge: Der Kreis Osterburg (= Die Kunstdenkmale der Provinz Sachsen. Band 4). Hopfer, Burg bei Magdeburg 1938, DNB 361451652, S. 266.
  20. Bistum Magdeburg, Online-Bistumskarte. 2013, abgerufen am 30. Mai 2021.
  21. Thomas Hartwig: Alle Altmarkkirchen von A bis Z. Elbe-Havel-Verlag, Havelberg 2012, ISBN 978-3-9814039-5-4, S. 384.
  22. Verein für Pfarrerinnen und Pfarrer in der Evangelischen Kirche der Kirchenprovinz Sachsen e. V. (Hrsg.): Pfarrerbuch der Kirchenprovinz Sachsen (= Series Pastorum. Band 10). Evangelische Verlagsanstalt, Leipzig 2009, ISBN 978-3-374-02142-0, S. 138.
  23. Alfred Pohlmann: Sagen aus der Wiege Preußens und des Deutschen Reiches, der Altmark. Franzen & Große, Stendal 1901, S. 144–145, 9. Vom Rathslebener Dom (archive.org).

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