Rasso Graber

Rasso Graber (* 25. April[1] 1974) ist ein deutscher Rechtsanwalt und ehemaliger Kommunalpolitiker (CSU). Als einer der Hauptakteure der Münchner CSU-Affäre wurde er 2004 wegen Urkundenfälschung und Urkundenunterdrückung rechtskräftig verurteilt.

Biografie

Rasso Graber studierte Rechtswissenschaften und promovierte 2002 an der Ludwig-Maximilians-Universität München zum Thema „Die unmittelbare Drittwirkung der Grundfreiheiten: eine Untersuchung anhand einer Auslegung des EG-Vertrages, der Rechtsprechung des Gerichtshofes und der Folgen einer angenommenen unmittelbaren Drittwirkung“. Er erwarb außerdem durch den entsprechenden Aufbaustudiengang den akademischen Grad eines Magisters des europäischen und internationalen Wirtschaftsrechts (abgekürzt: LL.M.Eur.) Graber arbeitet im Büro Aschheim der Münchner Anwaltskanzlei Falch & Partner[2] und befasst sich mit den Fachgebieten Wirtschaftsrecht, Arbeitsrecht und Strafverteidigung. Er ist Fachanwalt für Arbeitsrecht, Fachanwalt für Transport- und Speditionsrecht sowie Fachanwalt für Versicherungsrecht.[3] Seit 1997 ist er Mitglied der katholischen Studentenverbindung KDStV Rheno-Franconia München.

Rasso Graber war zu Beginn der 2000er Jahre stellvertretender Ortsvorsitzenden des Münchner CSU-Ortsverbandes 32b (Waldtrudering) sowie Beisitzer im Bezirksvorstand der Münchner CSU. Am 29. November 2001 wurde er zum Vorsitzenden der Münchner Jungen Union als Nachfolger des CSU-Landtagsabgeordneten Joachim Haedke gewählt. Zuvor war er Pressesprecher des Münchner OB-Bewerbers Aribert Wolf (CSU), der nach parteiinternen Querelen am 28. Oktober 2001 von seiner Kandidatur zurückgetreten war.

Graber war in die „Münchner CSU-Affäre“ um Stimmenkauf und Wahlmanipulation verwickelt. Am 21. August 2003 kam es bei Rasso Graber zu einer staatsanwaltlichen Hausdurchsuchung. Sein Laptop und zahlreiche Unterlagen wurden beschlagnahmt.[4] Am 29. August 2003 legte Rasso Graber seine politischen Ämter vorläufig nieder,[5] nachdem er dazu vorher von der damaligen CSU-Bezirkschefin Monika Hohlmeier, ihrem Stellvertreter Otmar Bernhard und dem Präsidenten des Bayerischen Landtages Alois Glück nachdrücklich aufgefordert worden war.

Das Amtsgericht München verurteilte Rasso Graber am 29. Juni 2004 wegen Urkundenfälschung und Urkundenunterdrückung zu 170 Tagessätzen à 30 Euro.[6] Das Gericht sah es als erwiesen an, dass er sowie Christian Baretti und Stephanie Lütge CSU-Aufnahmeanträge zurückgehalten sowie Fälschungen anderer gedeckt hatten.[7] Am 26. November 2004 wurde das Urteil rechtskräftig, weil die Angeklagten Baretti und Graber vor dem Landgericht München I ihre Rechtsmittel zurückgezogen hatten. Lütges Strafprozess war zuvor gegen Zahlung ihrer Geldstrafe eingestellt worden. Der Juristin wurde so eine Vorstrafe erspart, die ihr den Weg in den Anwaltsberuf verbaut hätte.[8]

Am 9. März 2004 endete Grabers Amtszeit als Bezirksvorsitzender der Jungen Union München, denn Tobias Weiß wurde zu seinem Nachfolger gewählt.[9] Der Ortsvorstand der CSU-Waldtrudering beschloss am 17. Juni 2004 einstimmig, gegen Graber wegen nachhaltigen, parteischädigenden Verhaltens den Parteiausschlussverfahren zu beantragen. Noch am Vorabend dieser Entscheidung hatte Graber versucht, diesen Beschluss zu umgehen. Per Boten teilte er der Ortsvorsitzenden, Friederike Steinberger, mit, dass er in den Ortsverband 32a (Trudering-Riem) umtrete. Der Ortsvorstand ließ sich jedoch nicht beeindrucken und entschied zusätzlich, Kreis- und Bezirksvorstand aufzufordern, ebenfalls einen Antrag auf Parteiausschluss zu stellen.[10] Am 5. Juli 2004 gab Rasso Graber schließlich auf und trat aus der CSU aus.[11]

Im Schlussbericht des Landtags-Untersuchungsausschusses vom 25. Januar 2007, gegen den die Oppositions-Fraktionen heftig protestierten, hieß es: „Daher führte die Nichtweiterleitung von Mitgliedsanträgen (nach der alten CSU-Satzung) nach Meinung des Untersuchungsausschusses nicht zu einer Strafbarkeit wegen Urkundenunterdrückung. Das Amtsgericht München sah dies anders“.[12]

Am 7. November 2007 wurden die Ermittlungen der Staatsanwaltschaft München gegen Graber und zwei weitere Verdächtige endgültig eingestellt. Oberstaatsanwalt Anton Winkler, Sprecher der Münchner Staatsanwaltschaft, begründete die Entscheidung: „Es stand Aussage gegen Aussage, keiner konnte ein höherer Beweiswert zugeordnet werden“. Der Münchner CSU-Vize Ludwig Spaenle kommentierte das Geschehen mit den Worten: „Damit ist die Sache offiziell abgeschlossen“. Die Grünen-Fraktionschefin Margarete Bause sagte: „Die Sache ist nach wie vor dubios“.[13]

Quellen

  1. Amtsgericht München, Partnerschaftsregister Blatt PR 183
  2. Falch & Partner: Über uns (Memento vom 6. Oktober 2007 im Internet Archive)
  3. Information der Rechtsanwaltskammer München
  4. Berthold Neff: CSU-Affäre: Razzia bei JU-Chef Rasso Graber (Memento vom 12. Februar 2013 im Webarchiv archive.today), sueddeutsche.de, 21. August 2003, 9:46 Uhr
  5. Berthold Neff: CSU-Affäre: Graber gibt auf, sueddeutsche.de, 29. August 2003 16:22 Uhr
  6. Matthias Kristlbauer: Drei Schuldsprüche und eine dunkle Drohung: CSU-Sumpf München: Was wusste Monika Hohlmeier?, Merkur Online, 29. Juni 2004, 22:49 Uhr (Das Datum 25. August 2004 ist ein Irrtum des Merkur Merkur! Bei der Archivsuche erscheint das korrekte Darum.)
  7. Jan Bielicki: CSU-Fälschungsaffäre: „Unanständiger Mitgliederkauf“, Süddeutsche Zeitung, 30. Juni 2004
  8. Matthias Kristlbauer: Wahltrickserin tritt aus der CSU aus, Münchner Merkur, 21. Juni 2005. Stephanie Lütge (* 1978) arbeitet seit 2006 ebenfalls für die Münchner Anwaltskanzlei Falch & Partner.
  9. Matthias Kristlbauer: Weiß neuer JU-Chef: 22-Jähriger will Ehrenkodex aufstellen, Münchner Merkur, 11. März 2004
  10. CSU-Waldtrudering will Dr. Rasso Graber aus der Partei ausschließen; Pressemitteilung des CSU Ortsverbandes Waldtrudering, 23. Juni 2004
  11. CSU München sucht weiter den „Drahtzieher“; Passauer Neue Presse, 6. Juli 2004
  12. Schlussbericht des Untersuchungsausschusses zur Prüfung der Frage, inwieweit Staatsministerin Hohlmeier über Vorgänge in der CSU (…) informiert war (…) (PDF; 186 kB), S. 37
  13. Matthias Kristlbauer: CSU-Wahlfälscheraffäre: Am Ende bleiben Lügen, Münchner Merkur, 10. November 2007.