Ramabai Dongre Medhavi

Pandita Ramabai (1888)

Ramabai Dongre Medhavi, genannt Pandita Ramabai (* 23. April 1858; † 5. April 1922) war eine indische Christin, soziale Reformerin und Aktivistin.

Sie war Autorin, Wissenschaftlerin und kämpfte für bessere Lebensbedingungen indischer Frauen. Außer den meisten Teilen Indiens besuchte sie auch England (1883) sowie die Vereinigten Staaten (1886–88). Ihr Vater war der Sanskritgelehrte Anant Shastri Dongre, ihre Mutter Lakshmibai. Der Vater lehrte die Tochter (gegen die Gepflogenheiten seiner Zeit, die das Erlernen des Sanskrit ausschließlich Männern vorbehielt) die Puranas, sodass sich auch Ramabai später einen Namen als Sanskritgelehrte machte. Der Titel Pandita wurde ihr für die profunden Kenntnisse der religiösen Hindu-Schriften verliehen.[1]

Obwohl aus einer angesehenen Brahmanen-Familie stammend, heiratete sie 1880 den aus der niedrigsten, der Shudra-Kaste stammenden Anwalt Babu Bipin Behari Madhavi, was für Unmut in orthodoxen Hindu-Kreisen sorgte. Als der Ehemann mit dreiundzwanzig Jahren starb, wollte sie nicht die traditionell Witwen höherer Kasten zugedachte Rolle spielen und konvertierte in die anglikanische Kirche, was einen Skandal verursachte, der bis in liberale Gesellschaftsschichten von Kalkutta reichte.

Ramabai erhielt ein Stipendium für ein Medizinstudium in England. Allerdings stellte sie dort eine Schwerhörigkeit fest, wodurch sie Vorlesungen nicht folgen konnte. Während ihres Aufenthalts schrieb sie den feministischen Klassiker „The High Caste Hindu Woman,“[2] eine Angriffsschrift auf Traditionen wie Kinderheiraten, Polygamie, Witwenverbrennung und den traditionellen Umgang mit Witwenschaft.[1] Das in ihrer Muttersprache Marathi verfasste Buch wurde ins Englische übersetzt und in England und Amerika breit rezipiert. In Indien hingegen nahm man das für ein indisches Publikum geschriebene Werk nicht gut auf.

Pandita Ramabai übersetzte außerdem die Bibel in die Marathi-Sprache.

In den 1890er Jahren bereiste sie die USA und schrieb ein Buch über die amerikanische Bevölkerung und Kultur aus Sicht einer Reisenden, das kürzlich unter dem Titel Pandita Ramabai's American Encounter in englischer Übersetzung erschien.[3] Es zieht einen Vergleich zwischen dem Status der Frauen in den USA und Indien und plädiert für eine Vertiefung des indischen Reformkurses. Das Buch übt auch Kritik an der amerikanischen Gesellschaft, insbesondere an der Rassendiskriminierung. In den USA sammelte Ramabai Geld für eine Schule, die sie nach ihrer Rückkehr in Indien gründete.

1889 gründete Ramabai die Mukti Mission („mukti“, Marathi = „Befreiung“) in der Nähe von Pune im indischen Bundesstaat Maharashtra als Refugium für junge Witwen, die von ihren Familien zurückgesetzt werden. In der Mukti Mission fanden zeitweise über 3000 junge Witwen Aufnahme.

Die Pandita Ramabai Mukti Mission ist heute noch tätig und stellt für Bedürftige, wie Witwen, Waisen ebenso wie für Blinde Wohnraum, Bildung und berufliche Ausbildung bereit.

Pandita Ramabais Werk wurde von der indischen Regierung mit einer Sonderbriefmarke vom 26. Oktober 1989 gewürdigt.[4] 1994 wurde ein Venuskrater nach ihr benannt: Venuskrater Medhavi.[5]

Gedenktage

Einzelnachweise

  1. a b http://chnm.gmu.edu/wwh/p/107.html Women in world history
  2. ISBN 978-0865902541 „The High Caste Hindu Woman (Hardcover)von Pandita Ramabai Sarasvati“
  3. ISBN 978-0253215710 „Pandita Ramabai's American Encounter: The Peoples of the United States (1889) (Paperback)von Pandita Ramabai“
  4. PANDITA RAMABAI at www.indianpost.com
  5. Medhavi im Gazetteer of Planetary Nomenclature der IAU (WGPSN) / USGS (englisch)
  6. Pandita Ramabai im ökumenischen Heiligenlexikon

Werke

  • The High-Caste Hindu Woman, Philadelphia, 1887
  • The Peoples of the United States, 1889
  • The letters and correspondence of Pandita Ramabai / comp. by Sister Geraldine, Bombay 1977
  • Pandita Ramabai through her own words - selected works / ed. by Meera Kosambi, New Delhi 2000

Literatur

  • Yan, Suarsana:Pandita Ramabai und die Erfindung der Pfingstbewegung : postkoloniale Religionsgeschichtsschreibung am Beispiel des "Mukti Revival", Wiesbaden, 2013
  • Juneja, Monica: Konversion als Widerstand. Die Lebensgeschichte von Pandita Ramabai (1858–1922), in: Geschlechterdiskurse zwischen Fiktion und Faktizität; Waltraud Ernst ... (Hg.), Hamburg [u. a.], 2006, S. 153 ff.
  • Chakravarti, Uma: Rewriting history : the life and times of Pandita Ramabai, New Delhi 2006
  • Kosambi, Meera: Pandita Ramabai's American encounter : the peoples of the United States (1889), Bloomington 2003
  • Sengupta, Padmini: Pandita Ramabai Saraswati - her life and work, London 1970
  • Lorch, Hilde: Pandita Ramabai : Eine grosse Indierin, Stuttgart 1950
  • Macnicol, Nicol: Pandita Ramabai : Die Mutter der Ausgestoßenen / Nicol Macnicol. Berecht. Übertr. aus d. Engl. von P. Baltzer, Stuttgart 1930
  • Rhiem, Hanna: Pandita Ramabai und ihr Rettungswerk, Basel 1913
  • Dyer, Helen S.: Pandita Ramabai - the story of her life, London 1907
  • Fischer-Lette, Marie: Pandita Ramabai und ihre Arbeit für die indischen Witwen. – in: Sittlichkeits-Blätter. 1. März 1893

Weblinks

Auf dieser Seite verwendete Medien

Pandita Ramabai Sarasvati 1858-1922 front-page-portrait.jpg
Portrait of Pandita Ramabai Sarasvati 1858-1922, frontispiece from book